SRG Deutschschweiz Ombudsstelle

«Chrigu und Sepp – Zwei Fäuste und ein Halleluja» von «SRF bi de Lüt» beanstandet

Mit Ihrer E-Mail vom 16. Dezember 2017 haben Sie den Missbrauch der publizistischen Grundsätze beim SRF-Format «SRF bi de Lüt» mit den Sendungen vom 8. und 15. Dezember 2017 «Chrigu und Sepp – Zwei Fäuste und ein Halleluja»[1] beanstandet. Ihre Eingabe erfüllt die formalen Voraussetzungen an eine Beanstandung. Somit kann ich auf sie eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

Grundsätzlich macht TV SRF vielseitige und interessante Sendungen, News, Unterhaltung und vieles mehr, das heisst: «Die Geschmäcker sind wohl verschieden». Wir sind jedoch grundsätzlich zufrieden und haben ja die Freiheit: SRF schauen oder ab- bzw. umstellen.

Was gefällt, in Ordnung ist, soll auch anerkannt und geschätzt werden.

«SRF orientiert sich an höchsten publizistischen Standards».

>> SRF TV Sendungen und Christian Stucki:
Chrigu und Sepp in Indien und Senegal ?????
Chrigu und Sepp – Zwei Fäuste und ein Halleluja ?????

Bei den zuvor angeführten Sendungen wurden meiner persönlichen Meinung nach schlicht und einfach die publizistischen Grundsätze der SRF nicht nur missachtet, sondern auch missbraucht. Dass der Schweizer Schwingsport im Ausland derart desolat, verfälscht und unhöflich, ja sogar despektierlich dargestellt worden ist, ist mehr als ein Verstoss gegen die publizistischen Standards von SRF.

Schade, sehr schade auch für das grundsätzlich gute Image von SRF.

Meine persönlichen Feststellungen und Bemerkungen sollen der Ombudsstelle aufzeigen, dass nicht nur wir enttäuscht, unzufrieden und auch verletzt sind. In unserem Umfeld könnte ich Ihnen einen mehrfachen Unterschriftenbogen liefern, die der gleichen Meinung sind.

Und wichtig ist ebenfalls, ich persönlich bin weder Fan noch Mitglied eines Schwingclubs oder ähnliches. Mein Urteil und unsere Einschätzungen stützen sich ohne jegliche Interessenbindung.

Wir machen uns auch Gedanken, dass die «Chrigu und Sepp TV Ausstrahlungen» von SRF kontraproduktiv im Zusammenhang mit der Abstimmung: «Abschaffung der Billag-Zwangsgebühren – NoBillag» sind.

Das ist eine grosse Menge «Wasser auf die Mühlen» der NoBillag Befürworter – Gratis Propaganda geliefert von TV SRF.

B. Ihre Beanstandung wurde der zuständigen Redaktion zur Stellungnahme vorgelegt. Herr Hansjörg Niklaus, Senior Producer Factual Entertainment, Unterhaltung SRF schrieb:

1. Sachverhalt

In der Email vom 16. Dezember 2017 beanstandet X bei den beiden Sendungen «Chrigu und Sepp» vom 8.12.2017 und 15.12.2017 die Verletzung der publizistischen Standards von SRF. Der Vorwurf lautet: «Bei den zuvor angeführten Sendungen wurden meiner persönlichen Meinung nach schlicht und einfach die publizistischen Grundsätze der SRF nicht nur missachtet, sondern auch missbraucht. Dass der Schweizer Schwingsport im Ausland derart desolat, verfälscht und unhöflich, ja sogar despektierlich dargestellt worden ist, ist mehr als ein Verstoss gegen die publizistischen Standards von SRF.»

2. Stellungnahme Redaktion

Die Beanstandung zu den beiden Sendungen «Chrigu und Sepp» kritisiert zwei Punkte: Erstens die Verletzung der publizistischen Grundsätze von SRF und zweitens eine verfälschte und despektierliche Darstellung des Schweizer Schwingsports im Ausland. Die Stellungnahme zu den beiden Punkten er-folgt nach einem Kurzbeschrieb des Sendekonzepts.

