Kritik an «10vor10» über unterschiedliche Spitex-Organisationen

Die Kosten für die Pflege zu Hause waren Thema im «10vor10» vom 27. Mai 2025. Private Spitex-Organisationen beanstanden den Beitrag als einseitig. Private Spitex-Firmen würden im Beitrag zu Sündenböcken für die Kostenexplosion im Gesundheitswesen gestempelt. Die Ombudsleute sehen das Sachgerechtigkeitsgebot verletzt.
Darum geht es in der beanstandeten Sendung
Im «10vor10»-Beitrag vom 27. Mai 2025 geht es um die steigenden Kosten im Gesundheitsweisen. Im Zentrum des Beitrages stehen die Entschädigungen für pflegende Angehörige, welche gegenüber dem vergangenen Jahr beträchtlich gestiegen sind.
Weiter werden in der Sendung private Spitex-Organisationen thematisiert, bei welchen sich Personen zur Pflege ihrer Angehörigen anstellen lassen können und welche über die obligatorische Grundversicherung abrechnen dürfen.
«10vor10» vom 27. Mai 2025:
«10vor10» vom 27. Mai 2025:
Was wird beanstandet?
Die Beanstanderin – eine private Spitex-Organisation – moniert, im Beitrag würden die privaten Spitex-Organisationen unwidersprochen zu den Sündenböcken der Kostenexplosion im Gesundheitswesen gestempelt. Es werde der Vorwurf erhoben, sie seien im Vergleich zu öffentlichrechtlichen Spitex-Organisationen sehr teuer beziehungsweise überteuert und würden überhöhte Beträge abschöpfen, ohne dafür selber Leistungen zu erbringen, welche diesen Leistungsbezug rechtfertigen würden.
Damit entstehe der Eindruck, die privaten Spitex-Organisationen seien eine wesentliche Ursache für die ständig steigenden Kosten im Gesundheitswesen. Die Direktorin des Verbands Schweizer Krankenversicherer Prio Suisse spreche im Beitrag gar davon, dass so ungerechtfertigte Gelder über die Prämien abgeschöpft würden.
Ausserdem werde die Position der im Beitrag scharf kritisierten privaten Spitex-Organisationen nicht erwähnt. Es würde nur die Sichtweise der öffentlichen-Spitex-Organisationen und der Krankenkassen erläutert, kritisiert die Beanstanderin. Die betroffenen privaten Spitex-Organisationen seien von der Redaktion gar nicht mit den Vorwürfen konfrontiert worden.
Was sagt die Redaktion?
SRF beobachte regelmässig die Entwicklung der Gesundheitskosten, insbesondere dann, wenn in einzelnen Bereichen «auffällige Mengenausweitungen» zu beobachten seien, schreibt die verantwortliche Redaktion in ihrer Stellungnahme. Sowohl das BAG als auch der Krankenkassenverband würden die pflegenden Angehörigen für die Kostensteigerungen im Spitex-Bereich mitverantwortlich machen.
Das Geschäft mit privaten Spitex-Dienstleistungen sei gewinnbringend und lukrativ. Das zeige ebenso die Zahl der Firmen, die in den letzten Jahren in diesem Bereich entstanden seien.
Die Redaktion betont, der Beitrag zeige transparent auf, dass private Spitex-Firmen durchaus eigene Leistungen erbringen würden. Es würde jedoch auch auf das Problem der fehlenden Kontrollen der privaten Spitex-Organisationen hingewiesen. Zudem bestehe das Risiko für Fehlanreize. Diese würden ebenfalls von der Gesundheitskonferenz Zürich geortet. Zudem seien zahlreiche Punkte wie die fachliche Begleitung von Angehörigen nicht klar definiert.
In ihren Aussagen fordern der Präsident der Spitex Schweiz und die Direktorin des Verbands der Schweizer Krankenversicherer Prioswiss klarere Regeln für entsprechende Firmen. Der Vorwurf im Beitrag, die Leistungen der pflegenden Angehörigen seien enorm teuer, beziehe sich auf die abgerechneten Pflegestunden, die gegenüber öffentlich-rechtlichen Spitex-Organisationen ein Mehrfaches ausmachten.
Die Aussage zu den «ungerechtfertigten Geldern», welche «abgeschöpft» würden, bedeute, dass pflegende Angehörige nicht über die gleiche Ausbildung wie ausgebildetes Pflegefachpersonal verfügten.
Der Beitrag habe aufgezeigt, dass es verschiedene Gründe für den Anstieg der Pflegekosten gebe, hält die Redaktion fest. Nebst den pflegenden Angehörigen würden die alternde Bevölkerung sowie die zunehmende Ambulantisierung genannt.
Die Kritik im Beitrag gelte nicht den privaten Spitex-Firmen. Deshalb seien sie auch nicht zu Wort gekommen. Vielmehr seien im Beitrag Fehlanreize und die fehlenden Kontrollen in der Kritik gestanden.
Was sagt die Ombudsstelle?
Gemäss den Ombudsleuten veranschaulicht der beanstandete Beitrag folgende Ausgangslage: Seit einem Bundesgerichtsentscheid 2019 dürften sich Angehörige für ihre Pflegeleistungen bezahlen und von (privaten oder öffentlichen) Spitex-Organisationen anstellen lassen. Die privaten Spitex-Organisationen rechneten deutlich teurer ab als die öffentliche Spitex. Dabei würden die öffentlichen Spitex-Organisationen als weniger anfällig für kostenbedingt hohe Margen oder Fehlanreize angesehen.
Die Ombudsleute sehen im Beitrag keinen Frontalangriff auf spezifische private Spitex-Organisationen. Es werde auch nicht der Vorwurf erhoben, private Spitex-Firmen würden gegen das Gesetz verstossen. Vielmehr werde vermittelt, dass Fehlanreize im Gesundheitssystem zu einem Ungleichgewicht führten.
Allerdings entstehe beim Publikum der Eindruck, es gehe bei diesem (lukrativen) Geschäft durch private Spitex-Organisationen nicht alles mit rechten Dingen zu und her. Es werde zum Beispiel nicht begründet, weshalb es gesetzeskonform sei, wenn Private ein Mehrfaches an Leistung bei pflegenden Angehörigen verrechneten. Damit würden private Spitex-Organisationen tatsächlich in ein schlechtes Licht gerückt, ohne dass Gegenargumente ins Feld geführt worden wären. Es sei zwar nicht zwingend notwendig, eine Vertretung der privaten Spitex-Organisationen zu Wort kommen zu lassen. Doch deren Standpunkte hätten qualitativ gleichwertig (zum Beispiel mittels einer Off-Stimme) dargestellt werden müssen, so die Ombudsleute. Diese Voraussetzung sei im Beitrag nicht genügend erfüllt worden.
Die Ombudsleute sehen deshalb das Gebot der Sachgerechtigkeit verletzt.
Korrigendum von SRF:
Korrigendum von SRF: