SRG Deutschschweiz Ombudsstelle

«Kassensturz»-Bericht über den privaten ärztlichen Dienst «Mobile Ärzte AG» beanstandet

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Mit Ihrem eingeschriebenen Brief vom 13. April 2015 haben Sie als Rechtsvertreter der Mobile Ärzte AG/Mobile Ärzte Lob die Berichterstattung über Ihre Mandantschaft in der Kassensturz-Sendung vom 24. März beanstandet. Aus Sicht Ihrer Mandant­schaft hat die Kassensturz-Redaktion „auf Betreiben der Gewerkschaft Syna einer­seits eine nicht sorgfältig recherchierte und andererseits sehr tendenziös gegen meine Mandantschaft gerichtete Berichterstattung ausgestrahlt und dabei auch unrichtige Behauptungen aufgestellt“. Den Erhalt Ihrer Beanstandung habe ich mit meinem Brief vom 15. April bereits bestätigt.

Wie üblich, habe ich die Verantwortlichen von SRF gebeten, zu Ihren Kritiken Stellung zu beziehen. Dies ist erfolgt und in der Zwischenzeit habe ich die von Ihnen kritisierte Sendung analysieren können. Ich bin somit in der Lage, Ihnen heute meinen Schlussbericht zu senden.

1. Vorab legen Sie Wert auf die Feststellung, dass Ihre Mandantschaft sowie Sie selber „sowohl der Arbeit von Gewerkschaften in unserem Land als auch dem Konsumen­tenschutz, unter anderem vertreten durch die Sendung Kassensturz, grossen Res­pekt entgegenbringen und die Wichtigkeit ihrer Arbeit anerkennen. Andererseits kann es nicht angehen, dass im Rahmen dieser Arbeit derart intensiv gegen ein Unterneh­men vorgegangen wird, das in den gut fünf Jahren seit seinem Bestehen über 25‘000 Patientinnen und Patienten behandelt hat und dabei keine einzige aufsichtsrechtliche Beanstandung, keinen einzigen Haftpflichtfall und keine Beanstandungen durch eine Krankenkasse betreffend Rechnungsstellung zu verzeichnen hatte.“

Sie begründen Ihre Beanstandung wie folgt:

„Konkret wurden in der Sendung vom 24. März 2015 drei Vorwürfe erhoben:

1. Verletzung der Arbeitnehmerschutz-Bestimmungen des Arbeitsgesetzes

2. Ansprüche ehemaliger Angestellter auf Nachzahlungen für geleistete Überzeit

3. Gefährdung von Patienten und unrichtige Rechnungstellungen

Die Kassensturz-Redaktion hat dabei die Darlegungen der Gewerkschaft Syna und der durch sie vertretenen ehemaligen Angestellten der Mobile Ärzte AG / Mobile Ärzte Lob übernommen und offenbar nicht verifiziert. Das zeigen auch die fachlich falschen Ausführungen im Bericht, beispielsweise zum Funktionieren des Notfall­dienstes und zur Einsatztriagierung der Sanität. Im Zusammenhang mit dem äusserst heiklen Vorwurf der Patientengefährdung wurde nicht ein einziger konkreter Fall recherchiert respektive genannt, es blieb bei allgemeinen Vorwürfen.

Schlimmer noch: Die Kassensturz-Redaktion hat behauptet, es laufe eine kantonale Untersuchung gegen die Mobile Ärzte betreffend Gesundheitsschutz. Abklärungen bei Herrn Dr. Brian Martin, Kantonsarzt Baselland (Leiter der Aufsicht über die Ärzte) und beim kantonalen Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA) haben ergeben, dass keine Untersuchungen gegen die Mobilen Ärzte laufen. Herr Dr. Martin hat gegenüber dem Unterzeichnenden telephonisch bestätigt, dass er vor Ausstrahlung der Sendung eine Anfrage von der Kassensturz-Redaktion erhalten habe. Dabei habe er klar festgehalten, dass ihm keinerlei Beanstandungen gegen die Mobilen Ärzte vorliegen und dementsprechend keinerlei Untersuchungen seitens Aufsichtsbe­hörde im Gang seien. Mit dem KIGA Baselland stehen die Mobilen Ärzte seit einiger Zeit im Zuge der Überarbeitung ihres Arbeitszeitmodells im Austausch. Aber auch hier läuft keine Untersuchung.

Ferner wurde in der Berichterstattung verschwiegen, dass einige der zitierten Per­sonen, vertreten durch die Gewerkschaft Syna, erst kurz vorher erhebliche finanzielle Forderungen gegen die Mobilen Ärzte geltend gemacht haben. Diese wichtige Tat­sache hätte die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen mit Sicherheit relativiert.

Konkret sind folgende Punkte exemplarisch aus der Berichterstattung vom 24. März 2015 hervorzuheben :

1. Zum Einstieg der Sendung hielt der Moderator drei bedruckte Blätter in Richtung der Kamera und sagt dazu: ‚Diese Einsatzpläne belegen es schwarz auf weiss, da haben Angestellte einer Firma zum Teil bis zur Erschöpfung gearbeitet (...) Da geht es um einen ärztlichen Notfalldienst und letztlich um die Gesundheit von Patientinnen und Patienten.‘

Das ist einerseits tendenziös, weil eine Verbindung zwischen den Arbeitszeiten von medizinischem Hilfspersonal und der Gesundheit von Patienten hergestellt wird. Für die Sicherheit der Patienten sind aber ausschliesslich die behandelnden Ärzte und nicht die medizinischen Praxisassistentinnen verantwortlich. Anderer­seits ist eine seriöse und derart belastende Aussage in diesem Zusammenhang nur bei einer breiten Überprüfung der Einsatzpläne möglich. Die drei in die Kamera gehaltenen Blätter decken ungefähr den Einsatz einer Person in maximal zwei Monaten ab. Die Mobilen Ärzte haben eine Überprüfung sämtlicher Einsatz­pläne des medizinischen Hilfspersonals rund 2 Jahre zurück vorgenommen und dabei über 4000 Einsätze überprüft. Dabei kam es lediglich in 13 Fällen zu langen Arbeitszeiten, wobei auch in diesen Fällen die Ruhezeiten gemäss Arbeitsgesetz erfüllt waren. Die Mobilen Ärzte bieten eine Einsichtnahme in sämtliche Einsatz­pläne ausdrücklich an.

(Als Beweis sind Sie bereit, die vollständigen Einsatzpläne der Mobilen Ärzte rückwirkend auf zwei Jahre – rund 4000 Einsätze – zur Verfügung zu stellen.)

2. Zum Einstieg in den Filmbericht wurde ein Einsatz der SOS Ärzte in Zürich als ‚gutes Beispiel‘ gezeigt. Das Ausspielen der SOS Ärzte ist aus zwei Gründen nicht korrekt: Zum einen ist das Einsatzkonzept der SOS Ärzte nicht vergleichbar mit demjenigen der Mobilen Ärzte. Hier ist ein Arzt alleine unterwegs, medizini­sche Praxisassistentinnen nehmen an Ausseneinsätzen nicht teil. Ausserdem führen die SOS Ärzte ein viel geringeres Equipment mit als die Mobilen Ärzte. Die Einsätze dort sind vergleichbar mit ganz normalen Hausbesuchen von Haus­ärzten. Dementsprechend haben die SOS Ärzte im Notfallversorgungssystem eine ganz andere Rolle als die Mobilen Ärzte. Man kann also sagen, dass hier ‚Äpfel mit Birnen‘ verglichen werden. Eine detaillierte Recherche zu den Notfall­konzepten in Zürich und Basel und zur Rolle der verschiedenen Organisationen hätte das ergeben.

Zum anderen wurde betont, dass man bei den SOS Ärzten nur in zwei Schichten à je 10 Stunden gearbeitet werde. Wie die restlichen 4 Stunden bis zum Erreichen der täglichen 24 Stunden geleistet werden, wurde nicht erwähnt.

3. Wenig später im Filmbericht hiess es: ‚Kassensturz trifft 5 medizinische Mitarbei­tende, die bei den Mobilen Ärzten für den Telephon- und Fahrdienst zuständig waren. Aus Angst vor Repressalien ihres ehemaligen Arbeitgebers wollen sie anonym bleiben. (.....) Tages- und Wochenhöchstarbeitszeiten seien regelmässig überschritten worden.‘

Das ganze Setting des Berichtes war tendenziös aufgebaut mit einer beinahe schon spirituell anmutenden Ambiance. Völlig unklar ist, weshalb die Mitarbeiten­den, die alle schon mehr als ein Jahr nicht mehr bei den Mobilen Ärzten arbeiten, Angst vor Repressalien haben sollten. Ausser gezielter Stimmungsmache ist die einzige mögliche Erklärung dafür: Man wollte nicht offenlegen, dass die Gewerk­schaft Syna erst kurz vorher Namens einiger der zitierten Personen erhebliche finanzielle Forderungen geltend gemacht hatte und die Tatsache, dass sie Gegenparteien in einer Rechtsstreitigkeit sind, Einfluss auf die Beurteilung ihrer Glaubwürdigkeit gehabt hätte.

(Als Beweis sind Sie bereit, vier undatierte Schreiben der Gewerkschaft Syna betreffend Forderungen ehemaliger Mitarbeitenden vorzulegen.)

