SRG Deutschschweiz Ombudsstelle

Betitelung von Brigitte Macron als «Mutter» in «Deville Late Night» beanstandet

5472
Mit Ihren E-Mails vom 3. bzw. 9. Mai 2018 beanstandeten Sie die Sendung «Deville Late Night» vom 27. April 2918 wegen der Betitelung von Brigitte Macron als «Mutter» ihres Ehemannes.[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Ich bin nicht sicher, ob Deville in der letzten Sendung - 37 v. 27.4.18 - tatsächlich sagte ‹Macron und seine MUTTER› (für Gattin Brigitte). Hab ich mich verhört oder hat er das wirklich gesagt ?????-Es wäre nicht das erste Mal , dass die Macrons v. Schweizer Journis verhöhnt würden , weil Brigitte vom Alter her seine Mutter sein könnte - das Umgekehrte wird ja als normal angesehen - niemand würde sagen, Irene Kälin oder Aline Trede und ihr Vater - oder niemand hätte gesagt, Christa Markwalder und ihr Vater (als sie noch mit Walther Bär verheiratet war )
Hat Deville wirklich gesagt, Macron und seine Mutter , dann beanstande ich dies als diskriminierend - als Verstoss gegen BV 8 , Diskrimierung wegen Lebensstil und Verletzung des Menschenrechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens - wie das bei der Aktion Kinder der Landstrasse u. den Fürsorgerischen Zwangsmassnahmen geschah.
Knifflige Frage, ob diese Verhöhnung die Grenze der Satire überschreitet (war gestern auch Thema bei Maischberger).»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Frau Nadine Friedel, Bereichsleiterin Online und Comedy von Fernsehen SRF, antwortete:

«Gerne nehme ich zu der Beanstandung von Frau X Stellung. Die Beanstandung betrifft die Sendung ‘Deville Late Night’ vom 27. April 2018.

Frau X stört sich an einer Pointe bei der Berichterstattung des Besuchs von Emanuel Macron bei Donald Trump. Dominic Deville sagte dazu: <Trump mochte Macron sehr gut. Auch mit seiner Mutter, der Brigitte, kam er gut aus>. Eine Anspielung darauf, dass Brigitte Macron älter ist als ihr Ehemann. Frau X fragt sich in ihrem Schreiben, <ob diese Verhöhnung die Grenze der Satire überschreitet>.

Das tut sie unserer Meinung nach ganz klar nicht. Der Spott ist ein typisches Mittel der Satire. Prominente Zeitgenossen, die im Rampenlicht stehen, müssen aushalten, dass man sich über sie lustig macht, mitunter auch wegen einfachen Dingen wie körperlichen Auffälligkeiten oder eben eines Altersunterschieds. Das ist nicht die hohe Kunst der feinen politischen Satire, das ist ein einfacher Spott, ein Frotzeln, hier in einem Nebensatz. Solche Pointen mögen nicht jedermanns Geschmack sein. Aber hier geht es nicht um Geschmack. Es geht um die Frage, ob Satire das darf. Ja, sie darf das. Frau X meint, es sei nicht das erste Mal, dass Macrons durch Schweizer Journis verhöhnt wurden. Der Unterschied liegt darin, dass Dominic Deville kein Journalist ist und auch nicht als solcher auftritt. «Deville Late Night» ist ein Satireformat. Und die Satire ist in dieser Sendung als solche erkennbar. Auch Frau X hat die Aussage von Dominic Deville als Satire gewertet. Wäre es eine Informationssendung, wäre so ein Satz selbstverständlich inakzeptabel.

Frau X vermutet eine Diskriminierung der Frau. Das kann ich klar verneinen. Wäre Brigitte die junge Präsidentin und Emanuel der ältere Gatte, dann hätte die Pointe wohl gelautet, dass Trump sich mit Brigittes Vater gut verstanden hat. Warum auch nicht.

Wenn man auch über die Pointe geteilter Meinung sein kann, kann ich weder eine Grenzüberschreitung noch eine Diskriminierung erkennen.

