Fabian Unteregger und Stefan Buesser in Badewanne mit Frau die Radio bedient
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Mehr Comedy aus dem SRF-Labor

Die «Königsdisziplin der Unter­haltung» gewinnt bei SRF an ­Stellenwert: Comedy ­entspricht dem ­Zeitgeist, unterhält und ­informiert. Und über ­Onlinekanäle spricht sie auch die Jungen an.

In den letzten Monaten hiess es oft, man könne keine Satire mehr machen, die Realität habe die Satire überholt. Vielleicht lässt sich aber auch diese neue Realität am einfachsten mit einem Lachen verarbeiten. «Comedy ist im Kommen, das sieht man im angelsächsischen Raum seit Jahren», sagt Pascal Scherrer, Leiter Radio SRF 3. Die Zuschauerzahlen bei Late-Night-Shows gingen «durch die Decke».

Auch SRF setzt auf Comedy, wozu Kabarett, Satire und Poetry Slam zählen. Dabei handelt es sich für Rolf Tschäppät, Leiter Comedy und Quiz bei SRF TV, um die «Königsdisziplin in der Unterhaltung. Sie entspricht einem Bedürfnis der Menschen. Doch nichts ist so schwierig, wie lustig zu sein.»
Bei TV SRF sind in den letzten Monaten neue Gefässe entstanden, auch Radio SRF 3 baut den Comedybereich aus. Dieser soll neben Information, Wirtschaft, Sport und Musik eine der tragenden Säulen des Senders sein. Erstmals haben Radio und TV SRF in diesem Frühling zusammen eine Comedywoche mit zahlreichen (Spezial-)Sendungen und Veranstaltungen «off air» lanciert.

Von witzigen Inhalten lassen sich die Menschen ansprechen, berühren, sie können befreiend lachen. Comedy meint für SRF aber mehr als Blödelei – wobei auch diese ihren Platz haben darf. Comedy oder ­Satire ist oft politisch, aber auf eine lockerere Art und mit einem anderen Blickwinkel als Nachrichtensendungen. Gemäss Marktanalysen informieren sich viele junge US-Amerikanerinnen und -Amerikaner primär über Late-Night-Shows am TV. Auch in der Schweiz hören viele einem Politiker lieber in einer Comedy- als in einer Nachrichtensendung zu.

Hinter dem Comedy-Ausbau bei SRF steht der Anspruch, auf intelligente Art zu unterhalten – und zu informieren. Zu glauben, TV- oder Radiosatire allein könne politische Bildung vermitteln, wäre aber vermessen. Vorbildung ist notwendig, um politische Witze zu verstehen. Wer Bastien Girod nicht kennt, wird auch dessen Parodie von Fabian Unteregger auf Radio SRF 3 nicht verstehen.

«Comedy ist kurz, knackig und knapp, nimmt das aktuelle Zeitgeschehen in unterhaltsamer Form auf. Das passt zu Radio SRF 3 und stärkt unsere Marke», ist Senderchef Scherrer überzeugt. Und nicht unwichtig: «Es macht Spass» – und zwar sowohl dem Moderatorenteam wie auch dem Publikum. Comedykünstler wie Stefan Büsser und Fabian Unteregger (Bild Seite 10) kommen gerade auch bei jungen Zuhörern gut an.

«Comedy ist kurz, knackig und knapp, nimmt das aktuelle Zeitgeschehen in unterhaltsamer Form auf. Das passt zu Radio SRF 3.» - Pascal Scherrer, Leiter Radio SRF 3

SRF 3 will die Zahl der Comedyformate von fünf auf rund zehn verdoppeln. Auch bei der Moderation sollen tagesaktuell mehr witzige Elemente einfliessen. Dazu wurden zwei neue 40-Prozent-Stellen geschaffen, ohne allerdings die Ressourcen insgesamt zu erhöhen. Gesucht sind weitere freischaffende «Pointen-Schreiber». Vermehrt will SRF 3 auch «off air» aktiv werden, etwa mit der «Talent Stage» für Nachwuchskünstler und der neuen Show «UnterBüsser».

Spassfrei war das SRF-Programm ja bisher keineswegs. Satire und Kabarett haben Tradition. Auch dank des Fernsehens wurden Emil oder César Kaiser zu nationalen Ikonen. In den etablierten Gefässen «Spasspartout» und «Zyt­lupe» auf Radio SRF 1 treten früher oder später alle, die in der Schweizer Kleinkunstszene Rang und Namen haben, in Erscheinung – sogar in voller Länge, denn hier gibt es auch mal eine zweistündige Direktübertragung eines aktuellen Kabarettprogramms. Künstler aufbauen und begleiten gehöre zu den Zielen des Radio-SRF-Kulturprogramms, sagt Anina ­Barandun, Redaktionsleiterin Hörspiel und Satire: «Wir bespielen traditionelle Sendegefässe auch mit jungen Leuten oder geben ihnen eigene Sendungen.» Ein Beispiel ist der Slam-Poet Gabriel Vetter, der in seiner Sendung «Vetters Töne» den ihm eigenen Humor in ironisch-­gemütlichem SRF 1-Ton vorträgt.

«Künstler aufbauen und begleiten gehört zu den Zielen des Radio-SRF-Kulturprogramms.» - Anina Barandun, Redaktionsleiterin Hörspiel und Satire

Bei SRF TV sind seit dem Ende von «Giacobbo/Müller» die neuen Formate «Deville» und «Querdenker» entstanden. Weiterhin erfolgreich produziert wird «Comedy aus dem Labor». «Wegen der neuen Gesichter hat das Publikum vielleicht den Eindruck, es gebe mehr Comedy. Rein vom Sendevolumen her ist der Anteil aber gleich geblieben», sagt Rolf Tschäppät. Neu ist der Sendeplatz, Comedy wird immer am späten Freitag- statt Sonntagabend ausgestrahlt. «Deville» und «Querdenker» werden schon vor der TV-Ausstrahlung ins Internet gestellt. «Online haben wir ein immer grösseres Publikum», sagt Tschäppät. Das Paradebeispiel ist Devilles ­Video «Switzerland second» mit seinen 11 Millionen Aufrufen. Viel gesehen sind auch einzelne Sketches aus «Comedy aus dem Labor». Im wichtiger werdenden Onlinebereich verwischen sich die Grenzen zwischen den tradi­tionellen Medien Radio und Fernsehen.

An seinen eigenen Kindern im Teenageralter kann Domenico Blass, Head of Comedy bei Radio SRF 3, quasi das Medienverhalten der Zukunft studieren. Die Jungen könne man nur erreichen, wenn man es schaffe, auf ihre mobilen Geräte zu kommen. «Sie konsumieren keinen Sender linear, sondern nur ‹on ­demand›. Für die Verbreitung wichtig sind Youtube und die sozialen Medien.» Das Radio sei für die hierfür prädestinierten kleinteiligen Formate gut aufgestellt, wobei die Verbindung mit Video an Stellenwert gewinne. Comedy passt für Blass gut ins Mobile-­Zeitalter mit der Tendenz zu «Kurzfutter»: «Sie kann auch in einer Minute etwas aussagen und unterhalten.» Ent­scheidend sei aber ein attraktiver Einstieg. Die Konsumenten klicken ein Video nach wenigen Sekunden weg, wenn es nicht auf Anhieb gefällt. Wohin die Reise gehen kann, zeigt etwa Gabriel Vetters «Kennsch?»: Das Format ist fürs Internet konzipiert und wird quasi nebenbei im Radio verwertet.

Text: Daniel Bütler

Bild: Lukas Mäder

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