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«Glanz & Gloria»-Beitrag «Der erste Eindruck der frischgewählten Bundesrätinnen» beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 7. Dezember 2018 beanstandeten Sie die Sendung «Glanz & Gloria» (Fernsehen SRF) vom 5. Dezember 2018 und dort den Beitrag «Der erste Eindruck der frischgewählten Bundesrätinnen».[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Beim Lesen der Printmedien hat es mir/ uns in jeder Hinsicht die Sprache verschlagen. Diese einfältige auf Cervelat–Prominenz ausgerichtete Sendung GLANZ und GLORIA erlaubt sich eine dermassen arrogante und hinterwäldlerische, frauenfeindliche, blöde Beurteilung der Kleider unserer neu gewählten Bundesrätinnen. Mein und unser Ärger ist grenzenlos, wie dumm sind die Programmverantwortlichen des SRF, was für ‘bünzlige Möchtegerne’ –Machos können da auftreten.»

Auf Nachfrage ergänzten Sie:

«Wie wir in unserem Mail bereits erwähnt haben, haben wir diese Sendung nicht gesehen – wir lehnen das Format als zu primitiv ab (ausser der Tagesschau schauen wir keine SRF-Sendungen).

Auch ohne die Sendung gesehen zu haben, finden wir den Bericht von Mittwoch absolut geschmacklos: es verstösst gegen jeglichen politischen Anstand, das Auftreten und die Bekleidung von Bundesrätinnen öffentlich zu beurteilen – und das erst noch durch 2 Männer! Oder haben je zwei SpezialistINNEN die Kleidung von Bundesräten beanstandet? Das war ein ‘No go’!»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für «Glanz & Gloria» antwortete Frau Paola Biason, Redaktionsleiterin der Sendung:

«Gerne nehmen wir Stellung zur Beanstandung von Herr und Frau X, die bei Ihnen am 7. Dezember 2018 per E-Mail eingegangen ist. Obwohl die beiden Beanstander die Sendung nicht gesehen haben und sich ihre Reklamation auf die Berichterstattung in den Printmedien stützt, nehmen wir gern Stellung. Herr und Frau X beanstanden die Berichterstattung zur Bundesratswahl mit der Begründung, es sei

1. ...ein Verstoss gegen jeglichen politischen Anstand, das Auftreten und die Bekleidung von Bundesrätinnen öffentlich zu beurteilen – und das erst noch durch 2 Männer!

Ergänzend zu allen SRF-News-Sendungen, welche über die Bundesratswahlen mit einem klaren Fokus auf das politische Portfolio der frischgewählten Magistratinnen berichtet haben, finden wir es legitim, dass ein Gesellschafts-Magazin wie ‘Glanz & Gloria’ eine andere Optik wählt. 2018 hat die Redaktion entschieden, die Auftrittskompetenzen der neugewählten Bundesrätinnen von angesehenen Experten aus folgenden drei Blickwinkeln zu beurteilen:

  1. Kommunikation: Patrick Rohr
  2. Style: Clifford Lilley
  3. Astrologie: Pascale Portmann

Rückblickend betrachtet war es an so einer historischen Wahl, wo erstmals zwei Frauen in den Bundesrat gewählt wurden, ein äusserst unglücklicher Entscheid, für die Einschätzung der Auftrittskompetenzen wie Kommunikation und Style auf zwei männliche Experten zu setzen. Wir haben — aus lauter Gewohnheit — zwei altbewährte, männliche Experten hinzugezogen, die auch in anderen Medien regelmässig auftreten.

Es wäre ein Leichtes gewesen, drei weibliche Expertinnen beizuziehen und diesen historischen 5. Dezember 2018 entsprechend zu würdigen. Leider haben wir dies aus Mangel an Sensibilität verpasst und uns öffentlich dafür entschuldigt.