Ich bedanke mich für die Gelegenheit zur Stellungnahme.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Ich sehe es genau gleich wie Frau Friedel: Politiker müssen von Satirikern etwas aushalten. Das, was sie von andern unterscheidbar macht, wird oft zum Anlass für Spott genommen. Das Ehepaar Macron fällt nun einmal durch den großen Altersunterschied auf. Der zurückhaltende, etwas ungelenk wirkende Denis Thatcher, Ehemann der britischen Premierministerin Margareth Thatcher, wurde in Satiresendungen geradezu als Tollpatsch gezeichnet, was er selber aber mit Humor nahm. An der Basler Fasnacht war vom persischen Schah Mohammed Reza Pahlevi und seiner Frau Farah mal wie folgt die Rede: «Dr Schahinschah und sini Schabe». In «Spitting Image» klappte Nancy Reagan ihrem Mann Ronald Reagan, dem amerikanischen Präsidenten, jeweils die Schädeldecke auf und setzte ihm das Hirn ein, damit er nichts Dummes sagt. Die Satire überzeichnet, um die Dinge zur Wirklichkeit zu entstellen. In diesem Sinne ist es also unproblematisch und nicht diskriminierend, wenn Dominic Deville in Bezug auf Macron sagt: «Au mit sinere Mueter..» und dabei die Gattin meint. Es ist eine hingeworfene Karikatur. Ich unterstütze folglich Ihre Beanstandung nicht.

Noch eine Bemerkung zum Schluss: Frau Friedel wies mit Recht darauf hin, dass Dominic Deville kein Journalist ist. Aber seine Sendung wird durch ein journalistisches Medium transportiert. Die Kanäle der SRG senden Journalismus und Werbung (und als einzige Ausnahme die Abstimmungsansprachen der Bundesräte). Alles, was außerhalb der Werbeblöcke gesendet wird, ist mit Journalismus verbunden, denn auch Direktübertragungen sind kommentiert, auch Unterhaltungsshows sind moderiert. Alle journalistischen Programmteile unterliegen den Bestimmungen des Radio- und Fernsehgesetzes[2], der journalistischen Ethik («Erklärung der Rechte und Pflichten der Journalistinnen und Journalisten»[3]) und den Publizistischen Leitlinien von SRF[4]. Diese Regeln setzen auch der Satire gewisse Grenzen. Es wäre beispielsweise ein Verstoß gegen die Ethik, wenn jemand wegen einer Behinderung satirisch verspottet würde. Eine Behinderung ist nicht selbstgewählt und selten selbstverschuldet. Dass Emmanuel Macron und Brigitte Macron verheiratet sind, ist indes selbstgewählt und selbstverschuldet.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.


[1] https://www.srf.ch/sendungen/deville/deville-ganz-multikulti-von-swasiland-bis-nach-down-under

[2] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20001794/index.html , v.a. Art. 3-6.

[3] https://presserat.ch/journalistenkodex/erklaerung/

[4] https://www.srf.ch/unternehmen/unternehmen/qualitaet

Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren:

Bild von Fehlende Wildtiernummern bei SRF erzürnt Zirkusfreunde

Fehlende Wildtiernummern bei SRF erzürnt Zirkusfreunde

Zur Ausstrahlung des Internationalen Zirkusfestivals von Monte Carlo am 19. April 2019 sind bei der Ombudsstelle vier Beanstandungen eingegangen. Ombudsmann Roger Blum kann die Beanstandungen nicht unterstützen.

Weiterlesen

Bild von «DOK» hat Verschleierung arabischer Touristinnen nicht verharmlost

«DOK» hat Verschleierung arabischer Touristinnen nicht verharmlost

Ombudsmann Roger Blum kann eine Beanstandung eines «Dok»-Films über verschleierte arabische Touristinnen nicht unterstützen. Der Beanstander ist der Ansicht, der Film habe die Verschleierung verharmlost und salonfähig gemacht. Ombudsmann Roger Blum kann diese Argumentation nicht teilen.

Weiterlesen

Bild von «DOK»-Film über die «Hüslischweiz» erzeugt Emotionen

«DOK»-Film über die «Hüslischweiz» erzeugt Emotionen

Ombudsmann Roger Blum hatte zwei Beanstandungen des «DOK»-Films «Hüslischweiz ohne Ende» vom 8. Dezember 2016 zu behandeln. Während ein privater Beanstander sich vor allem am Wort «Hüsli» stört, beanstandet der Hauseigentümerverband den ganzen Film als einseitig. Ombudsmann Roger Blum kann beide Beanstandungen nur teilweise unterstützen.

Weiterlesen

Alle Schlussberichte der Ombudsstelle jetzt ansehen

Teilen Sie uns Ihre Meinung mit (bitte beachten Sie die Netiquette und Rechtliches)

Lade Kommentare...
Noch keine Kommentare vorhanden

Leider konnte dein Kommentar nicht verarbeitet werden. Bitte versuche es später nochmals.

Ihr Kommentar wurde erfolgreich gespeichert und wird nach der Freigabe durch SRG Deutschschweiz hier veröffentlicht