Schweiz aktuell-Moderatorin Bigna Silberschmidt im Studio, im Hintergrund Bild des Polizeieinsatzes vor dem Wohnhaus in Malters
SRG Deutschschweiz Ombudsstelle

«Schweiz aktuell»: «Fall Malters» vor dem Ombudsmann

Der «Fall Malters» war in den Medien – darunter SRF – immer wieder Thema. Es ging um eine Hausdurchsuchung in Malters anfangs März 2017, in deren Folge sich die Mutter des Wohnungsmieters das Leben nahm. Gegen den Kommandanten der Luzerner Polizei sowie gegen den Chef der Kriminalpolizei wurde Anklage erhoben. Am 12. Juni 2017, eine Woche vor der Gerichtsverhandlung, sendete «Schweiz aktuell» einen Beitrag mit dem Titel «Fall Malters: Polizeipsychologe warnte vergeblich». Drei Beanstander sehen im Beitrag journalistische Grundsätze verletzt: Die Fakten seien nicht präzise dargestellt worden. Zudem hätten ihrer Meinung nach die Standpunkte der Angeklagten mehr zum Ausdruck kommen müssen. Es werde der Eindruck vermittelt, der Polizeieinsatz sei unverhältnismässig gewesen. Ombudsmann Roger Blum kann die Beanstandungen in einem Punkt unterstützen. In den meisten beanstandeten Punkten hingegen erachtet er die Sendung als sachgerecht.

Der beanstandete Beitrag von «Schweiz aktuell» sei legitim gewesen, stellt Ombudsmann Roger Blum fest. Blum verweist auf die Kritik- und Kontrollfunktion der Medien und die Programmautonomie. Dazu gehöre auch die Berichterstattung über Gerichtsverhandlungen und laufende Verfahren. Ausserdem gehöre es zur Recherchierfreiheit der Medien, sich Informationen über laufende Verfahren zu beschaffen.

Der beanstandete Beitrag ist gemäss Basil Honegger, Redaktionsleiter von «Schweiz aktuell», als Prozessvorschau zu verstehen. Darin stünde die Anklage im Vordergrund. Die Redaktion habe jedoch dem Grundsatz der Unschuldsvermutung gebührend Rechnung getragen, ist Honegger überzeugt.

Verweigerte Stellungnahme

«Schweiz aktuell» habe einen zentralen Aspekt des Polizeieinsatzes in Malters beleuchtet, so Honegger weiter, nämlich die Frage der psychischen Belastung der Frau. Die Redaktion habe mehrfach versucht, eine Stellungahme bei den beschuldigten Polizeikräften und ihren Verteidigern einzuholen. Diese hätten jedoch eine Stellungnahme abgelehnt. Deshalb habe «Schweiz aktuell» nach Lösungen gesucht, um die Position der beiden beschuldigten Polizei-Kader in den Beitrag aufzunehmen. Dazu habe die Redaktion ein Interview mit einem früheren Polizeikommandanten gebracht und einen Polizeiexperten beigezogen.

Diese Problemlösung wird von Ombudsmann Roger Blum gewürdigt. Blum gibt zu bedenken, dass sich eine Stellungnahme von Beschuldigten auch in einem laufenden Verfahren oft lohne. Damit könnten Missverständnisse vermieden und Themen noch besser beleuchtet werden.

In einem Punkt gibt Blum den Beanstandern recht. Dem für den Beitrag verantwortlichen Redaktor seien die Einvernahmeprotokolle des Polizeipsychologen vorgelegen, diejenige der angeklagten Polizeikommandanten jedoch nicht. So habe der Beitrag einen Dreh zugunsten der Aussagen des Psychologen erhalten. Auch hätte man dem Anwalt des Sohnes gegenüber skeptischer sein müssen. Denn der Sohn sei mit seinen Waffen und Drogen der Ausgangspunkt des Polizeieinsatzes gewesen, findet Roger Blum.

Die übrigen Kritikpunkte der Beanstander wie mangelnder Hinweis auf die Unschuldsvermutung oder fehlendes Aufzeigen der unterschiedlichen Lageeinschätzung durch Einsatzkommandant und Psychologe kann der Ombudsmann nicht unterstützen.


Schlussbericht Ombudsstelle 5123 und 5124


Text: SRG.D/dl

Bild: Moderatorin Bigna Silberschmidt bei der Anmoderation des beanstandeten Beitrags. Screenshot aus «Schweiz aktuell» vom 12. Juni.2017, SRF

Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren:

Bild von «Schweiz aktuell» hat korrekt berichtet

«Schweiz aktuell» hat korrekt berichtet

Ombudsmann Roger Blum kann eine Beanstandung verschiedener Beiträge von «Schweiz aktuell» über den Pferdehof K. in der Gemeinde Hefenhofen (Thurgau) nicht stützen. Eine Fernsehzuschauerin moniert, «Schweiz aktuell» habe die Situation auf dem Hof beschönigt und das Tierleid nicht gezeigt. Nach Ansicht von Roger Blum hat «Schweiz aktuell» fair und ausgewogen berichtet.

Weiterlesen

Bild von Porträt über Tierschützer und Tiervernachlässiger war rechtens

Porträt über Tierschützer und Tiervernachlässiger war rechtens

Ombudsmann Roger Blum beschäftigte sich mit dem Beitrag «Jahrelanger Streit» von «Schweiz aktuell» vom 15. Januar 2018. Darin werden der angeklagte Pferdezüchter von Hefenhofen und sein Kontrahent, der Präsident des Vereins gegen Tierfabriken (VgT), porträtiert. Der porträtierte Tierschützer beanstandet den Beitrag als unsachlich und persönlichkeitsverletzend. Ombudsmann Roger Blum kann die Beanstandung in den meisten Kritikpunkten nicht unterstützen.

Weiterlesen

Bild von «Die Alpenreise» war für Leukerbad nicht rufschädigend

«Die Alpenreise» war für Leukerbad nicht rufschädigend

Die Sommerserie «Die Alpenreise» von «Schweiz aktuell» hat insgesamt vier Beanstandungen ausgelöst. Ombudsmann Roger Blum kann keine der vier Beanstandungen unterstützen.

Weiterlesen

Alle Schlussberichte der Ombudsstelle jetzt ansehen

Teilen Sie uns Ihre Meinung mit (bitte beachten Sie die Netiquette und Rechtliches)

Lade Kommentare...
Noch keine Kommentare vorhanden

Leider konnte dein Kommentar nicht verarbeitet werden. Bitte versuche es später nochmals.

Ihr Kommentar wurde erfolgreich gespeichert und wird nach der Freigabe durch SRG Deutschschweiz hier veröffentlicht