Johanna Burger
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Carte Blanche: Digital Immigrants – vergessene Generationen?

In der Rubrik «Carte blanche» haben Autorinnen und Autoren die Möglichkeit über ein Thema zu schreiben, welches ihnen persönlich am Herzen liegt. Dieses Mal: Johanna Burger über digitale Verantwortung.

Die Digitalisierung hat zweifelsohne Vorteile mit sich gebracht – viele Vorteile. Noch nie hatten wir Zugang zu derart vielen Informationen mit derart wenig Rechercheaufwand. Wissen ist Macht und wer Macht hat, hat bekanntlich Verantwortung. Die Informationsnutzung online ist nicht mehr nur eine Einbahnstrasse – wir selbst können während oder durch die Informationsnutzung Informationen generieren. Sei es zum Beispiel durch das Erstellen eines Kommentars oder durch das Folgen einer Person auf Twitter. Jede und jeder hinterlässt seine digitalen Informationsspuren.

Mich erstaunt es immer wieder, wie wenig Sensibilität oder Wissen zu Mediennutzung in der heutigen Zeit vorhanden ist. Ein Beispiel: Wer Donald Trump auf Twitter folgt (respektive folgte, als er noch Zugang zu seinem Account hatte), nur weil er oder sie sich über dessen Äusserungen aufregen oder lustig machen will, verschafft ihm und seinen Anhängern unwillentlich Legitimation für Tweets und deren Inhalte. Eine grosse Twitteranhängerschaft heisst für Trump: Es wird gemocht, was ich schreibe, also weiter! Eine grosse Twitteranhängerschaft heisst für seine Anhängerinnen und Anhänger: Viele denken wie ich und sind der Meinung Trumps, also stürme ich doch das Kapitol!

Wer sich in der digitalen (Informations-) Welt bewegt, trägt Verantwortung. Sich dieser Verantwortung bewusst zu werden, ist einer der Punkte, die ich mir durch mehr Medienkompetenz erhoffe. Die Fähigkeit, Medien und ihre Inhalte sinnvoll zu nutzen und das eigene Handeln in (sozialen) Medien zu reflektieren, ist heute wohl wichtiger denn je. Im Bildungswesen ist man bereits vor einigen Jahren zu diesem Schluss gekommen, weshalb immer mehr Kindern Medienkompetenz in ihrer Schulzeit vermittelt wird. Was ist aber mit denjenigen, die keine Digital Natives (in die digitale Welt hineingeboren) sind, die nicht mit Handy und Tablet als Selbstverständlichkeit aufgewachsen und «Informatik und Medienvermittlung» als Schulfach hatten? Was ist mit den Digital Immigrants, den älteren Generationen? Sicher, Omar (50) und Julie (75) können in einem IT-Kurs lernen, wie sie ihr Smartphone benutzen oder alle Informationen zu einem gewünschten Thema «googeln» können.

Wie die Digital Immigrants sich dann aber in der schieren Menge an Informationen zurechtfinden, bleibt mir und wohl auch vielen der Digital Immigrants ein Rätsel. Mir scheint, in puncto Medienkompetenzvermittlung sind diese Generationen etwas in Vergessenheit geraten. Medienkompetenz sollte aber auch ausserhalb der Schulzimmer mehr gefördert werden. Der Zugang zu Informationen allein genügt nicht. Wir alle brauchen das richtige geistige Werkzeug, um damit richtig umgehen zu können.

Johanna Burger ist Vorstandsmitglied und Mitglied der Programmkommission SRG Ostschweiz und hat Medien- und Kommunikationswissenschaften studiert.


Text: Johanna Burger

Bild: zVg

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