SRG Deutschschweiz Ombudsstelle

Beitrag über Fukushima in der «Arena» beanstandet

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Mit E-Mail vom 17. März 2015 haben Sie die „ irreführende Fernsehberichterstattung zum Tsunami-Unglück in Fukushima-Daiichi und in Kesennuma vom 11.3.2011“ in der Sendung „Arena“ vom 13. März beanstandet. Den Erhalt Ihrer Eingabe habe ich mit meinem Brief vom 4. März bereits bestätigt.

Wie üblich, habe ich die Verantwortlichen von SRF gebeten, zu Ihren Kritiken Stel­lung zu beziehen. Dies ist erfolgt und in der Zwischenzeit habe ich die von Ihnen kritisierte Sendung sehr genau angeschaut. Ich bin somit in der Lage, Ihnen heute meinen Schlussbericht zu senden.

  1. Sie begründen Ihre Beanstandung wortwörtlich wie folgt: „Anlässlich der Arena-Sendung vom 13.3.2015 ist ein Einschub zum obigen Unglück vorgenommen worden. Erneut (zum x-ten Mal) sind dabei die im Landesinnern gelegene Gross-Stadt Fukushima, die AKW-Anlage in Fukushima-Daiichi (am Pazifik) und das vom Tsunami am schwersten betroffene Kesennuma (auch am Pazifik, nördlich von Sendai gelegen) durcheinandergebracht worden. Gezeigt hat man die katastrophale Situation in Kesennuma nach dem Tsunami, aber mit einem Desaster-Text zum AKW in Fukushima (Kesennuma ist wie bisher überhaupt nicht erwähnt worden, Fukushima-Daiichi auch nicht). Abermals hat man deshalb den Eindruck erhalten können, dass es den Berichterstattern primär um die Instrumentalisierung des Unglücks gegangen ist zwecks Diffamierung der Atomkraft. Zur Sache: In Fukushima hat der Tsunami logischerweise keine Schäden anrichten können; aber allenfalls sind geringe, kaum nennenswerte aufgrund der Ausstrahlung des Seebebens entstanden. In Fukushima-Daiichi soll die Schutzmauer gegen Tsunami-Einwir-kungen lediglich eine Höhe von zirka sieben Metern erreicht haben, was bei Wellen von bis zu zwanzig Metern Höhe nicht ausreichend war. Auch andere Vorkehrungen waren offenbar nicht gemäss den Richtlinien vollzogen worden. Meines Wissens gab es aber keine Opfer durch das Unglück selbst. Kesennuma: Dort ist weit und breit kein AKW. Aber der verheerende Tsunami vom 11.3.2011 forderte rund 21‘000 Opfer (etwa 16‘000 Tote und ungefähr 5‘000 Vermisste). Hinzu kamen die gewaltigen Zerstörungen, die auch am Fernsehen gezeigt wurden. Meines Erachtens ist das Schweizer Fernsehen zu rügen wegen unsorgfältiger und tendenziöser Berichterstattung in dieser Angelegenheit. Wer sich gegen die Atomkraft aussprechen möchte, was selbstverständlich zulässig ist, möge sich an die Fakten halten und von Manipulationen absehen.“ Wie bereits erwähnt, haben die Verantwortlichen von SRF zu Ihren Kritiken Stellung bezogen. Ich möchte Ihnen das Schreiben von Herrn Jonas Projer, Redaktionsleiter von „Arena“, nicht vorenthalten. Er schreibt Folgendes:
  2. „Vielen Dank für die Zustellung der Beanstandung von Herrn X zu unserer Sendung vom 13. März 2015 (Titel: ‚92% Nein: Super-GAU für die Energiewende?’), Geschäftsnummer 3976. Gerne nehmen wir dazu wie folgt Stellung. Herr X kritisiert, dass in der entsprechenden Sendung ‚die Gross-Stadt Fu-kushima’, ‚die AKW-Anlage in Fukushima’ und ‚Kesennuma’ in einem Beitrag durcheinandergebracht gebracht würden. Wir sind mit dem Beanstander einig, dass der Begriff ‚Fukushima’ stellvertretend für die Katastrophe im Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi gebraucht wurde. Obwohl es Unterschiede zwischen den vom Beanstander eingebrachten Ortsbezeichnungen gibt, sind wir der Auffassung, dass sich in unserem Kulturkreis und bei unseren Fernsehzuschauerinnen und -zuschauern für den Störfall im Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi und dessen Auswirkungen der Begriff ‚Fukushima’ verfestigt hat – und wir auf dieses Vorwissen zählen dürfen. Wir glauben deshalb, dass sich die Zuschauerinnen und Zuschauer zu Hause – wie auch die Interviewpartner auf der Strasse – durchaus im Klaren sind, was genau gemeint ist, wenn von ‚Fukushima’ die Rede ist. Ausserdem hat sowohl der Moderator in seiner Anmoderation zur Strassenumfrage, als auch die Reporterin bei der Strassenumfrage von der ‚Atomkatastrophe von Fukushima’ gesprochen. Des Weiteren moniert der Beanstander, man zeige die ‚katastrophale Situation in Kesennuma nach dem Tsunami, aber mit einem Desaster-Text zum AKW in Fukushima’. Und weiter: ‚Hinzu kamen die gewaltigen Zerstörungen, die auch am Fernsehen gezeigt wurden.’ Diesem Punkt halten wir entgegen, dass in der gesamten Arena vom 13. März 2015 kein einziges Bild aus Japan gezeigt wurde – weder vom Tsunami noch von der Katastrophe im Kernkraftwerk. Ausserdem wurde lediglich nach dem Zeitpunkt gefragt, wann die Katastrophe im Kernkraftwerk denn gewesen sei (Frage Reporterin: ‚Die Atomkatastrophe von Fukushima: Wie lang ist das her?’). Ausserdem wurde nach den Erinnerungen von damals und dem möglichen Einfluss auf die schweizerische Energiepolitik von heute gefragt. Im Rahmen der Programmautonomie sind wir frei, den Protagonisten die Fragen zu stellen, die uns wichtig scheinen. Einen ‚Desaster-Text’ können wir nicht ausmachen, da von Seiten der Redaktion überhaupt kein Off-Text geschrieben wurde. Es werden lediglich die Antworten der Protagonisten bei der Strassenumfrage eingespielt. Ausserdem wirft der Beanstander der Redaktion ‚unsorgfältige und tendenziöse Berichterstattung’ vor, dass sich die Redaktion ‚gegen die Atomkraft’ ausspreche sowie sich nicht ‚an die Fakten halte’. Er verlangt des Weiteren, dass die Redaktion ‚von Manipulationen’ absehen solle. Der eine Minute fünf Sekunden lange Beitrag, der hier zum Anlass der Beanstandung führte, diente im letzten Teil der Arena vom 13. März 2015 lediglich als illustrierendes Beispiel, dass die Erinnerung an die Katastrophe in Japan zu verblassen scheint. In der anschliessenden Diskussionsrunde konnten beide Seiten ihre Ansichten zu der Schweizerischen Energiepolitik und ihrer Zukunft darlegen. Die Redaktion bezog dabei nie Stellung. Ausserdem wurde nur mit offiziellem Zahlenmaterial des Bundes operiert. Der Vorwurf der tendenziösen, manipulativen Berichterstattung greift deshalb ins Leere. Aus den genannten Gründen können wir nichts erkennen, was das Sachgerechtigkeitsgebot verletzen könnte. Wir bitten Sie deshalb, die Beanstandung abzulehnen.“
  3. Soweit die Stellungnahme des Redaktionsleiters von „Arena”. Nachdem ich die von Ihnen kritisierte Sendung analysieren konnte, scheinen mir die Argumente von Herrn Jonas Projer sehr plausibel zu sein. Um Wiederholungen zu vermeiden, kann ich mich in meiner eigenen Beurteilung kurz halten. Gegenstand Ihrer Beanstandung ist die Tatsache, dass in der Sendung „Arena“ von der Nuklearkatastrophe von „Fukushima“ die Rede war. Richtig wäre gewesen, von „Fukushima-Daiichi“ zu sprechen, denn die japanische Grossstadt Fukushima, Verwaltungssitz der gleichnamigen Präfektur Fukushima im Nordosten der Hauptinsel Honshū, war vom Tsunami vom 11. März 2011 kaum betroffen. Sie erachten dies als eine Manipulation zwecks Diffamierung der Atomkraft. Ich muss Ihnen offen sagen, dass ich Ihre Kritik nicht nachvollziehen kann. Denn Sie sind sicher mit mir einig, dass in der Umgangssprache die schweren Störfälle im japanischen Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi stets als „Nuklearkatastrophe von Fuku-shima“ benannt werden. Für das Publikum war somit klar, was mit dem Begriff „Fuku-shima“ gemeint war. Ich sehe deshalb nicht ein, inwiefern diese Ungenauigkeit als manipulativ angesehen werden kann. Dies umso mehr, als das Hauptthema der „Arena“ der Frage gewidmet war, ob nach der massiven Ablehnung der GLP-Energiesteuer-Initiative die angestrebte neue Energiepolitik noch eine Chance hat. Erst am Ende der Sendung kam – insbesondere durch eine Strassenumfrage – die Katastrophe von Fukushima und deren Auswirkungen für den Ausstieg aus der Atomenergie zur Sprache. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass sich das Publikum über das diskutierte Thema eine eigene Meinung bilden konnte. Das Sachgerechtigkeitsgebot wurde nicht verletzt. Ihre Beanstandung, soweit ich darauf eintreten konnte, erachte ich als unberechtigt.
  4. Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG entgegenzunehmen. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI (Monbijoustrasse 54A, Postfach 8547, 3001 Bern) orientiert Sie der beiliegende Auszug aus dem Bundesgesetz über Radio und Fernsehen.

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