Herr und Frau X stellen zusätzlich die Frage:

2. Haben je zwei SpezialistINNEN je die Kleidung von Bundesräten beanstandet? Das war ein „No go“!

Hierzu können wir Ihnen sagen, dass wir bei der Wahl von Bundesrat Didier Burkhalter am 16. September 2009 einen ähnlichen Fokus gewählt haben. Damals war neben Clifford Lilley auch der anerkannte NZZ-Mode-Experte, Jeroen von Rooijen, im Einsatz. Zu Wort kamen zusätzlich prominente Frauen, die den neuen Magistraten aufgrund seiner Auftritte einschätzten.[2]

Fazit: Es ist uns bewusst, dass die Bewertung von Style im Falle neugewählter Bundesrätinnen als oberflächlich und banal betrachtet werden kann. Die Berichterstattung von ‘Glanz & Gloria’ zur Bundesratswahl darf aber nicht isoliert, sondern muss im Kontext der gesamten SRF-Berichterstattung zu diesem historischen Tag bewertet werden. So erachten wir es als angebracht, dass ein People-Magazin als Ergänzung zu allen polit-fokussierten Berichterstattungen, die Auftrittskompetenz, den Style und die Sternzeichen von neugewählten Bundesräten/-innen unter die Lupe nimmt.

Wir bitten Sie aus diesen Gründen, diese Beanstandung abzuweisen.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Ich halte es für problematisch, wenn man eine Sendung beanstandet, die man gar nicht gesehen hat, sondern nur aus den Printmedien kennt. Sie haben dadurch die Dramaturgie, die Leichtigkeit, die Emotionen, das Augenzwinkern der Protagonisten dieser Sendung gar nicht mitbekommen. Da aber nirgends verlangt wird, dass man eine Sendung, die man kritisiert, auch gesehen haben muss, habe ich Ihre Beanstandung entgegengenommen. Das entspricht der Absicht des Gesetzgebers, der ein leicht zugängliches Beanstandungsverfahren wollte.

Ich sehe nicht recht ein, wieso sich in einer Sendung wie «Glanz & Gloria» nicht Experten zur Rhetorik, zum Kleidungsstil und zum Horoskop neu gewählter Schweizer Regierungsmitglieder äußern sollten. Natürlich sollten sie das nicht nur bei Frauen tun, und die Experten sollten nicht vorwiegend Männer sein, da haben Sie Recht. Aber die Art und Weise, wie sich der Kommunikationsexperte Patrick Rohr, der Stilexperte Clifford Lilley und die Astrologin Pascale Portmann über die neuen Bundesrätinnen Viola Amherd und Karin Keller-Sutter äußerten, war an keiner Stelle verletzend. Man muss mit ihnen nicht einverstanden sein, es waren schliesslich auch Kommentare, und Kommentare sind persönliche Meinungen, selbst dann, wenn sie sich auf Fachwissen stützen. Das Radio- und Fernsehgesetz verlangt in Artikel 4 Absatz 2 lediglich: «Ansichten und Kommentare müssen als solche erkennbar sein.»[3] Das war der Fall.

Die Urteile der drei Experten über die neuen Bundesrätinnen waren durchweg positiv – cum grano salis. Ich habe nach mehrfacher Sichtung der Sendung daher Mühe zu erkennen, was daran «arrogant», «hinterwäldlerisch», «frauenfeindlich», «blöd», «geschmacklos» und ein Verstoß «gegen jeglichen politischen Anstand» sein soll, wie Sie die Beurteilung vor allem der Mode bezeichnen. Das Leichte, nicht-so-ernst-Gemeinte, Unterhaltende darf in der Berichterstattung über Politik durchaus seinen Platz haben. Aus diesen Gründen kann ich Ihre Beanstandung nicht unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.


[1] https://www.srf.ch/sendungen/glanz-und-gloria/glanz-gloria-mit-bundesraetinnen-und-epischer-kunst

[2] https://www.srf.ch/play/tv/glanz--gloria/video/trendiger-bundesrat?id=4d8cea3b-f708-4a3a-8b66-f8821cbae0cf.

[3] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20001794/index.html

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