SRG Deutschschweiz Ombudsstelle

«Echo der Zeit»-Beitrag «Politiker beurteilen Ausschreitungen in Chemnitz» beanstandet

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Mit Ihrem Brief vom 17. September 2018 beanstandeten Sie die Sendung «Echo der Zeit» (Radio SRF) vom 28. August 2018 und dort den Beitrag «Politiker beurteilen Ausschreitungen in Chemnitz».[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

„Als regelmässiger Hörer der Informationssendung Echo der Zeit habe ich mir auch die Sendung vom Dienstagabend am 28.08.2018 zu den Vorgängen in Chemnitz angehört. Da in diesem Sendungsbeitrag Art. 4 des Radio- und Fernsehgesetzes m.E. massiv verletzt worden ist, wende ich mich an Sie.

In der Sendung wurde zuerst von Frau Cimi behauptet, zwei Tagen lang hätten ‚Rechtsextreme randaliert‘ und hätten ‚Jagd auf ausländische Menschen‘ gemacht. Am Montagabend, so fuhr sie fort, hätten sich ‚6000 Rechtsextreme‘ versammelt, ihnen gegenüber hätten sich ‚1000 Gegendemonstranten‘ befunden. Schon diese Einleitung erweckt den Eindruck, alle Demonstranten, ausser die 1000 Gegendemonstranten, hätten Jagd auf ‚ausländische Menschen‘ gemacht. Chemnitz sei dadurch zum Symbol von ‚Fremdenfeindlichkeit und rechter Gewalt‘ geworden. Damit waren die Themenschwerpunkte der Sendung markiert. Auch Melanie Pfändler, die dann einen zusammenfassenden Bericht zu den Demonstrationen gab, sprach davon, dass sich ‚die Rechtsextremen gestern und am Sonntag‘ versammelt hätten, dies beim Karl-Marx-Monument.

Doch es kam noch eine Steigerung, als Frau Cimi den Deutschland Korrespondenten Peter Vögeli zuschaltete und ihn fragte: <Es gab diese Menschenjagd am Sonntag, es gab diese Grossdemonstration von Neonazis gestern nach Sonntag. .... Was ist schiefgelaufen?”>

Peter Vögeli sagte dann, ‚alles‘ sei schiefgelaufen. Mit keinem Wort korrigierte er die Behauptung von Frau Cimi, es habe sich um eine Grossdemonstration von Neonazis gehandelt. Frau Cimi fuhr dann fort, dass, wenn man nun ‚die Bilder von Chemnitz‘ sehe, da sehe man ‚Leute mit Hitlergruss vor laufender Kamera‘. P. Vögeli verglich diese Demonstrationen weiter mit den Vorgängen in Hamburg beim G-20 Gipfel, obwohl in Chemnitz nur 16 Demonstranten und zwei Polizisten verletzt worden waren, wie in der gleichen Sendung berichtet worden war, während es in Hamburg um die 500 Verletzte gewesen waren, darunter Schwerverletzte. Zudem hatte es dort Sachschäden an Autos, Häusern im Umfang von 12 Mio. Euro gegeben, dies alles gemäss Wikipedia, während in Chemnitz von Sachschäden nicht die Rede war.[2]

