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Fernsehen SRF, Sendung «Schweiz aktuell», Beitrag: «Vergifteter Wolf: Hausdurchsuchung bei Freiburger Grossrat» beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 16. Juni 2017 beanstandeten Sie „Schweiz aktuell“ von Fernsehen SRF vom 13. Juni 2017.[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

„Ich bin in keiner Partei, finde aber dass es eine Ungehörigkeit ist, dass ein Medium das an vorderster Stelle steht, diese Tat mit einer Parteizugehörigkeit verbindet. Ich werde den Verdacht nicht los, dass damit ganz bewusst Parteifeindlichkeit betrieben oder geschürt wird. Für mich sieht Seriosität anders aus. Zudem ist ein solcher unnötiger Zusatz der SRF unwürdig.“

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für „Schweiz aktuell“ antwortete ihr Redaktionsleiter, Herr Basil Honegger:

„Herr X beanstandet den Beitrag ‚Vergifteter Wolf: Hausdurchsuchung bei Freiburger Grossrat‘, den Schweiz Aktuell in der Sendung vom 13. Juni 2017 ausgestrahlt hat.

Im beanstandeten Beitrag geht es um eine Hausdurchsuchung bei Roger Schuwey, Grossrat im Kanton Fribourg. In unmittelbarer Nähe seines Hauses wurde ein vergifteter Wolf gefunden, nachdem auf dem Gebiet der Gemeinde Jaun wenige Tage davor zehn weitere Tiere tot aufgefunden worden waren. In der Folge haben die Behörden das Haus des Grossrates durchsucht. Im Beitrag kommt Roger Schuwey ausführlich zu Wort. Es wird mehrfach betont, dass die Täterschaft noch unklar sei und für Schuwey die Unschuldsvermutung gelte.

Der Beanstander ist nun der Meinung, dass wir ‚diese Tat mit einer Parteizugehörigkeit verbinden‘ und damit ‚ganz bewusst Parteifeindlichkeit betreiben‘ würden. Gerne nehmen wir zu diesem Vorwurf Stellung.

Roger Schuwey ist Mitglied des Grossen Rates des Kantons Freiburg. Der Grossrat ist die oberste Behörde des Kantons Freibourg und hat also solche auch die Oberaufsicht über die Justiz inne. Dass nun ein Mitglied des Grossrats gemäss eigenen Angaben verdächtig wird, illegal mehrere Wildtiere – darunter ein Wolf – vergiftet zu haben, ist für uns als Sendegefäss mit Fokus auf kantonale Themen und Ereignisse berichtenswert. Im konkreten Fall kommt dazu, dass Roger Schuwey bereits in der Vergangenheit zweimal wegen Verstössen gegen das Tierschutz- und Jagdgesetz verurteilt worden war. Dass zu den getöteten Tieren auch ein Wolf gehörte, machte den Vorfall zusätzlich interessant, zumal das Thema ‚Wolf‘ schweizweit immer noch kontrovers diskutiert wird. Das umstrittene Raubtier gehört zu den bestgeschützten Tierarten Europas und steht auch in der Schweiz unter Schutz .

Dass Roger Schuwey als Grossrat des Kantons Freibourg eine öffentliche Funktion innehat, war für uns also mitentscheidend, um die Geschichte überhaupt so zu publizieren. So verwies bereits die Anmoderation des Beitrages auf die öffentliche Funktion des Betroffenen:

<De Wolf isch letscht Wuche z’Jaun im Kanton Friburg tot gfunde worde – danebe au no en Dachs , e Katz, en Rotmilan und sechs Füchs - sehr wohrschinlich sind alli Tier vergiftet worde. Vo wem, isch no unklar. Klar isch: es Grossufgebot vo Wildhüeter und de Polizai hett bimene Fribourger Grossrot e Husdursuechig duregfüehrt>

Auch im Beitrag selbst wurde die öffentliche Funktion von Roger Schuwey explizit erwähnt:

<E Grund für d'Huusdürsuechig dörfti d'Vorgschichte vom Roger Schuwey si. Der Gmeindrat vo Jaun und Friiburger Grossrat isch nämlich scho zwöimal wäg Verstöss gäg ds Tierschutz- und Jagdgsetz verurteilt worde.>

Die Funktion von Roger Schuwey haben wir im Beitrag also an zwei Stellen explizit genannt. Anders als die Beanstandung vermuten lässt, haben wir seine Parteizugehörigkeit aber in keiner Weise angesprochen. Die SVP wird im gesamten Beitragstext nicht einmal erwähnt. Einzig zu Beginn seiner beiden Zitate wurde Roger Schuwey in einem sogenannten Einblender wie folgt angeschrieben:

‚Roger Schuwey, Grossrat SVP/FR‘

Im Einblender wird jeweils der Name und die relevante Funktion der interviewten Person erwähnt. Bei Parlamentariern gehört dazu selbstverständlich auch die Partei und der jeweilige Kanton. Das ist gängige Praxis, an die wir uns im Sinne der Transparenz konsequent halten. Es gab keinen Grund, im konkreten Fall von dieser Praxis abzuweichen. Auch Roger Schuwey hat nichts dergleichen von uns verlangt. Bei einem Bericht über eine Hausdurchsuchung bei einem Grossrat gehört es der Vollständigkeit halber dazu, das Publikum auch über dessen Parteizugehörigkeit zu informieren. Dies gilt unserer Ansicht nach auch dann, wenn es nicht direkt um ein politisches Thema geht.

So verfahren wir selbstverständlich auch, wenn die betroffene Person einer anderen Partei als der SVP angehört. Als Beispiel sei Philippe Müller genannt, über dessen selbst verschuldeten Unfall wir am 11. September 2015 berichtet haben. Dabei wird die FDP in der Moderation und im Kurzbeitrag als seine Partei erwähnt. Auch als Filippo Lombardi wegen Verkehrsdelikten verurteilt wurde, haben wir ihn in unserer Meldung vom 1. Oktober 2003 im Einblender wie folgt angeschrieben: ‚Filippo Lombardi, Ständerat CVP/TI‘. Wir nennen also die Partei der Betroffenen ungeachtet welcher Partei sie angehören.“

Wenn wir die Parteizugehörigkeit von Grossrat Schuwey unterschlagen hätten, hätte das beim Publikum berechtigterweise Fragen aufgeworfen. Der Tatsache, dass die Parteizugehörigkeit im vorliegenden Fall keine zentrale Bedeutung hat, haben wir in unserem Beitrag genügend Rechnung getragen: Im gesamten Beitragstext haben wir die Partei von Roger Schuwey an keiner einzigen Stelle erwähnt, sondern haben diese ausschliesslich im Einblender gezeigt. Wir haben den Namen der Partei also sehr zurückhaltend verwendet.

Das zeigt auch ein Vergleich mit anderen Qualitätsmedien. So sprach die NZZ online beispielsweise in ihrem Artikel ‚Wer hat den Wolf vergiftet?‘ vom 17. Juni 2017[2] mehrfach von einem ‚Freiburger SVP-Kantonsrat‘, war also deutlich weniger zurückhaltend bezüglich der Nennung der Parteizugehörigkeit.

Kurz zusammengefasst: Indem wir die Partei des interviewten Grossrates gemäss gängiger Praxis bei den Interview-Sequenzen kurz eingeblendet und im Beitrag nicht weiter thematisiert haben, haben wir journalistisch korrekt und sachgerecht berichtet. Zudem konnte Roger Schuwey seine Sichtweise im Beitrag ausführlich darstellen. Dem Publikum war klar, dass es sich aktuell um einen blossen Verdacht handelt und für den Grossrat die Unschuldsvermutung gilt. Weder war seine Partei ein Thema, noch haben wir Roger Schuwey im Beitrag verurteilt. Es kann unserer Ansicht nach also keine Rede davon sein, dass wir mit dem Beitrag ‚Parteifeindlichkeit‘ geschürt hätten wie der Beanstander meint.

Wir bitten Sie deshalb, die Beanstandung abzuweisen.“

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Ich kann mich kurz fassen: Die Redaktion hat alles richtig gemacht: Sie hat mit dem Verdächtigten und mit der Staatsanwaltschaft geredet. Sie hat deutlich betont, dass die Unschuldsvermutung gilt. Sie hat zu Recht frühere Verurteilungen des Verdächtigten erwähnt. Und sie hat die stehende Praxis angewendet, dass bei Politikern die Funktion und die Partei angegeben werden. Da war keinerlei Tendenz, keinerlei Einseitigkeit! Ich kann Ihre Beanstandung nicht unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.


[1] https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/hausdurchsuchung-bei-freiburger-grossrat

[2] https://www.nzz.ch/schweiz/tierkadaver-in-den-freiburger-voralpen-wer-hat-den-wolf-vergiftet-ld.1301443

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