Illustration Pontresina aus der Luft
SRG Deutschschweiz Ombudsstelle

War «Schweiz Aktuell» über Zweitwohnungssteuer in Pontresina unfair?

In der Engadiner Gemeinde sorgt eine neue Steuer auf Zweitwohnsitzen für Diskussionen. Der «Schweiz Aktuell»-Beitrag dazu wird von der Besitzerin einer Zweitwohnung als unfair beanstandet.

Darum geht es in der beanstandeten Sendung

Die Bündner Gemeinde Pontresina will Massnahmen gegen die Verknappung des Wohnraums für Einheimische treffen. Dafür soll unter anderem eine Abgabe auf Zweitwohnungen eingeführt werden. Es soll belohnt werden, wer eine hohe Auslastung der Zweitwohnungen durch Weitervermietung erzielt. Das Ziel: Möglichst viele «warme» Betten. Die geplante Massnahme der Gemeinde ist umstritten, so wehrt sich etwa der Hauseigentümerverband gegen die Zusatzsteuer.

«Schweiz Aktuell» vom 7. Dezember 2023: «Pontresina GR will Zweitwohnungssteuer einführen»

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Was wird beanstandet?

Die Beanstanderin empfindet den Beitrag als unausgewogen. Die Redaktion habe faktisch falsche Angaben gemacht: So sei die angegebene Zweitwohnungsquote tiefer als im Beitrag angegeben. Ebenfalls sei es falsch, wie im Beitrag von einer steigenden Tendenz zu sprechen. Zu beiden faktischen Korrekturen liefert die Beanstanderin Quellen.

Ausserdem werde das Beispiel von zwei Familien gezeigt, welche aus der Gemeinde wegziehen, nach Zuoz respektive nach Sils. Als Grund werde die hohe Zweitwohnungsziffer suggeriert, obwohl die Zweitwohnungsquote in jenen zwei Gemeinden höher sei als in Pontresina. Ebenfalls sei eine Initiative, welche die Umwandlungen von Erst- in Zweitwohnungen eindämmen wollte, kürzlich an der Gemeindeversammlung abgelehnt worden. Der Bericht von «Schweiz Aktuell» mache Zweitwohnungsbesitzer:innen, zu denen die Beanstanderin auch gehört, mitverantwortlich für die Wohnungsnot, was aber falsch sei.

Was sagt die Redaktion?

Die Redaktion weist die Vorwürfe zurück. Der aufgeführte faktische Fehler erklärt die Redaktion mit Ungenauigkeiten und Interpretationsspielraum bei den Daten zu den Zweitwohnungen. Die von der Beanstanderin angegebenen Quellen würden diese potenziellen Abweichungen transparent im Begleittext zu den Daten ausweisen. Gleiches gilt für die Tendenz: Die leicht fallende Tendenz bei Erstwohnungen (oder im Umkehrschluss steigende Tendenz bei Zweitwohnungen) zeige sich, betrachte man die absoluten Zahlen seit 2017.

Zum Vorwurf des suggestiven Beispiels der zwei Familien weist die Redaktion darauf hin, dass diese Sequenz im Beitrag gar nicht vorkommt. Offenbar liege hier eine Verwechslung seitens der Beanstanderin vor.

Und schliesslich weist die Redaktion den Vorwurf der Unausgewogenheit zurück. Neben der Gemeindepräsidentin als Befürworterin der neuen Abgabe für Zweitwohnungen kommt ein Vertreter des Hauseigentümerverbands zu Wort, der diese Massnahme kritisiert. Ebenfalls sind die Meinungen bei der nicht repräsentativen Strassenumfrage geteilt in eine Befürworterin und zwei kritische Stimmen.

Was sagt die Ombudsstelle?

Die Ombudsstelle stellt keinen Verstoss gegen die Sachgerechtigkeit fest. Wie die Redaktion verweist auch die Ombudsstelle auf die ausgewogene Darstellung der Befürworter:innen und Gegner:innen der geplanten Abgabe.

Zudem ginge es im Beitrag nicht um den prozentualen Anteil der Zweitwohnungen, sondern um die Verschlechterung des Erstwohnungsmarkts. Das genaue prozentuale Verhältnis sei deshalb für die Meinungsbildung auch nicht relevant. Massgeblich sei die Gegenüberstellung von Erst- und Zweitwohnungen sowie die Tatsache, dass im Engadin die Besitzer:innen älterer Liegenschaften ihre Immobilien in Zweitwohnungen umwandeln. Dies wird anhand eines Beispiels veranschaulicht. Die Beanstandung wird deshalb nicht unterstützt.

Schlussbericht Ombudsstelle Nr. 9678


Text: SRG.D

Bild: SRG.D//Illustration Cleverclip

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