SRG Deutschschweiz Ombudsstelle

Fernsehen SRF, «Rundschau» über «SVP-Elite beim Sektenguru» beanstandet

5025
Mit Ihrer E-Mail vom 21. März 2017 beanstandeten Sie den Beitrag „SVP-Elite beim Sektenguru“ der „Rundschau“ im Schweizer Fernsehen SRF vom 1. März 2017.[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Somit kann ich auf sie eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

„Ich möchte eine Programmbeanstandung für die Rundschau vom 1.3.2017 deponieren:

Verletzung der Grundrechte und Menschenwürde und
Missachtung des Sachgerechtigkeitsgebots und
Transparenzgebot

Den Beitrag zu Ivo Sasek finde ich schlecht. Er ist reisserisch, voller Schlagwörter und sehr schlecht recherchiert. Herrn Saseks Aussagen werden völlig aus dem Zusammenhang herausgerissen, um dem Bild zu entsprechen, das die Rundschau von ihm zeichnen will. Für mich entsteht der Eindruck, dass dies mit Absicht geschah, um die Diffamierung von Herrn Sasek konstruieren zu können.

Es werden Referenten aufgezählt, die den Holocaust leugnen, die der SVP angehören, auch das, um dem Bild zu entsprechen. Weshalb werden nicht auch andere Referenten aufgezählt, die nicht zu diesem offenbar ‚rechten‘ Lager gehören? Es gäbe genügend Beispiele.

Wenn man den Reden und Auftritten von Ivo Sasek wirklich zuhört, dann hört man auch, dass er keiner Partei angehört, niemals rassistische Äusserungen von sich gibt und nie gegen Gruppen, andere Religionsangehörige oder Andersdenkende spricht oder gar hetzt.

Nur schon der Anfang: ‚hat ein Flair für Diktatoren.....‘ was für eine reisserische Aussage - dabei stellt Sasek die Frage in den Raum, ob eine Diktatur wirklich nur schlecht ist und ob eine Demokratie nicht auch unbefriedigend für Menschen sein kann, weil man den Eindruck hat, man hätte etwas mit zu entscheiden, was in Wirklichkeit nicht stimmt und somit eine Mogelpackung ist. Der Inhalt seiner Frage wird einfach völlig verzerrt wieder gegeben.

Es wird gesagt, seine Predigten seien ‚geleakt‘ worden – auch so eine reisserische Aussage – dabei sind seine Reden im Internet jedem zugänglich, der sie hören möchte.

Es wird gesagt ‚die Leute hängen an seinen Lippen.....‘ – auch so reisserisch - es kann auch sein, dass die Leute interessiert zuhören, um sich eine eigene Meinung zu bilden.

Dann wird berichtet, Ivo Sasek verweigere ein Interview und wolle keine Stellung nehmen; das stimmt nicht, er hat schriftlich Stellung genommen und alle Fragen von Herrn Galgani ausführlich beantwortet, aber sie werden mit keinem einzigen Wort erwähnt. Es fehlt eine Gegendarstellung all der Behauptungen, Vorwürfe und Diffamierungen.

Der Bericht ist einseitig, unsachlich, meinungsbildend, Ruf schädigend, gespickt mit reisserischen Begriffen wie ‚Sektenguru‘, Laienprediger, ‚Verschwörungstheoretiker‘ (das neue Lieblingswort verschiedener SRG Moderatoren) und enthält unwahre Behauptungen. Für mich ist er aufhetzend. Eine öffentliche Hetze im Schweizer Fernsehen gegen eine Person, bezahlt aus den Gebühren der Schweizer Bevölkerung.

Die für mich fragwürdige Bewertung von Hugo Stamm wird nicht als Hugo Stamms persönliche Meinung dargelegt. Ist Hugo Stamm die kompetente Person mit entsprechender Ausbildung und Menschenkenntnis, um ein Urteil über andere Menschen abgeben zu dürfen und das öffentlich im Schweizer Fernsehen? Seine Wortwahl ist weder sachlich noch respektvoll sondern ganz klar verleumdend, abwertend und ebenfalls reisserisch.

Dieser Beitrag ist ein öffentlicher Angriff auf eine Person. Es ist beschämend und abstossend, dass die Rundschau einen derart unsachlichen, reisserischen Beitrag bringt und dass das Schweizer Fernsehen mit unseren Gebühren Volksverhetzung auf Einzelpersonen betreibt.“

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Herr Mario Poletti, Redaktionsleiter der Sendung „Rundschau“, schrieb:

„Gerne nehmen wir Stellung zur Beanstandung von Frau X.

