SRG Deutschschweiz Ombudsstelle

SRF-«DOK»-Film «Schütze sich, wer kann – Mit Waffen gegen die Angst» beanstandet (V)

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Mit Ihrer E-Mail vom 24. März 2017 beanstandeten Sie die DOK-Sendung „Schütze sich, wer kann – Mit Waffen gegen die Angst", die am 23. März 2017 durch Fernsehen SRF ausgestrahlt wurde. Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

Sie erhalten den Schlussbericht nicht innerhalb der vorgesehenen 40-Tage-Frist, sondern später. Dafür möchte ich mich entschuldigen. Der Grund liegt darin, dass mich die Massen-Beanstandung gegen die Sendung „Arena" mit Dr. Daniele Ganser einen ganzen Monat lang beansprucht hat, so dass eine ganze Anzahl andere Beanstandungen warten mussten. Ich bin zusammen mit meinem Stellvertreter Manfred Pfiffner jetzt daran, den Rückstand aufzuholen. Ich bitte um Ihr Verständnis. Für Sie ändert sich formell nichts: Die Frist von 30 Tagen für eine allfällige Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem Sie den Schlussbericht in Händen halten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

„Folgende Punkte möchte ich aus der genannten Sendung beanstanden:

  • Fehlinformation ab Minute 11:43
    Die Sequenz über Hollow-Point Geschosse wurde so geschnitten dass der Eindruck entsteht sie hätte eine hohe Penetrationswirkung und sei somit eine Gefahr für unbeteiligte Dritte.
    Fakt ist, dass die Munition mit genau dem gegenteiligen Zweck entwickelt wurde und entsprechend auch von Polizeikräften weltweit zum Einsatz kommt. Das Geschoss weitet sich nach dem Eindringen im Ziel aus und entlädt so seine gesamte kinetische Energie in kürzester Zeit. Somit wird eben gerade das durchdringen des Geschosses verhindert und gleichzeitig sichergestellt dass weniger Schüsse abgegeben werden müssen da der Täter sofort ‚gestoppt‘ wird.
  • Mangelhafte Information und suggerierter Kausalzusammenhang (Scheinkausalität) zwischen Mord mit Schusswaffe und Jungschützen ab Minute 35:44
    Die Jungschützen benutzen das PE 90 / Stgw 90 / SIG 550, jüngere benutzen eine kleinkalibrige Waffe (.22). Im Bericht wird gesagt dass ein ehemaliger (!) Jungschütze einen Kollegen mit einer Waffe erschossen wurde. Ich frage mich wie relevant es ist dass der Mörder ein ehemaliger Jungschütze ist und warum nicht gesagt wird mit welcher Art Waffe geschossen wurde. Dies suggeriert dass Jungschützen allgemein gefährlicher sind als andere Jugendliche, nicht aber dass ein gestörtes Individuum egal mit welchem Hintergrund dieselbe Tat hätte vollbringen können. Die Nennung seiner ehemaligen Beteiligung an Jungschützenkursen birgt den faden Beigeschmack dass dem Zuschauer eine von Jungschützen ausgehende Gefahr (fragwürdige moralische Grundhaltung, labile Persönlichkeiten, evtl. sogar Aussenseiter?!) suggeriert wird. Ähnlich wie bei sinnbefreiten Erwähnungen dass ein Zechpreller ehemaliger Bankangestellter war.
  • Beeinflussung zur Bildung einer negativen Meinung zum Waffenbesitz bzw. Waffenbesitzer als Mensch
    Nach allen Regeln der Kommunikation wird bewusst das absolute Negativbeispiel (ab Minute 42:40) am Schluss gezeigt (nach dem Motto ‚der Schluss bleibt haften‘). Wäre der Beitrag mit dem Negativbeispiel am Anfang gezeigt worden wäre die Story-Line entsprechend anders vermittelt worden (z.B. das Bild welches viele Gegner von Waffenbesitzern hegen wird entkräftet indem später einige Verantwortungsbewusste Besitzer porträtiert werden). Somit kommt klar der Wille zur Negativbeeinflussung an die Oberfläche.
  • Unverhältnismässige Gegenüberstellung eines argumentativen Laien vs. etablierte Politikerin aus der SIK
    Ein Büchsenmacher welcher sich übereifrig für eine Gegenüberstellung zur Verfügung stellt wird mit Chantal Galladé gepaart, welche als etablierte Politikerin auch regelmässiger Gast in der Arena ist. Dieses Ungleichgewicht und die nicht repräsentative Meinungsäusserung eines einzelnen Büchsenmachers, welcher aber so als Repräsentant der Waffensammler, Sportschützen und Jäger gezeigt wird ist für einen staatlichen und betont ‚neutralen‘ Sender nicht würdig.