Wenn man das nun alles zusammennimmt, nämlich die Jagd der rechtsextremen Demonstranten auf ausländische Menschen, ja sogar die Grossdemonstration von Neonazis, das Polizeiversagen wie in Hamburg und einige Bilder von Leuten mit Hitlergruss, so bekam man den Eindruck, dass in Chemnitz nur Neonazis in gewaltigem Ausmass gewütet hätten. Doch dieses Bild entsprach auch an jenem Dienstag keineswegs den Fakten. Der Sendungsbericht stellt deshalb eine ungeheuerliche Diffamierung jener Chemnitzer Einwohner dar, welche gewaltfrei demonstriert und keinen Nazigruss gezeigt haben. Peter Vögeli berichtete nicht aus Chemnitz selbst, wie es in der Sendung hiess, sondern aus ‚unterwegs in Bayern‘. Mit ihm wolle man nun genauer anschauen, was da passiert sei, erklärte Frau Cimi. Obwohl Herr Vögeli also nicht vor Ort war, tat er so, als wüsste er genau, was sich zugetragen hat. Er hat keine einzige Quelle genannt, worauf er seine Informationen abstützt. Da die Erklärung von Kanzlerin Angela Merkel, wonach es gemäss ‚Videos‘, die u.a. sie hätte, ‚Hetzjagden, Zusammenrottungen‘ gegeben habe, eingeblendet wurde, war es offensichtlich, dass sich Herr Vögeli allein auf diese Erklärung abstützte, was den Sachverhalt betrifft. Wie man nun zur Genüge weiss, gab – und gibt es immer noch - lediglich ein kurzes Video von 19 Sekunden Länge, welches als Beleg zu den allgemeinen Angriffen auf Ausländer herhalten muss. Es war vor der beanstandeten Sendung im Internet hochgeladen worden. Es zeigt, wie ein Mann in schwarzen Kleidern einem Ausländer nachsetzt und während dem Laufen, vielleicht 10 Meter lang, versucht, ihm einen Fusstritt in den Hintern zu geben. Da der Ausländer davonrennt, bleibt es bei diesem Sachverhalt. Dabei ertönt der Ruf. <Ihr seid nicht willkommen.> Es gab demzufolge nicht ‚Videos‘, sondern nur ein Video, was die angeblichen Hetzjagden betrifft. Zudem war – und ist immer noch - nicht bekannt, wer diesen Clip aufgenommen hat, weshalb nicht einmal nachgewiesen ist, dass die Gruppe von Männern an den beiden Demonstrationen überhaupt teilgenommen hat. Man weiss lediglich, dass es auf der Facebook Seite von ‚Antifa Zeckenbiss‘ erstmals hochgeladen worden ist und von dort in alle Welt verbreitet worden ist. Der Clip zeigt weder die Vorgeschichte der kurzen Verfolgung noch hat sich diese aus einer Demonstration heraus zugetragen, da man keine Demonstrantenmenge sieht. Wenn es allgemein Hetzjagden auf Ausländer gegeben hätte, so wäre eine Vielzahl von Clips auf YouTube hochgeladen worden. Das sagt der gesunde Menschenverstand.

Für mich ist die Berichterstattung vom 28.08.2018 im Echo der Zeit nicht nachvollziehbar, und auch nicht akzeptierbar. Nicht nachvollziehbar ist, dass Herr Vögeli die Behauptungen von Frau Merkel einfach übernommen und ohne Angabe von Quellen über die Demonstration ‚berichtet‘ hat. Wenigstens war Frau Cimi, deren angenehmer Stimme ich eigentlich immer gern zuhöre, so ehrlich, dass die erwähnt hat, dass Herr Vögeli nicht von vor Ort berichtete. Ich frage mich auch, warum Herr Vögeli nicht nur keine Quelle genannt hat, sondern auch keine eigene Prüfung und Bewertung des angeblichen Beweismaterials vorgenommen und insbesondere dieses Video nicht erwähnt hat, und warum er dazu keine kritischen Fragen gestellt hat. Am Tag der Sendung wurde ein Video hochgeladen, worin der Chefredaktor der Freien Presse von Chemnitz, Torsten Kleditztsch, klar gesagt hat, dass seine Journalisten, die vor Ort waren, nur vereinzelte Jagdszenen auf Migranten beobachtet hätten.[3] Hätte Herr Vögeli im Internet eigene Recherchen angestellt, wäre er – wie ich auch – auf die Aussagen dieses seines Berufskollegen gestossen und hätte sich über die Presseerklärung von Frau Merkel Gedanken machen müssen. Abschliessend muss man sagen, dass der Echobeitrag nach dem Prinzip pars pro toto vorgegangen ist. Es gab einzelne Vorkommnisse, wie zum Beispiel Hitlergrüsse, und wohl auch einige Angriffe auf Ausländer, wobei das Antifa Zeckenbiss Video für letzteres ein schwacher Beweis ist. Der Teil, der gemäss diesem Prinzip für das Ganze stehen soll, ist und bleibt äusserst bescheiden und ist mit Hamburg in keiner Weise zu vergleichen.

