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«Mini Schwiiz, dini Schwiiz», Folge «Luzern – Tag 1 – Hergiswil bei Willisau» beanstandet II

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Mit Ihrer E-Mail vom 30. Januar 2020 haben Sie die Sendung «Mini Schwiiz, dini Schwiiz» mit der Folge «Luzern – Tag 1 – Hergiswil bei Willisau»[1] vom 27. Januar 2020 beanstandet. Ihre Eingabe er­füllt die formalen Voraussetzungen an eine Beanstandung. Somit kann ich auf sie eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:
Ich möchte gern obige Sendung resp. den Wahrheitsgehalt der Milchproduktion beanstanden und be­ziehe mich auf das Sachgerechtigkeitsgebot.

Was Bauer Christoph Kunz da vorlügt ist eine Frechheit. Er ist Milchbauer mit 45 Kühen und behauptet steif und fest, dass Kühe Milch geben weil sie Gras fressen. Gras ist die Nahrung und die Kühe geben Milch weil sie geschwängert wurden und ein Kälbchen gebären mussten wie das bei jedem Säugetier der Fall ist. Hier wird dem Zuschauer bewusst die Unwahrheit gesagt und ich verstehe nicht, wie die Redaktion das zulassen konnte. Auch sehr verwunderlich, dass die Besucher den Stall nicht betreten durften denn dann hätten sie mit Sicherheit gesehen, dass es dort Kälbchen hat und somit den wah­ren Grund und somit wäre die Idylle geplatzt. Auch dass die Milch von der Jersey Kuh besonders be­kömmlich ist, sei dahingestellt. MIlch ist generell nicht bekömmlich aber das ist ein anderes Thema.

Ich bitte Sie, diesen Beitrag zu prüfen und eine Richtigstellung zu senden es sei denn der Bauer Christoph kann beweisen, dass in seinem Stall niemals eine Kuh besamt wurde, trächtig war und ein Kälbchen geboren hat und somit all seine Kühe Wunderkühe sind.

B. Ihre Beanstandung wurde der zuständigen Redaktion zur Stellungnahme vorgelegt. Frau Alexa Brogli, Senior Producer, Bereich Factual Entertainment, schrieb:

  1. Sachverhalt

Herr X beanstandet die Sendung «Mini Schwiiz, dini Schwiiz» vom 27. Januar 2020 wie folgt:

Was Bauer Christoph Kunz da vorlügt ist eine Frechheit. Er ist Milchbauer mit 45 Kühen und behauptet steif und fest, dass Kühe Milch geben weil sie Gras fressen. Gras ist die Nahrung und die Kühe geben Milch weil sie geschwängert wurden und ein Kälbchen gebären mussten wie das bei jedem Säugetier der Fall ist. Hier wird dem Zuschauer bewusst die Unwahrheit gesagt und ich verstehe nicht, wie die Redaktion das zulassen konnte.

...ich möchte gern obige Sendung resp. den Wahrheitsgehalt der Milchproduktion beanstanden und beziehe mich auf das Sachgerechtigkeitsgebot.

Ich bitte Sie, diesen Beitrag zu prüfen und eine Richtigstellung zu senden es sei denn der Bauer Christoph kann beweisen, dass in seinem Stall niemals eine Kuh besamt wurde, trächtig war und ein Kälbchen geboren hat und somit all seine Kühe Wunderkühe sind.

  1. Stellungnahme Redaktion

Herr X beanstandet die Sendung vom 27. Januar 2020, beziehungsweise den «Wahrheitsgehalt der Milchproduktion». Er bezieht sich dabei auf das Sachgerechtigkeitsgebot. Ebenfalls findet er es eine Frechheit, was Bauer Christoph Kunz «vorlügt». Laut seinem Empfinden behauptet der Bauer «steif und fest», dass Kühe Milch geben, weil sie Gras fressen. Und es wird dem Zuschauer bewusst die Un­wahrheit gesagt. Er möchte, dass der Bauer entweder beweisen kann, dass er Wunderkühe hat, oder aber, dass eine Richtigstellung gesendet wird.