Gerne erwarte ich Ihre Stellungnahme zu den oben angeführten Punkten."

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Frau Belinda Sallin, Redaktionsleiterin DOK Eigenproduktionen, schrieb:

„Gerne nehmen wir zur Beanstandung von Herrn X vom 24. März 2017 zum Dokumentarfilm ‚Schütze sich, wer kann. Mit Waffen gegen die Angst‘ in der Sendung ‚DOK‘ Stellung.

Herr X kritisiert ‚Fehlinformation ab Minute 11:43‘ über die Hollow-Point Geschosse. Es ging in dieser Filmsequenz nie um diese spezielle Art von Geschossen, wohl aber zeigt die monierte Sequenz (TC 11.27) einen Waffensammler und -kenner, der nebst den Waffen auch Munition und entsprechende Fachliteratur sammelt. Er spricht über seine Sammlerleidenschaft und über seine Faszination für Waffen. Die gezeigte Munition ‚Hollow Point‘ ist ein Sammlerstück, deren Wirkung der Sammler im Film erklärt (TC 11.38). In keiner Weise suggeriert die Sequenz, dass der Sammler diese Munition, z.B. als Sportschütze, einsetzen würde. Für die Zuschauerinnen und Zuschauer ist es zu jeder Zeit völlig klar, dass es sich dabei um ein Sammlerstück handelt, umso mehr als dass diese Art von Geschossen in der Schweiz gar nicht erlaubt ist. Der Waffensammler wurde im Film als äusserst seriöse Person dargestellt. Er bewahrt seine Waffen hinter Schloss und Riegel auf und betreibt als Schützenmeister gewissenhaft seinen Sport. Er entspricht in jeder Hinsicht dem Bild des korrekten Schützen und Sportlers, der sich sämtlicher Regeln bewusst ist.

Im weiteren moniert Herr X, dass wir mangelhaft informieren und einen ‚Kausalzusammenhang‘ suggerieren würden ‚(Schein-kausalität) zwischen Mord mit Schusswaffe und Jungschützen ab Minute 35:55‘.

Wir ‚suggerieren‘ hier keinen ‚Kausalzusammenhang‘, wir stellen den Zusammenhang da her, wo er besteht. Im Fall des 17-jährigen Täters besteht der Zusammenhang in der Beziehung zu den Jungschützen des Schützenhauses ‚Härdli‘ in Spreitenbach, örtlich nur wenige Kilometer vom Tatort in Fislisbach entfernt. Etliche der Badener Jungschützinnen und Jungschützen kannten sowohl den Täter als auch das Opfer. Der Jungschütze Mihailo Kinkela beispielsweise, der im Film zwei Mal vorkommt, war ein Bekannter des Opfers wie auch des Täters. Aus Rücksicht auf die Jungschützinnen und –schützen haben wir diese Tatsache im Film allerdings bewusst nicht direkt erwähnt, sondern haben die Information allgemein gehalten: <Dass ein ehemaliger Jungschütze aus der Region mit einer Waffe seinen Kollegen tötete, beschäftigt die Jungen.> (TC 36.03)

Zudem wollten wir im Film den Fokus nicht auf die persönlichen Verbindungen der Jungschützen mit Täter und Opfer legen. Vielmehr wollten wir, ausgehend von dieser Tat, zeigen, dass Jungschützenvereine alles unternehmen, um einen Missbrauch mit der Waffe auf ein Restrisiko zu minimieren. Es ging uns hier darum, die Sicherheitsbestimmungen bei den Jungschützinnen und –schützen zu thematisieren.