Um es vorweg zu nehmen: Die Redaktion der ‚Rundschau‘ kann die Kritik zum Beitrag über Ivo Sasek nicht nachvollziehen. Wir weisen sämtliche Vorwürfe der Beanstanderin als haltlos zurück. Tatsachen und Ereignisse zu Ivo Sasek und seiner sektenähnlichen Gemeinschaft wurden sachgerecht und transparent dargestellt. Das Publikum konnte sich jederzeit eine eigene Meinung bilden.

Die ‚Rundschau‘ hat nichts erfunden oder ‚konstruiert‘, wie die Beanstanderin schreibt. Die Redaktion hat lediglich Fakten rund um Ivo Sasek zusammengetragen, eingeordnet und präsentiert.

Referenten:

Die ‚Rundschau‘ hat zu Recht den Fokus auf Auftritte von Holocaustleugnern bei Veranstaltungen von Ivo Sasek gesetzt. Öffentlich den Holocaust zu leugnen, ist keine entschuldbare Geringfügigkeit. Holocaustleugnung ist in der Schweiz durch die Rassismus-Strafnorm (Art. 261bis StgB) unter Strafe gestellt. Der Holocaust war der nationalsozialistische Völkermord an über 6 Millionen europäischen Juden.

Ivo Sasek hat Holocaust-Leugner an seinen Konferenzen eingeladen und sich mit keinem Wort von ihnen distanziert. Die verurteilte Holocaust-Leugnerin Sylvia Stolz hat er sogar auf der Bühne für ihren ‚Mut‘ gelobt.

Die Referenten der SVP haben wir gezeigt, weil sie nach unseren Recherchen die einzigen Schweizer Politiker sind, die bisher beim umstrittenen Laienprediger Sasek aufgetreten sind. Die Anwesenheit von SVP-Exponenten auf der Bühne von Saseks ‚Anti-Zensur-Koalition, AZK‘ wirft Fragen auf, die für die Schweiz von öffentlichem Interesse sind. Umso mehr als Sasek nach eigenen Angaben über Politiker mehr Einfluss auf die Politik in der Schweiz nehmen will.

Auf der öffentlichen Referentenliste der AZK sehen wir, im Gegensatz zur Beanstanderin, keine grosse Vielfalt an politischen Positionen. Die Referenten fallen vor allem durch ausländerfeindliche Positionen und abenteuerliche Verschwörungstheorien auf.

Wir sind überzeugt, die Reden von Ivo Sasek richtig verstanden zu haben, auch wenn seine ‚Predigten‘ zugegebenermassen oft etwas wirr und schwer verständlich daherkommen. Die Aussagen, die wir in unserem Beitrag gezeigt haben, lassen aber keinen Zweifel über das ‚Sasek-Denken‘ offen. Zum Thema Demokratie und Diktatur ist Saseks antidemokratische Haltung mehrfach spür- und belegbar. Die Zitate, die wir von Ivo Saseks Reden gezeigt haben, sind weder sinnentstellend noch verzerrend geschnitten.

Geleakte Reden:

Dass Reden ‚geleakt‘ sind, ist keine reisserische Darstellung. Im Beitrag sind sowohl öffentliche als auch bisher unveröffentlichte Redeausschnitte zu hören. Die Reden, die im Internet zu finden sind, haben wir im Beitrag entsprechend deklariert. Uns wurden jedoch darüber hinaus bisher nicht veröffentlichte ‚Predigten‘ zugespielt, die bisher nur für Anhänger von Saseks ‚Organischer Christus Geneneration OCG‘ zugänglich waren (im Beitrag: Reden über Politik, Hitler und Medien). Diese Reden sind nach unseren Recherchen bis heute nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.

Publikum an AZK:

Die Einschätzung, dass die Menschen den Vorträgen Ivo Saseks zuhören, um sich eine eigene Meinung zu bilden, können wir nicht nachvollziehen. Die Vorträge sind geschlossene Veranstaltungen, deren Termine ausschließlich OCG-Anhängern und potentiellen neuen Mitgliedern, die dazu eingeladen werden, zugänglich sind. Kritische Öffentlichkeit ist während dieser Veranstaltungen nicht erwünscht. Deshalb hiess es im Beitragstext auch, das Publikum hänge an Saseks Lippen.

Interview verweigert:

Ivo Sasek hat der ‚Rundschau‘ ein Interview vor der Kamera verweigert. Die Fragen hat er schriftlich beantwortet. Seinen zehnseitigen Antwortkatalog haben wir im Rahmen des Möglichen im Beitrag einfliessen lassen, konkret mit zwei Texttafeln im Beitrag. Anzumerken ist dabei, dass Saseks schriftliche Antworten meist unverständlich, ausweichend und konfus wirken.

