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Facebook-Seite von SRF-NEWS: Video über Putin beanstandet (I)

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Zusammen mit 15 weiteren Personen haben Sie am 9. Oktober 2016 per e-Mail eine Beanstandung gegen ein Video auf der Facebook-Seite von SRF-NEWS eingereicht. Das Video, das am 5. Oktober 2016 aufgeschaltet wurde, zeigte, wie der russische Präsident Wladimir Putin Przewalski-Pferde in die Freiheit entließ. Ihre Eingabe erfüllt die formalen Anforderungen, die an eine Beanstandung gestellt werden. Somit kann ich auf sie eintreten. Eine gleichlautende Beanstandung, die Sie ebenfalls unterschrieben, ging von einer anderen Person zusammen mit 25 Personen ein, von denen 15 identisch waren mit den Unterzeichnern Ihrer Beanstandung.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

„Am 5. Oktober 2016 veröffentlichten SRF NEWS auf ihrer Facebook-Seite ein Video, das den russischen Präsidenten Wladimir Putin zeigt, wie er mit Tierpflegern des staatlichen Wildparks in der Region Orenburg im Südural, nahe der kasachischen Grenze, einige Przewalski-Pferde im Orenburgski-Naturschutzgebiet in die Freiheit entlässt. In seinem Statement gegenüber der anwesenden Presse zeigte Putin sich begeistert: ‚Das ist kein gewöhnliches Pferd, sondern eines, welches auf unserer Erde fast ausgestorben ist.‘ Er versicherte ausserdem, dass die Projekte zur Rettung bedrohter Tierarten wie der Kaukasus-Leopard, oder eben das Przewalski-Pferd, auch weiter umgesetzt würden. Das Auswilderungszentrum für Przewalski-Pferde in der Region Orenburg war mit der Unterstützung des russischen Umweltministeriums, des UN Entwicklungsprogramms sowie der Global Environment Facility GEF erschaffen worden. Die erste Herde aus Frankreich war bereits 2015 in dem Reservat eingetroffen. Ein Jahr lang hatten die Tiere gebraucht, um sich an die neuen Bedingungen zu gewöhnen. Das Przewalski-Pferd steht in Russland sowie der Internationalen Union zur Bewahrung der Natur und natürlicher Ressourcen IUCN auf der Roten Liste der gefährdeten Arten.

Diese sachdienlichen Informationen bekommt das SRF-Publikum allerdings nicht geliefert. Stattdessen beginnt bereits die Beschreibung zum Video mit einer verleumderischen Diffamierung; der Clip selber ist offenkundig tendenziös bearbeitet und gespickt mit diskreditierenden Äusserungen und vollkommen sachfremden Erwägungen.

Ich frage mich ernsthaft, in wessen Diensten SRF steht, und woher die Redaktion ihren Informationsauftrag erhält. Nicht zuletzt lebt SRF auch von der Billag. Es ist bestimmt nicht im Interesse der Billag-Zahler/innen, politische Propaganda für ausländische Interessengruppen zu finanzieren. Es ist ganz sicher nicht die Aufgabe von SRF, mit den Zwangsbeiträgen aus der Schweizer Bevölkerung Propaganda für die USA und die NATO zu machen.

Oder etwa doch?

Ich wünsche mir eine ausgewogene, sachdienliche und der Wahrheit verpflichtete Berichterstattung. So wie in der Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten des Schweizer Presserates verankert. Auf hetzerische und manipulative Beiträge kann ich gut und gerne verzichten. Zumal auf solche, die nicht als Kommentare deklariert sind.“

B. Die zuständige Redaktion erhielt Gelegenheit, sich zu Ihrer Beanstandung zu äußern. Frau Sandra Manca, Bereichsleiterin SRF News, schrieb:

„Besten Dank, geben Sie uns Gelegenheit, zu den beiden Beanstandungen Stellung zu beziehen. Ich nehme diese beiden Beanstandungen zusammen, da sie den gleichen Inhalt betreffen und beide in ihren jeweiligen Beanstandungen transparent gemacht haben, dass sie dem gleichen Beschwerdeführer-Kreis zugehören.

Beide monieren ein Video, das auf der Facebook-Seite von SRF News publiziert wurde. Das Video enthält Bilder des russischen Präsidenten Vladimir Putin, die zeigen, wie er einer Auswilderungsaktion von raren Wildpferden aus einer russischen Aufzucht beiwohnt. Der Clip beginne mit einer verleumderischen Diffamierung in den Texttafeln zu den Videobildern, sei ‚tendenziös bearbeitet und gespickt mit diffamierenden Äusserungen und vollkommen sachfremden Erwägungen‘.

Nach Betrachten des Videos müssen wir den Beanstandern teilweise Recht geben, nämlich im Punkt der ‚sachfremden Erwägungen‘. Das Video genügt in dieser Form den publizistischen Leitlinien von SRF nicht. Es verletzt insbesondere das darin festgeschriebene Sachgerechtigkeitsgebot: Das Video bietet keine echte Information zur Auswilderungsaktion der Pferde, und es besteht kein kausaler Zusammenhang zwischen den präsentierten Videobildern und dem Krieg in Syrien. Der Vorwurf, diese Auswilderungsaktion sei eine Provokation für die syrische Zivilbevölkerung, bleibt ohne die entsprechenden Bilder und ohne inhaltliche Verortung leere Behauptung.