So sagt die Jungschützenleiterin Lisia Ponti, dass der Verschluss des Gewehres, ohne den nicht geschossen werden kann, jeweils im Schützenhaus eingeschlossen wird. Das Gewehr (ohne Verschluss) dürfen dann die jungen Menschen mit nach Hause nehmen (TC 36.17). Der Jungschütze Mihailo Kinkela erklärt, dass im Rahmen der Ausbildung an der Waffe genau auf deren Handhabung und die damit zusammenhängende Sicherheit geachtet wird (TC 36.38). Die Jungschützinnen und Jungschützen konnten also im Film glaubhaft machen, dass Sicherheit ein grosses Thema in ihrer Sportart ist.

Den Vorwurf, dass wir ‚mangelhaft‘ informiert hätten, weisen wir zurück. Es hätte den Rahmen des Dokumentarfilmes schlicht gesprengt und wäre für ein breites Publikum auch nicht relevant gewesen, wenn wir die verschiedenen Gewehrtypen (PE 90 /Stgw 90 / SIG 550, kleinkalibrige Waffe) aufgelistet hätten, mit denen Nachwuchsschützen schiessen. In diesem Zusammenhang beanstandet Herr X, dass wir nicht erwähnt hätten, ‚mit welcher Art Waffe‘ der Täter von Fislisbach geschossen habe. Wir haben darauf verzichtet, weil die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau zu Taten, die Minderjährige betreffen, keine Stellung nimmt. Zwar haben uns mehrere inoffizielle Kreise mitgeteilt, dass die Tat mit einem Karabiner, also einer alten Armeewaffe, verübt worden sei. Diese Information schien uns aber zu wenig relevant, als dass wir sie entgegen der Informationspolitik der Aargauer Staatsanwaltschaft hätten verwenden wollen.

Die Darstellung des Jungschützenwesens im Film am Beispiel der Nachwuchssportlerinnen und –sportler aus Baden entspricht genau der Seriosität, für welche die Schützenvereine eintreten und müsste auch im Sinne des Beanstanders sein. Dass es trotz aller Sicherheitsvorkehrungen immer wieder zu tragischen Vorfällen mit Waffen kommt, ist für alle Seiten bedauerlich. Wir verstehen, dass Schützinnen und Schützen befürchten, dass das Image ihrer Sportart darunter leiden könnte. Aber die Lösung dieses Problems liegt unseres Erachtens weder in der Nicht-Berichterstattung noch im Weglassen von Zusammenhängen. Den Vorwurf, wir hätten eine Scheinkausalität suggeriert, weisen wir deshalb in aller Form zurück.

Herr X moniert, dass wir die Zuschauerinnen und Zuschauer in ihrer Meinung negativ hätten beeinflussen wollen. Als Beleg dafür führt er an, dass wir ‚das absolute Negativbeispiel‘ erst am Schluss gezeigt hätten.

Wir haben im Film nicht ‚Negativbeispiele‘ gezeigt, sondern Mitglieder verschiedener Schützenvereine. Ausnahmslos alle männlichen Protagonisten des Films sind nämlich in einem Schützenverein Mitglied – dies gilt auch für jenen Mann, den wir in Bild und Ton anonymisiert haben und den Herr X als ‚das absolute Negativbeispiel‘ aufführt - zwei davon sind als Vereinsobmänner tätig. Bei den Protagonisten des Films handelt es sich also keineswegs um Aussenseiter der Schützen- und der ‚Waffenszene‘. Zu einem grossen Teil entsprechen die Protagonisten dem Bild des korrekten Schützen und Sportlers, der sich sämtlicher Regeln bewusst ist. Sie bewahren ihre Waffen vorschriftsgemäss auf und warten sie korrekt.

Wir verwehren uns gegen den Vorwurf, dass wir Zuschauerinnen und Zuschauer in ihrer Meinung beeinflussen wollten. Was wir berichten, mag zwar nicht immer bequem sein, aber aufgrund der vermittelten Informationen war es den Zuschauerinnen und Zuschauer zu jeder Zeit möglich, sich eine eigene Meinung zu bilden. Wann welche Protagonisten innerhalb des Films zu Wort kommen, hat dramaturgische und narrative Gründe und hat nichts damit zu tun, dass wir Meinungen beeinflussen wollten.

