Schatten eines Mannes mit Hund an der Leine
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Zwischen Kultur und Knast

«Die Ohren spitzen und zuhören» lautete die Devise des Publikumsrates SRG.D bei den Vorbereitungen zur Septembersitzung. Im Fokus standen zwei sehr unterschiedliche akustische Sendegefässe: «Der Morgen» auf Radio SRF 2 Kultur und die Podcast-Serie «Edi – Leben am Limit».

«Der Morgen» von Radio SRF 2 Kultur dauert von 06.00 bis 09.00 Uhr und weist von Montag bis Freitag dieselbe Struktur auf. Der Schwerpunkt des dreistündigen Programms liegt auf klassischer Musik, die mit Wortbeiträgen ergänzt und angereichert wird. So wartet wochentags um 06.10 Uhr das «Früh-Stück», das Kulturschaffenden Platz für einen Kurzauftritt bietet, um 6.20 Uhr folgt «100 Sekunden Wissen» und um 7.50 Uhr der «Blick in die Feuilletons».

Zur jeweils vollen Stunde werden zudem ausgewählte tagesaktuelle «Kultur-Nachrichten» ausgestrahlt und zur halben Stunde steht die Nachrichtensendung «Heute Morgen» von Radio SRF 1 und SRF 4 News auf dem Programm. An den Wochenenden steht die Musik noch stärker im Vordergrund, Wortbeiträge gibts sporadisch, Nachrichten werden nur stündlich gesendet.

Der Publikumsrat schätzt das Morgenprogramm auf Radio SRF 2 Kultur und ist überzeugt, dass es dem Publikum dank seiner wohltuenden Ruhe und dem ausgewogenen Mix aus klassischer Musik und Wort einen gelungenen Start in den Tag ermöglicht. Er lobt die kompetente Moderation, die professionellen Beiträge und hochwertigen Hintergrundinformationen, die oft ein aufmerksames Zuhören erfordern. Ebenfalls zu gefallen weiss der Webauftritt, auf dem viel Interessantes zum Nachhören und Verweilen aufgeschaltet ist.

Optimierungspotenzial orten einige Ratsmitglieder beim Musikprofil, das sie übers Ganze gesehen als zu einseitig und altmodisch empfinden. Geteilter Meinung ist das Gremium auch in der Frage, ob die vielen Wiederholungen der Nachrichtensendungen nötig sind. Der Publikumsrat regt an, in den Kulturnachrichten künftig auch die anderssprachigen Landesteile vermehrt einzubeziehen und sich zu überlegen, ob es wirklich sinnvoll ist, mit anspruchsvollen und wortlastigen Beiträgen in das Morgenprogramm einzusteigen.

«Edi – Leben am Limit»

Mit «Edi – Leben am Limit» hat Radio SRF erstmals eine Serie realisiert, die exklusiv für Podcast-Hörerinnen und -Hörer produziert wurde. In sechs Folgen tauchen zwei Journalistinnen in das reale Leben des Verbrechers Edi ein, der erschütternde Einblicke in ein Leben voller Hochs und Tiefs, zwischen Drogen, Knast und Neuanfang gewährt.

Der Protagonist, der sich stets an der Grenze zwischen Gut und Böse bewegt, wurde anonymisiert, die Geschichte, die Radio SRF 1 und SRF 3 gemeinsam verantworten, basiert jedoch auf wahren Begebenheiten. Sie zeigt neben dem Einzelschicksal auch die tiefgreifenden Veränderungen in der Drogen- und Resozialisierungspolitik, die bei uns in den letzten Jahrzehnten stattgefunden haben.

Der Publikumsrat erteilt der Podcast-Serie «Edi – Leben am Limit» gute Noten. Er ist überzeugt, dass es den Verantwortlichen gelungen ist, eine berührende Lebensgeschichte dramaturgisch geschickt aufzubereiten und packend zu erzählen, sodass sie zu einem anregenden Hörerlebnis wurde, das Fragen aufwirft und zum Nachdenken anregt. Besonders geschätzt wurde, wenn die einzelnen Episoden von Edis Leben in das damalige politische, gesellschaftliche und rechtliche Umfeld eingebettet wurden. Das Gremium würde es zudem begrüssen, wenn die Serie auch im Radio zu hören wäre.

Bei vereinzelten Ratsmitgliedern hinterliess die True-Crime-Produktion allerdings einen etwas zwiespältigen Eindruck, weil sie sich fragten, ob der nachweislich Kriminelle in den sechs Episoden nicht allzu stark verklärt oder heroisiert wird.

Übers Ganze gesehen freut sich der Publikumsrat, dass Radio SRF den Mut hatte, mit dieser Audio-Dokumentation, formal und inhaltlich neue Wege zu beschreiten. Er ist sich sicher, dass damit wichtige Erkenntnisse und Erfahrungen gewonnen werden können, um für die Zukunft und die sich rasant verändernden Hörgewohnheiten des Publikums gerüstet zu sein. Der Rat hofft deshalb auf weitere neuartige Produktionen und redaktionsübergreifende Experimente, die mit den technischen Entwicklungen Schritt halten können.


Über den Publikumsrat

Die Publikumsräte und Programmkommissionen des Vereins SRG sind Schnittstellen zwischen den Programmschaffenden und dem Publikum. Alle vier Regionalgesellschaften und swissinfo.ch haben je einen eigenen Publikumsrat . Als Vertreter verschiedener Bevölkerungskreise beurteilen deren Mitglieder die publizistischen Leistungen der SRG.


Text: Publikumsrat SRG.D

Bild: SRF/Keyvisual

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