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Die Geschichte vom SRF-Podcast: «Edi – Leben am Limit»

Der sechsteilige SRF-Podcast «Edi – Leben am Limit» erzählt die wahre Geschichte eines Verbrechers, der zurückblickt und dabei nach Erklärungen sucht. Ein Interview mit Susanne Witzig, Patricia Banzer und Sabine Meyer über ihr jüngstes Projekt.

«Edi» geht durch die Ohren unter die Haut. Hat es so ein Projekt bei SRF schon einmal gegeben?
Susanne Witzig: Bei uns meines Wissens nicht. Wir wollten bewusst neue Wege im Bereich Podcasting gehen. «Edi» ist die erste Serie im Haus in dieser Form, und wir wollten die Produktion wie auch das Storytelling neu umsetzen. Im Bereich Storytelling ist uns dies aus meiner Sicht mit den szenischen Elementen gelungen. Ausserdem setzen wir mit dem Erzähler Aaron Hitz bewusst eine starke Stimme ein. In der Produktion haben wir eng mit dem Layout und der Hörspielredaktion zusammengearbeitet, um der Geschichte das notwendige Feeling zu geben. Und wir durften im Haus viel Unterstützung auf diesen neuen Podcastwegen erfahren. Danke dafür!

«Edi» ist keinem Programm zugewiesen. Warum nicht? Wie habt ihr euch dafür redaktionell organisiert?
Susanne: Wer einen Podcast hören will, stellt kein Radioprogramm ein, sondern entscheidet sich bewusst für die Geschichte, die er oder sie jetzt hören will. Es spielt darum keine Rolle, ob «Edi» von SRF 1 oder von SRF 3 kommt. Wichtig ist, dass er ein SRF-Produkt ist und entsprechende Qualitätsmerkmale aufweist. Dafür haben wir in einem Workshop zuerst zusammen aus den Sendungen «Input» von SRF 3 und «Doppelpunkt» von SRF 1 Ressourcen freigespielt und dann aus jeder Redaktion eine Journalistin eingesetzt. Diese recherchierten gemeinsam an der Geschichte.

«Jeder hatte nebenher noch seine Arbeit in der Stammredaktion. Dies führte dazu, dass die Recherchen manchmal nur an einem Tag pro Woche durchgeführt werden konnten.»
(Susanne Witzig, Programmentwicklerin Radio)

Diese Art von Zusammenarbeit war bestimmt nicht ganz einfach.
Susanne: «Edi» war in der Art der Produktion sowie der Erarbeitung des neuen Storytellings eine Experiment. Wir wollten herausfinden, wie viel Zeit wir brauchen, was wir alles anders machen müssen und wollen als bei Radiobeiträgen. Wir haben uns in einem vierköpfigen Team organisiert: Patricia Banzer und Sabine Meyer, welche die eigentliche Geschichte machten. Daneben Céline Raval und ich. Wir unterstützten die beiden redaktionell, banden Layout und Hörspiel ein und suchten im Haus Kooperationen. Einerseits war es ein Glücksfall, dass wir zwei tolle Journalistinnen hatten, andererseits bedeutete dies auch mehr Koordination in zeitlicher Hinsicht. Patricia und Sabine haben sich aus meiner Sicht allerdings sehr gut ergänzt.

Wie habt ihr Edi überhaupt gefunden?
Sabine Meyer: Ursprünglich hatten wir uns auf die Suche nach einem spannenden Betrugsfall gemacht. Dies mit der Idee, in jeder Episode mit einer Facette von Lüge und Wahrheit zu spielen. Nach Archiv- und Medienrecherchen und ein paar wenig gewinnbringenden Telefonaten haben wir uns dann entschieden über Anwälte zu gehen – um mit ihnen über besondere Fälle zu sprechen.
Patricia Banzer: So kamen wir zu Edi. Nämlich über seine jetzige Anwältin, bei welcher er einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat: ein Stehauf-Mann, ein Schlitzohr, ein Unverbesserlicher und Hoffnungsloser, der aber Charme und Hoffnung behalten habe – und auch bereit war, sein Leben zu erzählen und sich ihm damit zu stellen. Er war sofort einverstanden, mitzumachen.

