Evolution statt Revolution – der Weg zur digitalen Medienordnung

Die No-Billag-Initiative beschäftigt die Schweiz. In wenigen Wochen hat das Volk entschieden: Will es weiterhin gebührenfinanzierte Medien in der Schweiz oder will es sie dem Markt überlassen? Ein Gastkommentar von Philipp Metzger, Direktor Bundesamt für Kommunikation (BAKOM).

Am 4. März 2018 befindet das schweizerische Stimmvolk über die Volksinitiative «Ja zur Abschaffung der Radiound Fernsehgebühren (Abschaffung der Billag-Gebühren)». Bereits der Titel deutet darauf hin, dass das Volksbegehren einen radikalen Wandel bezweckt. Der vorgeschlagene neue Verfassungstext untermauert dies: Er verbietet die Erhebung von Empfangsgebühren sowie die Subventionierung von Radio- und Fernsehstationen und verlangt die Versteigerung von Konzessionen. Laut Übergangsbestimmung müsste der Bundesrat die erforderlichen Ausführungsbestimmungen bereits bis zum 1. Januar 2019 erlassen. Diese gälten, bis die gesetzlichen Bestimmungen des Parlaments in Kraft treten würden.
Der Wechsel zu einer rein kommerziellen Finanzierung von Radio und Fernsehen hätte umgehende und einschneidende Konsequenzen. Das Initiativkomitee argumentiert, die Abschaffung entlaste Haushalte und Unternehmen. Eine «ungeheure Kaufkraft von 1,37 Mrd. Franken pro Jahr» werde freigesetzt. Bundesrat und Parlament befürchten dagegen einen Kahlschlag mit gravierenden Auswirkungen auf die Volkswirtschaft (Verlust von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung), vor allem aber auf Demokratie, Kultur und Gesellschaft in diesem Land. Sie wehren sich dagegen, dass dieser Betrag dem schweizerischen Medienwesen künftig entzogen wird. Im Gegensatz zu den Initianten vertrauen sie nicht leichtfertig auf das freie Spiel der Marktkräfte, das quasi von alleine zu einer vielfältigen, qualitativ befriedigenden Information der gesamten Bevölkerung in allen Landesteilen führen soll. Bundesrat und Parlament finden es problematisch, wenn nur noch produziert würde, was rentiert. Absehbar wären eine massive Ausdünnung des Angebots und ein drastischer Abbau, gerade auch in den kleineren Sprachregionen. Die SRG, aber auch 21 Lokalradios und 13 Regionalfernsehen wären in ihrer Existenz bedroht. Bei einer Annahme der Initiative würde die Schweiz als erstes Land Europas den Service public für Radio und Fernsehen abschaffen. Auch wenn aus Kreisen der Initiativbefürworter neuerdings anderes zu hören ist, lässt der Text der Initiative dem Parlament kaum Spielraum bei der Umsetzung: Mit der Annahme würde eine öffentliche Finanzierung von Radio und Fernsehen ausgeschlossen.

«Mit seinen Beschlüssen hat der Bundesrat die Voraussetzungen für eine digitale Medienordnung geschaffen – ohne zerstörerische Radikalmassnahmen.»

Auch bei einem Nein bleibt medienpolitisch nicht alles wie heute: Da der Online-Bereich an Bedeutung gewinnt, will der Bundesrat das RTVG zu einem Gesetz über elektronische Medien weiterentwickeln. Zudem soll die SRG bereits ab nächstem Jahr mit einer neuen Konzession mit weniger Mitteln mehr leisten – sprich effizienter werden. Dazu gehört, dass sie sich stärker von kommerziellen Angeboten unterscheidet und den Schwerpunkt noch konsequenter bei der Information setzt. Schliesslich wurde die Radio- und Fernsehabgabe per 1. Januar 2019 auf 1 Franken pro Tag gesenkt mit dem Ziel, sie in Zukunft noch weiter zu reduzieren. Mit all diesen Beschlüssen hat der Bundesrat die Voraussetzungen für eine digitale Medienordnung geschaffen – ohne zerstörerische Radikalmassnahmen.

Text: Magazin LINK/Philipp Metzger

Bild: BAKOM

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