Szenenbild aus «Wilder»

Umgang mit Suizid bei SRF

Immer wieder müssen sich Programmschaffende bei SRF mit Suizid befassen. Sei dies im News-Bereich oder auch in der Fiktion. Wie SRF mit diesem Thema umgeht und welche Leitlinien gelten, erfahren Sie im nachfolgenden Beitrag.

Die vierte und letzte Staffel von «Wilder» hat mit zwei Suizid-Szenen schon vor der TV-Ausstrahlung für Aufsehen gesorgt. SRF geht grundsätzlich sehr vorsichtig mit dem Thema um. Jedoch gehört es bei «Wilder» zum Konzept, menschliche Abgründe auszuloten.

Der Umgang mit Suizid, insbesondere im News-Bereich, wird in den Publizistischen Leitlinien klar geregelt. In der News-Berichterstattung wird über Suizid nicht berichtet, um Nachahmungs-Taten zu verhindern (sog. Werther-Effekt). Dabei gibt es Ausnahmen, bspw. wenn es sich um eine Person des öffentlichen Lebens handelt. Dann wird jedoch darauf verzichtet, Details über die Art des Suizids zu erwähnen und den Ort des Geschehens zu zeigen. Die Berichterstattung über Unglücksfälle und Katastrophen geschieht bei SRF stets sachlich und präzis.

Grösserer Spielraum bei Fiktion
Im fiktionalen Kontext ist der Spielraum etwas grösser. Dort kann Suizid thematisiert werden, auch wenn SRF in der Regel auch hier Vorsicht walten lässt. Das Thema ist in unserer Gesellschaft präsent. Diese Tatsache will SRF nicht verschweigen und es damit noch stärker tabuisieren. Aber es ist klar, dass eine sorgfältige Erzählung, Umsetzung und Einbettung des Themas zwingend sind.

Die Aufbereitung und Ausstrahlung von sehr heiklen Szenen in fiktionalen Programmen wird deshalb im Vorfeld auch genau geprüft und bereits auf Drehbuchebene sehr intensiv diskutiert. Vor allem innerhalb der zuständigen Redaktion und mit der Regie, aber auch in Zusammenarbeit mit den Jugendschutzbeauftragten von SRF.

Arbeit der Jugendschutzbeauftragten
Der Jugendschutzbeauftragte ist Ansprechpartner für Redaktionen, wenn es um die Frage geht, ob ein Inhalt bei Kindern und Jugendlichen eine unerwünschte Wirkung erzeugen kann. Er gibt der Redaktion Anhaltspunkte dazu, worauf bei der Produktion von heiklen Inhalten geachtet werden muss. Häufiger ist die Beurteilung von bereits fertiggestellten oder eingekauften Sendungen gefragt. Dort geht es darum einzuschätzen, zu welcher Sendezeit ein Inhalt gezeigt werden kann und/oder ob bei der Publikation per akustischem und optischem Signal auf eine Altersbeschränkung hingewiesen werden soll. Die finale Entscheidung und Verantwortung für die Alterseinstufung liegt bei der zuständigen Fachredaktion.

Optisches Signal zu heiklen Inhalten

Die Beurteilung der Altersfreigabe hängt von verschiedenen Faktoren ab. So ist bei einer Gewalthandlung einerseits die visuelle Darstellung ausschlaggebend. Bei Gewaltdarstellungen, z.B. im Krimi-Kontext, geschieht vieles oft im Kopf der Zuschauer:innen. Gerade Erwachsene wissen aus Erfahrung, welche Handlungen vorfallen, ohne dass diese gezeigt werden. Bei jüngeren Zuschauer:innen, die diese Erfahrungen noch nicht haben, liegt der Fokus viel stärker auf dem gezeigten Bild. Die Kompetenz, eine Handlung zu verstehen, welche nur angedeutet wird, entsteht erst über die Jahre.

Zu berücksichtigen gilt aber z.B. auch, wie Gewalt innerhalb des Films beurteilt, ob sie sanktioniert wird und ob es am Schluss zu einer positiven Wendung, also einer Auflösung des Konflikts kommt.

Mehr-Augen-Prinzip für heikle Inhalte
Gerade im Umgang mit Suizid greift SRF aber auch auf die Expertise von externen Fachleuten zurück. Im Fall von «Wilder» war das die Fachstelle für Prävention der Universität Zürich. Auf ihre Empfehlung hin hat die Redaktion entschieden, bei den betreffenden Folgen eine Hinweistafel einzusetzen, die auf Hilfsangebote wie reden-kann-retten.ch und Tel. 143 verweist. Der Einbezug weiterer interner und externer Stellen braucht Zeit, ist jedoch für eine fundierte Einschätzung fundamental. Jugendschutzentscheide hängen immer auch von persönlichen Erfahrungen und Einstellungen ab. Deshalb ist es wichtig, heikle Inhalte im Mehr-Augen-Prinzip zu beurteilen und in den Entscheid auch Erkenntnisse aus der Medienwirkungsforschung und der Entwicklungspsychologie miteinzubeziehen.

Einblender Hilfsangebote

Text: Michelle Raymann und Daniel Däuber, Redaktor:innen SRF

Bild: SRF