Zum Wahrheitsgehalt und den Lügen über die Milchproduktion

«Mini Schwiiz, dini Schwiiz» ist eine Unterhaltungssendung, in der Menschen in der Schweiz ihren «Herzensort» präsentieren. Die Kandidaten und Kandidatinnen stellen ihren Lieblingsort aus ihrer per­sönlichen Perspektive und anhand von unterschiedlichen Kategorien vor. In der beanstandeten Sen­dung war Hergiswil bei Willisau im Kanton Luzern der Ort, der im Zentrum stand. In der Kategorie «Kulinarik» wurden die Kandidaten und Kandidatinnen auf den « Milch-Kräuter-Käseweg » mitgenom­men, der einen Kurzbesuch beim Milchbauern Christof Kunz beinhaltet. Dieser hat in zwei Sätzen sei­nen Hof vorgestellt und dann sagte er: «Ich möchte euch kurz zeigen, wie aus Gras Milch wird». In diesem Satz wird nicht einmal die Kuh erwähnt, was klar zeigt, dass der Bauer eine starke Abkürzung vorgenommen hat. Er erklärt, was in den Mägen der Kuh passiert, wenn sie Gras frisst, dass die Nähr­stoffe in die Milchbildungszellen gelangen und die Reste durch den Darm gehen und wieder ausge­schieden werden. Ernährungstechnisch wird erklärt, was mit dem Gras im Innern der Kuh geschieht. Selbstverständlich ist dies nur ein Teil der ganzen Milchproduktion. Diese in ihrer Komplexität zu erklä­ren, war jedoch weder das Ziel des Bauern, noch war es im Rahmen der Möglichkeiten dieser Sen­dung. Dass er «gelogen» hat, ist somit nicht korrekt. Ebenfalls hat er nicht behauptet, dass Kühe Milch geben, weil sie Gras fressen. Er hat lediglich aufgezeigt, was im Innern der Kuh passiert mit dem Gras, das sie frisst. Von einer bewussten Manipulation der Zuschauer und der Unterschlagung der «Wahrheit» kann hier nicht die Rede sein. Die Sendung «Mini Schwiiz, dini Schwiiz» ist ein Format, das die persönlichen Darstellungen der «Herzensorte» der Kandidaten und Kandidatinnen begleitet. Themen werden nicht vertieft und die Redaktion greift nicht ein in die individuellen Präsentationen.

Zur Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebot[2]
Das Sachgerechtigkeitsgebot wurde in dieser Folge nicht verletzt. Das würde bedeuten, dass Tatsa­chen nicht sachgerecht dargestellt wurden und sich das Publikum deshalb keine eigene Meinung dazu bilden konnte. Die Erklärungen des Bauern zur Ernährung der Kühe, der Verdauung und der Verwer­tung der Nährstoffe, sind richtig und ein Teil der ganzen Milchproduktion. Die Milchwirtschaft ist in der Schweiz weit verbreitet und somit sind auch die Milchpreise, die Tierhaltung oder die Umstellung auf Bio-Produktion immer wieder Themen in den SRF News-Sendungen. Jedoch steht meist das aktuelle Problem im Zentrum der Berichterstattung und die Milchproduktion wird nicht jedes Mal bis ins letzte Detail erklärt, sondern als Allgemeinwissen vorausgesetzt.

Zur Forderung einer Richtigstellung
Der Bauer Christof Kunz hat in der Sendung «Mini Schwiiz, dini Schwiiz» nicht die Milchproduktion als Ganzes thematisieren können. Er hat sich entschieden, eine sehr kurze Erklärung zum Nahrungszyklus der Kuh abzugeben. Diese Abkürzung ist keine Unwahrheit und er hat nie behauptet, dass seine Kühe Milch geben, ohne je ein Kälbchen geboren zu haben. Damit ist wohl auch klar, dass in seinem Stall keine «Wunderkühe» stehen. Das Format dieser Unterhaltungssendung hat nicht zum Ziel, Themen in der Tiefe zu erläutern oder kritisch zu hinterfragen. SRF hat jedoch einige Sendeformate, die sich ver­tieft Themen widmen und sie aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Dokumentarfilme, aber auch Hintergrund- oder Konsumentensendungen sind geeignete Informationsgefässe hierfür. Auf der SRF-Archivseite lassen mehrere Sendungen finden, die sich kritisch mit der Milchproduktion auseinan­dersetzen. Zwei Beispiele finden sich in der Fusszeile.[3],[4]

  1. Zusammenfassung

Die Unterhaltungssendung « Mini Schwiiz, dini Schwiiz » bildet die Lebenswelt und Realität der Kandi­datinnen und Kandidaten ab. Seitens SRF wird in den Programmpunkten inhaltlich nichts inszeniert. Die verschiedenen « Herzensorte » werden aus einer ganz individuellen Perspektive präsentiert. Die einzelnen Sendungen sind mit ca. 23 Minuten Sendelänge relativ kurz und bieten wenig Zeit für die Abbildung der einzelnen Kategorien. Deshalb ist es auch nicht möglich und keinesfalls der Anspruch der Sendung, angerissene Themen zu vertiefen. Es geht vielmehr um ein Kennenlernen der Lieblings­orte der Kandidatinnen und Kandidaten, um ein gemeinsames Erlebnis und schliesslich auch um den Wettbewerb, wer mit dem eigenen « Herzensort » am meisten punkten kann. Dass die Milchproduktion in der Schweiz allerdings ein interessantes und kontroverses Thema ist, zeigen die vielen Beiträge und Sendungen, die sich bei SRF mit diesem Thema befassen. Die « Mini Schwiiz, dini Schwiiz » ist nach Meinung der Redaktion hierfür nicht geeignet. Aus diesen Gründen sind wir der Meinung, dass die Be­anstandung nicht zu unterstützen ist.

