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«Rundschau»-Moderatorin war zu Recht kritisch

Dem «Rundschau»-Publikum werde die «persönliche Ideologie» der Journalistin aufgezwungen, findet ein Beanstander. Im Beitrag ging es um die verschärfte Asylpraxis der Schweiz gegenüber Eritreer*innen. Ombudsmann Roger Blum unterstützt die Beanstandung nicht.

Am 10. April 2019 beschäftigte sich die «Rundschau» mit dem Thema der Rückschaffung von Eritreer*innen. Die Schweiz hat kein Rücknahmeabkommen mit Eritrea. Das heisst, dass sie niemanden gegen seinen oder ihren Willen nach Eritrea zurückschaffen kann. Gleichzeitig hat sich die Wegweisungsquote zwischen 2015 und 2018 von 4.4% auf 19.5% erhöht. Die Politik wurde also verschärft, jedoch ist diese nicht umsetzbar. Die Konsequenz: Viele abgewiesene Asylsuchende tauchen ab in die Illegalität.

Im Beitrag wurde Ständerat Damian Müller (FDP), der zu den Verfechtern der Verschärfungen gehört, kritisch befragt. Der Beanstander findet nun, dass Moderatorin Nicole Frank im Interview versucht habe, ihre eigene «linke Ideologie» in den Vordergrund zu drängen. Der Beitrag illustriere zudem, dass 75 % der SRG-Mitarbeitenden linkslastigen seien. Dabei beruft sich der Beanstander auf eine Studie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaft (ZHAW) über die politische Ausrichtung von Journalisten und Journalistinnen in der Schweiz.

Nicht Ideologie, sondern Aufgabe

In seiner Stellungnahme erklärt «Rundschau»-Redaktionsleiter Mario Poletti zunächst den Grund für die kritischen Fragen von Moderatorin Nicole Frank an Ständerat Damian Müller: Da Müller ein Befürworter einer Verschärfung der Asylpraxis ist, muss es das Ziel des Gesprächs sein, diese Position kritisch zu hinterfragen, damit sich das Publikum eine eigene Meinung bilden kann. Es geht also nicht um die politische Position der Moderatorin. Es ist jedoch ihre Aufgabe, in diesem Gespräch eine kritische Position gegenüber dem Ständerat einzunehmen.

In Bezug auf den Vorwurf der Linkslastigkeit weist Poletti darauf hin, dass der Beanstander die Studie ebenso falsch zitiert, wie die Sonntagszeitung am 11.11.2017: Der Verantwortliche der besagten Studie, ZHAW-Medienprofessor Vinzenz Wyss, hat klargestellt, dass die Aussage «3 von 4 SRF-Journalisten ticken links» nicht stimmt.

«Im Übrigen halten wir fest, dass die Rundschau einem unbequemen Journalismus verpflichtet ist, der Missstände kritisiert, unabhängig davon, ob diese von einer ‘linken’ oder ‘rechten’ Politik verursacht oder geprägt sind.» (Mario Poletti, Redaktionsleiter «Rundschau»)

Leicht links der Mitte

Roger Blum führt den Kritikpunkt der Linkslastigkeit weiter aus: In der vom Beanstander angesprochenen Studie wurden zwei Feststellungen gemacht: Erstens verstehen sich die Journalistinnen und Journalisten der Schweiz primär als neutrale Berichterstatter*innen, und zweitens verortet sich die Mehrheit der Medienschaffenden leicht links der Mitte.

Der Ombudsmann ist auch in Bezug auf den Interviewstil der «Rundschau»-Moderatorin derselben Meinung wie Poletti. Nicole Frank hat im Interview eine journalistische Haltung eingenommen, nicht eine politische: «Eine journalistische Haltung einnehmen bedeutet: die Gegenposition vertreten, kritische Fragen stellen, das Gegenüber zu prägnanten Aussagen zwingen. Genau dies hat die Interviewerin gemacht», so Blum.

Zum Schlussbericht 5925

Zur «Rundschau»-Sendung vom 10. April 2019

Text: SRG.D/lh

Bild: Illustration Cleverclip

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