Es ist nicht mein Anliegen, Gewalttaten und Hitlergrüssen das Wort zu reden. Diese müssen berichtet und ihre Urheber medial zur Verantwortung gezogen werden. Das steht für mich ausser Frage, gleichgültig aus welcher politischen Ecke diese kommen. Es geht mir darum, dass sich auch das Echo der Zeit in den emotionalen Grossthemen Migration, Multikulturalismus und Islam an das Prinzip der sachgemässen, objektiven Berichterstattung hält. Erinnert sei daran, dass das Echo nie zulassen würde, dass man z.B. vo n djihadistischen Angriffen auf Europäer auf ‚die Muslime‘ als Gewalttäter schliessen würde. Zum Schluss möchte ich noch anfügen, dass ich mich zu diesem Echo Beitrag bereits per Mail an die Echo der Zeit Redaktion gewandt und um eine Stellungnahme gegeben habe. Da man mich ignoriert hat, wende ich mich nun an Sie. Ich ersuche Sie, diese Beanstandung zu prüfen und mir Bericht zu erstatten.“

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für das «Echo der Zeit» antwortete dessen Redaktionsleiter, Herr Beat Soltermann:

«Besten Dank für die Gelegenheit, Stellung zu nehmen zur Beanstandung von Herrn X. Herr X kritisiert die Berichterstattung über die Ereignisse in Chemnitz, die am 28.8.2018 im ‘Echo der Zeit’ zu hören war. Er sieht darin eine Verletzung von Art 4 RTVG, weil die Sendung nicht sachgerecht berichtet habe. Konkret geht es um einen Vorsetzer-Beitrag mit Reaktionen und ein einordnendes Gespräch, das die Moderatorin Nicoletta Cimmino mit Deutschland-Korrespondent Peter Voegeli geführt hat. Herr X kritisiert eine ganze Reihe von Punkten. Auf die wichtigsten gehe ich nachstehend gerne ein:

Verortung der Demonstranten

In der Ansage zum Vorsetzer-Beitrag heisst es: <In Chemnitz, einer Stadt in Ostdeutschland, gingen am Sonntag Rechtsextreme auf die Strasse und machten Jagd auf ausländische Menschen. Dies, nachdem am Rande eines Stadtfestes ein Deutscher bei einem Streit mit zwei Ausländern getötet worden war. Gestern gingen in Chemnitz wieder Rechtsextreme auf die Strasse. 6000 waren es. Ihnen stellten sich 1000 Demonstranten entgegen.> Im Gespräch mit Peter Voegeli ist zudem von einer ‘Gross-Demonstration mit 6000 Neo-Nazis’ die Rede. Alle 6000 Demonstranten als rechtsextrem oder als Neo-Nazis zu bezeichnen, war falsch. Es gab zwar unter den Demonstranten durchaus Neo-Nazis und Rechtsextreme. Es waren aber auch Menschen darunter, die diese Gesinnung nicht teilen, aber dennoch auf die Strasse gingen. Sie alle in einen ‘Topf’ zu werfen, war ein Fehler und entspricht nicht den Tatsachen. Wir haben diesen Fehler deshalb korrigiert.[4] und entschuldigen uns auch bei Herrn X. In der Berichterstattung nach dem 28. August haben wir folgerichtig nie mehr von ‘6000 Rechtsextremen oder Neo-Nazis’ gesprochen.

Herr X kritisiert zudem, dass die ‘tausend Gegendemonstranten’ nicht genauer verortet wurden. Aus dem Kontext wird jedoch klar, dass es sich bei diesen Demonstranten um jene handelt, die ein offenes Verhältnis zur Migration haben und ein Zeichen gegen Gewalt gegen Ausländer setzen wollten.

‘Angriff’, ‘Jagdszenen’, ‘Hetzjagd’?

Was hat in Chemnitz stattgefunden? Darüber diskutiert nicht nur die Öffentlichkeit, darüber streitet sich auch immer noch die Politik. Die Antwort auf die Frage ist zudem eine der Ursachen für die jüngste Krise in der deutschen Regierungs-Koalition. Die richtige Wortwahl ist im Journalismus wichtig. Gerade auch im ‘Echo der Zeit’. Dass Jagd auf Menschen gemacht wurde, war auf Videos zu sehen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat von ‘Hetzjagden’ gesprochen. Herr X schreibt selber, dass ein Video ‘deutlich eine Jagdszene zeigt’. Man kann darüber streiten, welcher Begriff der richtige ist. Letztlich ist dies jedoch eine Debatte um die Semantik und bis zu einem gewissen Grad auch eine Scheindebatte. Fakt ist: Es wurden Ausländer angegriffen.