Uns zeigt das, dass unsere Qualitätssicherung in Bezug auf dieses sogenannte ‚Instant Video‘ in diesem Einzelfall nicht funktioniert hat. Deshalb werden wir dieses Video im Rahmen unserer etablierten Feedbackprozesse besprechen und analysieren und - falls notwendig - die entsprechenden Massnahmen ergreifen.

Inzwischen haben wir das Video von unserer Facebook-Plattform entfernt.“

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Beurteilung der Angelegenheit. Zuerst möchte ich eine Bemerkung zur Form Ihre Beanstandung machen. Es ist jedermann unbenommen, eine Beanstandung gegen eine Sendung oder gegen einen Internet-Auftritt von SRF einzureichen. Ich habe auch nichts dagegen, wenn mehrere Beanstandungen eingehen, sogar dann, wenn die Personen voneinander wissen. Es kommt aber einem Missbrauch des Beanstandungsverfahrens gleich, wenn zwei Beanstandungen den gleichen Wortlaut aufweisen, wenn die Mehrzahl der Unterzeichner beider Beanstandungen identisch ist und wenn die beiden Protagonisten die jeweils andere Beanstandung ebenfalls unterzeichnen. Damit haben Sie bei mir keinen guten Eindruck hinterlassen.

In der Sache hingegen haben Sie die Argumente auf Ihrer Seite: Der Text des Videos ist von Anfang an rein polemisch. Es gibt keinen sachlichen Grund, dem russischen Präsidenten Putin zu unterschieben, die „demonstrierte Tierliebe“ sei „aber auch eine Provokation.“ Und weiterzufahren: “Zwischen der USA und Russland herrscht mehr und mehr politische Eiszeit. Darunter leidet die Zivilbevölkerung in Syrien. Friedensgespräche sind derzeit undenkbar. Putins Pferdeliebe: Für die syrische Bevölkerung wohl eher blanker Hohn.“

Es ist zwar richtig, dass von allen am Konflikt in Syrien direkt oder indirekt Beteiligten, also von der syrischen Regierung, von der „Freien Syrischen Armee“, von der al-Nusra-Front, von anderen Al-Kaida-Ablegern, vom „Islamischen Staat“, von den Kurden, von Saudi-Arabien, von Katar, von Iran, von der Hisbollah, von Russland, von den USA, von der Türkei, von der EU und von der Uno, erwartet wird, dass sie zum Frieden und zum Wiederaufbau in Syrien beitragen. Aber wenn das vorerst nicht gelingt, kann keinem Staatschef verwehrt werden, gleichwohl seinen Alltagsgeschäften nachzugehen und dabei beispielsweise auch eine Moschee einzuweihen, eine Provinz zu besuchen, Orden zu verleihen oder Pferde in die Wildnis zu entlassen. Es ist reine Polemik, wenn in dem Video dem russischen Präsidenten mit dem Querverweis auf Syrien quasi unterstellt wird, ihm seien Pferdeleben wichtiger als Menschenleben.

Dass es ein Fehler war, dieses Video aufzuschalten, hat die Redaktion von SRF NEWS erkannt, und sie hat auch sofort entsprechend gehandelt, wie Sie der Stellungnahme von Frau Manca entnehmen können. Das ist löblich: Wenn Fehler passieren, muss man sie korrigieren. SRF NEWS liefert damit den Beweis für eine intakte Fehlerkultur, und das möchte ich in aller Form anerkennen. Zwar kann ich der Hauptstossrichtung Ihrer Beanstandung beipflichten , ich muss jedoch keine zusätzlichen Empfehlungen an SRF abgeben, denn SRF NEWS hat seine Hausaufgaben gemacht.

Und noch etwas: Wenn so etwas passiert, muss man nicht gleich – wie Sie es tun – annehmen, SRF stehe in irgend einem ausländischen Dienst und mit den Radio- und Fernsehgebühren finanziere man Propaganda für ausländische Interessengruppen, für die USA oder die NATO. Vergleicht man diverse nationale Radio- und Fernsehanstalten, so gehört die SRG zu den unabhängigsten – zusammen mit der BBC sowie den skandinavischen, niederländischen, belgischen, irischen, kanadischen oder deutschen Sendeanstalten, während beispielsweise in Russland „Russia Today“, der „Perwyi-Kanal“, der Kanal „Rossija“ und NTW deutlich regierungsabhängig sind. Sie sollten sich an Matthäus 7,3 erinnern: „Warum siehst du jeden kleinen Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht?“[1] Es war der russische Journalistenverband, der 2006 während vier Wochen im März die Fernsehnachrichten untersuchte und feststellte: Im „Perwyi-Kanal“ betrafen 91 Prozent der Nachrichten den Kreml, 2 Prozent die Opposition. Von den Kreml-Nachrichten war ein Prozent kritisch, jene über die Opposition waren allesamt kritisch. Im Kanal „Rossija“ galten 0,6 Prozent der Nachrichten den Kreml-Kritikern; sie waren negativ für sie. Auf NTW kam die Regierung nur positiv vor.[2] Von solcher Einseitigkeit ist Fernsehen SRF weit entfernt.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.


[1] http://www.bibleserver.com/text/HFA/Matth%C3%A4us7

[2] Reitschuster, Boris (2006): Putins Demokratur. Berlin: Econ, S.76-77.

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