Zum letzten Kritikpunkt von Herrn X ‚Unverhältnismässige Gegenüberstellung eines argumentativen Laien vs. etablierte Politikerin aus der SIK‘:

In der Filmsequenz mit Büchsenmacher Germaine Spielmann und Nationalrätin Chantal Galladé ging es darum aufzuzeigen, wie weit die Meinungen auseinander gehen und wie gross die Kontroverse ist. Beide stehen in der Gesamtheit der Diskussion an den Polen. Ihre Haltungen könnten kaum unterschiedlicher sein und liess uns erahnen, wie schwierig die politische Diskussion, welche die Schweiz in den nächsten Jahren zu diesem Thema führen muss, werden wird.

Es ist uns wichtig, darauf hinzuweisen, dass Herr Spielmann ein anerkannter Fachmann ist und in der Schützenszene bestens vernetzt ist. Wir informieren uns über das ‚Standing‘ und über die Akzeptanz unserer Protagonisten. So auch über Herrn Spielmann. Gerne fügen wir diesbezüglich die Einschätzung eines Nationalrates an, die der Filmautor Hanspeter Bäni am 3. März 2017 (also zwanzig Tage vor der Ausstrahlung des Films) per E-Mail erhalten hat:

Sehr geehrter Herr Bäni

Germain Spielmann ist ein begeisterter und zielsicherer Schütze. Er ist ein hervorragender Fachmann als Büchsenmacher. Er hat zur besseren Sicherung des Sturmgewehres 90 ein Sicherungsteil entwickelt, das sehr gut funktioniert hat, von der zuständigen Stelle im VBS (SAT Schiessen ausserdienstliche Tätigkeit ) leider nicht genehmigt wurde. Er ist ein Macher.

Germain wird bei den Schützen sehr geschätzt, weil er alle technischen Details der Sportgeräte kennt. Für uns sind das Sportgeräte, nicht Waffen. Das sagt auch Germain immer wieder.

Unsere Meinung zum Schiesssport und der Freiheit in der Schweiz sind deckungsgleich. Die politischen Möglichkeiten sind bei Germain jedoch hie und da auf wenig Geduld aufgebaut. Der politische Weg geht etwas länger als er sich vorstellt.

Freundliche Grüsse

XY

Nationalrat

Es gibt unseres Erachtens keinen Grund, weshalb es nicht möglich sein sollte, dass Nicht-Politiker mit Parlamentarierinnen oder Parlamentariern diskutieren sollten. Im Gegenteil, geht es um kontroverse Themen sollen und müssen Bürgerinnen, Laien, Lobbyisten und Interessensvertreter selbstverständlich mit Politikerinnen und Politikern diskutieren können. Eine Möglichkeit, die in vielen Filmen und Diskussionssendungen ganz selbstverständlich eingesetzt wird. So beispielsweise auch in der Sendung ‚Club‘ vom 28. März 2017, welche den Film ‚Schütze sich wer kann. Mit Waffen gegen die Angst‘ thematisiert hat. Politikerinnen und Politiker diskutieren mit Fachpersonen aus ganz unterschiedlichen Richtungen.

Wir beantragen die Beanstandung in allen Punkten abzuweisen."

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Mein Vater war ein Schütze. Er war Mitglied der renommierten Schützengesellschaft Liestal, die seit 1824 besteht und eine Vorläuferin bereits seit 1537 hatte, also auf eine bald 500jährige Tradition zurückblickt. Mein Vater war dort längere Zeit Schützenmeister. Das Treppenhaus zuhause war vollbehangen mit Kranzabzeichen, die er an den jährlichen Feldschießen, an Bezirkswettschießen, an Jubiläumsschießen, an Kantonalschützenfesten usw. „herausgeschossen" hatte. Er schoss auf 300 Meter und auf 50 Meter, im hohen Alter nur noch auf 50 Meter. Lange Zeit schoss er zusätzlich auch mit der ebenfalls schon seit 1828 bestehenden Schützengesellschaft von Zofingen, wo er herstammte. Mir ist also das Schießwesen sehr vertraut. Solange ich in Liestal wohnte, gehörte ich ebenfalls der traditionsreichen Schützengesellschaft an. Ein Sportschütze bin ich allerdings nicht geworden.

