Kreml-Vertreter bei SRF: Deshalb ist Kritik am «Echo»-Interview unbegründet

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Fredy Gsteiger, Diplomatischer Korrespondent von SRF, interviewte für das «Echo der Zeit» den russischen Aussenpolitiker Konstantin Kosachev. Mehrere Zuhörende fanden: Hier erhält der Kreml eine Plattform für seine Propaganda. Doch die Kritik sei unbegründet, hält die Ombudsstelle in ihrem Schlussbericht fest.

Darum geht es in der beanstandeten Sendung

Am Rande des Weltkongresses der interparlamentarischen Union (IPU) in Genf sprach SRF-Korrespondent Fredy Gsteiger mit Konstantin Kosachev, Vizepräsident des Föderationsrates, der zweiten Parlamentskammer, und Vorsitzender der Aussenpolitischen Kommission. Das Interview gibt Einblick in die Sichtweise des Kremls und zeigt auf, wie schwierig eine Annäherung Russlands zum Westen ist.

«Echo der Zeit» vom 31. Juli 2025:
«Konstantin Kosachev: Einblick in die Sichtweise des Kreml»

Was wird beanstandet?

Die Beanstandenden sehen im ausgestrahlten Interview einen Verstoss gegen Artikel 4 des Radio- und Fernsehgesetzes. Denn: Das Gespräch mit dem Vertreter des Kremls werde nicht genügend kontextualisiert und sei daher einseitig. Der russischen Staatspropaganda werde eine grosse Plattform geboten, Fredy Gsteiger agiere unkritisch und liesse den Vertreter des russischen Regimes «eine Parallelwelt von historischen Zwängen skizzieren, die vergessen machen soll, dass es die russische Regierung war, die Tod und Elend über hunderttausende von Zivil- und Militärpersonen gebracht hat», so der Beanstander. Die von Russland angewendete Gewalt gegen die Ukraine werde verharmlost, was einen Verstoss gegen das RTVG darstelle.

Was sagt die Redaktion?

Die Redaktion schreibt in ihrer Stellungnahme, dass sie sich die Frage nach der Legitimität eines Interviews mit einem Vertreter der russischen Politik im Vorfeld gestellt hätten. Es gehöre jedoch zum Auftrag eines Service-public-Mediums, dem Publikum «die Realität zuzumuten» und auch solche Sichtweisen darzustellen. Wer der Ukraine helfen möchte, müsse sich mit der Argumentation des Aggressors auseinandersetzen, so die Redaktion.

Gegenüber dem Publikum sei transparent gemacht worden, dass es sich bei den Wortmeldungen um die Sichtweise des Kremls handle. Offenkundig falschen Behauptungen des Interviewten widerspreche Korrespondent Fredy Gsteiger. Die Aussagen würden für das Publikum eingeordnet.

Die Redaktion schreibt weiter, man würde nicht mit jedem russischen Politiker ein Interview führen: Beispielsweise würde man nicht mit Ex-Präsident Medwedew sprechen, der für die Verbreitung von Aggressionen und Fake News bekannt sei. Konstantin Kosachev trage hingegen die Perspektive Moskaus verständlich und in zivilisiertem Ton vor – deshalb würden auch andere renommierte Rundfunkanstalten wie die BBC oder die Deutsche Welle mit ihm sprechen.

Die Haltung von SRF im Fall des russischen Angriffskriegs sei seit Beginn an klar, das Interview sei nur ein kleiner Teil einer umfangreichen Berichterstattung. Darin finde man auch zahlreiche Gegenpositionen zu den Aussagen von Konstantin Kosachev.

Was sagt die Ombudsstelle?

Die Ombudsstelle schreibt in ihrem Schlussbericht, dass sowohl die UBI als auch das Bundesgericht mehrfach feststellten, dass das Vielfaltsgebot keine absolute Ausgewogenheit in jeder einzelnen Sendung verlange. Entscheidend sei das Gesamtprogramm.

SRF berichte seit 2022 in den unterschiedlichsten Facetten und äusserst umfangreich über den Ukrainekrieg. Die Haltung von SRF sei dabei deutlich ersichtlich, der Aggressor Russland werde in dieser Berichterstattung klar benannt.

Im beanstandeten Interview werde sowohl im Titel («Einblick in die Sichtweise des Kreml») als auch in der Anmoderation explizit angekündigt, dass es sich bei den Aussagen Kosachevs um die Position der russischen Regierung handle. Dadurch werde bereits klar, dass der Interviewte die Haltung des Westens kritisieren und den Angriffskrieg Russlands in eigener Weise darstellen würde. Die Aussagen seien also seitens SRF transparent eingeordnet worden.

Zudem frage Korrespondent Gsteiger durchaus kritisch nach, und zwar überall, wo Kosachev Falschinformationen verbreitet. Er tue dies aber nicht plakativ provokativ oder gar aggressiv, weil er sonst damit hätte rechnen müssen, dass das Gegenüber das Interview abbricht. Der Interviewer distanziere sich aber klar vom Befragten.

Ein Verstoss gegen Artikel 4 Abs. 1 («Verharmlosung von Gewalt») oder gegen das Vielfaltsgebot gemäss Artikel 4 Abs. 4 des Radio- und Fernsehgesetzes liegt laut der Ombudsstelle nicht vor.

Stellvertretend für alle Beanstandungen: Schlussbericht Nr. 11656

Text: SRG.D/pz

Bild: depositphoto/scaliger

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