Hugo Stamm:

Auch den Vorwurf der Beanstanderin zu Hugo Stamm können wir nicht nachvollziehen. Sektenexperte Hugo Stamm ist in der Schweiz der beste Kenner und Beobachter von Ivo Sasek und seiner sektenähnlichen Gemeinschaft. Er hat schon mehrmals in den vergangenen Jahren über Ivo Sasek kritisch und kompetent publiziert. Im Beitrag analysiert der Experte pointiert aus seiner Sicht die neuen Enthüllungen um den Laienprediger aus Walzenhausen.

Fazit:

Der Beitrag war sachgerecht, faktentreu und transparent. Wir ersuchen Sie darum, geschätzter Herr Blum, die Beanstandung vollumfänglich abzulehnen. Die pauschale und ungerechtfertigte Kritik der Beanstanderin geht ins Leere. Die ‚Rundschau‘ ist überzeugt, dass es im Interesse der Öffentlichkeit (und des Gebührenzahlers) journalistisch richtig ist, den umstrittenen Prediger Ivo Sasek und seine sektenähnliche Gemeinschaft kritisch in den Fokus zu nehmen.“

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Ich betone immer wieder, dass ich jede Beanstandung ernst nehme. Das gilt grundsätzlich auch für die Ihrige, aber es fällt mir echt schwer. Sie argumentieren, der Beitrag der „Rundschau“ sei reisserisch, einseitig, unsachlich, unwahr, rufschädigend, aufhetzend, diffamierend; er stelle eine Volksverhetzung gegen eine Einzelperson dar. Aber was tut der Beitrag wirklich? Er dokumentiert fragwürdige Reden und Predigten von Ivo Sasek. Er dokumentiert fragwürdige Auftritte einerseits von durchaus demokratischen Politikern, die sich in eine zweifelhafte Umgebung begeben, anderseits von Holocaust-Leugnern, die permanent gegen Recht und Gesetz verstoßen. Er zeigt den erfolglosen Versuch, Ivo Sasek zu interviewen. Und er zitiert ausführlich aus der schriftlichen Replik des Betroffenen. Damit entspricht der Beitrag den Anforderungen des Bundesgerichts. Vorwürfe an die Adresse einer Person, so sagt das Bundesgericht, können unter Umständen teilweise sogar falsch sein. Selbst dann genügt es, wenn die betroffene Person sich dazu äußern kann.[2] Und im konkreten Fall tischt die „Rundschau“ mitnichten Unwahrheiten auf. Das Einzige, was mich selber am Beitrag stört, ist, dass im Titel der Link zwischen einzelnen SVP-Politikern und den Veranstaltungen von Ivo Sasek hervorgehoben wird. Das ist nicht das Wichtigste des Beitrags. Es ist zwar erwähnenswert und durchaus problematisch, wenn dort Politiker einer Bundesratspartei einander quasi die Klinke in die Hand geben. Aber der Titel ist wohl ein wenig dem Schielen nach einer guten Einschaltquote geschuldet. Mir ist das zu aufgesetzt. Aber Sie haben das ja nicht einmal beanstandet. Sie greifen andere Punkte auf.

So behaupten Sie, Ivo Sasek empfange auch Referenten aus dem linken politischen Lager, bringen aber keine Beispiele. Sie sagen, Saseks Aussagen seien aus dem Zusammenhang gerissen, nennen aber den Zusammenhang nicht. Sie bringen vor, Ivo Sasek sei nie rassistisch und hetze nie gegen Andersdenkende, geben aber keine Begründung dafür, warum er gegen die Medien hetzt, Holocaust-Leugner auftreten lässt und Hitler cool findet.

Überhaupt Hitler: Wer auch nur in Erwägung zieht, der nationalsozialistische Reichskanzler und Massenverbrecher könnte gleich nach Jesus Christus kommen und den Rang eines Apostels haben, betreibt nicht nur Geschichtsklitterung, sondern frönt dem faschistischen Revisionismus. Hitler ist und bleibt der Urheber des nationalsozialistischen Terrorstaates und der Auslöser des Zweiten Weltkriegs, beides Entwicklungen, die Elend und Tod über Abermillionen von Menschen in der gesamten Welt gebracht haben. Wer kundtut, eine Diktatur sei grundsätzlich nichts Schlechtes, verharmlost eine Regierungsform, in der den Menschen die Meinungsäußerungsfreiheit, die Pressefreiheit, oft auch die Reisefreiheit und Bewegungsfreiheit und der Schutz vor willkürlicher Verhaftung genommen wird. Diktaturen sind nichts anderes als landesweite Volksgefängnisse.

