Sendung «Ärzte vs. Internet» beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 23. Juli 2018 beanstandeten Sie die Sendung «Ärzte vs. Internet» ganz generell. Die letzte Sendung vom Zeitpunkt Ihre Beanstandung aus war am 23. Juli 2018 ausgestrahlt worden, am Tag also, als Sie die Beanstandung abschickten.[1] Es war die dritte von sechs Folgen. Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Die oben erwähnte Sendung ist m.E. falsch konzipiert, da sie für die Diagnosestellung im praktischen Leben zu Hause einen falschen Eindruck hinterlässt. Zu Hause versucht der Patient auf Grund seiner Symptome mit Hilfe des Internets seine Erkrankung zu diagnostizieren. In der Sendung werden drei Diagnosen vorgegeben, um mit Hilfe des Internets auf Grund der mitgeteilten Symptome die richtige Diagnose zu ermitteln. Die Sendung vermittelt deshalb den Eindruck, dass in einem hohen Prozentsatz der Laie mit Hilfe des Internets auf Grund seiner Symptome die richtige Diagnose stellen kann. Dem ist bei komplexeren Erkrankungen sicher nicht so. Mein Anliegen die Sendung im wirklichen Leben durchzuführen: Laien und Ärzte haben ohne jede Vorgabe von Diagnosen auf Grund der geschilderten Beschwerden die richtige Diagnose zu stellen.

Ich danke Ihnen zum voraus für Ihre Bemühungen, sich diese Sendung von meinem Gesichtspunkt anzusehen.»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für die Sendung «Ärzte vs. Internet» antwortete Herr Marco Krämer, Senior Producer Show:

Besten Dank für Ihr Schreiben vom 25. Juli 2018 zur Beanstandung von Herrn X bezüglich der ‘Ärzte VS Internet’-Ausgabe vom Montag 23. Juli 2018. Herr X beanstandet in seinem Schreiben, dass die Sendung falsch konzipiert sei und die konstruierte Spielanlage mit den drei vorgegebenen Diagnosen eine falsche Wirkung für den Zuschauer habe. Gerne nehmen wir dazu wie folgt Stellung:

Im Sommerprogramm 2018 lief auf SRF 1 zum ersten Mal das Format ‘Ärzte VS Internet’. In spielerischer Form wurde in sechs Folgen dem Umstand Rechnung getragen, dass viele Leute im Internet nach Krankheitssymptomen suchen, um eine Diagnose für ihre Beschwerden zu finden.

Innerhalb der Sendung wurden pro Folge sechs echte Fallbeispiele geschildert, in denen Patienten mit einer bestehenden Diagnose über ihre Symptome sprachen. Das Ärzteteam und das Internet-Team aus Laien mussten dann die richtige Diagnose herausfinden. Bei 4 von 6 Fällen konnten die Teams dabei aus drei vorgegeben Diagnosen die richtige ‘Antwort’ auswählen. Es ist richtig, dass dies den Laien mit Hilfe des Internets sehr oft gelang.

Wir denken allerdings, dass den Zuschauern klar war, dass die Sendung als unterhaltsame Spielform konzipiert wurde und nicht 1:1 die Realität abbildet. Ein Laie hat natürlich niemals die Möglichkeit aus genau drei Diagnosen ‘auszuwählen’. Die Laien lagen unserer Meinung nach nur deshalb oft richtig, weil die Patienten ihre Symptome und ihren Krankheitsverlauf sehr genau beschreiben konnten und somit eine Unterscheidung möglich war. Die Aussage der Sendung ist für uns in dieser Hinsicht also eher: Wenn man seine Symptome und seine Beschwerden genau beschreiben kann, ist Dr. Google eine gute Unterstützung in der Differenzierung möglicher Diagnosen. Alle Patienten in der Sendung haben aber auch erzählt, dass sie die korrekten Diagnosen im Endeffekt von einem Arzt erhalten haben.

Die Idee von Herrn X, die Sendung so durchzuführen, dass Patienten ihre Beschwerden schildern und es keine Auswahl an Diagnosen gibt, haben wir bei zwei (von sechs) Fällen innerhalb einer Folge bereits umgesetzt. Auch in diesen Runden waren die Laien oft auf dem richtigen Weg. Das Ärzteteam gewann allerdings bis zum Ende der Staffel jedes Duell gegen die Laien.

Die Frage, ob Dr. Google nun ein guter oder ein schlechter Ratgeber auf dem Weg zu einer Diagnose ist, wollten wir im Endeffekt offenlassen. Wir wussten ja auch nicht, wie sich die Ärzte bzw. die Laien schlagen werden. Die Wirkung der Sendung ist somit sehr individuell. Für Herr X waren die Laien und somit Google unglaubwürdig gut, jemand anderes sah sich eher darin bestätigt, dass die Ärzte in jeder Folge obenaus schwangen. Schlussendlich wollten wir mit dem Format einem relevanten Thema gerecht werden und dem Zuschauer auf unterhaltsame Weise spannendes Wissen über schwierige Gesundheitsthemen vermitteln.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Es ist natürlich störend, wenn Laien mit Hilfe des Internets manchmal bessere Resultate erzielen als Fachleute. Das kratzt am Image und am Prestige der Ärzte und gibt den falschen Eindruck, dass man dank des Internets Fachleute nicht mehr unbedingt braucht. Das ist aber eine falsche Schlussfolgerung. In einem Spiel ist es immer möglich, dass Laien – manchmal schlicht durch Raten – zu guten Ergebnissen kommen. Man könnte sich das Spiel auch zwischen Laien und Historikern vorstellen. Es ist leicht möglich, dass Laien sich mit historischen Fakten leidlich gut schlagen, aber was die Fachleute von den Laien unterscheidet, ist das Zusammenhangswissen, die Analysefähigkeit, das ganzheitliche Denken und das Erfahrungswissen. Man kann deshalb das Spiel so spielen, wie das Fernsehen es mehrheitlich tut, oder auch so, wie Sie es vorschlagen: Man muss sich immer bewusst bleiben, dass die aus dem Internet gewonnenen Erkenntnisse das ärztliche Wissen und Können nie aufwiegen.

Wenn es darum geht, eine Sendung zu gestalten, muss auf die Programmautonomie hingewiesen werden: Das Radio- und Fernsehgesetz sagt in Artikel 6, Absatz 2: <Sie (die Programmveranstalter) sind in der Gestaltung, namentlich in der Wahl der Themen, der inhaltlichen Bearbeitung und der Darstellung ihrer redaktionellen Publikationen und der Werbung frei und tragen dafür die Verantwortung.>[2] Das heißt: Weder das Publikum noch der Ombudsmann kann ihnen dreinreden. Das ist von grundlegender Bedeutung, weil sonst die Medien- und Pressefreiheit ausgehöhlt würde. Die Redaktion nimmt also Ihre Anregung gerne für ihre weiteren Überlegungen entgegen, aber wie sie die Sendung letztlich gestaltet, entscheidet allein sie. Ich kann deshalb schon aus formalen Gründen Ihre Beanstandung nicht unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

[1]https://www.srf.ch/play/tv/aerzte-vs-internet/video/aerzte-vs-internet---mit-dr--med--fabian-unteregger-36?id=fa841d8f-2b73-4a45-805b-4ff7a4c4cf72

[2] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20001794/index.html

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