Moderationsstil der Sendung «Arena» beanstandet

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Mit Ihren e-Mails vom 4. Juni 2018 beanstandeten Sie den Moderationsstil der Sendung «Arena» (Fernsehen SRF) und die angebliche Benachteiligung politisch rechtsstehender Gäste. Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Immer wieder stelle ich bei sämtlichen Arena-Sendungen fest, dass Gespräche oder ‹Plädoyers› von Gästen mit politisch eher rechter Gesinnungen permanent von Jonas Broier zerzaust und zerstückelt werden, die Gespräche oder ‹Plädoyers› von Gästen mit politisch eher linker Gesinnungen hingegen in aller Ausführlichkeit ohne Unterbrechung vorgebracht werden können. Kürzlich wurde mal eine Redezeitkontrolle eingeführt......Diese ist völlig nichtssagend weil die Redezeit der eher rechts Gesinnten wie gesagt permanent mit Zwischenfragen oder Verweisen auf spätere Zeitpunkte der Sendung geblockt oder künstlich in die Länge gezogen wird. Ein Statement, das die Zuschauer verstehen, ist somit fast nicht möglich. Der Zusammenhalt verliert sich im Sumpf der Gegenfragen, weil immer wieder die Zwischenfragen von Jonas Broier kommen! Bei den Gästen der linken Gesinnung werden Gegenfragen immer erst nach ihren ausführlichen Plädoyers gestellt. Dieses Unding ist vermutlich schon x mal gerügt worden, ohne dass sich in der Zwischenzeit daran etwas geändert hat. Ausser eben mit der Alibiübung ‹Redezeitkontrolle› welche wohl jetzt wieder stillschweigend abgeschafft worden ist...»

Da ich nicht wusste, welche Sendungen ich nun überprüfen sollte, schrieb ich Ihnen:

«Wenn Sie bei der Ombudsstelle eine Sendung beanstanden wollen, dann müssen Sie sagen, welche (also nicht nur: ‹Arena›, sondern auch, wann sie ausgestrahlt wurde). Sie können auch mehrere Sendungen beanstanden, aber auch dann müssen Sie sie konkret benennen (z.B. die letzten drei «Arena»-Sendungen).

Was die Redezeitkontrolle betrifft, so gilt sie nur für Abstimmungs-‹Arenen›, also für Sendungen, die dem Thema einer bevorstehenden Volksabstimmung gelten. Da muss strikte Parität herrschen. In allen anderen Diskussionen der «Arena» achtet die Redaktion zwar auch darauf, dass die Positionen ausgewogen zum Zug kommen, aber manchmal gibt es drei oder vier unterschiedliche Positionen und nicht nur zwei.

Falls Sie also eine Beanstandung anhängig machen wollen, dann bitte ich Sie, sich mit konkreten Angaben nochmals zu melden.»

Darauf antworteten Sie:

«Wie ich bereits geschrieben habe handelt es sich um sämtliche oder einfacher gesagt um alle Arena-Sendungen. Es ist müssig diese alle aufzuzählen.

Redezeitkontrolle nur bei bevorstehenden Volksabstimmungen wird so sein. Ist mir gar nicht bewusst aufgefallen. Hierzu meine Entschuldigung! Aber eben auch bei diesen wird permanent zerstückelt und zerzaust sobald sich das rechte Lager zu Wort meldet.

Wenn Sie schon mal eine Arena-Sendung gesehen haben, dann wissen Sie von was ich rede.

Und wenn Sie trotzdem einen konkreten Fall haben wollen: die letzte Sendung mit Herr Somm, Frau Surer, Frau Bühlmann und Herr Molina. Speziell Herr Somm konnte seinen Standpunkt nicht ausreichend kundtun. Frau Bühlmann hingegen sehr. Jedoch nur soweit es sie interessierte. Gegenfragen wurde ausgewichen. Auf den Einwand von Frau Surer dass die Förderung von E-Autos als Klimanützlinge nicht zu Ende gedacht wird weil man die Entsorgung der hochgiftigen Akkus völlig ausser Acht lässt, wurde gar nicht erst eingetreten. Von niemandem! Es schien ein heikles Thema zu sein das nicht angesprochen werden durfte...»

Ich entschied dann, dass im Rahmen einer Zeitraumbeanstandung drei Sendungen der «Arena» überprüft werden: die von Ihnen genannte vom 3. Juni 2018 («Arena/Reporter»: «Wer rettet die Welt?»)[1] und davor jene zwei letzten, die Jonas Projer leitete und die keine Abstimmungs-«Arenen» waren, nämlich die vom 4. Mai 2018 («EU-Debatte – die Wirtschaft erwacht»)[2] und die vom 18. Mai 2018 («Sollen Tamynique heiraten dürfen?»)[3].

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für die Sendung «Arena» äußerte sich Herr Jonas Projer, Leiter Fachredaktion Talk und Moderator:

«Vielen Dank für die Zustellung der Beanstandung von X (Geschäftsnummer 5487). Gerne nehmen wir dazu wie folgt Stellung.