4. Zitiert wird dann der Vorwurf eines Arztes: Man habe Patienten behandeln müs­sen, zu denen eigentlich die Sanität mit Blaulicht hätte fahren müssen. Dass dies eine unwahre Unterstellung ist, hätte eine Abklärung bezüglich Notfallkonzept der Kantone Basel-Stadt / Basel-Landschaft ergeben: Tatsache ist, dass die Mobilen Ärzte grundsätzlich nur Fälle übernehmen, die ihrem Leistungsangebot ent­sprechen. Dafür sorgt die Triagierung durch die Medizinische Notrufzentrale (MNZ), eine offizielle Stelle: Lebensbedrohliche Fälle werden sofort an die Sanität (Nummer 144) weitergegeben. Es kommen also primär nur mittelschwere Notfälle zu den Mobilen Ärzten. Im Rahmen des kantonalen, gesetzlichen ärztlichen Not­falldienstes sind die Mobilen Ärzte verpflichtet, diese Fälle zu begutachten, im Laufental auch Kinder jeden Alters. Sollte sich der Zustand eines Patienten deutlich verschlechtern, gibt es bei den Mobilen Ärzten die klare und dokumen­tierte Anweisung, den Patienten zu informieren und unverzüglich der Sanität für eine Spitaleinweisung zu übergeben. Es sind im Übrigen etliche Direktüberwei­sungen seitens der Mobilen Ärzte an die Sanität in Telefonprotokollen dokumen­tiert und die Mobilen Ärzte haben nachweislich ein sehr gutes Einvernehmen mit den Sanitätsdiensten der Region.

5. Im Bericht kommt ein Vertreter der Gewerkschaft Syna länger zu Wort und erhebt diverse falsche Vorwürfe. Diese Behauptungen werden in der Folge unreflektiert und offenbar nicht nachrecherchiert gegen die Mobilen Ärzte übernommen. Die Möglichkeit, dass es sich um eine konzertierte Vorgehensweise zur Schaffung von zusätzlichem Druck zwecks Durchsetzung von zivilrechtlichen Forderungen handeln könnte, wurde offenbar nicht einmal erwogen.

6. Zum Einstieg in das persönliche Interview führte der Moderator aus, die kantona­len Behörden Baselland hätten eine Untersuchung zu arbeitsrechtlichen Fragen eingeleitet und man ginge jetzt auch den Fragen zur Gesundheitsgefährdung nach. Ferner behauptete der Moderator: ‚Sie haben das Arbeitsgesetz verletzt und zwar en masse.‘ Wie bereits vorstehend ausgeführt, entspricht diese schwerwiegende und belas­tende Behauptung nicht den Tatsachen. Im Gegenteil hat eine nachweislich vom Kassensturz durchgeführte Nachfrage beim Kantonsarzt Baselland ergeben, dass keinerlei Beanstandungen gegen die Mobilen Ärzte vorliegen. Und wenn tatsächlich Verletzungen ‚en masse‘ vorliegen würden, wäre es mit Sicherheit zu einer formellen Untersuchung gekommen, was eben nicht der Fall ist. Tatsächlich finden Gespräche mit dem KIGA Baselland statt, von einer Untersuchung, die zu Sanktionen führen könnte, ist nicht die Rede.

Den zahlreichen Vorwürfen im Bericht seien noch einige Fakten entgegengesetzt, die ausnahmslos beweisen werden können und durch einfach Recherchen hätten in Erfahrung gebracht werden können:

· Es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass die Arbeit im Notfalldienst – wie die in der Notfallstation eines Spitals – anspruchsvoll, intensiv und teilweise hart ist. Die Mobilen Ärzte stellen einen 24 Stunden-Dienst sicher, also in der Nacht, an Wochenenden, Sonn- und Feiertagen. Dies, weil medizinische Notfälle rund um die Uhr stattfinden und es dann darum geht, den betroffenen Patienten rasch und kompetent zu helfen. Diese Belastung lassen sich nicht ändern, das ist die Reali­tät und verlangt den Mitarbeitenden einiges ab. Und gerade deshalb kennt das Arbeitsgesetz wichtige Ausnahmen zu Gunsten von Institutionen in diesen medizi­nischen Bereichen.

· Zur Abgeltung der höheren Belastung zahlen die Mobilen Ärzte den medizini­schen Praxisassistentinnen einen Monatslohn, der um rund CHF 2‘000.— über den offiziellen Empfehlungen liegt.

· Die Mobilen Ärzte haben zusammen mit ihrem Personal ein innovatives Arbeits­zeitmodell entwickelt und sind bis jetzt davon ausgegangen, dass dieses auch im Sinne der Mitarbeitenden ist. Nun wird das Modell gemeinsam mit dem kantona­len Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA) evaluiert. Ergibt sich daraus, dass das Modell effektiv verbessert werden kann, dann wird das gemacht.

· Entschieden zurückgewiesen wird nebst der angeblichen Gefährdung von Patien­ten auch die Behauptung, dass die Gesundheit des Personals gefährdet werde oder gefährdet worden sei. Das bestätigen auch alle aktuell unter gleichen Bedin­gungen tätigen Mitarbeiter; sie waren zum Teil auch damals schon bei den Mobi­len Ärzten tätig. Mittlerweile sind alle Einsatzpläne des Personals über zwei Jahre zurück geprüft worden: Bei über 4000 Arbeitsschichten kam es lediglich in 13 Fällen zu langen Präsenzzeiten. Dies aber mit Zustimmung der Mitarbeitenden und nur in Notsituationen. In den letzten Monaten war kein einziger solcher Fall mehr zu verzeichnen.

· Die Mobilen Ärzte legen grossen Wert auf Behandlungsqualität: Die Mitarbeiten­den müssen morgens um 8.00 und abends um 18.00 und bei jeder Übernahme der Fahrzeuge einen Check gemäss ausführlicher Checkliste durchführen, dazu gehört auch die Kontrolle der Defibrillatoren und sämtlicher Laborartikel. Wö­chentlich findet ein grosser Check der Fahrzeuge statt, in welchem Vollständig­keit und Verfalldaten aller im Fahrzeug befindlichen Artikel kontrolliert werden, alle Checks müssen persönlich visiert werden. Sollte ein Problem ad hoc nicht gelöst werden können, muss dies der Geschäftsleitung gemeldet werden. Die ärztliche Leitung führt zudem persönlich Kontrollen durch. Bevor ein Medikament appliziert wird, wird zuerst vom richtenden Paraarzt, dann vom applizierenden Arzt eine Verfalldatenkontrolle vorgenommen. So kann kein verfallenes Medika­ment an den Patienten gelangen, selbst wenn in einer Fahrzeug-Kontrolle einmal etwas übersehen werden sollte.

(Eine noch differenziertere Kommentierung der Berichterstattung wird an dieser Stelle ausdrücklich vorbehalten).

Aus vorgenannten Gründen ersuchen die Mobile Ärzte AG / Mobile Ärzte Lob um eine Überprüfung der Berichterstattung in der Kassensturz-Sendung vom 24. März 2015.

Dabei ist nochmals festzuhalten, dass eine Überprüfung des Arbeitszeitmodells des medizinischen Hilfspersonals und allfälliger finanzieller Ansprüche schon vor der Be­richterstattung durch den Kassensturz eingeleitet worden war. Sollten – wie behaup­tet wird – ehemalige Mitarbeitende tatsächlich noch Nachzahlungen von zugut haben, dann bekommen sie ihr Geld. Ebenso werden Anpassungen am Arbeitszeitmodell vorgenommen, soweit das die laufende Evaluation ergeben sollte.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die tendenziöse, stark einseitig recherchierte, beinahe ausschliesslich auf Aussagen von ehemaligen Mitarbeitenden beruhende und unrichtige Berichterstattung zu einer erheblichen Geschäfts- und Imageschädigung der Mobilen Ärzte geführt hat.”

Mit eingeschriebenem Brief vom 6. Mai senden Sie mir die zwischen der Gewerk­schaft Syna und der Mobile Ärzte AG getroffene Vereinbarung samt gemeinsamer Medienmitteilung sowie die von 121 Ärztinnen und Ärzten zu Gunsten der Mobile Ärzte AG unterzeichnete Petition. Sie betonen dabei, dass die Gewerkschaft Syna ihre Vorwürfe in Bezug auf die Patientensicherheit weitgehend zurückgenommen habe.

Weiter äussern Sie Folgendes: „Aus der Vereinbarung und der Medienmitteilung er­geben sich eindeutig, dass sowohl die Gespräche zwischen der Gewerkschaft Syna und der Mobile Ärzte AG als auch zwischen dem kantonalen Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA) und der Mobile Ärzte AG seit Monaten laufen. Es ist also keineswegs so, dass die Berichterstattung des Kassensturz notwendig gewesen wäre, um Aktivitäten irgendwelcher Art zu initiieren.“ Und weiter: „Im Lichte dieser neuen Tatsachen wird immer deutlicher, dass der am 24. März 2015 in der Sendung Kassensturz ausgestrahlte Bericht in inakzeptabler Weise fern jeglicher Objektivität liegt, ungenügend und einseitig recherchiert war und für die Mobile Ärzte AG rufschädigend und existenzbedrohende Auswirkungen hat. Mittlerweile ist auch ein konkreter finanzieller Schaden zu erkennen.“

2. Wie bereits erwähnt, haben die Verantwortlichen von SRF zu Ihren Kritiken Stellung bezogen. Ich möchte Ihnen das Schreiben von Herrn Wolfgang Wettstein, Redak­tionsleiter Kassensturz/Espresso, nicht vorenthalten. Er schreibt Folgendes:

„Zur Beanstandung von Herrn X gegen den Bericht «Kritik an Notfalldienst: Um­strittenes Geschäft mit Hausbesuchen» im Kassensturz vom 24. März 2015 nehme ich gerne Stellung.

Vorbemerkung: Insgesamt zehn ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben gegenüber «Kassensturz» die Arbeitsbedingungen der Mobilen Ärzte kritisiert. Ihre Aussagen sind glaubwürdig. Es kommt selten vor, dass zehn Quellen dieselben Vor­würfe erheben. Alle Mitarbeitenden berichten von Verstössen gegen das Arbeits­gesetz und darüber, dass sie die Patientensicherheit gefährdet haben, weil sie auch Einsätze bei Notfällen fahren mussten, bei denen es zwingend gewesen wäre, die 144 zu rufen.

