Die Illustration zeigt eine Abstimmungsurne mit Abstimmungszettel, links an die Urne angelehnt steht ein Sturmgewehr
SRG Deutschschweiz Ombudsstelle

Bundesratsansprachen vor dem Ombudsmann

Ein Beanstander stösst sich daran, dass der Bundesrat kurz vor Abstimmungen auf den Kanälen von Radio und Fernsehen SRF jeweils zur besten Sendezeit zu Abstimmungsvorlagen Position beziehen kann. Konkret geht es um eine Ansprache von Bundesrätin Karin Keller-Sutter vom 28. April 2019 zum revidierten Waffengesetz. Ombudsmann Roger Blum kann auf die Beanstandung nicht eintreten, stellt jedoch einige Überlegungen über die Vor- und Nachteile dieser Praxis an.

Ein Abstimmungskampf bestehe immer aus zwei Lagern, argumentiert der Beanstander. Bundesrätin Karin Keller-Sutter habe jedoch nur das Pro-Lager vertreten. Der Beanstander empfand ihre Ansprache als einseitig und parteiisch.

Da die politischen Behörden für die Bundesratsansprachen verantwortlich sind – und nicht die SRG –, kann Ombudsmann Roger auf die Beanstandung formal nicht eintreten und auch nicht zur inhaltlichen Kritik des Beanstanders an den Aussagen von Bundesrätin Keller-Sutter Stellung nehmen.

Sachlich, aber nicht unparteiisch

Dennoch stellt er einige grundsätzliche Überlegungen zu den Ansprachen an. Die Tradition der Bundesratsansprachen vor Volksabstimmungen basierten auf Abmachungen zwischen der SRG und der Bundeskanzlei vor knapp fünfzig Jahren. Diese Ansprachen (wie auch diejenigen zum Tag der Kranken sowie die 1. August- und die Neujahrsansprache) entziehen sich laut Blum dem journalistischen Zugriff der SRG und liegen gänzlich in der Verantwortung von Bundesrat, Bundeskanzlei und Departementen. Journalismus und Programmautonomie müssten hier hinter die Politik zurücktreten, was ein Schönheitsfehler sei, so Blum.

Aus demokratietheoretischen und demokratiepolitischen Erwägungen hingegen sei es wichtig, dass der Bundesrat vor Volksabstimmungen zu Wort komme. Dafür benötige er die Medien. Denn im Gegensatz zur jeweiligen Opposition könne der Bundesrat nicht mit millionenschweren Kampagnen auffahren. «Die Regierung kann vom Diskurs nicht ausgeschlossen werden», stellt Blum fest. Der Bundesrat müsse die Möglichkeit haben, als gleichberechtigter Diskurspartner während der ganzen Kampagne im Spiel zu bleiben. Dabei werde nicht erwartet, dass der Bundesrat in seinen Ansprachen neutral sei. Er sei dabei durchaus Partei. Erwartet werde hingegen, dass der Bundesrat seine Position begründe und sachlich – nicht polemisch – argumentiere.


Schlussbericht Ombudsstelle 5951

Ansprache von Bundesrätin Karin Keller-Sutter am 28. April 2019, SRF 1


Text: SRG.D/dl

Bild: SRG.D/Cleverclip

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