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Service public régional, digitaler Shift und Neuorientierung

SRF steckt mitten in einer Digitalisierungsoffensive: SRF findet nicht mehr nur am Radio und im Fernsehen statt, sondern immer häufiger auch auf YouTube, Instagram und anderen digitalen Medien. Das stellt ganz grundsätzlich die Frage, was denn das Programm ist, das die Programmkommisson (PK) beobachten und unter welchen Prämissen sie dieses Programm begleiten soll. Die PK hatte deshalb vor, sich 2020 mit der eigenen Neuerfindung zu beschäftigen. Und dann kam die Covid-19-Pandemie – und die PK musste sich, wie viele andere auch, quasi über Nacht selber digitalisieren.

Statt sich vor Ort zu treffen, hat die PK ihre Sitzungen per Zoom abgehalten. Das digitale Format erwies sich als fruchtbar: über Videokonferenz kam es zu sachlich spannenden Diskussionen mit Programmverantwortlichen über das Programm auf dem Sender und in der digitalen Welt.

Im Fokus der Programmkommission stand paradoxerweise nicht ein digitaler Ausbau, sondern ein Abbau: Per 7. September 2020 wurden die Webseiten und die Facebookseiten der Regionaljournale in der Deutschschweiz eingestellt. Die Adresse www.srf.ch/basel war entsprechend nicht mehr verfügbar. Die Berichte aus den Deutschschweizer Regionen werden auf der Website srf.ch/news sowie in der «SRF News»-App neu unter der Rubrik «Schweiz» in die Inland-Berichterstattung integriert. Gemäss SRF reagierte die Chefredaktion damit auf Erkenntnisse der Nutzerforschung. Die einzelnen Beiträge erreichten zu wenig Klicks der Benutzer:innen.

In der Region Basel hat das zu intensiven Diskussionen geführt, weil das Regionaljournal Basel Baselland wie kaum ein anderes Regionaljournal nicht nur über die Region Basel berichtet, sondern auch für diese Region: Das Regionaljournal wird in der Region als wichtige, regionale Stimme wahrgenommen. Es besteht die Befürchtung, dass das Regionaljournal digital nicht mehr sichtbar ist, wenn es im Web keine eigene Seite bespielen kann.

Seit September 2020 ist die Berichterstattung des Regionaljournals online somit nur noch punktuell verfügbar. Zudem war das Regionaljournal 2020 auf der Sendungsseite nur noch als Ganzes abrufbar. Das immerhin hat SRF korrigiert: Mittlerweile sind da auch die einzelnen Beiträge wieder sichtbar. Dennoch besteht die Befürchtung, dass die Arbeit der Regionalredaktionen nicht mehr wahrgenommen wird und einzelne Beiträge schlechter über soziale Medien geteilt werden.

Weil sich gleichzeitig private Medien tendenziell eher aus den Regionen zurückziehen, wäre es im Sinne eines Service public régional besonders wichtig, diesen auch im digitalen Raum aufrechtzuerhalten. Regionale Klickzahlen sind nie mit den Klickzahlen nationaler Geschichten vergleichbar. Analog zum Postauto ins Bleniotal sollte SRF auch in der digitalen Welt deshalb den regionalen Service public weiter garantieren.

Für die Schweiz, statt für die Region

Medienmitteilung zur Neuausrichtung der SRF-Online-Berichterstattung aus den Regionen

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Erstmals haben Programmkommissionen von fünf Mitgliedgesellschaften der SRG Deutschschweiz gemeinsam die SRF-Berichterstattung analysiert: Das Urteil über die seit sieben Monaten neu ausgerichtete Online-Berichterstattung aus den Regionen fiel durchaus skeptisch aus. Der Rückzug aus dem lokalen und regionalen Raum wird als problematisch erachtet, weshalb man sich eine Neubeurteilung dieser Strategie wünscht.

Medienmitteilung vom 24. März 2021

Abgesehen von der Digitalstrategie des Regionaljournals hat sich die Programmkommission 2020 mit folgenden Themen beschäftigt:

  • Berichterstattung des Regionaljournals über die Regierungs- und Grossratswahlen im Kanton Basel-Stadt
  • Literatur und Neuausrichtung der Literaturredaktion auf SRF 2 Kultur und in den digitalen Medien
  • Neuausrichtung der Programmkommission generell

Für 2021 hat sich die Programmkommission vorgenommen, mit verschiedenen Formaten auf Zoom und im realen Raum zu experimentieren und auf diese Weise verschiedene Schnittlinien ans Programm zu legen. Ein Programm, das sich nicht mehr nur im «Äther», also im Radio und am Fernsehen manifestiert, sondern sich kalaidoskopartig vervielfältigt auf digitale Kanäle und zunehmend auch interaktiv wird.

Weil der Umbau vom traditionellen Radio- und Fernsehhaus zum Multimedia-Hub auch die SRF-Mitarbeitenden stark fordert, will die Programmkommission auch weiterhin das Gespräch mit den Programmschaffenden suchen und den Dialog zwischen Publikum und SRF strukturiert fördern.

Matthias Zehnder, Präsident Programmkommission SRG Region Basel