Sandra Plaza: «Die Europameisterschaft ist ein Turbo für den Frauenfussball»

Sandra Plaza koordiniert die Begleitmassnahmen zur Frauenfussball-Europameisterschaft im Kanton Zürich. Ihr Ziel: Mehr Spielerinnen, Trainerinnen, Schiedsrichterinnen. Dafür braucht es in erster Linie Vorbilder, sagt sie – und einer breitenwirksamen Berichterstattung.

Zur Person

Sandra Plaza ist Projektkoordinatorin für kantonale Projekte rund um die Women's EURO im Kanton Zürich. Die 48-jährige Zürcherin war u.a. Redaktionsleiterin des Fussball-Magazins «EUROSOCCER» und bereits an der EURO 2008 (Schweiz und Österreich) in der Projektorganisation involviert, ausserdem war sie langjährige Geschäftsführerin der Frauendachorganisation «Frauenzentrale Zürich».

Sandra Plaza, wie gross ist die Vorfreude auf die Women’s EURO bei Ihnen?

Riesig. Ich bin grosser Fussballfan, die Nervosität steigt also. Hoffentlich wird es auch sportlich ein Erfolg für die Schweizerinnen – und hoffentlich klappt alles auf Seiten der Organisation.

Und jetzt, unmittelbar vor der EM, wie nehmen Sie die Stimmung in der Bevölkerung wahr?

Die Vorfreude ist gross. Das zeigt sich an den ausverkauften Stadien in Zürich – die Tickets waren früh weg, das war so nicht zu erwarten. Und auch sonst: Es wird es zahlreiche Public Viewings geben und viele Vereine organisieren EM-Studios.

Sie sind verantwortlich für Begleitmassnahmen rund um die WEURO. Hat das Turnier die Euphorie rund um den Frauenfussball verstärkt?

Ja, das spüren wir in unseren Angeboten. Seit der Zürcher Kantonsrat vor zwei Jahren 1,5 Millionen für die Begleitmassnahmen im ganzen Kanton gesprochen hat, haben viele Vereine und Organisationen verschiedene Projekte und Netzwerk-Veranstaltungen organisiert - Immer mit dem Ziel, möglichst viele Frauen in verschiedenen Rollen für den Fussball zu gewinnen. Mit den Resultaten sind wir sehr zufrieden.

Dafür wurde beispielsweise mit «HER GAME» eine Zürcher Plattform für Frauenfussball geschaffen. Wird diese genutzt?

HER GAME bietet alle Angebote und Informationen rund um den Einstieg in den Sport – sei es als Spielerin, Trainerin oder Schiedsrichterin. Es ist allgemein schwierig im Fussball, Funktionär:innen zu finden. Das Engagement ist immer ehrenamtlich. Mit HER GAME haben wir eine Plattform, auf der die Fäden zusammenlaufen – das hilft. Aber gerade im Frauenfussball braucht es auch Vorbilder. Rachel Rinast ist hier ein gutes Beispiel: Dass sie neu für SRF kommentiert, wird bei Mädchen etwas auslösen. Gleiches gilt natürlich für die Spielerinnen: Alisha Lehmann, Ramona Bachmann oder Sidney Schertenleib sind Profis und Role Models. Der Weg zum professionellen Frauenfussball wird dadurch fassbar, das war bei der letzten Fussballgeneration anders.

Hier nehmen Medien eine wichtige Rolle ein. Sie kommen selbst aus dem Sportjournalismus, waren bereits in den 00er-Jahren Redaktionsleiterin des Magazins «EUROSOCCER». Wie nehmen Sie seither den Wandel in der Berichterstattung über Frauenfussball wahr?

Der Wandel ist sehr stark. Damals waren wir vielleicht drei oder vier Journalistinnen, die über Fussball schrieben. Wir haben uns alle gekannt. Heute ist diese Gruppe grösser, Frauen interessieren sich vermehrt für das Feld. In meiner Zeit als Redaktionsleiterin durfte ich übrigens einmal eine Frau auf dem Cover bringen – und das hat bereits grosse Diskussionen ausgelöst. Wenn über Frauen berichtet wurde, dann über die Freundinnen der Spieler.

Wie wichtig ist ein Grossevent wie die Europameisterschaft im eigenen Land für die Entwicklung des Schweizer Frauenfussballs?

Die EM in der Schweiz ist sehr wichtig. Es standen so die nötigen Mittel für konkrete Massnahmen, um den Fussball für Mädchen und Frauen zu pushen. Wir konnten richtig viele Projekte vorwärtsbringen, es kommt Tempo rein bei der Mädchenförderung. Und die Vereine sind aufgesprungen, es gab grossartige Initiativen von über 50 Clubs im ganzen Kanton: Wir konnten in den letzten Monaten verschiedene Mädchencamps oder Turniere unterstützen.

Sie waren bereits bei der Männer-EM 2008 in der Projektorganisation tätig. Aus Ihrer Erfahrung: Was kann ein grosses Turnier in Bezug auf den Sport im Land auslösen?

2008 profitierte die Nachwuchsförderung stark vom Turnier. Ausserdem wurde die Infrastruktur modernisiert: Es entstanden Stadien wie zum Beispiel der St. Jakob Park. Das brachte den Schweizer Fussball sicher weiter, der Sport war aber auch vor dem Turnier schon sehr beliebt. Das ist bei der Women’s EURO anders – wir wollen mehr Mädchen für den Sport begeistern. Und gerade in Bezug auf die umfassende mediale Berichterstattung wird der Impact grösser sein.

Was braucht es, damit diese Effekte auch nachhaltig sind?

Die Heim-EM wird ein Turbo für die Entwicklung des Frauenfussballs sein. Dabei ist bemerkenswert, wie viel in nur zwei Jahren auf die Beine stellen konnten. Da sind die Angebote in den Vereinen, es gibt ein Printmagazin, breite Fernsehberichterstattung – das ist toll. Und verschiedene Massnahmen laufen bewusst bis mindestens 2027. Das stellt sicher, dass auch nach der EM Projekte und Initiativen vorhanden sind.

Text: Pascal Zeder

Bild: zVg/KEYSTONE/Alessandro della Valle

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