Resonanzradar #11: «Jetzt müssen wir dranbleiben»
Bei einer weiteren Diskussionsrunde im Resonanzraum des Publikumsrats der SRG.D standen die Menschen, welche die UEFA Women’s EURO 2025 medial begleiteten, im Fokus. Dabei diskutierte eine Gruppe fussballinteressierter Deutschschweizer:innen mit Vertreter:innen von SRF – beispielsweise über Quoten und die Strategie von SRF für mehr Expert:innen bei Fussballspielen im Studio. Christof Thurnherr, Mitglied des Leitungsteams des Publikumsrats der SRG.D, fasst die spannendsten Erkenntnisse des Abends zusammen.
Über den Resonanzradar
Über den Resonanzradar
Der «Resonanzradar» ist der Blog des Leitungsteams des Publikumsrats der SRG Deutschschweiz. In regelmässigen Abständen informiert es so zu Neuigkeiten und Erkenntnissen aus dem Resonanzraum.
Nun ist sie vorbei, die grosse Fussball-Sommerparty. Spannende Spiele, die erste Fussball-Kommentatorin von SRF und Traumquoten. Ein voller Erfolg – so das Fazit aus Sicht der Veranstalter:innen und der Medien. Aber wird vom Hype auch in den nächsten Wochen, Monaten und darüber hinaus noch etwas zu spüren sein? Werden Frauen einen festen Platz als Kommentator:innen, im Studio und in weiteren Schlüsselfunktionen des Fussballs in den Medien behalten, und führt die grosse mediale Aufmerksamkeit rund um den Grossevent allgemein zur Verbesserung der Rahmenbedingungen im Frauenfussball?
EM eine Momentaufnahme einer langjährigen Strategie
Diesen Fragen ging der Resonanzraum des Publikumsrats SRG.D an der Diskussionsrunde, die am Abend des zweiten Halbfinals der EM zwischen Deutschland und Spanien im SRF-Studio stattfand, nach. Mit Reto Gafner, Co-Lead Gattungsstrategie Sport, stand den Teilnehmer:innen ein Austauschpartner zur Verfügung, der massgeblich an der Besetzung der aktuellen Kommentator:innen beteiligt war. Mit Balint Kalotay, Produzent SRF Sport, war zudem ein Verantwortlicher für die mediale Begleitung von Fussball-Grossanlässen bei SRF dabei. Spannende Einblicke in die Welt des Fussballs brachte Martina Voss-Tecklenburg, langjährige Expertin bei SRF, ins Gespräch ein. Und auch Natalie Pedrocchi, Leiterin Grossprojekte Sport bei SRF, stellte sich den Fragen des Publikums.
Die Diskussion startete mit Fragen zur Aufgabe der Kommentator:innen, zu ihren Fähigkeiten und zum Verfahren, das bei der Besetzung dieser Position zum Zuge kommt. Insbesondere das Duo Rachel Rinast – die erste Fussball-Kommentatorin der Deutschschweiz – und Clavin Stettler wurde thematisiert. Vonseiten SRF wurde betont, dass man mit der Leistung der beiden sehr zufrieden sei und dass in den letzten Jahren ein strategischer Fokus auf die Entwicklung des Kommentar- und Moderationsteams gelegt wurde. Es sei denn auch kein Zufall, dass bei der Women’s EURO diverse Frauen im Studio zu sehen und am Mikrofon zu hören waren. In Reto Gafners Worten: «Wir verfolgen seit Jahren eine Strategie für mehr Expertinnen bei Fussballspielen im Studio. Und das gilt nicht nur für die Women’s EURO, sondern auch bei den Spielen von Männern und Frauen. Bei SRF-Sport haben wir ein Fussball-Team, wir unterscheiden nicht nach den Geschlechtern.»