Für die Zuschauer war transparent, dass die Kritik von ehemaligen Mitarbeitern stammt. Wegen dieser Aussagen hat «Kassensturz» über die Mobilen Ärzte berich­tet. Dr. Michael Gloger, Chefarzt der Mobilen Ärzte AG, konnte im Studiogespräch zu allen Vorwürfen ausführlich Stellung nehmen.

Zu den Kritikpunkten im Einzelnen halte ich mich an die Gliederung von Herrn X, was vereinzelt zu Redundanzen in den Antworten führen kann.

1. Kritikpunkt: Tendenziöser Einstieg der Sendung

Der Beschwerdeführer kritisiert in Punkt 1, dass bei der Anmoderation der Eindruck entstanden sei, dass durch die Arbeitszeitverstösse die Gesundheit der Patienten gefährdet sei, das sei tendenziös. Es handle sich nur um medizinische Praxisassis­tentinnen und ohnehin nur um Einzelfälle.

Dem widerspricht Kassensturz aus folgenden Gründen:

«Kassensturz» hat in der Anmoderation gar nicht gesagt, dass durch die Arbeitszeit­verstösse die Gesundheit der Patienten gefährdet ist. In der Anmoderation hiess es wörtlich: Ehemalige Mitarbeiter «brichte einersitzs vo unmügleche Arbeitsbedingige und si schildere, wi dä Notfalldienst d Gsundheit gfährdi vo däne, wo si ne eigetlech sötte hälfe». In der Anmoderation sagten wir den Zuschauern also transparent, dass es um zwei Kritikpunkte geht, die ehemalige Mitarbeiter gegenüber den Mobilen Ärzten äussern.

Zudem: Arbeitsrechtsprofessor Dr. jur. Roland Müller hat in seinem Gutachten zu­handen der Gewerkschaft Syna (20. März 2015) zahlreiche Verstösse gegen die tägliche Ruhezeit bei vier Paraärzten festgestellt. Das KIGA Baselland hat ebenfalls zahlreiche Verstösse gegen das Arbeitsgesetz bemängelt und verlangt, dass dies bis im Juni 2015 korrigiert wird. Auch ein ehemaliger Arzt der Mobilen Ärzte berichtete «Kassensturz» von regelmässigen 24 Stunden-Schichten für die Ärzte: «Ein Gesund­heitsschutz oder eine Fürsorge für die Mitarbeiter gab es schlicht und einfach nicht. Wir haben 24 Stunden am Stück gearbeitet, und das mehrere Tage hintereinander. Anfangs waren es sieben Tage die Woche 24 Stunden-Dienste, später dann drei Tage am Stück. In dieser Zeit gab es keine Möglichkeit zu schlafen, wenn viele Fälle anfielen, wir mussten sie alle fahren, es wurde nicht einmal sichergestellt, dass eine Ablösung da war, die ein Minimum an Schlaf garantierte. Man ist eigentlich nur gefahren, man kam nicht zum Essen, zum Trinken, es kam zu Kreislaufproblemen und Kollaps-Situationen, zum Essen ist man nicht gekommen und wenn man mal versucht hat, sich zwischendurch etwas zu holen, dann kam gleich der Anruf übers Natel: Wo seid ihr, wo bleibt ihr solange?»

Auch Ärzte habe also die mangelnde Patientensicherheit kritisiert. Und unserer Mei­nung nach ist es für das Wohl der Patienten ebenso relevant, wenn nicht nur Ärzte, sondern auch das medizinische Hilfspersonal geistig und körperlich bei vollen Kräften ist.

2. Kritikpunkt: Vergleich SOS Ärzte

Der Beschwerdeführer kritisiert in Punkt 2, dass der Vergleich mit den SOS Ärzten (SOS Ärzte als «gutes Beispiel») in Zürich nicht korrekt gewesen sei.

«Kassensturz» versteht diesen Einwand nicht – aus folgenden Gründen:

Tatsächlich gibt es nur im Raum Zürich, Basel und Genf so genannte mobile Ärzte, die «normale» Hausarzt-Patienten zu Hause besuchen. Es ist korrekt, dass das Konzept der Mobilen Ärzte in Basel im Detail betrachtet nicht exakt deckungsgleich ist mit dem Konzept der SOS Ärzte in Zürich, doch im Grunde ist es dieselbe Dienstleistung. «Kassensturz» zeigte im Beitrag, dass der SOS-Arzt in Zürich alleine unterwegs ist und Instrumente dabei hat, die er tragen kann. Filmkommentar: «Im Handgepäck Untersuchungsinstrumente, EKG-Monitor, Sauerstofftasche und Medi­kamente». Ebenso zeigte der «Kassensturz»-Beitrag das Fahrzeug und ein Team der mobilen Ärzte in Basel: Die mobilen Ärzte verfügten überdies über ein «fahren­des Labor, mit dem die medizinische Assistentin vor Ort auch Blut untersuchen kann». Bereits in der Anmoderation haben wir das Labor genannt. Auf den Bildern aus dem 10vor10-Beitrag vom 12. August 2010 (im «Kassensturz»-Beitrag) ist eben­falls ersichtlich, dass neben dem Arzt die medizinische Assistentin mitfährt und das Blut im grossen Fahrzeug der Mobilen Ärzte untersucht. Die Besonderheit der Mobilen Ärzte – das mitgeführte Labor – wurde den Zuschauern deutlich vorgeführt.

Aber wie die SOS Ärzte in Zürich übernehmen auch die Mobilen Ärzte in Basel Hausbesuche von Hausärzten, Notfalldienste von Hausärzten, und Anrufe über die Notfallnummer der Hausärzte (diese lautet in jedem Kanton anders). Dazu kommen die direkten Anrufe von Patienten. Diese gibt es sowohl bei den SOS Ärzten in Zürich wie auch bei den Mobilen Ärzten in Basel.

Der Unterschied ist, dass die SOS Ärzte im Kanton Zürich für gewisse Notfallautos eine Blaulicht- und Sondersignal-Bewilligung haben, während die Mobilen Ärzte in Basel diese Bewilligung für den Kanton Baselland nicht haben. Die Mobilen Ärzte hätten die Blaulichterlaubnis gerne gehabt, das geht aus offiziellen Dokumenten hervor, aber sie haben sie nicht erhalten, weil sie die Voraussetzungen dafür nicht erfüllen würden.

Auch deshalb ist für «Kassensturz» nicht ersichtlich, weshalb die SOS Ärzte in Zürich «nur für Hausbesuche» geeignet sein sollten und die Mobilen Ärzte LOB hingegen eine «ganz andere Rolle im Notfallversorgungsystem» einnehmen würden. Im Übri­gen ist der Chefarzt der Mobilen Ärzte LOB Dr. Michael Gloger bis jetzt auch nicht Mitglied der SGNOR, der Schweizerischen Gesellschaft für Notfall- und Rettungs­medizin.

Zu den Einsatzschichten der SOS Ärzte in Zürich: Die SOS Ärzte im Kanton Zürich decken die restlichen vier Stunden des Tages in der Regel mit Kurzschichten von fünf Stunden ab. Relevant für die Zuschauer war unseres Erachtens, dass die Ärzte nie mehr als zehn Stunden am Stück im Einsatz sind.

Zudem: Dr. Michael Gloger stört sich offenbar im «Kassensturz»-Beitrag an den SOS Ärzten. Aber im 10vor10-Beitrag vom 12. August 2010 stört es ihn offensichtlich nicht, dass die SOS Ärzte als ähnliche Dienstleistung beschrieben werden: Denn der 10vor10-Beitrag ist bis heute auf der Website der Mobilen Ärzte auf der Frontseite aufgeschaltet (http://www.mobile-aerzte.ch/index.html ).

Dazu kommt, dass die SOS Ärzte nur den Kanton Zürich abdecken und das seit bald 15 Jahren. Die Mobilen Ärzte sind vor allem in der Nordwestschweiz tätig. Das heisst, es handelt sich hierbei auch nicht um zwei private Unternehmen in Konkurrenz.

Was «Kassensturz» im Beitrag hingegen aus Verständnis- und Zeitgründen nicht er­wähnt hat: Die SOS Ärzte bieten bei einer vermuteten vitalen Gefährdung eines Pa­tienten auch dann die Sanität sofort, respektive gleichzeitig auf, wenn die SOS Ärzte selbst innerhalb von maximal 15 Minuten einen Notarzt zum Patienten aufbieten kön­nen. Somit wären innerhalb von 15 Minuten zwei Rettungssanitäter und ein Notarzt beim vital gefährdeten Patienten, inklusive Transportwagen mit Blaulichtgenehmi­gung.

3. Kritikpunkt: Tendenziöses Setting

Der Beschwerdeführer kritisiert beim «Kassensturz», ein tendenziöses Setting mit «beinahe spirituell anmutender Ambiance» aufgebaut zu haben. Und überdies nicht offengelegt zu haben, dass die Gewerkschaft Syna für vier ehemalige Mitarbeitende gerichtlich Lohnnachforderungen gestellt habe. Das wiederum hätte deren Glaubwür­digkeit untergraben. Diese Vorwürfe weist «Kassensturz» zurück. Das Setting zeigt lediglich eine abend­liche Restaurant-Ambiance. «Kassensturz» traf diese ehemaligen Mitarbeiter am Abend, weil sie tagsüber arbeiten, in einem ruhigen Restaurant, das von allen gut erreichbar war.