Wir bedanken uns für die Gelegenheit zur Stellungnahme.

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Folge. In der knapp 25-minütigen Unter­hal­tungssendung «Mini Schwiiz, dini Schwiiz» gehen jeweils fünf Schweizerinnen und Schweizer auf einen kleinen Ausflug durch ihre Region. Dabei zeigen sie an einem Tag der Woche ihren Heimatort von ei­ner persönlichen Seite. Das Ziel ist es, am meisten zu punkten. Am Ende jedes Tages bewerten die Gäste ihre Erlebnisse anhand von Bewertungskriterien mit Punkten. Letztlich geht es darum, wel­cher Gastgeber mit seiner Präsentation am meisten überzeugen kann und den Wochensieg holt.[5] In der von Ihnen monierten Sendung führt die Protagonistin, Sonja Lustenberger, die Gäste durch die Region um Hergiswil bei Willisau. Dabei macht sie einen Halt beim Milchbauern Christoph Kunz. Die­ser erklärt der kleinen Gruppe in wenigen Worten, wie «aus Gras Milch» wird.[6]

Wie eingangs bereits erwähnt, handelt es sich um eine Unterhaltungssendung und nicht um eine Informationssendung oder um eine Dokumentation. Dass der Milchbauer während seines rund einein­halbminütigen Auftritts mit seinen Erklärungen an der Oberfläche bleibt und den Gästen, die seinen Hof besuchen, nichts – wie Sie kritisieren – «von Zwangsschwängern, Schwangerschaft, Geburt eines Kälbchen [sic.], Wegnehmen des Kälbchens und Aufzucht zur Schlachtung und erneuter künstlicher Besamung» erzählt, liegt auf der Hand. Eine solche Ausführung passt nicht ins Konzept einer Unter­haltungssendung. Es geht bei «Mini Schwiiz, dini Schwiiz» nicht um Tatsachen und Fakten, son­dern um Unterhaltung. Das Publikum lernt eine Region mit Land und Leuten kennen, kann sich an Stimmungen und Landschaftsbildern freuen. Wer sich über Milch und Milchwirtschaft informieren möchte, stehen andere Sendungen, wie beispielsweise diejenigen, die Frau Alexa Brogli in der Stel­lungnahme beschrieben hat («Gute Milch, böse Milch?», «Input» bei Radio SRF 1 vom 10.05.2019[7]; «Adieu Nutztierhaltung – Ein Bauer steigt aus», «Kontext» bei Radio SRF 2 Kultur vom 16.04.20192oder «Mythos Milch», «Kontext» bei Radio SRF 2 Kultur vom 23.07.20143) zur Verfügung.

Das Bundesgesetz über Radio und Fernsehen hält – wie bereits in der Stellungnahme erwähnt – fest: «Redaktionelle Sendungen mit Informations­gehalt müssen Tatsachen und Ereignisse sachgerecht dar­stellen, so dass sich das Publikum eine ei­gene Meinung bilden kann» (RTVG, Art. 4, Abs. 2)[8]. In der von Ihnen monierten Sendung handelt es sich nicht um eine redaktionelle Sendung mit Infor­ma­tionsgehalt, sondern um reine Unterhal­tung.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass ich Ihre Beanstandung nicht unterstützen kann.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernseh­geset­zes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfü­gung.

Mit freundlichen Grüssen,
Manfred Pfiffner, stv. Ombudsmann


[1] https://www.srf.ch/play/tv/mini-schwiiz-dini-schwiiz/video/luzern---tag-1---hergiswil-bei-willisau?id=a8f7ca7e-2a1f-4be8-a176-945264a03eb7

[2] Sachgerechtigkeitsgebot: Redaktionelle Sendungen mit Informationsgehalt müssen Tatsachen und Ereignisse sachgerecht darstellen, so dass sich das Publikum eine eigene Meinung bilden kann.

[3] https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/kuh-bewegt-gemueter-milch-trinken-kuehe-schlachten

[4] https://www.srf.ch/sendungen/kontext/mythos-milch

[5] https://www.srf.ch/play/tv/sendung/mini-schwiiz-dini-schwiiz?id=9bdd1330-0ee1-46df-851e-daea6420f45f

[6] https://www.srf.ch/play/tv/mini-schwiiz-dini-schwiiz/video/luzern---tag-1---hergiswil-bei-willisau?id=a8f7ca7e-2a1f-4be8-a176-945264a03eb7[Timecode: 07:00 – 08:40]

[7] https://www.srf.ch/play/radio/input/audio/gute-milch-boese-milch?id=8f3b5c6d-a140-4796-87be-0bfcb58b8eff

[8] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20001794/201607010000/784.40.pdf

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