Hallo Bundesbern, bitte prüfen!

Ein medienpolitischer Kommentar zu den rückläufigen Einnahmen der SRG von Philipp Cueni.

Die SRG legt Sparpläne vor – seit der für sie erfolgreichen No-Billag-­Abstimmung von 2018 jetzt im September bereits zum zweiten Mal. Angekündigt sind Sparmassnahmen im Umfang von 80 und 50 Mio. Franken. Das Resultat wird ein reduzierter Aufwand, also ein tieferes Ausgabenbudget sein. Aber was ist denn überhaupt der Grund für diesen Abbau?

Die SRG macht dafür die Gebührensenkung von 2017 und vor allem anhaltende Einnahmeverluste aus der Werbung geltend. Das Budget der SRG wird zu etwa 75 Prozent durch Gebühreneinnahmen und zu 25 Prozent durch Einnahmen aus Werbung und Sponsoring alimentiert. Der Bundesrat beschloss 2017 auf 2019 eine Gebührensenkung um 19 Prozent auf 365 Franken.

Gleichzeig mit der Gebührensenkung hat der Bundesrat auch eine «Deckelung» des Gebührenanteils der SRG auf 1,2 Mia. Franken beschlossen – das Ausgabenbudget der SRG dürfe nicht weiter anwachsen. Für die SRG bedeutet dies ab 2019 eine ­Reduktion der Gebühreneinnahmen um 50 Mio. Franken. Der Bundesrat setzt mit dieser Plafonierung auch ein Statement: Dieser Betrag soll zusammen mit den kommerziellen Erträgen genügen, damit die SRG ihren Auftrag erfüllen kann. Er sagt damit aber auch: So viel braucht es bei diesem Leistungsauftrag. Die SRG reagierte darauf relativ gelassen: Tatsächlich könne damit der Leistungsauftrag auf aktuellem Niveau gerade knapp erfüllt werden – das entsprechende Reform- und Sparszenario sei eingeleitet.

Aber gleichzeitig macht sich in der Rechnung der SRG ein anderer, negativer Trend bemerkbar: Auch die Einnahmen aus Werbung und Sponsoring sinken kontinuierlich. 2017 konnte – nach deutlich ertragreicheren Jahren – mit kommerziellen Einnahmen von etwa 250 Mio. Franken pro Jahr gerechnet werden. Solche Erwartungen scheinen definitiv vorbei zu sein. Zu stark wirkt der Preisdruck durch die Konkurrenz von neuen Werbeformen im Onlinebereich sowie der ausländischen Werbefenster. So rechnet die SRG für die kommenden Jahre mit einem absehbaren Rückgang der Werbeeinnahmen von etwa 25 Mio. Franken pro Jahr.

Fazit: Nachdem der Gesamtetat der SRG durch die reduzierten Gebühren erst um 50 Mio. Franken heruntergefahren werden musste, fehlen aus der Werbung nun jedes Jahr mindestens weitere 25 Millionen. Einen Teil dieser fehlenden Einnahmen versucht die SRG über Effizienzsteigerung und strukturelle Verbesserungen zu kompensieren. Aber gemäss Aussagen von SRG und SRF werden auch ein Abbau von Stellen und Abstriche beim Programm folgen müssen. Das schwächt natürlich die SRG respektive die regionalen Häuser wie SRF nachhaltig.

Und da kommt der politische Aspekt wieder ins Spiel. Die SRG hat vom Bund eine Konzession mit einem Leistungsauftrag. Entsprechend sollte der Auftraggeber dafür sorgen, dass die SRG den Auftrag auch erfüllen kann – das entspricht der Logik des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG.
Der Bundesrat ging bei der Gebührensenkung 2017 davon aus, dass die SRG für ihren Leistungsauftrag einen Gesamtetat von 1,45 Mia. Franken benötige und sie davon 250 Millionen durch Werbung und Sponsoring selbst erwirtschaften könne. Diese Annahme erweist sich inzwischen als falsch.
Auf Grund dieser Situation sollte der Bundesrat sein damaliges Setting neu überprüfen. Es sind dabei folgende Szenarien denkbar:

  • Anpassung des Leistungsauftrags nach unten: In diesem Fall müsste der Auftraggeber – auch dem Publikum – erklären, auf welche Bereiche verzichtet werden soll.
  • Andere kommerzielle Ertragsmöglichkeiten für die SRG schaffen. Das wäre ordnungspolitisch fragwürdig, weil solche Aktivitäten vermutlich auf Kosten von privaten Medienhäusern gehen würden. Und fraglich wäre zudem, ob eine stärkere Kommerzialisierung zum Service public passt.
  • Die Ausfälle werden über die andere Einnahmequelle kompensiert, also über die Gebühren.

Die Politik sollte die Gebührenfinanzierung für den medialen Service public neu überdenken. Ein sanfter Reformansatz wäre, dass der Bund für die SRG einen Gesamtetat definiert, mit welchem sie den Leistungsauftrag erfüllen muss – zum Beispiel die genannten 1,45 Mia. Franken. Die SRG erhält wie bisher einen fixen Gebührenanteil von 1,2 Milliarden. Erzielt das Unternehmen aus dem Werbegeschäft weniger als 250 Mio. Franken, erhält die SRG zusätzlich einen flexiblen Gebührenbetrag, der die Differenz zu 250 Millionen ausgleicht. Somit wäre der notwendige Gesamtetat von – in diesem Beispiel – 1,45 Mia. Franken garantiert.

Möglich wäre auch, das System radikaler zu überdenken: Zum Beispiel eine SRG ganz ohne Werbeeinnahmen – ähnlich wie bei der BBC. Der Ertragsausfall müsste dann über eine Gebührenerhöhung kompensiert werden. Medienpolitisch könnte das gleichzeitig bewirken, dass die privaten Medien aus der Werbevermarktung höhere Erträge erzielen könnten. Das wiederum wäre ein medienpolitischer Schachzug im Setting der indirekten Presseförderung. Die Gebührenerhöhung wäre dann nicht nur auf die SRG ausgerichtet, sondern zugunsten der ganzen Medienlandschaft angelegt. Allerdings braucht es für ein solches Szenario eine deutliche Gebührenerhöhung.

Auch bei einer sanften Reform heisst der politische Ansatz: mit öffentlichen Geldern zugunsten von gesellschaftlich wichtigen Medienleistungen Ausfälle aus dem Werbegeschäft wenigstens teilweise aufzufangen. Solche Vorschläge sind gerade aktuell: Eben hat der Bundesrat ein Massnahmenpaket zugunsten des Print­bereichs vorgeschlagen – begründet mit dem Einbruch der Werbeeinnahmen bei den Zeitungen (siehe LINK 4/19).

Sind solche politischen Überlegungen realistisch, wenn man sie in Zahlen umsetzt? Um den ganzen kommerziellen Ertrag der SRG (250 Mio.) über Gebühren zu ersetzen, müsste der Gebührenertrag um etwa 18 Prozent gesteigert werden – ein politisch anspruchsvolles Ziel. Geht es lediglich um ein Auffangen von Mindereinnahmen bei der TV-Werbung, könnte der Bundesrat einen bereits bestehenden Posten beim Gebührentopf aktivieren. Bei der damaligen Präsentation der Gebührenreduktion hatte der Bundesrat auch eine Aufstellung gezeigt. Unter «Verwendungszweck Gebühren» findet sich eine «Reserve für Planungsabweichungen» – mit einem jährlichen Betrag von 34 Millio­nen Franken.

Text: Philipp Cueni

Bild: jobsfuermama.ch

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