Zur Anonymisierung: «Kassensturz» schützt bei allen heiklen Themen Auskunftsper­sonen mit Anonymität. Alle zehn ehemaligen Mitarbeitenden, mit denen «Kassen­sturz» gesprochen hat, haben den Umgang mit Chefarzt Dr. Michael Gloger, aber auch mit seiner Geschäftspartnerin Anja Lob, mehrfach als despektierlich und willkür­lich erlebt und dies «Kassensturz» auch unabhängig voneinander glaubwürdig schildern können. Deshalb musste «Kassensturz» sie schützen.

Die Lohnnachforderungen von vier ehemaligen Paraärztinnen bei den Mobilen Ärzten – unterstützt durch die Gewerkschaft Syna – hat «Kassensturz» nicht thematisiert, weil die Höhe der Lohnnachforderungen nach Erhalt des definitiven Rechts-Gut­achtens von Prof. Dr. jur. Roland Müller am 20. März 2015 unklar war. Die Gewerk­schaft konnte zu diesem Zeitpunkt nicht sagen, um welchen Betrag es sich handeln wird. Wir konnten dazu also nichts Konkretes sagen.

Zudem tangierten die Lohnnachforderungen keinesfalls die Glaubwürdigkeit der ehemaligen Mitarbeiter. «Kassensturz» hat nämlich Kenntnis von weiteren Lohn­nachforderungen, die vier ehemalige Mitarbeiter gegenüber den Mobilen Ärzten vor Gericht erfolgreich erstritten haben. Die Lohnnachforderungen waren also berechtigt.

4. Kritikpunkt: Behandlungs-Gebot von vitalen Notfällen stimme nicht

Der Beschwerdeführer kritisiert «Kassensturz», zum Funktionieren des Notfalldiens­tes und zur Einsatztriagierung der Sanität fachlich falsch berichtet zu haben.

Diesen Vorwurf weist «Kassensturz» entschieden zurück. Und zwar aus mehreren Gründen:

Einsatztriagierung: Kassensturz ist das System der medizinischen Notrufzentrale (MNZ) – der offiziellen 24h Notrufzentrale für die Kantone Baselland und Basel-Stadt mit der Nummer 061 261 15 15 – wohlbekannt. Doch dieses System verhindert kei­nesfalls, dass Patienten die Rufnummer der Mobilen Ärzte AG 061 485 90 00 direkt anrufen. Denn die Nummer der Mobilen Ärzte ist öffentlich bekannt – durch Presse­berichte in den lokalen Medien, durch die Aufschrift auf den Einsatzfahrzeugen, durch die eigene Website (www.mobile-aerzte.ch ) und durch eigene Werbung wie z.B. mit einem Flyer (http://www.mobile-aerzte.ch/images/data/Online_Flyer_Patienten.pdf ), direkt abrufbar auf der Website. Sowohl auf dem Flyer wie auf der Website ist für Patienten kein Hinweis zu finden, dass bei lebensbedrohlichen Symptomen die Sanität gerufen werden soll.

Auf der Website werden die Patienten aufgefordert, bei Notfällen jeglicher Art direkt anzurufen: «Sie können uns unverbindlich 7 Tage 24h wegen jeglicher medizinischen Frage, einer Konsultation oder aufgrund eines Notfalls anrufen.» Auch ein Artikel in der Medical-Tribune vom 17. April 2015, in welchem Dr. Michael Gloger seine Dienst­leistung beschreibt, heisst es: «Eine Überweisung durch den Hausarzt ist üblich, aber keine Voraussetzung. Private können die mobilen Ärzte bei einem Notfall auch direkt kontaktieren (Tel. 061 485 90 00). Die Abrechnung nach Tarmed entspreche derjenigen eines notfallmässigen Hausarztbesuchs.»

Es gibt also bei den Mobilen Ärzten genauso Erstanrufer wie bei den SOS-Ärzten in Zürich. Wie hoch der Anteil an Erstanrufern genau ist, hat Dr. Michael Gloger gegen­über «Kassensturz» nicht gesagt. Dazu kommt, dass auch Hausärzte Patienten ungefiltert an die Mobilen Ärzte weiterleiten können, oder eben ihren Notfalldienst direkt an die Mobilen Ärzte AG übergeben. Dazu zum Beispiel nochmals Zitate aus dem Artikel in der Medical-Tribune: «Ein Drittel (BS) respektive mehr als zwei Drittel (BL) aller Hausärzte hätten den Notfalldienst inzwischen der mobilen Ärztegesell­schaft übertragen. Viele Ärzte gäben seine Organisation auf Band auch als Stellver­treter bei Ferienabwesenheiten, an Wochenenden oder an Donnerstagen («Weiterbil­dungstag») an, ergänzt Dr. Gloger.»

Im Übrigen konnte sich Dr. Michael Gloger dazu im Studiogespräch äussern. Er sagte, dass ein beträchtlicher Teil der Patienten bereits professionell triagiert werde, bevor sie zu den Mobilen Ärzten geleitet würden.

Aussagen ehemaliger Mitarbeitender der Mobilen Ärzte AG: Insgesamt haben drei Ärzte unabhängig voneinander gegenüber «Kassensturz» die Weisung kritisiert, anscheinende vitale Notfälle zuerst untersuchen zu müssen, und erst dann die Nummer 144 rufen zu dürfen. Das habe viele Stunden Zeitverzögerung gegeben, bis der Patient ins Spital eingewiesen werden konnte.

Das Motto habe gelautet: Wir nehmen alles und jeden. Hier die Aussage eines Arz­tes, die uns per Mail vorliegt: «Ein anderer Punkt ist die verantwortungslose Vor­gehensweise bei vital gefährdeten Patienten (z.B. Luftnot, pectanginöse Beschwer­den, Herzinfarkte, Schlaganfälle, usw.). In diesen Fällen fuhren auf Anweisung von Dr. Michael Gloger immer erst die Mobilen Ärzte zum Patienten (zum Teil über große Distanzen und bei dichtem Verkehr; ohne Blaulicht). Das richtige Vorgehen wäre gewesen, über die 144 einen Rettungswagen und den Notarzt anzufordern. Diese können mittels Blaulicht innerhalb der vorgeschriebenen Hilfsfrist vor Ort sein. Trotz des Druckes, der auf mich ausgeübt wurde, bin ich diesen Anweisungen nicht gefolgt und habe in solchen Fällen die 144 aufgeboten.» Zu Notfällen bei Kindern schreibt er im Mail: «Es sind auch Kindernotfälle unter sechs Jahren angefahren worden. Die Mobile Ärzte übten Druck auf uns Ärzte aus, dass wir immer die Erstversorgung solcher Kindernotfälle übernahmen und erst dann die 144 nachalarmierten. Begrün­det wurde dies mit der Notwendigkeit der Finanzierung des Systems der Mobilen Ärzte. Mit diesem Vorgehen wurden meiner Meinung nach die kleinen Patienten unnötig gefährdet.»

Auch die zum Teil auf Notfallmedizin geschulten Paraärzte sagten gegenüber «Kas­sensturz» (davon ein Auszug im «Kassensturz»-Beitrag), dass sie sich stark unter Druck gesetzt gefühlt hätten, anscheinend vital gefährdete Patienten zu besuchen oder dem Team weiterzuleiten.

Ein ehemaliger Paraarzt der Mobilen Ärzte und ausgebildeter Rettungssanitäter schilderte «Kassensturz» zudem per Mail auch den folgenden Fall: «Die Paraärztin war in Allschwil, der Arzt (es war in der Nacht) war zuhause in Riehen. Die Paraärztin schlug vor, die Sanität Basel zu schicken. Per Zufall erfuhr das Chefarzt Dr. Michael Gloger. Dieser schaltete sich ein und die Paraärztin musste, nach diversen Be­schimpfungen von Dr. Michael Gloger, den Arzt holen. Fahrzeit 15 bis 20 Minuten. Sie fuhr dabei am Wohnort des Patienten vorbei, holte den Arzt und fuhr zum Patien­ten. Gesamter Zeitverlust ca. 30 Minuten. Die Diagnose vor Ort war eindeutig Herzin­farkt. Sofortiges Aufgebot der Sanität Basel. Der Patient ist doch noch ins Spital eingewiesen worden. Einfach mit massivstem Zeitverlust. Die Sanität Basel war innert fünf Minuten vor Ort.» Anmerkung: Bei Herzinfarkt und Schlaganfällen zählt für den Patienten jede Minute, um irreparable Schäden möglichst gering zu halten.

Gegenüber «Kassensturz» bekannten einige ehemalige Mitarbeitende (auch im «Kassensturz»-Beitrag), sie hätten sich geweigert, sich an diese Weisung zu halten. Dies obschon sie der Kritik der Geschäftsführung ausgesetzt gewesen wären oder eine schriftliche Stellungnahme hätten schreiben müssen.

Insgesamt haben zehn ehemalige Mitarbeitende – teils unabhängig voneinander be­fragt – dieselben medizinisch-ethischen Bedenken gegenüber «Kassensturz» geäus­sert. «Kassensturz» befand diese Thematik für die Öffentlichkeit relevant genug, um auch über diese Vorwürfe zu berichten. Zu diesen Vorwürfen seiner ehemaligen Mitarbeiter konnte sich Dr. Michael Gloger im Studio ebenfalls ausreichend äussern. «Das machen wir auch (Sanität rufen, Anm.), in gewissen Fällen, wenn das so eindeutig ist. (...).»

Zum Vorwurf der ehemaligen Mitarbeitenden, dass es die Anweisung von Dr. Michael Gloger gewesen sei, jeden Fall anzunehmen, hat Dr. Michael Gloger deutlich geant­wortet (15:44): «Das stimmt nicht. Das stimmt nicht. Wenn es klare Indizien gab, von der Diagnostik her, wir haben eine Leitsymptomliste gegeben, und sollte ein Fall zu uns gekommen sein, der ganz klar definiert war, dass dieser Patient eingewiesen wird oder an die Sanität geht, dann ist dieser an die Sanität gegangen. Wie gesagt, der Patient ist von der medizinischen Notrufzentrale, das sind Vollprofis, die haben diesen vortriagiert.»

