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Säntis, der Berg – der Wetterberg

Der Alpstein ist wolkenverhangen. Mystisch präsentiert sich der Säntis im Nebel. Neben Wanderern und Hotelgästen warten Mitglieder der SRG Ostschweiz an der Talstation der Säntis-Schwebebahn und haben den Gipfel als Ziel, wo sie SRF-Meteorologe Felix Blumer treffen und Wissenwertes über das Wetter erfahren.

Die Fahrt auf den rund 2500 Meter über Meer gelegenen Säntisgipfel verläuft geräuschlos. Die Gondel bewegt sich beinahe schwebend. Das verregnete Alpsteingebiet präsentiert sich farblich trist, aber beeindruckend. Kurz vor dem Gipfel umhüllt der Nebel die Gondel, keine Sicht, pure Mystik am Berg, der die SRG Ostschweiz seit je her prägt. Die markante Erhebung im Alpstein ist seit rund 70 Jahren Standort einer Sendeanlage. Zu verdanken ist dies unter anderem der SRG Ostschweiz, die sich in den 1950er Jahren für einen Sender zur Verbreitung des Fernsehsignals in der Ostschweiz einsetzte. Der 123 Meter hohe Sendeturm dient heute auch dem Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie als Messstation. Die erste Wetterstation wurde 1882 in Betrieb genommen. Als Wetterberg der Ostschweiz zählt der Säntis ohnehin. Von ihm aus lassen sich Wetterphänomene beobachten, für die er zum Teil mitverantwortlich ist, da ihm kein anderer Berg im Weg steht.

Felix Blumer, Meteorologe, promovierter Naturwissenschaftler und Krisenkommunikator, ist bestens mit dem Alpstein vertraut. Während seiner Dissertation verbrachte er viel Zeit am und um den Säntis. In seinem Referat weist er auf Rekorde am Wetterberg hin, betont jedoch, dass Messungen durch den Wind und seine Sogwirkung sehr herausfordernd sind und eine sensible Positionierung der Messgeräte verlangt. Die Wetterdaten unzähliger Stationen werden durch Computer gesammelt und als Wettermodelle ausgedrückt. Für eine verlässliche Prognose sind neben den Wettermodellen und der eigenen regionalen Messung auch die Beobachtung und das Wissen der Meteorlogen ein entscheidender Faktor. Computer können das Wetter Monate im Voraus berechnen; für einen Meteorologen ist eine Voraussage über sieben Tage hinaus unseriös. Daher wird in diesem Zeitraum von Tendenzen gesprochen.

«Der Globus übersteht die Erderwärmung»

Ab und zu werden Wetterstationen versetzt. Dadurch gehen Langzeitdaten verloren, was das Meteo-Team vor Schwierigkeiten stellt. Was sich trotzdem ableiten lässt, ist die seit 1961 stetige Zunahme der Erderwärmung. Der Einfluss des Menschen lasse sich schwer beziffern. Wichtig sei, dass die Menschheit mögliche Massnahmen ergreife und sich dem wandelnden Klima anpasse. Angesichts der Klimaerwärmung sollte man auf raumplanerische Massnahmen und Technologien setzen, die möglichst wenig Hitze reflektieren, zur Vedunstung beitragen und wenig CO2 produzieren, so Blumer. Die Schweiz hätte dank ihrer Hochschulen und Forschungsanstalten durchaus das Potenzial, auf diesem Gebiet eine führende Rolle zu spielen: die Schweiz, das CO2-Silicon-Valley. Für Blumer ist aber auch klar: «Der Globus übersteht die Erderwärmung».

Dass sich unsere Umgebung verändert, ist auch einigen Teilnehmenden aufgefallen. Ein wesentlicher Beitrag daran hat die Bise, die eine Verschiebung des Nebels zur Folge hat. Sie sorgt aber auch dafür, dass trotz der hohen Temperaturen im Sommer, weniger Tropennächte gemessen werden. Für Blumer ist es unabdingbar, Kontakt zur «Aussenwelt» zu pflegen, um regionale Wetterphänomene zu verstehen. Wie z. B. die meteorologische Begleitung vor Ort während der Ski-WM 2017 in St. Moritz. Hier waren das Verstehen des Zusammenspiels des Bergells, der Ebene bei Maloja, der umgebenen Bergspitzen, der thermischen Entlastung und des Druckunterschiedes wichtige Lehren in Bezug auf eine spezifische Wettervorhersage am Abfahrtsberg. Im Studio Zürich sind solch präzise Erkenntnisse nicht möglich.

Die Frühschicht bei SRF Meteo beginnt morgens um halb vier. Die Daten der Nacht werden ausgewertet und zum Wetterbericht für die Morgensendung vorbereitet. Für Blumer ist es wichtig, stets adressatengerecht zu moderieren. Früher bildete das Azorenhoch die Einleitung zum Wetterbericht. Dies war für die meisten Leute nicht aufschlussreich, da sie mehrheitlich am Wetter in ihrer Gegend interessiert sind. «Wir müssen zu den Menschen sprechen und nicht über die Sache», so Blumer und beginnt jeweils damit, was die Menschen interessiert. An einem Mittwoch z. B. wollen Eltern und Grosseltern wissen, wie sie anhand der Wetterprognosen den schulfreien Nachmittag gestaltet können oder ob am Wochenende Pelerine und Regenstiefel zur Ausrüstung gehören. Im Winter erwarten unter anderem Wintersportler und Tourismusorte möglichst genaue Angaben. Eine weitere Anspruchsgruppe ist die Landwirtschaft. Wenn SRF Meteo unter anderem Regenfälle prognostiziert, ist dies ein Segen für die Landwirtschaft und ein hilfreicher Hinweis, das Gemähte ins Trockene zu bringen. Für den Touristiker hingegen, ist der Regen meist ein Ärgernis. Kurzum: Das Zielpublikum der SRF-Meteorologen ist vielseitig mit unterschiedlichen Ansprüchen.

In der Zwischenzeit macht sich die Sonne bemerkbar und erwärmt den nassen Felsen am Säntis. Die Verdunstung verstärkt den Nebel. Selbst draussen auf der Wetterstation bleibt die Mystik, durch den fesselnden Vortrag Blumers, von den Teilnehmenden beinahe unbemerkt.

Michael Marugg, Präsident Kommission für Öffentlichkeitsarbeit

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