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Referendum zum RTVG: «Die neue Mediengebühr ist zeitgemäss und fair»

Das Parlament hat im letzten Herbst einem Systemwechsel bei der Empfangsgebühr zugestimmt, eine «Mediengebühr für alle» soll die geräteabhängige Abgabe ersetzen. Dagegen hat der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) das Referendum ergriffen. Viktor Baumeler, Präsident der SRG Deutschschweiz, verteidigt das neue System.

– Interview: Christa Arnet

LINK: Viktor Baumeler, die vom Parlament beschlossene Teilrevision des Radio- und Fernsehgesetzes ist um­stritten. Das neue Gebührensystem für den audiovisuellen Service public stösst auf Widerstand. Warum will der Bundesrat ein neues Gebührensystem einführen?
Viktor Baumeler: Beim neuen Finanzierungsmodell geht es nicht um die Frage «Gebühren ja oder nein», sondern um eine zeitgemässe Ausgestaltung des ­Systems: Radio und Fernsehen sind immer schwerer trennbar. Neu kommt das Online-Angebot dazu. Praktisch alle Haushalte und Unternehmen haben heute Zugang zum audiovisuellen Medienangebot, immer mehr auch über Computer, Tablet oder Smartphone. Deshalb ist eine geräteunabhängige Medienabgabe das Richtige.

Wie beurteilt die SRG SSR die neue «Mediengebühr für alle»?
Wir sagen Ja zum neuen Finanzierungsmodell, weil es zeitgemäss und fair ist. Es gibt keine Schwarzseher und -hörer mehr, die aufwendigen Kontrollen in den Haushalten und Firmen fallen weg. Das gleiche Angebot wird für die allermeisten erst noch günstiger.

Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) ist da anderer Meinung. Das neue System bezeichnet er als Mediensteuer und er bezichtigt den Bundesrat, neue und höhere Steuern einzuführen. Mittels Referendum geht er gegen die Gesetzesrevision vor.
Von höheren Steuern kann nicht die Rede sein: Private Haushalte zahlen neu statt 462 nur noch rund 400 Franken, Zweitwohnungen sind neu in der Gebühr inbegriffen, Altersheimbewohner sind nicht mehr zur Zahlung von Gebühren verpflichtet. Auch die meisten Unternehmen profitieren: Bis zu einem Umsatz von 500 000 Franken zahlen sie nichts mehr. 75 Prozent aller Betriebe sind damit neu gebührenbefreit. Und auch für Unternehmen ab einer halben bis zu einer Million Franken wird es günstiger, sie zahlen rund einen Drittel weniger Gebühr als heute.

Der SGV argumentiert weiter, dass Me dienkonsumentinnen und -konsumenten «stets natürliche Personen» seien. Es sei daher «weder sachgerecht noch nachvollziehbar, wieso Unternehmen überhaupt eine Mediensteuer leisten sollen.»
Obwohl Angestellte als natürliche Personen Einkommenssteuern, Abgaben und Gebühren zahlen, ist es sachgerecht und nachvollziehbar, dass auch Firmen als juristische Personen Unternehmenssteuern, Abgaben und Gebühren zahlen. Würde man der Logik des Gewerbeverbands folgen, müssten Firmen von allen Steuern, Abgaben und Gebühren befreit werden. Überdies nutzen Firmen audiovisuelle Inhalte im heutigen Internet-Zeitalter stärker als früher, da Informationen jederzeit ­abrufbar sind. Da ist es folgerichtig, dass gros­se Firmen dafür zahlen.

Würde man der Logik des Gewerbeverbands folgen, müssten Firmen von allen Steuern, Abgaben und Gebühren befreit werden.

Nicht alle Medienkonsumenten in der Schweiz nützen die Programmangebote der SRG. Wieso sollen sie trotzdem Gebühren zahlen, die mehrheitlich der SRG zugute kommen?
Ein echt schweizerisches audiovisuelles Medienangebot ist für unser kleines, viersprachiges Land mitten in Europa von existenzieller Bedeutung, sowohl für seine Positionierung gegen aussen wie auch für seinen Zusammenhalt im Innern. Deshalb braucht es einen gebührenfinanzierten Service public. Gebühren wiederum müssen vollumfänglich ins Angebot fliessen, und dieses Angebot muss ausgewogen sein. Darum ist eine nicht gewinnorientierte, politisch und wirtschaftlich unabhängige Institution wie die SRG der richtige Träger für den audiovisuellen Service public.

Dennoch: Wären nicht andere Finanzierungsmodelle für den audiovisuellen ­Service public denkbar, etwa über ­kommerzielle Einnahmen?
Nein. Die Finanzierung des Service public funktioniert in der Schweiz nur über Gebühren. Eine Finanzierung insbesondere des Fernsehens auf rein kommerzieller ­Basis ist in diesem kleinen, stark segmentierten Markt nicht möglich. Entsprechende Versuche sind denn auch gescheitert.

Voraussichtlich stimmt die Schweizer ­Bevölkerung noch vor den Sommerferien über das Referendum ab. Was passiert, wenn das neue Gebührensystem abgelehnt wird?
Dann bliebe das alte System erhalten, die Haushalte würden weiterhin 462 statt 400 Franken zahlen und auch kleine Unternehmen blieben gebührenpflichtig.

Interview: Christa Arnet

Bilder: SRF / Oscar Alessio

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