Und weiter auf das nochmalige Nachhaken des «Kassensturz»-Moderators: «Nein, wir haben nichts befohlen.» «Wie wissen Sie vorher, dass Sie zu einem Notfall gehen, zu dem Sie nicht dürfen?» fragte Dr. Michael Gloger den Moderator.

Unterdessen liegt «Kassensturz» eine klare Weisung der Geschäftsleitung der Mobi­len Ärzte AG vom 30. Januar 2015 schriftlich vor (Erhalt nach der Sendung): Aus diesem Schreiben geht hervor, dass die Mitarbeitenden der Mobilen Ärzte alle Pati­enten besuchen müssten. Auch vital gefährdete Personen, wenn sie in fünfzehn Fahrtminuten erreichbar seien:

«Alle Patienten werden grundsätzlich angefahren. Wir sind kein Telefondienst. (...Es folgen Anweisungen zum Telefongespräch). Wenn das Team innerhalb von 15 Minu­ten beim Patienten sein könnte, soll nicht gleich die Sanität bestellt werden, auch nicht zwingend bei Infarkten oder vermuteten Schlaganfällen (Ausnahme Lyse Fens­ter bei gesicherter Diagnose). Wir haben die notwendigen Mittel für eine saubere Abklärung und Beurteilung, eine grundsätzliche bessere Ausrüstung als die Sanitäts­fahrzeuge und höhere Kompetenzen.»

5. Kritikpunkt: Syna-Vertreter und Arbeitsrechtsverstösse

Der Beschwerdeführer kritisiert «Kassensturz», unreflektiert und nicht nachrecher­chierte Behauptungen der Gewerkschaft Syna veröffentlicht zu haben. Dies sei eine konzertierte Vorgehensweise zur Schaffung von zusätzlichem Druck zwecks zivil­rechtlicher Forderungen. Diesen pauschalen Vorwurf weist «Kassensturz» entschie­den zurück.

a) «Kassensturz» hat nicht einfach Behauptungen der Syna unreflektiert über­nommen. «Kassensturz» lagen und liegen die Einsatzpläne und ein Rechts­gutachten vom 20. März 2015 von Prof. Dr. jur. Roland Müller vom For­schungsinstitut für Arbeit und Arbeitsrecht der Universität St. Gallen vor, das die Gewerkschaft Syna in Auftrag gegeben hat. In diesem Gutachten beurteilt Prof. R. Müller die Einhaltung des Arbeitsgesetzes von vier ehemaligen Mit­arbeitenden. Da das Arbeitsrecht im medizinischen Bereich sehr komplex ist, konnte «Kassensturz» anhand des Gutachtens die Aussagen der Gewerk­schaft Syna überprüfen. Das Gutachten wurde zwar von der Syna in Auftrag gegeben, aber Prof. Roland Müller hat keinesfalls in allen Punkten zugunsten der Syna entschieden (Rechtsgutachten kann beigelegt werden).

Folgende Arbeitsrechtsverstösse stellte Prof. Roland Müller fest:

Entgegen der Annahme der Mobilen Ärzte AG schätzt Prof. Dr. jur. Roland Müller den Bereitschaftsdienst, der abends und nachts im Betrieb geleistet wurden, als normale Arbeitszeit ein. Ebenso gelte der Notfall-Telefondienst als normale Arbeitszeit.

«Es konnten in den dokumentierten Fällen Verstösse gegen die Höchstarbeits­zeiten, insbesondere gegen die tägliche Höchstarbeitszeit, festgestellt wer­den.»

«Es konnten Verstösse gegen die zwingenden Bestimmungen für die Nacht- und Sonntagsarbeit festgestellt werden. Diesbezüglich stehen Verwaltungs­sanktionen, strafrechtliche Sanktionen und die zivilrechtliche Durchsetzung durch die Arbeitnehmer zur Verfügung.»

Ruhezeit: Insofern ist bezüglich der täglichen Ruhezeit jeweils dann ein Ver­stoss festzustellen, wenn ein Tages- und Nachtdienst kombiniert werden. (...) Hier helfen auch die Vorschriften betreffend der Verkürzung der täglichen Ruhezeit nicht weiter. Solche Verstösse sind in den Unterlagen zahlreich vorhanden.

b) Der Chefarzt der Mobilen Ärzte, Dr. Michael Gloger, konnte im Studiogespräch ausführlich zu den arbeitsrechtlichen Kritikpunkten Stellung nehmen. Darin bestritt er, dass es 36-Stunden Dienste gegeben habe. Seine Mitarbeiter hätten durchschnittlich vier bis fünf Tage am Stück gearbeitet und die anderen Tage frei gehabt. Sie hatten eine Höchstarbeitszeit von 180 Stunden im Monat, die sei nur selten überschritten worden.

Der Moderator konfrontierte ihn mit den Arbeitsgesetzverletzungen, worauf Herr Gloger erklärte: «Wir sind ein Betrieb im Aufbau, wir sind noch nicht so erfahren wie die SOS Ärzte in Zürich, wir müssen viel lernen. Und ich weiss, dass nicht alles so optimal organisierbar ist. Wir nehmen selbstverständlich die Anliegen der Mitarbeiter ernst, wir schauen das genau an, sind auch mit der Syna schon länger in Kontakt, wir werden diese vermeintlichen Verstösse genau anschauen und versuchen, eine Verbesserung zu erzielen.»

c) Das KIGA Baselland bestätigte gegenüber «Kassensturz», dass zahlreiche Verstösse gegen das Arbeitsgesetz vorliegen: «Das Ergebnis der Kontrollen hat zahlreiche Verstösse gegen das Arbeitsgesetz zutage gefördert. Nachdem der Firma das rechtliche Gehör gewährt wurde, hat das kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit KIGA Anweisungen erteilt, um die Situation zu bereinigen, damit es nicht mehr zu Verstössen kommen kann. Eine Nach­kontrolle ist auf Ende Juli angesetzt.»

In der Aargauer Zeitung vom 22. April 2015 wird Rolf Wirz vom KIGA Basel­land zitiert: «Das Kiga hat bei seiner Untersuchung zahlreiche Verstösse ge­gen das Arbeitsrecht festgestellt und den Mobilen Ärzten die klare Anweisung gegeben, die Situation der mangelhaften Arbeitszeiterfassung bis zum Som­mer zu bereinigen.» Und weiter stellt Wirz fest: «Auch ein Unternehmen im Aufbau muss das Arbeitsgesetz einhalten.»

6. Kritikpunkt: Falsche Behauptung beim Einstieg ins Studio-Gespräch

Der Beschwerdeführer kritisiert «Kassensturz», dass die ‚schwerwiegende und belas­tende Behauptung der Anmoderation des Studio-Gesprächs des «Kassensturz» nicht den Tatsachen entspreche. Der Moderator habe behauptet, man (die kantonalen Be­hörden Baselland) ginge jetzt auch den Fragen zur Gesundheitsgefährdung nach. Der Beschwerdeführer geht davon aus, dass keine Verletzungen des Arbeitsgeset­zes «en masse» vorliegen. Denn sonst wäre es zu einer formellen Untersuchung gekommen, was nicht der Fall sei.

Der «Kassensturz» weist diese Vorwürfe zurück. Aus folgenden Gründen:

Der «Kassensturz»-Moderator sagte in der Abmoderation wortwörtlich auf Bern­deutsch: «Die kantonalen Behörden in Baselland sagen uns, es laufe eine Unter­suchung zu den arbeitsrechtlichen Fragen dieser Geschichte, und sie werden jetzt auch im Umfeld der Mobilen Ärzte den Fragen betreffend der Gesundheitsgefähr­dung nachgehen – davon haben sie erst jetzt erfahren.» Diese Aussagen basieren auf der Stellungnahme des Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion VGD Gene­ralsekretariats, Kanton Basel-Landschaft, namentlich verfasst von Kommunikations-Leiter Rolf Wirz. Wirz antwortete am 18. März 2015 sowohl für das KIGA Baselland als auch für die Gesundheitsdirektion Baselland (Mail kann auf Wunsch zur Verfü­gung gestellt werden).

Darin bestätigte er, dass die Mobilen Ärzte keine Blaulichtgenehmigung und auch keine Bewilligung für Patiententransporte hätten. Und zu den Vorwürfen der Gesund­heitsgefährdung schrieb er: «Diese Vorwürfe werden erstmals an das Amt für Ge­sundheit der VGD herangetragen. Das Amt geht allen Hinweisen zu einer inkorrekten Berufsausübung nach, die von Patienten, der Bevölkerung oder Gesundheitsfach­personen an sie gerichtet werden. Dies ist im konkreten Fall bisher nicht geschehen. Grundsätzlich findet die ärztliche Tätigkeit bei den Mobilen Ärzten unter der Verant­wortung der Ärztinnen und Ärzte mit Praxisbewilligung oder Meldebestätigung statt. Die VGD wird den Sachverhalt untersuchenDie VGD schreibt also, dass sie den Sachverhalt «untersuchen» werde, der «Kassensturz»-Moderator schwächt dies aber noch ab und sagt, «(die Behörden)...werden auch den Fragen der Gesundheits­gefährdung nachgehen». «Kassensturz» hat also nicht gesagt, es laufe eine Unter­suchung. Der «Kassensturz» hat auch darauf hingewiesen, dass die Behörden bisher keine Kenntnisse hatten von derlei Vorwürfen: «das haben sie erst jetzt erfahren» (siehe oben).