Bürgergespräch

Herr X kritisiert, dass das ‘Echo’ am Donnerstag-Abend nicht über das ‘Bürgergespräch’ berichtet hatte. Dieses Gespräch fand am Mittwoch nach unserer Sendung statt. Radio SRF hat darüber in den Nachrichten berichtet; und am Donnerstag-Mittag war eine fünfminütige Reportage von Peter Voegeli im ‘Rendez-vous’ darüber zu hören. Dieses Treffen war mehrfach Thema auf dem Sender. Und es war zeitlich schon mehrere Stunden alt, als es Zeit für die nächste ‘Echo’-Ausgabe war. Aus diesen beiden Gründen hat sich der Produzent entschieden, nicht mehr auf das Bürgertreffen einzugehen. Ursache für den Entscheid waren journalistische, keine parteipolitischen, wie Herr X vermutet. Das ‘Echo’ kann nicht sämtliche News-Ereignisse abdecken, es muss jeden Tag eine sachgerechte Auswahl treffen, basierend auf journalistischen Kriterien.

Es ist ausserdem keinesfalls so, dass die Ereignisse rund um Chemnitz in der Folge nie mehr in einer ‘Echo’-Sendung zu hören waren. Im Gegenteil:

  • 2.9. Gespräch mit Sascha Aurich (Freie Presse Chemnitz)
  • 8.9. Gespräch mit Peter Voegeli über Chemnitz, AfD und Maassen
  • 13.9. Gespräch mit Geheimdienstexperte Holger Schmid über Person und Rolle Maassen
  • 18.9. Gespräch mit Adrian Arnold über Personalrochade Maassen
  • 19.9. Gespräch mit Politologe Albrecht von Lucke über Koalitionskrise

Andere Primetime-Sendungen und die Nachrichten berichteten ebenfalls mehrfach, so dass sich das Publikum dank der einzelnen Gespräche und Beiträge, aber auch in der Gesamtheit der Berichterstattung ein Bild der Lage machen und sich eine eigene Meinung bilden konnte.

Grundsätzliche Kritik an der Berichterstattung

Herr X findet die Berichterstattung grundsätzlich als zu freundlich gegenüber den Themen Migration, Multikulturalismus und Islam. Wer die Sendung regelmässig hört, weiss, dass dies nicht zutrifft. Das ‘Echo der Zeit’ berichtet sehr wohl regelmässig und kritisch über diese Themen. Ich denke da spontan an unsere Berichterstattung über radikale Elemente in Schweizer Moscheen, die Reportage aus dem Ruhrpott (mit einer Muslima, die die mangelnde Integrationsbereitschaft ihrer Religionsgemeinschaft beklagt), an die Gespräche mit Maghreb-Mitarbeiter Beat Stauffer, an ein Gespräch mit Kurt Pelda über Dschihadisten in der Schweiz, an Berichte über den radikalen Islam und Terrororganisationen wie der IS oder Al-Kaida.

Wir bedauern den handwerklichen Fehler mit den ‘6000 Neo-Nazis’, sind aber zugleich überzeugt, dass unsere Berichterstattung über Ereignisse in Chemnitz nicht gegen Art. 4 oder 5 RTVG verstossen haben. Wir bitten Sie daher, sehr geehrter Herr Blum, die Beanstandung abzulehnen.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Ich habe großen Respekt vor Ihrer Beanstandung, die Sie sicher nicht leichtfertig an die Hand genommen haben. Dafür spricht schon, dass Sie sie erst gegen Ende der 20tägigen Frist abgeschickt haben. Dafür spricht, dass Sie zusätzlich recherchiert und ergänzende Dokumente beigebracht haben. Sie haben es sich nicht leicht gemacht. Und Ihre Argumente sind ernst zu nehmen, denn es darf nicht passieren, dass eine so renommierte Sendung wie das «Echo der Zeit» salopp, ja boulevardesk berichtet und die Dinge aufbauscht.

