Ombudsfall: Pointierte «Rundschau» zu Kampfjets
Die «Rundschau» vom 2. September 2020 behandelte das Thema der Kampfflugzeugbeschaffung über die am 27. September 2020 abgestimmt wird. Gegen die Sendung gingen mehrere Beanstandungen ein, die hauptsächlich den Umgang mit dem designierten Luftwaffenchef monierten. Zu Unrecht.
Nach einem Bericht über die Abstimmungsvorlage «Bundesbeschluss über die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge» war der zukünftige Luftwaffenchef der Schweizer Armee, Oberst i Gst Peter Merz, zum «Theken-Gespräch» ins «Rundschau»-Studio geladen. Das Interview führte Dominik Meier.
Diverse Vorwürfe
Die Beanstander stören sich an verschiedenen Aussagen des Moderators: Dieser konfrontierte Peter Merz zu Beginn des Gesprächs mit dem Abstimmungsslogan des Befürworter-Komitees «In jeder Situation den richtigen Schutz» und stellt diesen Slogan pointiert in Frage. Dabei bezieht er sich auf eine Aussage von Bundesrätin Viola Amherd, nach der die Schweiz mehr Flugzeuge brauchen würde, als sie zu kaufen gedenkt, um in allen Angriffsszenarien vollständig unabhängig zu sein.
Später im Gespräch stellt Meier die Aussage in den Raum, dass die Schweiz im Falle eines militärischen Angriffes eine Allianz mit anderen Staaten brauchen würde. Die Beanstander stören sich daran, dass der Moderator darauf hinweist, dass dafür faktisch nur die Nato in Frage komme. Dies sei seine eigene Interpretation und stehe so nicht im VBS-Bericht und nicht auf der VBS-Website.
Diskutiert wurde zudem die Frage, wie lange denn die Flotte durchhalten könnte, beziehungsweise, welche Flottengrösse welche Aufgaben erfüllen könnte. Die Aussagen von Expert*innen diesbezüglich sind widersprüchlich. Die Beanstander werfen dem Moderator «Falschaussagen» vor.
Nachdem Peter Merz betont hatte, dass es – sollte die Vorlage abgelehnt werden – keinen Plan B und also auch keinen Schutz vor Bedrohungen aus der Luft mehr gebe, erwiderte Moderator Meier: «So wie Sie sprechen, dürften Sie bei einem Nein den Job als Luftwaffen-Kommandant nicht annehmen.» Dies empfanden die Beanstander als persönlichen Angriff gegen Peter Merz.
Journalistisch fundiert
Die Redaktion widerspricht in ihrer Stellungnahme allen Vorwürfen der Beanstander. Die Aussagen und Fragen des Moderators seien – entsprechend dem Charakter des «Theken-Gesprächs» – zwar kritisch und provokativ gewesen, aber nicht persönlich angreifend. Zudem schreibe der Moderator die Aussage, dass die Nato der einzige mögliche Allianzpartner der Schweiz im Krisenfall sei, weder dem VBS noch dem Bundesrat zu. Es ist dies seine journalistische Interpretation und nicht abwegig, da die Schweiz mit Italien, Frankreich und Deutschland von Nato-Staaten umgeben und über das Programm «Partnership for Peace» mit der Nato eng verbunden sei.
Sorgfalt...
Die Ombudsstelle weist in ihrer Beurteilung der Sendung zunächst auf die publizistischen Leitlinien hin, nach welchen SRF zur «Sorgfalt» verpflichtet ist. Dies bedeute allerdings nicht, dass die journalistische Arbeit daraus bestehen würde, alle Differenzierungen und Nuancierungen, wie sie ein Fachexperte einer jeweiligen Abstimmungsvorlage kennen, ebenso differenziert und nuanciert zu kennen und darzulegen. Schon gar nicht bei der «Rundschau», die keine Fachsendung, sondern eine Informationssendung mit provokativem Charakter sei.
...und Meinungsbildung
Die Meinungsbildung sei zentral und der Moderator nehme Fragen auf, wie sie die Stimmbürger*innen beschäftigen. Dabei dürfe seine persönliche Meinung keine Rolle spielen. Dies ist nach Meinung der Ombudsstelle in der beanstandeten Sendung auch nicht der Fall. Vielmehr räume der Moderator in der Sendung selbst ein, dass ihm bewusst ist, wie provokativ und zuspitzend er ist. Gerade diese Zuspitzung sei hier zulässig, da das Publikum nicht nur aus gut informierten Armeebefürworter*innen bestehe, sondern vor allem aus Stimmbürgerinnen und Stimmbürger. Diese schnappen im Vorfeld der Abstimmung vor allem «Reizwörter» zur Abstimmungsvorlage auf und erwarten deshalb genau diese kritischen Fragen, um sich aufgrund der Antworten des VBS-Vertreters eine Meinung bilden zu können.
Peter Merz habe zudem die Möglichkeit gehabt, auf alle noch so pointierten Fragen zu antworten. Wenn der designierte Luftwaffenchef von sich aus erwähnt, bei einer Ablehnung der Abstimmungsvorlage sei «kein Schutz aus der Luft» vorhanden, stelle sich ja wirklich die Frage, ob es dann überhaupt noch einen Luftwaffenchef brauche. In einer populären Sendung muss eine solche Frage zulässig sein.
Insgesamt kommen die Ombudspersonen zum Schluss, dass keine Verstösse gegen Artikel 4 des Radio- und Fernsehgesetzes vorliegen, weshalb sie die Beanstandungen nicht unterstützen.
Kommentar