2.1 Kurzbeschrieb Sendekonzept «Chrigu und Sepp – Zwei Fäuste und ein Halleluja»

Die Grundidee der Sendung ist, dass zwei Vertreter von typischem Schweizer Brauchtum (Schwingen und Jodeln) in die Welt ziehen, um dort ähnliches Brauchtum zu entdecken. Schwingen ist eine Kampfsportart mit starkem kulturellem Bezug. Weltweit finden sich ähnliche Kampfsportarten mit kulturellem Bezug, vom «Bökh» (mongolisches Ringen) über die «lutte sénégalaise» (Schwingen in Gambia und Senegal) bis hin zu «Kusthi» (indische Variante des Ringens). Auch Jodeln ist eine global verbreitete Tradition. Das Ziel der jeweiligen Sendung ist, dass Chrigu Stucki sich im Ring mit einem lokalen Helden misst, musikalisch unterstützt von Sepp. Auf dem Weg dazu entdecken und lernen sie fremde Kulturen kennen. Durch das verwandte und gemeinsame Brauchtum nähern sie sich der fremden Kultur an und entdecken das Verbindende und viele Gemeinsamkeiten. Sie lernen Menschen kennen, und es entstehen Freundschaften weltweit.

2.2 Zur Verletzung der publizistischen Grundsätze von SRF

Die Publizistischen Leitlinien von SRF haben folgende fünf Begriffe als Richtschnur: unabhängig, identitätsstiftend, fair, innovativ und engagiert.

Unabhängig
Die Sendereihe «Chrigu und Sepp» ist eine Eigenentwicklung von SRF und wurde weder vom Schwin-ger- noch vom Jodlerverband in irgendeiner Form beeinflusst oder unterstützt. Die Unabhängigkeit wurde jederzeit gewahrt.

Identitätsstiftend
Das Schwingen ist eine typische Eigenart der Schweiz und hat sich im Lauf der Zeit zu einer Sportart mit hoher Akzeptanz entwickelt und geniesst einen grossen Rückhalt in der Gesellschaft. Auch Jodeln gehört zum Schweizer Kulturgut. Varianten vom Schwingen und Jodeln existieren weltweit. Oder anders gesagt: das Schweizer Brauchtum ist in seiner Form einzigartig, hat aber auf der ganzen Welt Berührungspunkte. Insofern ist es für den Zuschauer durchaus identitätsstiftend zu sehen, dass sich zwei Schweizer Vertreter von typischem Schweizer Kulturgut in der Welt bestens zurechtfinden und damit bestehen können.

Fair
Fairness bedeutet anständiges Verhalten sowie eine gerechte und ehrliche Haltung gegenüber anderen Menschen. In Spiel und Sport bedeutet es, sich an die Spielregeln zu halten und damit Anstand und Gerechtigkeit zu wahren. Diese Punkte sind in beiden Sendungen vollumfänglich erfüllt.

Innovativ
Das Sendeformat «Chrigu und Sepp» ist eine Eigenentwicklung von SRF, die weltweit so nicht existiert.

Engagiert
Die Realisation der Sendereihe im Ausland, in einer fremden Kultur und Sprache forderte von allen Beteiligten ein hohes Engagement, geistig wie auch körperlich.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die beiden Sendungen von «Chrigu und Sepp» vollumfänglich den publizistischen Leitlinien von SRF entsprechen.

3. Zur Darstellung des Schweizer Schwingsports im Ausland

Gemäss dem Sendekonzept von «Chrigu und Sepp» geht es im Format nicht darum, den Schweizer Schwingsport im Ausland zu zeigen, sondern das fremde Brauchtum zu entdecken. In diesem Sinne hat sich Christian Stucki auf die lokalen Sitten und Bräuche eingelassen. Dies bedeutete für ihn sowohl in Indien wie auch im Senegal mit den lokalen (knappen) Schwinghosen anzutreten. Für unsere Augen mag das befremdlich wirken, aber die Berücksichtigung der lokalen Traditionen gehört zur Fairness, zum anständigen und gerechten Handeln.