Der Beanstander stellt die Behauptung auf, dass politisch rechtsstehende Gäste in der ‹Arena› aufgrund ihrer politischen Positionierung weniger zum Zug kommen als politisch linksstehende. Dies trifft aus Sicht der ‹Arena›-Redaktion nicht zu.

Die Redaktion der ‹Arena› erhält gelegentlich Zuschriften wie jene des Beanstanders, und zwar von links wie auch von rechts. Meistens betrifft die Kritik Sendungen, in der rhetorisch starke, z.T. dominant auftretende Gäste aus den Polparteien mitdiskutierten – z.B. Tamara Funiciello, Roger Köppel, Cédric Wermuth oder Christoph Blocher. Wir beobachten dabei in der Regel, dass die beanstandende Person sich demselben politischen Lager zuordnet wie der entsprechende Gast. Konkret: In Zuschriften von politisch linksstehenden ZuschauerInnen wird kritisiert, dass z.B. Tamara Funiciello zu stark unterbrochen wurde, in Zuschriften von der SVP nahestehenden ZuschauerInnen ein zu starkes Intervenieren bei Voten von z.B. Roger Köppel.

Aus unserer Sicht sind diese Wahrnehmungen also erstens zumindest zum Teil subjektiv geprägt. So erhalten wir selbst in Sendungen mit gestoppter Redezeit regelmässig Zuschriften von Zuschauern aus beiden Lagern, welche überzeugt sind, dass ‹ihre Seite› (an Redezeit, nicht etwa bezüglich Unterbrechungen) unfair behandelt worden sei.

Zweitens ist es tatsächlich möglich, dass die Moderation bei manchen Gästen – wie z.B. den oben genannten – stärker interveniert als bei anderen. Dies ist der erwähnten rhetorischen Dominanz des Gasts geschuldet, nicht etwa seiner politischen Positionierung. Korrelationen sind möglich, liegen aber natürlich ausserhalb der Verantwortung der ‹Arena›: Die Annahme scheint plausibel, dass PolitikerInnen von teilweise auf Opposition gebürsteten Polparteien in Diskussionsrunden dominanter auftreten als PolitikerInnen von Mitteparteien, deren Politik stärker durch die Suche nach Konsens und Kompromiss geprägt ist.

Wir danken für die Möglichkeit, zur Beanstandung Stellung nehmen zu können, und stehen für Rückfragen jederzeit zur Verfügung.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendungen. Ihr Vorwurf ist, dass Moderator Jonas Projer linke Gäste weniger unterbricht und weniger zurechtweist als rechte Gäste. Sie finden auch, dass politisch rechtsstehende Redner ihre Position weniger vollständig erläutern können als politisch linksstehende Rednerinnen, und erwähnen als Beispiel Markus Somm, Chefredaktor der «Basler Zeitung», der zu kurz gekommen sei, im Unterschied zu Alt-Nationalrätin Cécile Bühlmann von greenpeace, die ausführlich zu Wort gekommen sei.

Zunächst stellt sich die Frage: Wer ist links? Wer ist rechts? Das ist einigermaßen klar bei Politikern der SVP, die rechts eingeordnet werden können, und solchen der SP, die zur Linken gehören. Was aber ist mit Dr. h.c. Heinz Karrer, dem Präsidenten von economiesuisse, der verschiedenen Verwaltungsräten der Schweizer Wirtschaft angehörte und angehört? Als Wirtschaftsvertreter müsste man ihn zur Rechten rechnen. In der Sendung über das Verhältnis der Schweiz zur EU aber stand er im schroffen Gegensatz zu SVP-Nationalrat Lukas Reimann. Ist er deswegen ein Linker? Oder wie verhält es sich mit der Autorennfahrerin und Fernseh-Moderatorin Christina Surer? Sie vertritt teils rechte, teils linke Positionen. Ich werde darum beide in der nachfolgenden Tabelle der Mitte zurechnen.

Ich habe nachgeprüft, wie oft der Moderator in den drei untersuchten Sendungen die Gäste unterbrochen hat. Dabei ließ ich jene Szenen außer Acht, in denen die Gäste sich gegenseitig unterbrachen. Denn es geht ja um die Rolle von Moderator Jonas Projer. Das Ergebnis zeigt die nachfolgende Tabelle:

Zahl der Unterbrechungen der Gäste durch den Moderator je nach politischer Position

Linke/Progressive

Mitte/Moderate/Unabhängige

Rechte/Konservative

«Arena» vom 4. Mai 2018: EU-Debatte – die Wirtschaft erwacht

Daniel Lampart, SGB

4x

Heinz Karrer, economies.

5x

Lukas Reimann, SVP

5x

Lukas Wegmüller, nebs

0x

Martin Landolt, BDP

0x

Sandra Schneider, Auns

0x

Christa Tobler, Prof. Uniba

2x

Zusammen

Progressive

4x

Moderate

7x

Konservative

5x

«Arena» vom 18. Mai 2018: Sollen Tamynique heiraten dürfen?