Zu den arbeitsrechtlichen Vorwürfen schreibt das VGD: «Das zuständige kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit KIGA hat Kenntnis über die arbeitnehmerseitig vorgebrachten Vorwürfe und befindet sich derzeit mitten in einer Kontrolle über die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen der Mobilen Ärzte AG, Allschwil.» Das KIGA kontrolliert oder, wie «Kassensturz» formuliert hat, untersucht, ob die arbeitsrechtlichen Bestimmungen von den Mobilen Ärzten eingehalten werden. Damit wurde für die Zuschauer klar, dass es sich nicht um ein rechtliches Verfahren han­delt, sondern eben eine einfache Untersuchung – genauso wie die VGD geschrieben hatte, sie werde den Sachverhalt zum Umgang mit vitalen Notfällen «untersuchen» (siehe oben im selben Abschnitt).

Verletzungen des Arbeitsgesetzes «en masse»:

Wie wir oben in Punkt 5c) dargelegt haben, haben die kantonalen Behörden – das KIGA Baselland – zahlreiche Verletzungen des Arbeitsgesetzes festgestellt. «Kassensturz» hat zudem Kenntnis von vier namentlichen arbeitsgerichtlichen Urtei­len/Schlichtungen, dass Dr. Michael Gloger Überstunden, Zuschläge, Feriengutha­ben, aber auch Entschädigung für Überzeit (unterliegt dem Arbeitsgesetz) nachträg­lich bezahlen musste. Und dies nicht erst seit wenigen Monaten, sondern mindestens seit 2013.

In der Sendung 7vor7 auf Telebasel vom 27. März 2015 haben zwei weitere ehema­lige Mitarbeitende ausgesagt: Laut Telebasel sprachen sie von systematischer Ab­zockerei: Stefanie Brügger berichtet, sie habe nach der Kündigung plötzlich hundert Minusstunden auf der Lohnabrechnung gehabt. Vor Gericht bekam sie Recht, und die Mobilen Ärzte mussten ihr den Lohn dieser hundert Stunden nachzahlen. Auch Peter Kroczynski berichtet auf Telebasel, auch er habe vor Gericht Ferienguthaben nach seiner Kündigung erstreiten müssen.

Eine weitere ehemalige Mitarbeiterin sagte anonym (sie geht laut Telebasel mit dem KIGA Baselland gegen die Mobilen Ärzte vor) auf Telebasel aus, dass Ruhezeiten nicht eingehalten würden, von den 14 Stunden Nachtschicht nur neun Stunden be­zahlt würden, und auch dann müsste man noch den Nacht- und Sonntagszuschlägen nachrennen. Das Ruhegesetz und auch die Lohnnachforderung für Überzeit unterlie­gen dem Arbeitsgesetz. Auch wenn überdurchschnittlich hohe Löhne bezahlt werden – was Dr. Michael Gloger stets anführt, die Syna aber generell bestreitet –, gilt das Arbeitsgesetz.

Zu den nachgereichten Unterlagen behauptet Herr X, die Gewerkschaft Syna habe in einem Vergleich ihre Vorwürfe in Bezug auf die Patientensicherheit weit­gehend zurückgenommen. Das dokumentiert er mit einer Vereinbarung mit der Syna (er schreibt fälschlicherweise von einem Vergleich) und mit zwei Zeitungsberichten. Seiner Darstellung widerspricht der Syna-Vizepräsident in einem Interview mit der Basler Zeitung vom 24. April 2015, das Herr X nicht nachgereicht hat: Der Syna-Vizepräsident sagt darin sehr deutlich, dass sich die Gewerkschaft von den Vorwür­fen gegenüber den Mobilen Ärzten nicht distanzieren würde.

Doch was Syna gesagt oder vereinbart hat, ist hier nicht von Belang. Entscheidend ist, dass «Kassensturz» zur Patientensicherheit nichts Unwahres gesagt hat. Wir liessen mehrere ehemalige Mitarbeiter der Mobilen Ärzte zu Wort kommen, die uns gegenüber die mangelhafte Patientensicherheit kritisierten. Ihre Kritik wird, wie oben erwähnt, durch weitere Mitarbeiter gestützt, die dasselbe sagen. Unsere Zuschauer wussten, dass es die Aussagen von ehemaligen Mitarbeitern waren, und sie haben die Erwiderungen von Herrn Gloger im Studiogespräch gehört. So konnten sie sich daher eine eigene Meinung bilden.

Auch die Petition der Basler Ärzte tut nichts zur Sache. Die Hausärzte sind keine unabhängigen Beobachter, sondern eindeutig Partei. Denn sie profitieren massgeb­lich von der Dienstleistung der Mobilen Ärzte, die ihnen Hausarztbesuche in der Nacht und am Wochenende abnimmt. Das schreiben sie auch in ihrer Petition. Viele fühlen sich offenbar durch den «Kassensturz»-Bericht selbst betroffen, weil sie auf ihrem Anrufbeantworter auf die Mobilen Ärzte verweisen. Sie haben also alles Interesse daran, dass die Mobilen Ärzte nicht das Vertrauen ihrer Patienten verlieren. Ihre Behauptung in der Petition, die «Kassensturz»-Sendung sei miserabel recher­chiert usw. ist durch nichts belegt und deshalb eine haltlose Unterstellung.

Unserer Meinung nach haben wir in der «Kassensturz»-Sendung sachgerecht berich­tet. Ich sehe nicht, wo «Kassensturz» die Konzession verletzt haben soll. Darum bitte ich Sie, Herr Casanova, die Beanstandung als unbegründet abzulehnen.“

3. Soweit die Stellungnahme der Verantwortlichen von „Kassensturz“. Redaktionsleiter Wolfgang Wettstein nimmt zu allen Ihren Kritiken Stellung und argumentiert sehr aus­führlich, warum seiner Meinung nach Ihre Beanstandung abgewiesen werden sollte.

Geht es nun um meine eigene Beurteilung, so scheint mir eine Vorbemerkung wichtig zu sein. Laut Radio- und Fernsehgesetz RTVG (Art. 91 Abs. 3) besteht die Aufgabe der Ombudsstelle darin, zu überprüfen, ob in einer beanstandeten Sendung die gel­tenden programmrechtlichen Bestimmungen (insbesondere Art. 4 RTVG – Mindest­anforderungen an den Programminhalt) verletzt wurden oder nicht.

Die Ombudsstelle prüft im Zusammenhang mit dem Sachgerechtigkeitsgebot von Art. 4 Abs. 2 RTVG, ob dem Publikum aufgrund der in der Sendung oder im Beitrag ver­mittelten Fakten und Meinungen ein möglichst zuverlässiges Bild über einen Sach­verhalt oder ein Thema vermittelt wird, so dass dieses sich darüber frei eine eigene Meinung bilden kann. Umstrittene Aussagen sollen als solche erkennbar sein. Fehler in Nebenpunkten und redaktionelle Unvollkommenheiten, welche nicht geeignet sind, den Gesamteindruck der Ausstrahlung wesentlich zu beeinflussen, sind programm­rechtlich nicht relevant.

Laut Praxis von UBI und Bundesgericht gelten bei Sendungen, in denen schwerwie­gende Vorwürfe gegenüber Personen, Unternehmen, Verbänden oder Behörden er­hoben werden und die so ein erhebliches materielles und immaterielles Schadens­risiko für Direktbetroffene oder Dritte enthalten, qualifizierte Anforderungen bezüglich der Transparenz und generell der Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflichten. Der Standpunkt von angegriffenen Personen ist in geeigneter Weise darzustellen. Das Sachgerechtigkeitsgebot verlangt aber nicht, dass alle Sichtweisen qualitativ und quantitativ gleichwertig zum Ausdruck kommen.

Bei der Behandlung von Beanstandungen muss die Ombudsstelle der den Veranstal­tern zustehenden Programmautonomie gebührend Rechnung tragen. Denn etwas darf nie vergessen werden: Art. 93 Abs. 3 der Bundesverfassung und Art. 6 Abs. 2 RTVG gewährleisten die Programmautonomie von Radio und Fernsehen. Diese beinhaltet namentlich auch die Freiheit in der Wahl eines Themas einer Sendung oder eines Beitrags und in der inhaltlichen Bearbeitung. Es ist keine Thema denkbar, das einer Behandlung oder einer kritischen Erörterung in den elektronischen Medien entzogen ist.

In anderen Worten, es ist grundsätzlich als absolut zulässig zu betrachten, wenn „Kassensturz“ einen kritischen Beitrag über die Mobile Ärzte AG ausstrahlt. Voraus­setzung dafür ist aber, dass die geltenden programmrechtlichen Bestimmungen, vor­liegend insbesondere das Sachgerechtigkeitsgebot sowie Ihr Recht, zu den erhobe­nen Vorwürfen angemessen Stellung zu beziehen, nicht verletzt wurden.

Gegenstand Ihrer Beanstandung ist der Bericht „Kritik an Notfalldienst: Umstrittenes Geschäft mit Hausbesuchen“ im „Kassensturz“ vom 24. März. Darin werden gegen­über Ihren Mandanten – die Mobile Ärzte AG/Mobile Ärzte Lob – schwerwiegende Vorwürfe erhoben. Die Bestimmungen des Arbeitsgesetzes seien ständig verletzt und die Patientensicherheit gefährdet worden, weil die Mitarbeitenden auch Einsätze bei Notfällen fahren müssten, bei denen es zwingend gewesen wäre, die Sanität anzurufen.

Sie monieren nun, dass die Berichterstattung von „Kassensturz“ nicht sorgfältig recherchiert und sehr tendenziös gegen Ihre Mandantschaft gerichtet gewesen sei. Sie kritisieren dabei verschiedene unrichtige Behauptungen sowie Unterlassungen.