Die Schweiz hat eine lange Tradition mit Waffen, zumal sich die Eidgenossen ihre Unabhängigkeit in kriegerischen Konflikten erkämpften – zuerst mit Stich-, Hieb- und Schlagwaffen, dann mit Schusswaffen. Das Milizsystem meinte immer das Politische und Militärische zugleich. In den Landorten Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Glarus, Zug und Appenzell galten männliche Jugendliche ab 14 oder 16 Jahren als „mannbar, wehrbar und ehrbar": Sie mussten Militärdienst leisten und durften an der Landsgemeinde teilnehmen. Im ersten Entwurf für die Bundesverfassung von 1848 stand: „Jeder Schweizer ist Soldat". Aus der allgemeinen Wehrpflicht leitete sich der Brauch ab, dass die Schweizer Männer ihr Gewehr zu Hause aufbewahren und dass sie jährlich eine obligatorische Schiessübung absolvieren müssen. Die Träger dieses teils obligatorischen, teils freiwilligen Schiesswesens sind die Schützenvereine. Ihnen hat Gottfried Keller im „Fähnlein der sieben Aufrechten" ein Denkmal gesetzt.

Der Film von Hanspeter Bäni vermittelt auf der einen Seite genau diese Tradition und zeigt, wie kontrolliert und pflichtbewusst die Schützenvereine, ihre Schützenmeister, ihre Mitglieder und ihre Jungschützen mit den Waffen umgehen. Auf der anderen Seite zeigt der Film, dass die Europäische Union wegen der Gefahren, die vom Waffenbesitz ausgehen, strengere Vorschriften erlassen hat, die 2020 in Kraft treten sollen und die die Schweiz im Rahmen des Schengen-Abkommens bis 2022 nachvollziehen muss. Für die Schützenvereine sind Ausnahmen vorgesehen. Allerdings steigt die Nachfrage nach Schusswaffen auch in der Schweiz. In den Schweizer Haushalten gibt es 2 Millionen Schusswaffen, von denen 1,5 Millionen keine Armeewaffen sind. Und während die Kriminalitätsrate abnimmt, werden Morde und Suizide immer wieder auch mit Schusswaffen begangen. Die Schweiz hat die viertgrößte Waffendichte der Welt. Es ist ein Phänomen, dass sich viele Menschen nicht mehr sicher, ja bedroht fühlen und sich mit Schusswaffen schützen wollen, obwohl die Statistik zeigt, dass die Kriminalität zurückgeht. Das muss ein öffentliches Thema sein.

Schusswaffen findet man, grob gesehen, bei folgenden Gruppen:

1. Bei den bewaffneten Berufsleuten (wie: Polizisten, Sicherheitsdienste, Soldaten);

2. Bei den Jägern;

3. Bei den Sportschützen;

4. Bei den Selbstverteidigern;

5. Bei den Waffensammlern;

6. Bei den Waffenherstellern;

7. Bei den Waffenhändlern;

8. Bei den Illegalen (wie: Berufskillern, Mitgliedern der organisierten Kriminalität, Angehörigen von Terrororganisationen)

Ich hoffe, Sie sind mit mir einig, dass Schusswaffen bei den Kategorien 1-3 gut aufgehoben sind, aber dass es angezeigt ist, den Gruppen 7 und 8 das Handwerk zu legen und auch den Schusswaffenbesitz der Gruppen 4 und 5 einzudämmen und die Gruppe 6 stärker zu kontrollieren. Der Film bot Einblick in ein paar dieser Gruppen, wenn auch nicht in alle. Und auf diese Weise illustrierte er die Problematik der Schusswaffen sehr subtil und sehr differenziert. Er war keineswegs einseitig. Und er zeigte an keiner Stelle die Absicht, das Publikum hinters Licht zu führen und zu manipulieren.

Warum manipuliert der Film meines Erachtens nicht? Weil er die verschiedenen Facetten des Schiesswesens und des Schusswaffengebrauchs aufzeigt. Dass der Büchsenmacher Germain Spielmann mit Nationalrätin Chantal Galladé debattiert, ist keineswegs manipulativ, ist doch der Büchsenmacher sehr gut informiert und sehr eloquent. Und es trifft auch nicht zu, dass das absolut negative Beispiel eines Schützen den Film abschliesst. Am Schluss wird Gaby Niggli gezeigt, die eine Pistole gekauft hat, um sich zu schützen, und die nun mit dieser Waffe trainiert. Auf die anderen Ihrer Kritikpunkte hat die Redaktion schon geantwortet.

Mir scheint, dass der Film das Thema sachgerecht abhandelt. Ich schliesse mich daher den Argumenten der Redaktion an und erteile Ihrer Beanstandung eine Absage.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

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