Kathrin Bertschy, GLP

7x

Ruedi Löffel, EVP

2x

Dominique Rinderknecht

0x

Regula Lehmann

4x

Tamy Glauser, Model

0x

Lisa Leisi, EDU

2x

Michel Rudin, Pink Cross

2x

Roland Lutz, SVP

0x

Arne + Alvaro

1x

Rudolf Geiger

3x

Zusammen

Progressive

10x

Moderate

Konservative

11x

«Arena» vom 3. Juni 2018: Wer rettet die Welt?

Cécile Bühlmann, greenp.

0x

Christina Surer

3x

Markus Somm, BaZ

6x

Fabian Molina, SP

3x

Meret Schneider

0x

Nathalie Bino

0x

Zusammen

Progressive

3x

Moderate

3x

Konservative

6x

Gesamttotal

Progressive

17x

Moderate

10x

22x

Es handelt sich natürlich bei den drei Sendungen um eine Zufallsstichprobe. Aber wir haben sie nun mal gewählt. Nimmt man das Gesamtergebnis, so trifft Ihr Vorwurf zu: Die Rechten wurden häufiger unterbrochen als die Linken. Die Frage ist, welcher Seite man die Moderaten, die Mitte zurechnet. Und die weitere Frage ist, was das Motiv für die Unterbrechungen war. Darauf komme ich noch.

Betrachten wir die Sendung vom 4. Mai 2018, die der schweizerischen Europapolitik galt, so sind die Unterbrechungen zwischen Links und Rechts quasi ausgeglichen. Am meisten unterbrochen wurden die Moderaten. Da Heinz Karrer die Gegenposition von Lukas Reimann vertrat, könnte man seine Unterbrechungen mit gutem Grund zu jenen der Linken hinzuzählen. Dann hätten wir ein Verhältnis von 9:5 zu Lasten der Linken. Was die Redezeiten betrifft, so kam Nationalrat Reimann ausgiebig zum Zug. Er war gegenüber Daniel Lampart vom Gewerkschaftsbund und econonmiesuisse-Präsident Heinz Karrer in keiner Weise benachteiligt.

Wenn wir einen Blick auf die Sendung vom 18. Mai 2018 werfen, die dem Thema «Ehe für alle» gewidmet war, sind die Unterbrechungen zwischen Progressiven und Konservativen wiederum so gut wie ausgeglichen. Auch hier konnten alle ausreden, egal, ob sie die Ehe für alle befürworteten oder bekämpften.

Einzig in der Sendung vom 3. Juni 2018, die sich um Umweltverschmutzung und Klimawandel drehte, wurde die Rechte deutlich mehr unterbrochen als die Linke. Auch da stellt sich wieder die Frage, welcher Seite man Christina Surer zurechnet. Gehört sie auf die Seite der eher Konservativen, wo sie auch stand, dann wird das Verhältnis mit 9:3 zulasten der Rechten noch krasser. Teilt man sie aber den Ökologen zu, die sie mit vielen Wortmeldungen unterstützte, dann wäre das Verhältnis mit 6:6 ausgeglichen.

Der Ausreißer ist Markus Somm. Der Chefredaktor der «Basler Zeitung», der in Vielem, was er sagte, Recht hat, war in seinen Voten sehr dezidiert, polemisch, provokant, aber auch witzig. Er brachte zeitweise den Moderator schier zum Verzweifeln, und in einer kurzen Phase lief die Sache in einem Disput zwischen Somm und Projer sogar ganz aus dem Ruder. Der Moderator kann es aber nicht zulassen, dass ein Gast die Regie gewissermaßen selber übernimmt, immer wieder dreinredet und sich nicht stoppen lässt. Warum muss der Moderator Redner unterbrechen? Erstens, weil das Votum zu lang wird und die Diskussion weitergehen muss. Zweitens, weil er nachfragen will. Drittens, weil jemand anderes auf den Redner replizieren will. Und viertens, weil der Redner durch sein Verhalten oder seine Aussagen gegen die Gesprächsordnung verstößt. Es gibt also auch disziplinarische Gründe für die Intervention des Moderators. Vielleicht hat sich Jonas Projer durch Markus Somm ein- oder zweimal zu viel provozieren lassen. Per saldo hat das aber nicht dazu geführt, dass Markus Somm weniger zum Zug kam als andere, im Gegenteil: Er konnte seinen Standpunkt breit darlegen, so dass sich das Publikum frei eigene Meinung bilden konnte.

In Bezug auf die Sendung vom 3. Juni kann ich Ihren Eindruck bestätigen, dass der Moderator bei Markus Somm mehr intervenierte als bei andern. Aber er hatte auch Grund dazu. Nehmen wir aber die «Arena»-Sendungen im Gesamten, so kann ich Ihre Beanstandung nicht unterstützen: Rednerinnen und Redner, die politisch rechts stehen, werden nicht mehr unterbrochen als Rednerinnen und Redner, die politisch links stehen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

[1] https://www.srf.ch/sendungen/arenareporter/wer-rettet-die-welt

[2] https://www.srf.ch/sendungen/arena/eu-debatte-die-wirtschaft-erwacht

[3] https://www.srf.ch/sendungen/arena/sollen-tamynique-heiraten-duerfen

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