Auch wenn es nicht der Kern des Formates ist, hat Christian Stucki in jedem Land den lokalen Kämpfern das Schweizer Schwingen kurz vorgestellt. Das Ergebnis war jedes Mal das gleiche, in den Schweizer Schwinghosen hat Christian Stucki auch die kräftigsten Gegner in kürzester Zeit auf den Rücken gelegt. Dies zeigt im Umkehrschluss wie schwierig es für Christian Stucki war, sich auf die fremden Varianten des Schwingens einzulassen und was für einen Mut es brauchte überhaupt anzutreten.

Daher ist es nicht nachvollziehbar zu behaupten, dass der Schweizer Schwingsport desolat, verfälscht und despektierlich dargestellt worden sei. Im Gegenteil: Christian Stucki hat sich mit der Respektierung der lokalen Kultur und mit dem Mut in einer fremden Sportart in den Ring zu steigen die Achtung und den Respekt der Einheimischen verdient. Damit hat er gleichzeitig ein positives Bild des Schweizer Schwingsports hinterlassen, geprägt von grossem Respekt gegenüber der fremden Kultur, ohne Überheblichkeit oder Dünkel.

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der beiden Sendungen. Sie monieren, dass Schweizer Fernsehen SRF die publizistischen Grundsätze «nicht nur missachtet, sondern auch missbraucht» habe. Ausserdem kritisieren Sie, der Schweizer Schwingsport werde im Ausland «desolat, verfälscht und unhöflich, ja sogar despektierlich» dargestellt.

Zuerst gilt es festzustellen, was die publizistischen Leitlinien bei SRF aussagen. Eine übersichtliche Auslegeordnung von Hansjörg Niklaus, Senior Producer Factual Entertainment, Unterhaltung SRF, haben Sie in der Stellungnahme unter dem Punkt B. bereits lesen können.

Ich ergänze noch Folgendes: Die Programme von Schweizer Radio und Fernsehen SRF folgen drei Grundsätzen: «Sie sind sachgerecht, vielfältig und unabhängig.

Sachgerecht ist die Berichterstattung, wenn sie alle verfügbaren Fakten in Betracht zieht und nur darstellt, was nach bestem Wissen und Gewissen für wahr gehalten wird»[2]. Ich habe mir beide von Ihnen beanstandeten Sendungen genau angesehen. Dabei habe ich keine einzige Szene entdeckt, die nicht sachgerecht war. Sämtliche verfügbaren Fakten wurden aufgezeigt und eingebettet.

Wichtig ist festzuhalten, dass nicht der Schweizer Schwingsport an sich, sondern «verwandtes und gemeinsames Brauchtum»[3] im Fokus der vierteiligen Sendereihe steht. So habe ich viele neue, mir unbekannte Fakten über die Menschen in den beiden Ländern und natürlich vorwiegend über das dort praktizierte «Schwingen» und «Musizieren» kennengelernt.

Die Programme sind vielfältig, «wenn sie Tatsachen und Meinungen zu einem Thema in ganzer Breite angemessen zum Ausdruck bringen»[4]. Auch diesen Punkt erfüllen die Sendungen. Dem Publikum werden die Themen «Schwingen» und «Musizieren» auf vielfältige Art und weise präsentiert. Dass Chrigu Stucki in den lokalen Schwinghosen auftritt und man dabei deutlich mehr nackte Haut als Hierzulande sieht, kann zugegebenermassen verstörend wirken. Diese Irritation liegt aufgrund der Anlage der Sendung aber auf der Hand. Dadurch wird der Schweizer Schwingsport im Ausland aber weder «desolat, verfälscht und unhöflich» noch «despektierlich» dargestellt wie Sie in Ihrer Beanstandung kritisieren.

Zur Unabhängigkeit hat sich Herr Hansjörg Niklaus bereits geäussert.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass ich Ihre Beanstandung nicht unterstützen kann.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Manfred Pfiffner
Stellvertretender Ombudsmann


[1] https://www.srf.ch/sendungen/chriguundsepp/chrigu-und-sepp-im-senegal-1-4 https://www.srf.ch/sendungen/chriguundsepp/chrigu-und-sepp-in-indien-2-4

[2] https://www.srf.ch/unternehmen/unternehmen/qualitaet/publizistische-leitlinien-srf (Seite 13; Punkt 1.2)

[3], 4 https://www.srf.ch/sendungen/chriguundsepp/chrigu-und-sepp-im-senegal-1-4

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