Kassensturz hätte die Darlegungen der Gewerkschaft Syna und von ehemaligen Mit­arbeitenden übernommen und offenbar nicht verifiziert. Sie erwähnen dabei eine ganze Reihe von konkreten Punkten, welche Ihrer Meinung nach falsch oder unsach­lich gewesen seien.

Ich bitte um Verständnis dafür, dass es für die Ombudsstelle nicht möglich ist, auf sämtliche von Ihnen aufgeworfenen Kritikpunkte einzeln einzutreten. Dies umso mehr, als in Anbetracht der Stellungnahme der Verantwortlichen von „Kassensturz“ bei vielen kontroversen Sachverhalten Aussage gegen Aussage festzustellen ist.

Dies ist auch nicht zwingend nötig. Denn für die Ombudsstelle stehen folgende zwei Fragen im Vordergrund:

  1. Haben – wie in der Sendung behauptet – die Mobilen Ärzte die Arbeitnehmer­schutzbestimmungen verletzt?
  2. Ist der Vorwurf, wonach die Mobilen Ärzte durch ihre Tätigkeit die Gesundheit der Patienten gefährden, sachlich dargestellt und bewiesen?

Die Ausgangslage sollte unbestritten sein. Seit 2010 können Ärzte, insbesondere auf dem Kantonsgebiet Basel-Stadt und Basel-Land, den obligatorischen Notfalldienst einer dafür geschaffenen Organisation – die Mobile Ärzte AG/Mobile Ärzte Lob – übertragen. Bei medizinischen Notfällen können Patienten anstatt ihren Hausarzt diese Organisation telefonisch kontaktieren, und dies jeden Tag während 24 Stunden. Die Patienten werden mit fachspezifischen Ärzten verbunden und je nach medizini­scher Notwendigkeit machen sich diese mit dem entsprechend ausgerüsteten Fahr­zeug sofort oder nach Absprache für eine Konsultation beim Patienten auf den Weg. Die Leistungen werden nach Tarmed abgerechnet und von allen Krankenkassen in der Schweiz im Rahmen der Grundversicherung des KVG vergütet.

Diese Möglichkeit, sich zu entlasten und keine Hausbesuche machen zu müssen, wurde durch immer mehr Ärzte wahrgenommen. Nun sind aber die Mobilen Ärzte in die Kritik geraten. Auf Grund von entsprechenden Begehren von ehemaligen Mitar­beitenden hat sich die Gewerkschaft Syna seit einiger Zeit den Arbeitsbedingungen bei der Mobile Ärzte AG angenommen. Sie kommt zum Schluss, dass Mitarbeitende in verschiedenen Diensten wiederholt 24 Stunden, 36 Stunden und in einem Einzel­fall sogar sieben Tage am Stück ununterbrochen eingesetzt wurden. Damit seien die vom Arbeitsgesetz vorgeschriebenen Tages- und Wochenhöchstarbeitszeiten teils massiv verletzt worden. Auch seien die geleisteten Arbeitsstunden vom Arbeitgeber nicht korrekt erfasst und angerechnet worden. Mit entsprechenden eingeschriebenen Briefen von Anfang März fordert deshalb die Syna für vier frühere Mitarbeiterinnen der Mobilen Ärzte Nachzahlungen zwischen 20.000 und 35.000 Franken. Wird dieser Forderung nicht entsprochen, würde die Syna den Rechtsweg einschlagen.

Diese Kritiken wurden im Wesentlichen durch ein bereits am 16. Februar 2015 durch die Syna in Auftrag gegebenes Gutachten des Forschungsinstituts für Arbeit und Arbeitsrecht der Universität Sankt Gallen nachträglich unterstützt. In seinem Gut­achten vom 20. März kommt Professor Dr. jur. Roland Müller zum Schluss, dass so­wohl der Bereitschaftsdienst wie auch der Notfall-Telefondienst als normale Arbeits­zeit gelten. Bei den dokumentierten Fällen seien auch Verstösse gegen die Höchst­arbeitszeiten, insbesondere gegen die tägliche Höchstarbeitszeit sowie gegen die zwingenden Bestimmungen für die Nacht- und Sonntagsarbeit festgestellt worden.

In einer Medienmitteilung, die am Tag nach der Ausstrahlung von „Kassen­sturz“ veröffentlicht wurde, schreibt die Gewerkschaft Syna, dass es erschreckend sei, „wie sich die ‚Hausarztpraxis auf Räder‘ über zwingende gesetzliche Vorgaben hinwegsetzt und dadurch den Gesundheitsschutz ihrer Mitarbeitenden aufs Gröbste missachtet und sich an ihnen schamlos bereichert“.

Diese Kritik bildete einen wesentlichen Teil des Kassensturzbeitrags vom 24. März. Fünf ehemalige medizinische Mitarbeitende, die bei den Mobilen Ärzten für den Telefon- und Fahrdienst zuständig waren, bestätigen anonym die Bemängelungen der Gewerkschaft. Die Arbeitsbelastung sei zeitweise massiv gewesen. Tages- und Wochenhöchstarbeitszeiten seien regelmässig überschritten worden. 24 Stunden­dienste ohne Pausen seien häufig gewesen. „Es war schrecklich. Ich hatte oft das Gefühl, ich schlafe hinter dem Steuer ein“, sagt ein ehemaliger Mitarbeiter. Der Regionalsekretär der Syna, Stefan Isenschmid, erhält die Möglichkeit, die Kritik seiner Gewerkschaft zu erklären und zu kommentieren.

In Ihrer Beanstandung werfen Sie dem „Kassensturz“ vor, die Darlegungen der Gewerkschaft Syna und der durch sie vertretenen ehemaligen Angestellten der Mobilen Ärzte übernommen und offenbar nicht verifiziert zu haben.

Nachdem ich die Angelegenheit analysieren konnte, sehe ich das anders. Dass „Kas­sensturz“ durch die Gewerkschaft Syna über die Verstösse gegen das Arbeitsrecht informiert wurde, ist durchaus anzunehmen. Nicht umsonst hat die Syna ihre Medien­mitteilung erst nach der Sendung veröffentlicht und durch ihren Regionalsekretär erläutern und kommentieren können. Doch dies ist an sich legitim. Dies umso mehr, als „Kassensturz“ die Ergebnisse des Gutachtens von Professor Roland Müller be­rücksichtigt und sich bemüht hat, auch die Meinung des kantonalen Amtes für Indus­trie, Gewerbe und Arbeit KIGA Basel-Land einzuholen. Herr Rolf Wirz bestätigt dabei, dass sein Amt von den arbeitnehmerseitig vorgebrachten Vorwürfen Kenntnis hat und „sich derzeit mitten in einer Kontrolle über die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen der Mobilen Ärzte AG“ befindet. Mag sein, dass das Wort Unter­suchung etwas zugespitzt wirkt. Sie selber geben offen zu, dass Gespräche mit der KIGA Baselland stattfinden. Das Arbeitszeitmodell der Mobilen Ärzte würde mit der KIGA evaluiert. „Ergibt sich daraus, dass das Modell effektiv verbessert werden kann, dann wird das gemacht.“

Im Gespräch mit Moderator Ueli Schmezer gibt Dr. Michael Gloger, Chefarzt der Mobile Ärzte AG indirekt zu, dass Verstösse gegen das Arbeitsgesetz stattgefunden haben. „Wir sind mit der Syna schon lange im Kontakt und wir werden die Verstösse, die vermeintlichen Verstösse, genau anschauen und versuchen uns zu verbessern.“

Dies ist in der Zwischenzeit passiert. Am 22. April wurde zwischen Syna und Mobile Ärzte AG eine Vereinbarung abgeschlossen. In der gemeinsam veröffentlichten Me­dienmitteilung wird informiert, dass die bereits vor einigen Monaten geführten Ge­spräche betreffend Beschwerden ehemaliger Mitarbeiter/-innen wieder aufgenom­men wurden und ermöglicht haben, „in den von der Syna vorgebrachten Kritikpunk­ten einvernehmliche Lösungen oder ein einvernehmliches Vorgehen“ zu vereinbaren. Die Mobile Ärzte AG ist daran, ihr Arbeitszeitmodell in Abstimmung mit der KIGA weiterzuentwickeln, um eine vollständige Einhaltung der arbeitsgesetzlichen Vorga­ben zu gewährleisten. Die Gewerkschaft Syna wird in diesen Prozess involviert und über dessen Resultate informiert.

Bei dieser Entwicklung scheint mir bewiesen, dass die Mobile Ärzte AG gesetzliche Bestimmungen bezüglich Arbeitnehmerschutz verletzt haben. Zwar wäre es sicher besser gewesen, wenn Kassensturz auch über die bereits erfolgten finanziellen Forderungen durch die Syna berichtet hätte. Insgesamt hat aber Kassensturz über diese Frage korrekt und sachgerecht berichtet.

Doch in der Sendung vom 24. März hat Kassensturz der Mobilen Ärzte AG auch vor­geworfen, die Gesundheit der Patienten zu gefährden. Bereits beim Einstieg in die Sendung wird unterstrichen, dass die Angestellten aufgrund der Einsatzpläne bis zur Erschöpfung arbeiten mussten. „Da geht es um einen ärztlichen Notfalldienst und letztlich um die Gesundheit von Patientinnen und Patienten“, sagte der Moderator. Noch deutlicher wurde dieser Vorwurf in der Anmoderation des Beitrages erhoben: Ehemalige Mitarbeiter „brichte einersits vo unmügliche Arbeitsbedngige und si schil­dere, wi dä Notfalldienst d Gsundheit gfährdi vo däne, wo si ne eigetlech sötte hälfe“, sagte Ueli Schmezer.

