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«WM-Talk: Letschti Rundi» vom 19. Juni 2018 beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 19. Juni 2018 beanstandeten Sie den «WM-Talk: Letschti Rundi» (Fernsehen SRF) vom gleichen Tag. Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Soeben habe ich mir den ‘WM-Talk’ auf SRF zumindest teilweise angesehen. Spätestens bei der Frage des Moderators, ob man Afrika gesamthaft von der WM ausschliessen soll, habe ich ungläubig und entsetzt ausgeschaltet. Ist doch davon auszugehen, dass diese Länder sich genauso qualifiziert haben wie die Schweiz und jedes andere teilnehmende Land und sich damit denselben Respekt verdient haben. Wie kommt man auf die Idee vorzuschlagen, einen ganzen Kontinent von einer Veranstaltung auszuschliessen, die nach klaren Regeln abläuft?

Ich muss wirklich sagen, dass ich absolut schockiert und fassungslos bin darüber, was dem Zuschauer da heute auf SRF präsentiert wurde. An Dümmlichkeit, offenem Rassismus und billigen Plattitüden war das wirklich nicht zu überbieten. Nebst den unterirdischen Bemerkungen zu den Afrikanern kam der Zuschauer in den ‘Genuss’ folgender - wohlbemerkt durch den Moderator selbst geäusserten - geistigen Tiefflieger-Argumenten: Die Russen sowieso gedopt, die Ägypter ‘an höhere Mächte glaubend’, Jogi Loeb auf eine Nacht mit Merkel hoffend und die Schweizer sowieso deutschlandfeindlich. Einfach zum Fremdschämen - und ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie sich das multikulturelle Publikum im Hintergrund gefühlt hat beim Anhören dieser restlos idiotischen Vorurteile, die da zelebriert wurden.

Was da wohl in einem Versuch eines ‘ruppigen’ Fussball-Slangs abgehaltener Sendung geboten wurde, entspricht in keinster Weise dem Geist der WM oder irgendeiner anderen Sportveranstaltung. Mir scheint, als denke man bei der SRG, dass man sich in Bezug auf Fussball auf das denkbar unterste Niveau herablassen muss, was ja auch einiges über die Haltung der SRG gegenüber denjenigen Zuschauern aussagt, die ihr wie ich annehme den grössten Umsatz überhaupt einbringen. Da stellt sich für mich auch die Frage, was wohl die Sponsoren auf aller Welt über diese Sendung denken mögen. Bleibt zu hoffen, dass diese Sendung von möglichst wenigen Zuschauern gesehen wurde.»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für SRF-Sport äußerte sich Herr Nök Ledergerber, Stabchef SRF Sport:

«Zur Beanstandung betreffend WM-Talk vom 19. Juni nehme ich nach Rücksprache mit Mario Denzler, Bereichsleiter Formate und Grossprojekte, wie folgt Stellung:

Der WM-Talk ‘Letschti Rundi’ soll den langen WM-Tag, an dem stundenlang eingehend und vertieft mit sachlichem Zugang über die WM und den Fussball diskutiert wurde, mit einem unterhaltsamen Talk abrunden. Die Sendung hat zum Ziel, so über den WM-Tag zu reden, wie es zur gleichen Zeit an unzähligen Tischen oder Tresen geschieht, quasi ein Stammtisch-Gespräch. Dies wurde in der Sendungsanlage sehr transparent inszeniert: Mit einem Bar-Setting, mit einem Sendungsbeginn, bei dem der Moderator die ‘Letschti Rundi’ wie in einem britischen Pub einläutet und den Gästen ein letztes Getränk an den Tisch bringt.

Einzelne Aussagen können beim Stammtisch-Charakter sehr provokant und plattitüdenhaft wirken. Diese Einwürfe sollen aber bewusst das Gespräch lancieren, das in der Folge das Thema von verschiedenen Seiten beleuchten und einordnen soll. Schaltet jemand nach der provokanten Aussage aus, wie in diesem Fall beschrieben, dann fehlt dieser Teil.

Mit einem neuen Gesicht der Kollegen von SRF 3 und mit Unterstützung von Produzenten von SRF 3, die aber allesamt sehr fussballaffin sind, hat SRF Sport diesen Talk lanciert. Wir wollten damit neue Reize setzen, und wir wollten damit auch anders sein. Für uns war der WM-Talk sehr erfolgreich.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Ich bin mit Ihnen der Meinung, dass auch in einer lockeren Runde Rassismus nichts zu suchen hat. Äusserungen, die bestimmte Ethnien, Religionen, Nationen, das jeweils andere Geschlecht oder ganze Kontinente diskriminieren, verstoßen gegen das Radio- und Fernsehgesetz. Das Gleiche gilt für sexistische Sprüche. Sie haben in einer Sendung, die ja Öffentlichkeit herstellt und sich nicht im Privaten und Versteckten abspielt, nichts verloren.

Nur: Die drei Männer am Bartisch, die sich am Ende eines Fussball-Weltmeisterschaftstages eine Runde Bier genehmigen, tappen gar nicht in die Rassismus-Falle. Der Moderator Tom Gisler, der Fussball-Zeitschrift-Herausgeber Mämä Sykora und der Imitator und Schauspieler David Bröckelmann äußern sich zwar leichtfüssig, pointiert, skurill und mit einem Hang zum Blödeln. Aber sie bleiben im Rahmen. In Bezug auf Afrika kritisieren sie vor allem, dass die Nationalmannschaften dazu neigen, alte europäische Trainer anzustellen, und sie loben Senegal, das mit einem afrikanischen Trainer auftritt. Ich kann Rassismus weder gegenüber Afrika im Allgemeinen, noch gegen Ägypten, Russland oder Deutschland im Speziellen erkennen. Aus diesem Grund kann ich Ihre Beanstandung nicht unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

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