Welcher Aspekt aus Edis bisheriger Geschichte hat euch am meisten beeindruckt?
Patricia: Wohl sein Wille, immer wieder aufzustehen, weiterzumachen, und Freude am Leben zu behalten. Ich würde sagen, Edis Geschichte hat uns weniger beeindruckt, aber immer wieder erstaunt.
Sabine: Kaum glaubten wir alle Fakten zu wissen, kamen im Nebensatz Aussagen wie «dank dem Lottogewinn konnte ich nach Thailand auswandern» oder «mit dem Schneekönig habe ich ein Saufgelage in der U-Haft veranstaltet». Alles Aussagen, die sich immer bewahrheitet haben, egal wie absurd sie klangen.

«Edi hat nie auf Mitleid gemacht oder den Eindruck erweckt, den Kontakt ausnützen zu wollen.»
(Patricia Banzer, Redaktorin «Doppelpunkt» SRF 1 und trimediale Programmentwicklung)

War es nicht schwierig, die nötige Distanz zu wahren?
Sabine: Nein. Die Arbeit zu zweit war da eine grosse Hilfe. Wir konnten uns regelmässig spiegeln und austauschen. Und es war wichtig, Edi immer wieder zu sagen, was wir mit seiner Geschichte machen. Wir waren da sehr transparent.
Patricia: Klar liessen uns seine Geschichten nicht kalt, wir haben Aussagen aber immer kritisch hinterfragt, diskutiert und mit Hilfe von Gerichtsakten überprüft – und Edi hat nie auf Mitleid gemacht oder den Eindruck erweckt, den Kontakt ausnützen zu wollen.

Wie hat Edis Mutter auf eure Kontaktaufnahme reagiert?
Patricia: Sie wusste zuerst nicht recht, was zwei Journalistinnen von einer alten Frau wie ihr wollten. Suchen sie eine Schuldige? Nachdem es uns – mit Hilfe einer charmanten, fliessend italienisch sprechenden Kollegin – gelungen war, sie davon zu überzeugen, dass wir einfach möglichst viele Sichtweisen der Geschichte aufzeigen wollen, war sie einverstanden.

Und wie habt ihr es geschafft, Edis Sohn aufzuspüren?
Sabine: Die Namen der wichtigsten Personen haben wir direkt von Edi erhalten. Mit Hilfe von Gemeinden und anderen Quellen sind wir auf ihn gestossen. Die grössere Schwierigkeit für uns war die Frage, ob wir ihn überhaupt kontaktieren dürfen und falls ja, wie. Wir wollten möglichst zurückhaltend sein, da wir nicht wussten, wie viel der Sohn über seinen Vater wusste und wissen wollte.

Wie lange dauerte die Realisierung dieses Projekts?
Susanne: Den Wunsch, eine eigene Podcastserie zu entwickeln, hatte ich schon länger. Die Gelegenheit bot sich, als wir letzten Sommer überlegt hatten, ob und wie wir die Podcasts bei uns umsetzen können. Ende Jahr fanden wir die Geschichte von Edi und erstellten im Januar den Zeitplan für die Recherche und die Produktion. Die eigentliche Geschichte entstand aber erst im letzten halben Jahr – allerdings hatte jeder im Team nebenher noch seine Arbeit in der Stammredaktion. Dies führte dazu, dass die Recherchen manchmal nur an einem Tag pro Woche durchgeführt werden konnten.

Ist eine Fortsetzung im Zusammenhang mit Edis Geschichte geplant?
Susanne: Zuerst einmal möchten wir schauen, wie «Edi» beim Publikum ankommt; was das Publikum schätzt, was vielleicht schwierig sein könnte. Aufgrund der Reaktionen entscheiden wir dann, ob es allenfalls noch eine weitere, also eine siebte Episode geben könnte. Ideen dafür hätten wir genug.


Der Podcast «Edi – Leben am Limit» findet sich auf der Webseite von SRF.


Text: SRG SSR

Bild: SRG SSR

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