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Einmalige Einblicke in die verborgene Welt des IKRK

Die Delegierten des Internationalen Komitee vom Roten Kreuz IKRK arbeiten dort, wo es brennt auf der Welt. Für die neue nationale DOK-Serie «Zwischen den Fronten – IKRK-Delegierte im Einsatz» haben SRG-Journalisten sie während eines Jahres begleitet. Eine Premiere fürs IKRK und ein Vertrauensvotum für die SRG.

– Von Fee Riebeling

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz IKRK ist den meisten Schweizerinnen und Schweizern ein Begriff. Viele ­kennen sogar jemanden, der schon einmal für die Organisation mit Hauptsitz in Genf tätig war. Doch was die rund 13000 Mitarbeitenden leisten, was sie antreibt und bewegt, können die wenigsten mit Sicherheit sagen. Sie haben vielmehr eine vage ­Ahnung. Um Aufklärung zu leisten, hat Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) vier Videojournalisten und ein Kamerateam losgeschickt, einige der Delegierten während eines Jahres bei ihrer ­Arbeit in Israel, Afghanistan, Kolumbien, der Demokratischen Republik Kongo und am Hauptsitz in Genf zu begleiten. Das Ziel: das IKRK im Rahmen des sechsteiligen DOK-Serie ­«Zwischen den Fronten – IKRK-Delegierte im Einsatz» zu entmystifizieren.

Verschwiegenheit unabdingbar

Doch bis das IKRK in die Zusammenarbeit mit der SRG SSR einwilligte, sollten zwei Jahre vergehen. Das ist nicht verwunderlich, schliesslich ist die Organisation für ihre Verschwiegenheit bekannt. Diese ist Grundvoraussetzung für ihre Arbeit, denn die Delegierten sind vorwiegend in Krisen- und Kriegsgebieten im Einsatz. So bieten sie Opfern Hilfe und Schutz an, ­führen Familien wieder zusammen und verteilen Lebensmittel sowie dringend notwendige Materialien. Zudem organisieren sie medizinische Hilfe. Nicht selten sind sie die einzige Institution vor Ort. Das ist nur aufgrund ihres vertraulichen Umgangs mit Informationen über ihre Arbeit möglich. Deshalb arbeiten die Delegierten des IKRK überwiegend abseits der Medienöffentlichkeit – aus Angst, ihre ­Ziele zu gefährden.

Stéphanie Eller während ihrer Ausbildung zur Delegierten in Genf. Bild: SRF

Spielregeln ebnen den Weg

«Das lange Zögern der Institution ist absolut nachvollziehbar», sagt Christoph Müller. Der ehemalige SRF-DOK-Redaktionsleiter, der gemeinsam mit Irène Challand von RTS die Sendereihe entwickelt hat, erklärt: «Die zurückhaltende Art des IKRK steht im Widerspruch zur journalistischen Herangehensweise.» Schliesslich wollten Medienvertreter nicht nur alles wissen, sondern

«Die zurückhaltende Art des IKRK steht im Widerspruch
zur journalistischen Heran­gehensweise.»

Christoph Müller, VJ und Entwickler der Serie

auch möglichst viel berichten. Deshalb galt es zunächst, das Vertrauen der Hilfs­organisation zu gewinnen und die ­Spiel­regeln für die gemeinsame Arbeit ­fest­zulegen: Die Journalisten durften ­beispielsweise keinen Einfluss auf die ­Geschehnisse nehmen. Zudem mussten sie die Persönlichkeitsrechte der Prota­gonisten in jedem Fall wahren.

SRF-VJ Jürg Brandenberger unterwegs mit dem IKRK im kolumbianischen Rebellengebiet. Bild: SRF

Ein nicht immer leichtes Unterfangen, wie Müller weiss, der selbst als VJ in der Demokratischen Republik Kongo unterwegs war. Zwar durfte er über ehemalige Kindersoldaten berichten, allerdings musste er die Aufnahmen nachträglich anonymisieren. Am Leutschenbach hat man Verständnis für die Auflagen. Denn: «Keine Geschichte ist so wichtig, als dass man dafür jemanden in Gefahr bringt», sagt Elvira Stadelmann, die Produzentin der Serie. Dass das IKRK seine Arbeit nach langen Verhandlungen von den Journalisten der SRG SSR schliesslich doch filmen liess, betrachtet sie als grosses Kompliment an das Unternehmen.

