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Drei Schwestern trotzen den Klischees

In der Familie Waidacher dreht sich alles um Eishockey: Nach dem Grossvater und dem ­Vater spielen auch die drei Schwestern Monika, Nina und Isabel in der Nati A. Das brauchte anfangs viel Überzeugungskraft und seither immer wieder Gelassenheit.

Es muss schon ein ausserordentliches Spiel sein, damit sich ein Journalist oder eine Journalistin in eine Eishalle begibt, in der Frauen einem Puck hinterherjagen. Wenigstens bei Qualifikationen für die Olympischen Spiele kämen ein paar Medienvertreter sowie bei Weltmeisterschaften und wichtigen Nati-A-Spielen, erzählt Nina Waidacher. Ansonsten sei die Bericht­erstattung zum Frauenhockey für ein breites Publikum praktisch inexistent, so wie das einst auch im Frauenfussball der Fall war. Kommentatoren? Vergiss es!

Das ist auch der Grund, weshalb sich die Berühmtheit von Monika Waidacher (27) und ihren beiden Schwestern Nina (25) und Isabel (23) in Grenzen hält. Eigentlich sind sie als Trio eine Sensation: drei Schwestern, alle in demselben Nati-A-Team (den ZSC Lions Frauen), die jetzt zweimal hintereinander den Meistertitel holten. Und alle drei auch im Nationalteam. Zuhause hängen bei Monika und Nina je eine Bronzemedaille der Weltmeisterschaft 2012, Nina ist zudem stolze Olympia-Bronze-Medaillen-Besitzerin: 2014 vertrat sie die Schweiz erfolgreich an den Winterspielen in Sotchi.

Wer nicht gerade selber in Graubünden oder wenigstens der Südostschweiz lebt, begegnete den Schwestern vermutlich erstmals in einem «sportpanorama»-Beitrag von SRF oder – den beiden älteren – als sie in der Sendung «Aeschbacher» eingeladen waren. Die jüngste, Isabel, war da gerade studienhalber im Ausland, sie studiert an der ETH Zürich Architektur. Monika ist im Asset Management tätig, Nina im Marketing. «Vom Hockey leben?» Die Topspielerinnen lachen. «Unmöglich, das ist den Männern vorbehalten.» Im Gegensatz zu den männlichen Kollegen trainieren sie an den Abenden: «Mindestens fünf Abende pro Woche sehen wir uns, um Eishockey zu spielen», erzählt Isabel.

«Vom Hockey leben? Unmöglich, das ist den Männern vorbehalten.» - Monika, Nina und Isabel Waidacher

Alle drei wohnen in Zürich, Nina und Isabel als WG. Zu dritt waren sie zuvor auch an einem College im Norden der USA, während vier Jahren (Monika, Nina) respektive einem Jahr (Isabel). Zuhause in Arosa wurde es den Eltern nicht langweilig: Die drei Schwestern haben fünf jüngere Brüder, auch sie spielen alle Eishockey. Die Vorbilder aller acht Kinder: Vater und Grossvater, die ebenfalls beide in der Topliga spielten.

Als die älteste Tochter Monika im Alter von sechs Jahren dezidiert vom Mädchensport Eiskunstlauf zum Bubensport Eishockey wechseln wollte, waren die beiden Männer aber nicht sonderlich erfreut. «Hockey spielende Frauen – das gab es damals einfach noch nicht», entschuldigt Monika Waidacher den anfänglichen Widerstand ihres Vaters und ihres Grossvaters. Ihre Schwestern aber wollten es ihr gleichtun. So spielten die Mädchen anfangs mit den Jungen in Arosa zusammen, und später, als es keine Zweifel mehr gab an der Ernsthaftigkeit der Begeisterung für diesen Sport, fuhren die Eltern die Mädchen zweimal wöchentlich von Arosa nach Romans­horn am Bodensee, wo es eines der wenigen Frauenteams gab. In der Zwischenzeit hat das Frauenhockey zugelegt, 44 Teams gibt es neuerdings in der Swiss Women’s Hockey League – sechs davon auf dem höchstem Niveau wie die ZSC Lions – und 1376 lizenzierte Spielerinnen.

Dieses Jahr stellte der «Blick» die drei Eishockey-Schwestern vor. Nicht ihre Erfolge gaben den Anlass, über sie zu schreiben, sondern – der Frauentag. «Es ging um Frauen in Männerberufen», erinnert sich Isabel Waidacher. In Frauenzeitschriften sei indes noch nie über sie geschrieben worden, «die wollen wohl keine Frauen mit so stämmigen Beinen», vermutet die Architekturstudentin und lacht. Mehr als ein halbes Leben mit Klischeevorstellungen konfrontiert zu sein, prägt.


Promitalk der SRG ­Zürich Schaffhausen, Dienstag, 3. Oktober 2017, 19.30–21 Uhr, SRF Fernsehstudio ­Leutschenbach, Zürich

Sportjournalismus umfasst weit mehr als Spielberichte und Resultate-­Auflistungen. Es geht um Freude, Stolz, Trauer, Entsetzen – sprich: Emotionen. Wie schaffen es Sportjournalisten, trotz ­ihrer Nähe zu den Sportstars objektiv und auch ­kritisch zu bleiben? Was bedeutet es umgekehrt für Sportlerinnen und Sportler, wenn ihr Aussehen oder das Privatleben wichtiger werden als ihre Erfolge? Und wie gewinnen die Sport­arten abseits des «Bestsellers» Fussball überhaupt das Interesse der Medien? Zu diesen und weiteren ­Aspekten rund um die Sportberichterstattung von SRF diskutieren am dies­jährigen «Promi-Talk»:
Daniela Milanese, SRF-«Sport»-Moderatorin
Nina, Isabel und Monika Waid­acher, die «Super ­Sisters» des ZSC Lions
Franco Marvulli, ehemaliger Radsportler mit mehr­fachen Welt-, Europa- und Schweizer Meistertiteln
Mike Kurt, erfolgreichster Schweizer Slalomkanute der letzten 50 Jahre und Mitglied des Exekutivrats bei Swiss ­Olympic

Anmeldung bis am 25. September 2017 unter info@srgzhsh.ch
Achtung: beschränkte ­Platzzahl!


Text: Esther Banz

Bild: Sabina Bobst

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