Lucia Vasella
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«Es braucht für die Audioszene Fördergelder»

Die Programmleiterin des SONOHR Radio & Podcast Festival, Lucia Vasella, stellt zum 10-Jahre-Jubliläum fest, dass Podcasts mangels Förderung nach wie vor eine Nische darstellen. Die Zusammenarbeit mit der Stiftung Radio Basel kommt Produzierenden gerade recht.

Frau Vasella, als SONOHR vor zehn Jahren erstmals durchgeführt wurde, fristeten Podcasts ein Nischendasein, inzwischen produzieren die meisten Medienunternehmen Podcasts. Wie hat sich das Festival dadurch verändert?
Lucia Vasella: Wir bekommen jedes Jahr ein wenig mehr Einreichungen für den Wettbewerb. Die freie Szene wächst. Diesmal waren es rund 58, vor zehn Jahren waren es noch zwischen 20 und 25 Einreichungen. Mit dem Aufwind der Podcasts wird auch die Qualität der Beiträge besser.

Was heisst das?
Die Produktionsbedingungen haben sich verändert. Die Leute erhalten bessere Geräte für weniger Geld. Ausserdem ist der Anspruch der Macherinnen und Macher an die Qualität ihrer Beiträge gestiegen, wohl auch, weil sich ein grösseres Publikum für Audioinhalte interessiert.

Wie geht es SONOHR in zehn Jahren, wird das Festival bis dann regelrecht überrannt?
Das ist schwierig zu sagen. Ich denke, es wird ein bisschen anziehen, sich sonst aber nicht stark verändern. Im Vergleich zur Video- und Filmszene sind Podcasts nach wie vor ein Nischenprodukt. Daher könnten wir ein viel grösseres Publikum und viel mehr Einreichungen gar nicht stemmen. Wir wollen und können nicht gross wachsen, solange keine neuen Mittel für Audiobeiträge freigegeben werden. Eine etablierte Förderstruktur wie etwa beim Film gibt es in unserer Branche nicht. Allerdings befindet sich diese im Umbruch und es ist möglich, dass es neue Finanzierungen geben wird. Anders geht es nicht. Mit Herzblut und Engagement allein lässt sich nicht überleben. Es braucht für die Audioszene Fördergelder.

Radio bleibt laut Studien relevant, gleichzeitig drängen Podcasts auf den Markt. Es gibt also eine grössere Auswahl an Audiobeiträgen. Wie stehen die beiden Angebote zueinander?
Sie ergänzen und befruchten sich. Je mehr gute Angebote es gibt, desto mehr Menschen interessieren sich dafür. Die Hörgewohnheiten ändern sich, vor allem junge Menschen hören Beiträge häufig auf dem Smartphone und sind daher eher für Podcasts zu haben als Ältere. Allerdings ist die Radiosendung «Echo der Zeit», also ein klassischer Radioinhalt, nach wie vor der erfolgreichste Podcast der Schweiz. Gewohnte Inhalte werden hier anders verbreitet. Beiträge, die ausschliesslich für Podcasts produziert werden, haben jedoch ihre Eigenheiten. Während früher ein einstündiges Feature für das Radio produziert wurde, wird heute inhaltlich Ähnliches oft als Serie in Portionen angeboten. Das spiegelt das neue Hörverhalten wider, etwa, dass Menschen heute vermehrt auch unterwegs Audiobeiträge hören wollen.

Warum finden Ältere, die ja auch Smartphones haben, den Weg zum Podcast nur langsam?
Für viele ältere Menschen stellt der Umgang mit den neuen Technologien eine Hürde dar. Sie müssen sich länger mit Apps auseinandersetzen als junge Leute, die damit aufwachsen. Zudem ist die Auswahl an Podcasts riesig. Es braucht Zeit und Geduld, herauszufinden, was einem gefällt, und entsprechende Podcasts zu abonnieren.

Die Stiftung Radio Basel der SRG Region Basel hat mit ihrem Förderpreis «katalysatOHR» eine Zusammenarbeit mit SONOHR gestartet. Was nützt diese dem Festival?
Wir haben uns sehr über die Anfrage der Stiftung gefreut. Einen solchen Förderpreis für Projektideen gab es vorher ja nicht. Wie gesagt mangelt es – vor allem in der freien Szene – an Mitteln für aufwändig produzierte Beiträge. Entsprechend gern bietet SONOHR dem neuen Preis eine Plattform. Ich denke, beide Seiten profitieren von der Zusammenarbeit. Für uns und vor allem für Audio-Produzierende wird es spannend sein, ein Jahr nach Vergabe des Preises am Festival zu hören, was für ein Hörstück aus der Projektidee entstanden ist.

Wie hat die Szene auf die neue Zusammenarbeit reagiert?
Durchwegs positiv. Die Produzierenden sind froh um die neue Möglichkeit. Während der Ausschreibung waren und sind wir dankbar um den zusätzlichen Kanal, der die Stiftung bietet – und umgekehrt ist die Stifung froh um den schönen Rahmen, welchen das Festival bietet. Es ist, wie es so schön heisst, wohl eine typische Win-win-Situation.


2019 verlieh die Stiftung Radio Basel zum ersten Mal den Audio-Förderpreis katalysatOHR. Die Preise wurden am 23. Februar 2020 im Rahmen des SONOHR Radio- und Podcast Festival vergeben. Mehr erfahren.


Text: Martina Rutschmann

Bild: Raphael Moser/Berner Zeitung

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