Wenn man Ihre Beanstandung auf den wesentlichen Kern konzentriert, dann schälen sich zwei Fragen heraus:

1. Kann man von einer Demonstration von 6000 Neonazis in Chemnitz reden, die Jagd auf ausländische Menschen machten?

2. Kann der Deutschland-Korrespondent Peter Vögeli die Geschehnisse einordnen, ohne vor Ort zu sein?

Auf die erste Frage kann man mit ja antworten, wenn man die Urheber der Demonstration in Betracht zieht. Zur Demonstration aufgerufen hatte «Pro Chemnitz». All die Organisationen, die sich mit «Pro» versehen (»Pro NRW», «Pro Köln»), sind rechtsextreme Gruppen. Ebenfalls dazu aufgerufen hatten einzelne AfD-Leute. Außerdem wurde der Aufruf von «Pro Chemnitz» auf Twitter 2300 Mal unterstützt oder weitergeleitet. Und dennoch muss man aus journalistischen Gründen auf die Frage mit nein antworten, denn es gibt keine empirischen Belege dafür, dass alle 6000 Demonstrierenden Rechtsextreme oder gar «Neonazis» waren. Die intellektuelle Redlichkeit gebietet Vorsicht. Es war darum falsch, diese Begriffe auf die Gesamtheit der Mobilisierten anzuwenden. Dies hat Herr Soltermann bereits eingeräumt. Es war ein Fehler, wenn auch in einem Nebenpunkt.

Auf die zweite Frage wird der gesunde Menschenverstand mit nein antworten: Ein Korrespondent, der in Bayern unterwegs ist, kann die Lage in Chemnitz nicht besser überblicken und beurteilen als jemand in Bern. Er hat die Demonstrationen nicht mit eigenen Augen gesehen, er war nicht an den diversen Medienkonferenzen. Allerdings wird von einem Korrespondenten nicht erwartet, dass er wie eine gestochene Ziege von einem Schauplatz zum andern springt. Von ihm wird erwartet, dass er aufgrund seiner Kontakte, seiner Orts- und Personenkenntnisse, seiner Gespräche mit prominenten und einfachen Leuten, seiner Lektüre, seiner Langzeitbeobachtung und seinem historischen und politischen Wissen die Ereignisse in größere Zusammenhänge einordnen kann, und genau das tut Peter Vögeli: Er erinnert an das fremdenfeindliche Attentat in Solingen in Nordrhein-Westfalen vor 25 Jahren, um zu zeigen, dass rechtsradikale und rechtspopulistische Tendenzen nicht auf die ehemalige DDR beschränkt sind. Er verweist auf die Dauerklage, dass die Polizeikorps personell aufgestockt werden müssten, dass aber nichts geschehe. Und er gibt die Stimmung wieder, die in der Bevölkerung immer mehr aufkommt, dass nämlich der Rechtsstaat zerbrösle. Also müsste man auf die Frage durchaus mit ja antworten.

Wenn ich den gesamten Beitrag in den Blick fasse, dann haben wir ein journalistisches Stück vor uns, das genau das leistet, was das «Echo der Zeit» leisten sollte: Nach einer knappen Zusammenfassung der Ereignisse folgt ein Gespräch, das den Blick auf den Hintergrund lenkt, das größere Zusammenhänge herstellt, vertieft. Auf das Gesamte gesehen, bleibt zwar der Fehler mit den 6000 Neonazis ein Fehler, aber sein Gewicht nimmt ab, und die Sendung kann vor dem Radio- und Fernsehgesetz bestehen. Auch wenn ich, wie erwähnt, großen Respekt vor Ihrer Beanstandung habe, teile ich Ihre Auffassung nicht, dass Artikel 4 des Gesetzes «massiv verletzt» worden sei, und somit kann ich die Beanstandung nicht unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.


[1] https://bit.ly/2I6JABt

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/G20-Gipfel_in_Hamburg_2017# , abgerufen am 13.09.2018.

[3] https://www.youtube.com/watch?v=HQL7hJ2gxFs&t=420s , letztmals heruntergeladen 13.09.2018

[4] https://www.srf.ch/tv/allgemein/korrekturen

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