«Schlecht beraten, wenn wir nicht weiter auf Fussball setzen»
Das aktuelle Niveau der Begleitung der Fussball-Spiele bei SRF wurde vom Publikum durchwegs positiv beurteilt. Aus der Diskussion ergab sich, dass die langfristigen Bemühungen seitens SRF die Bedürfnisse des Publikums sehr gut abholen und dass dabei die vielfältigen Funktionen, die der Live-Kommentar zu erfüllen hat, gut abgedeckt werden. Insbesondere das Co-Kommentatoren-System wurde als überaus publikumsfreundlich begrüsst. Das folgende Votum eines Diskussionsteilnehmers unterstreicht dies: «Ich finde das System des Co-Kommentars sehr gut. Die Expertin kann ganz andere Geschichten erzählen und verfügt über Insider-Informationen, die ein Kommentator nicht kennt.» Die Leistung von Rachel Rinast ist auch anderen Teilnehmenden positiv aufgefallen – so sehr, dass sich einige Stimmen gar eine Begleitung von Fussballspielen durch sie allein wünschten.
Zitate aus dem Resonanzraum:
Insgesamt war es eine EM der Superlative. Balint Kalotay bestätigte: «Das Interesse an Werbezeit war bei kaum einem Sportereignis so gross wie bei der Women’s EURO. Das zeigt das grosse Interesse in der Schweizer Gesellschaft.» Und Reto Gafner ergänzte: «Die Schweizer Spiele waren absolute Topevents. Die Frauen-Nati erreichte vergleichbare Quoten wie ein Wimbledon-Finale mit Roger Federer oder Marco Odermatts Gewinn der Lauberhorn-Abfahrt.» Das sei aber auch als Auftrag für die Zukunft zu verstehen: «Aber jetzt müssen wir dranbleiben. Wir wären ja schlecht beraten, wenn wir nach diesem riesigen Erfolg der WEURO nicht weiter voll auf Fussball setzen würden.»
Weitere Programmplanung von SRF interessiert Publikum
Im Anschluss an die Diskussionsrunde wurde das Thema der Nachhaltigkeit auch im weiteren Verlauf des Abends unter den Teilnehmenden des Resonanzraums und während dem Q&A mit Moderator Lukas Studer weiter vertieft. Dabei waren interessanterweise viele ähnlicher Meinung: dass der aktuelle Hype allein noch nicht viel zur Verbesserung der Rahmenbedingungen im Frauenfussball beitrage. Ein Gast brachte es so auf den Punkt: «Es braucht jetzt Massnahmen für die Nachhaltigkeit. Jetzt ist der Frauenfussball auf einem Hoch – dieses wird aber schnell wieder in sich zusammenfallen nach der EM.»
Ein wichtiger Erfolgsfaktor dürfte dabei eine tragfähige Zusammenarbeit von Fussballverband und Medien sein. Ein Positivbeispiel nannte Martina Voss-Tecklenburg: «In Deutschland traf sich der Fussballverband mit den Fernsehstationen und entwickelte gemeinsam eine Strategie. Zum Beispiel mit geschickt platzierten Highlight-Spielen, die in grossen Stadien ausgetragen wurden. Und es zeigt sich, dass solche Events dann auch die nötigen Tickets verkaufen.» Ob diesbezüglich auch in der Schweiz der Wille gross genug ist? Die Diskussionsteilnehmer: innen aus dem Resonanzraum jedenfalls sind gespannt auf die weitere Programmplanung von SRF.
Spanien konnte dieses Halbfinal-Spiel bekanntlich erst in der Verlängerung für sich entscheiden. So bot der lange Abend den Teilnehmenden viel Gelegenheit, das Gespräch weiterzuführen. Und die angeregte Diskussion zeigte, dass der Dialog gerade erst begonnen hat. Wir, das Leitungsteam des Publikumsrats, werden dranbleiben.
Zur Person
Christof Thurnherr ist Ombudsperson für eine Stadtverwaltung, Friedensrichter und Mitglied des Leitungsteams Publikumsrat SRG.D.