Und die Verbreitung von Unwahrheiten geht aktuell weiter. Ivo Sasek hat beim Fernsehen SRF eine Gegendarstellung gegen den Beitrag der „Rundschau“ verlangt. Als SRF die Gegendarstellung ablehnte, gelangte er mit einer Beschwerde an den Schweizer Presserat. Der Presserat, der dafür nicht zuständig ist, ist natürlich auf die Beschwerde nicht eingetreten und hat Sasek an die Zivilgerichtsbarkeit verwiesen. Jetzt wird auf Saseks Propaganda-Fernsehen „klagemauer.tv“[3] behauptet, in der Sendung „Arena“ mit Daniele Ganser hätte Moderator Jonas Projer erklärt, man könne über den Presserat eine Gegendarstellung erwirken. Das ist eine Lüge, denn Projer hat das nicht gesagt. Und gegen den Presserat wird Gift und Galle gespien. Dem Publikum von „klagemauer.tv“ wird weisgemacht, das Schweizer Medien-Beschwerdeverfahren sei eine Farce. Dabei werden die Institutionen munter verwechselt: Der Ombudsmann wird beispielsweise als nächsthöhere Instanz nach dem Presserat vorgestellt. Und gegen alle diese Instanzen wird gewettert. So kann man die Demokratie richtiggehend zersetzen.

Zurück zum „Rundschau“-Beitrag: Die Redaktion hat recherchiert, sie hat neues Material öffentlich gemacht, sie hat Hugo Stamm als Sektenexperten zu Wort kommen lassen, sie hat Ivo Sasek kritisch dargestellt, ihn aber dazu Stellung nehmen lassen. Wie sie vorgegangen ist, welche Themen und Unterthemen sie ausgewählt hat, welchen Titel sie über den Beitrag gesetzt hat, das gehört zur Programmautonomie. Ihre Kritik ist grundsätzlicher Natur, aber sie trifft meines Erachtens in keinem einzigen Punkt zu. Ich teile die Ausführungen von Herrn Poletti und kann daher Ihrer Beanstandung keine Folge geben.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

[1] http://www.srf.ch/sendungen/rundschau/sektenguru-sasek-bauernsuizide-markus-ritter-brexit

[2] BGE 137 I 340, S. 346 http://www.bger.ch/index/juridiction/jurisdiction-inherit-template/jurisdiction-recht/jurisdiction-recht-leitentscheide1954.htm

[3] https://www.klagemauer.tv

Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren:

Bild von Fehlende Wildtiernummern bei SRF erzürnt Zirkusfreunde

Fehlende Wildtiernummern bei SRF erzürnt Zirkusfreunde

Zur Ausstrahlung des Internationalen Zirkusfestivals von Monte Carlo am 19. April 2019 sind bei der Ombudsstelle vier Beanstandungen eingegangen. Ombudsmann Roger Blum kann die Beanstandungen nicht unterstützen.

Weiterlesen

Bild von «DOK» hat Verschleierung arabischer Touristinnen nicht verharmlost

«DOK» hat Verschleierung arabischer Touristinnen nicht verharmlost

Ombudsmann Roger Blum kann eine Beanstandung eines «Dok»-Films über verschleierte arabische Touristinnen nicht unterstützen. Der Beanstander ist der Ansicht, der Film habe die Verschleierung verharmlost und salonfähig gemacht. Ombudsmann Roger Blum kann diese Argumentation nicht teilen.

Weiterlesen

Bild von «DOK»-Film über die «Hüslischweiz» erzeugt Emotionen

«DOK»-Film über die «Hüslischweiz» erzeugt Emotionen

Ombudsmann Roger Blum hatte zwei Beanstandungen des «DOK»-Films «Hüslischweiz ohne Ende» vom 8. Dezember 2016 zu behandeln. Während ein privater Beanstander sich vor allem am Wort «Hüsli» stört, beanstandet der Hauseigentümerverband den ganzen Film als einseitig. Ombudsmann Roger Blum kann beide Beanstandungen nur teilweise unterstützen.

Weiterlesen

Alle Schlussberichte der Ombudsstelle jetzt ansehen

Teilen Sie uns Ihre Meinung mit (bitte beachten Sie die Netiquette und Rechtliches)

Lade Kommentare...
Noch keine Kommentare vorhanden

Leider konnte dein Kommentar nicht verarbeitet werden. Bitte versuche es später nochmals.

Ihr Kommentar wurde erfolgreich gespeichert und wird nach der Freigabe durch SRG Deutschschweiz hier veröffentlicht