«Keine Geschichte ist so ­wichtig, als dass man dafür ­jemanden in Gefahr bringt.»
Elvira Stadelmann, Produzentin

Massgeschneidertes SRG-Team

Nachdem mit der Zustimmung des IKRK die erste Hürde genommen war, mussten weitere Herausforderungen gemeistert ­werden. So zum Beispiel die Zusammenstellung des Teams. Auf eine bereits bestehende Redaktion zurückzugreifen war ­unmöglich. «Einerseits waren viele Mitarbeitende der DOK-Abteilung schon fix in anderen Projekten involviert, andererseits handelt es sich bei der Serie um ein nationales Projekt», so Stadelmann. Im Team sollten Reporter aus unterschiedlichen Landesteilen zusammenarbeiten. Weiter waren auch die Erfahrungen der Journalisten wichtig: Wer ist schon mal in welchem Land gewesen? Wer kennt sich wo aus? Wer ist mit welcher Kultur vertraut? Auch das Geschlecht spielte für einmal eine Rolle: «Es wäre sicherlich nicht sinnvoll gewesen, ausgerechnet unsere einzige VJ-Frau nach Afghanistan zu schicken», erklärt Stadelmann, die nicht nur die Zusammenarbeit mit dem IKRK, sondern auch die der Journalisten im Feld koordiniert hat.

Arbeit mit Auflagen: Christoph Müller, VJ und Mitgründer der DOK-Serie, filmt in Kongo. Bild: SRF

Spontanes Handeln entscheidend

Doch nicht alles konnte von Zürich aus organisiert werden. «Wie so oft in der ­politischen Berichterstattung mussten sich unsere Leute den Gegebenheiten vor Ort anpassen und im Zweifelsfall spontan ­reagieren», sagt die Produzentin. So hätte Christoph Müller aufgrund von Bombardements auf die kongolesische Grossstadt Goma kurzerhand seine Route ändern müssen. Um nicht in die Kriegshandlungen hineinzugeraten, überquerte er die Frontlinie nicht mit dem Auto, sondern überflog sie stattdessen. Auf sich allein ­gestellt waren er und seine SRG-Kollegen bei solchen Entscheidungen jedoch nie. Denn sowohl die Videojournalisten als auch das Kamerateam wurden immer von erfahrenen IKRK-Mitarbeitern begleitet – eine weitere Auflage der Organisation.

DOK-Leitung hält am ­Primetime-Sendeplatz fest

Noch nie zuvor hatte eine DOK-Reihe ­einen derart politischen Inhalt. Trotzdem handelt es sich aus Sicht der Verantwort­lichen um eine typische DOK-Serie: «Schliesslich stehen auch hier Menschen, Konflikte und Informationen im Zentrum», sagt DOK-Teamleiter Frank Senn.

Deshalb sei es absolut richtig, am angestammten Sendeplatz (siehe Kasten) ­festzuhalten – auch wenn der Freitagabend eher für unterhaltsame Formate ­bekannt sei. DOK-Redaktionsleiter Marius Born ergänzt: «Entstanden ist ein authentischer Einblick in die Arbeit des IKRK. ‹Zwischen den Fronten – IKRK-Delegierte im Einsatz› vermittelt relevantes Wissen, ohne didaktisch zu sein.»

Fee Riebeling


Sechsteilige DOK-Serie ab Freitag, 28.3.2014, SRF 1, 21 Uhr

Konfliktherde, Krisen- und Kriegsgebiete – das sind die Einsatzorte der Delegierten des Internationalen Komitee vom Roten Kreuz IKRK. Zum ersten Mal überhaupt hat das IKRK für das Medium Fernsehen ein Jahr lang seine Türen geöffnet. Entstanden ist ein einmaliger Einblick mit ­berührenden und aufwühlenden Geschichten, die zeigen, was die IKRK-Profis bei ihren – häufig ­riskanten – Einsätzen beschäftigt und antreibt.

Tipp!
Lesen Sie das Interview mit RSI-VJ ­Niccolò Castelli auf www.srginsider.ch > Behind the Scenes


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