Ein ehemaliger Arzt kritisiert anonym, dass die Geschäftsleitung die Mitarbeitenden stark unter Druck gesetzt habe, auch Patienten zu behandeln, zu denen eigentlich die Sanität mit Blaulicht hätte fahren müssen. Dabei sei bei vitaler Gefährdung wie zum Beispiel Herzinfarkte oder Schlaganfälle wichtig, dass diese möglichst rasch versorgt werden. „Wir wurden richtig gezwungen, diese Fälle vorher zu sehen“, erzählt der anonyme Arzt. Dadurch sei es zu vielen Stunden Zeitverzögerung gekom­men, bis diese Leute im Spital waren, da die Mobilen Ärzte auch im Stau und ohne Blaulicht im ganzen Baselbiet fahren müssen.

Den Vorwurf der Patientengefährdung sei auch von neun weiteren ehemaligen Mitar­beitenden bestätigt worden. Mit nachgesprochener Stimme wird die Aussage einer nicht identifizierbaren früheren Mitarbeiterin gesendet. Sie habe stets eine komplette Untersuchung vornehmen müssen, bevor sie die Ambulanz anrufen durfte. Damit sei für den Patienten wertvolle Zeit verloren gegangen. Wer sich weigerte, sei zurechtge­wiesen worden und habe sich schriftlich rechtfertigen müssen.

Um diesen Missständen zusätzlich Gewicht zu geben, wurde in der Sendung die Tätigkeit der Mobile Ärzte AG mit derjenigen von SOS Ärzte Zürich verglichen. Die Einsatzunterschiede der zwei Organisationen wurden sehr ausführlich geschildert. Der SOS Arzt in Zürich fährt alleine und hat nur das absolut notwendige medizinische Instrumentarium mit sich. Bei den Mobilen Ärzte fährt der Arzt mit einer Assistentin als Team und verfügt über ein fahrendes Labor, mit dem zum Beispiel auch Blut untersucht werden kann. Dies sei mit einem Grund, warum die Mobilen Ärzte, bevor die Sanität alarmiert wird, umfassende Untersuchungen vornehmen.

Sie monieren nun, dass im Zusammenhang mit dem äusserst heiklen Vorwurf der Patientengefährdung nicht ein einziger Fall recherchiert respektive genannt wurde. Es blieb bei allgemeinen Vorwürfen. Der Vorwurf des Arztes, wonach Patienten hätten behandelt werden müssen, zu denen eigentlich die Sanität mit Blaulicht hätte fahren müssen, sei eine unwahre Unterstellung. Nicht umsonst seien in den fünf Jahren seit ihrem Bestehen über 25.000 Patientinnen und Patienten behandelt worden. Dabei sei keine einzige aufsichtsrechtliche Beanstandung, kein einziger Haftpflichtfall und keine Beanstandungen durch eine Krankenkasse zu verzeichnen.

Der Kantonsarzt Baselland Dr. Brian Martin hätte bestätigt, dass ihm keinerlei Bean­standungen gegen die Mobilen Ärzte vorliegen und dementsprechend keinerlei Untersuchungen seitens Aufsichtsbehörde im Gange seien. Die Herstellung einer Verbindung zwischen Arbeitszeiten von medizinischem Hilfspersonal und der Ge­sundheit von Patienten sei tendenziös.

Nachdem ich die Angelegenheit analysieren konnte, kann ich Ihre Reaktion durchaus nachvollziehen. Denn für eine medizinische Organisation stellt der Vorwurf, die Sicherheit der Patienten zu gefährden, die allerschlimmste denkbare Beschuldigung dar. Es gelten deshalb qualifizierte Anforderungen bezüglich der Transparenz und generell der Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflichten.

Wurden diese Anforderungen in „Kassensturz“ erfüllt? Aus verschiedenen Gründen stelle ich dies in Frage. Zuerst einmal in Bezug auf die Transparenz. Ich stelle fest, dass in der Sendung sowohl die früheren Mitarbeiterinnen wie vor allem auch der frühere Arzt die Mobile Ärzte AG anonym kritisieren. In diesem Zusammenhang stellt sich deshalb die grund­sätzliche Frage, ob es zulässig sei, anonyme Personen auftreten zu lassen. Dies ist umso mehr von Bedeutung, wenn wie im vorliegenden Fall schwere Vorwürfe gegen­über einer Organisation anonym gemacht wurden. Die publizistischen Leitlinien sehen vor, dass in den SRF-Programmen grundsätzlich „alle Personen mit ihrem korrekten Namen“ aufzutreten haben. Anonymität können aber Personen beanspru­chen, wenn „ein grosses öffentliches Interesse am Thema besteht, der Wunsch begründet und plausibel ist und die Qualität der Aussage überprüfbar ist (zweite Quelle)“.

Ob all diese Bedingungen erfüllt sind, scheint mir offen zu sein. Gewiss, das Thema ist von öffentlichem Interesse. Es ist aber davon auszugehen, dass die Identität von zumindest einigen der früheren Mitarbeiterinnen bekannt war, waren sie doch in der Forderungseingabe der Syna gegenüber der Mobile Ärzte AG namentlich erwähnt. Problematisch scheint mir vor allem die Anonymität des Arztes, denn wie geschehen, wurde fälschlicherweise ein anderer entlassener Kollege dahinter vermutet. Letztlich – laut Vereinbarung zwischen Mobile Ärzte und Syna – wurde die Identität des Arztes doch preisgegeben.

Es ist nicht an der Ombudsstelle, die Qualität der kritischen anonymen Aussagen zu bewerten oder in Frage zu stellen. In der Sendung bildeten sie aber die wesentliche Kritiken gegenüber der Mobile Ärzte AG. Eine zweite Quelle ist nicht sichtbar. Im Gegenteil: Ich stelle fest, dass bezüglich Gefährdung der Patienten durch verspätete Alarmierung der Sanität der Kommunikations-Leiter der Volkswirtschafts- und Ge­sundheitsdirektion des Kantons Basel-Landschaft, Herr Rolf Wirz, klar unterstreicht, dass „bis zum Kontakt durch den Kassensturz [...] das Amt für Gesundheit weder namentlich noch anonym über mögliche Missstände in der medizinischen Versor­gung durch die Mobile Ärzte informiert“ wurde. Ein Aufsichtsbesuch hat am 9. Dezember 2014 stattgefunden und keinerlei Anlass zu Beanstandungen gegeben. Diese relevanten entlastenden Argumente, die dem Kassensturz bekannt waren, wurden aber dem Publikum verschwiegen, was als klare Verletzung der geforderten journalistischen Sorgfaltspflichten anzusehen ist.

Auch die in der Sendung vorgebrachten Anschuldigungen des Regionalsekretärs der Syna, Stefan Isenschmid, wurden in der bereits erwähnten Vereinbarung wesentlich relativiert. „Ferner ist Syna kein klar identifizierbarer Fall bekannt, in welchem Patien­ten nachweislich durch Fehlverhalten der Mobilen Ärzte zu Schaden gekommen sind“, ist in der Vereinbarung zu lesen. Letztlich hält die Syna fest, dass ein Teil der in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe höchstwahrscheinlich auf missver­ständliche Weisungen und die Interaktion zwischen administrativer Leitung und medizinischem Personal der Mobilen Ärzte zurückzuführen ist.

Schliesslich ist der Vergleich „SOS Ärzte Zürich – Mobile Ärzte Basel“ problematisch, Gewiss: beide Organisationen führen einen ärztlichen Notfalldienst. Doch ihre Ein­satzphilosophien sind grundverschieden. Dies wurde in der Sendung auch bildlich durch die unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten beider Organisationen gezeigt. Dass die Tätigkeit von SOS Ärzte Zürich als vorbildlich und diejenige der Mobile Ärzte AG Basel als mangelhaft und für die Patienten gefährlich dargestellt wird, berücksichtigt diese Unterschiede ungenügend. Im ganzen Bericht wurde zudem der Begriff „Notfalldienst“ mit dem Rettungsdienst vermischt, was die Hauptkritik der Gesundheitsgefährdung begründet.

Laut der entsprechenden Wegleitung des SECO ist unter „Notfalldienste“ die ärzt­liche Betreuung der Bevölkerung im Einzugsgebiet der jeweiligen Artpraxis bei aku­ten Erkrankungen oder Verletzungen zu verstehen. Ein Notfalldienst ist ein ärztlicher Bereitschaftsdienst für Zeiten, an denen niedergelassene Ärzte nicht im Einsatz sind. Das betrifft vor allem Nächte, Wochenenden und Feiertage. Ein Notfalldienst ist deshalb nicht mit dem Rettungsdienst zu verwechseln.

Aus all diesen Überlegungen gelange ich zur Auffassung, dass sich das Publikum im „Kassensturz“ vom 24. März ungenügend eine eigene Meinung über die Tätigkeit der Mobilen Ärzte bilden konnte. Zwar wurde im anschliessenden Studiogespräch Chef­arzt Michael Gloger zu den erhobenen Vorwürfen befragt. Bezüglich aber Gefähr­dung der Patienten wurde er ständig unterbrochen und hatte deshalb nur mangelhaft die Möglichkeit, dazu angemessen Stellung zu nehmen.

Zusammenfassend beurteile ich die Berichterstattung über die Verletzung des Arbeit­nehmerschutzes durch die Mobile Ärzte AG als sachgerecht, diejenige aber über die vorgeworfene Patientengefährdung als Verletzung der verlangten qualifizierten Anfor­derungen bezüglich Transparenz und Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflich­ten. Ihre Beanstandung, soweit ich darauf eintreten konnte, erachte ich deshalb als teilweise berechtigt.

4. Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG entgegenzunehmen. Über die Mög­lichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI (Monbijoustrasse 54A, Postfach 8547, 3001 Bern) orientiert Sie der beiliegende Auszug aus dem Bundesgesetz über Radio und Fernsehen.

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