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Der Ständerat und die Mühe mit der Pressefreiheit

Die medienpolitische Landschaft in der Schweiz wird zurzeit von vielen Herausforderungen geprägt. Medienjournalist Philipp Cueni liefert darum in dieser Kolumne Fakten und Hintergründe, er ordnet ein und kommentiert. Die Kolumne ist von der Handschrift des Autors geprägt und widerspiegelt somit ab und zu seine persönliche Meinung.

Ein Unternehmen verschmutzt die Umwelt, eine Gemeinde vergibt Aufträge entgegen Reglementen, ein Spital rechnet falsch ab. Besorgte Mitarbeitende leiten dazu interne Daten an Medien weiter. Diese greifen das Thema auf, prüfen den Sachverhalt und machen den Missstand allenfalls öffentlich. Das, die sogenannte Kontroll- und Kritikfunktion, ist in einer Demokratie eine Funktion der Medien. Was hat das mit Medienpolitik zu tun? Möglich ist diese Aufgabe der Medien nur, wenn die Demokratie die Pressefreiheit garantiert. Ein Beschluss des Ständerats vom Dezember will aber die Pressefreiheit beschneiden – die Medienbranche ist empört.

Der eigentliche Sündenfall ist 2015 erfolgt. Im Bankengesetz wurde neu geregelt, dass Journalistinnen und Journalisten Gefängnisstrafen drohen, wenn sie über geheime Daten aus einer Bank berichten. Damit können Missstände bei Finanzinstituten nicht öffentlich gemacht werden, falls solche via Datenleaks bekannt geworden sind.

Dieser Passus im Bankengesetz wird von einer breiten Allianz von Redaktionen, Medienunternehmen und Journalistenverbänden bekämpft: Er widerspreche dem Grundsatz der Pressefreiheit, die in der Bundesverfassung gewährleistet sei. Die Medien würden daran gehindert, ihre Kritikfunktion wahrzunehmen. Die Proteste wirkten vorerst: Der Nationalrat und der Bundesrat waren bereit, das Bankengesetz im Sinne der Pressefreiheit zu überarbeiten.

Auch im Ständerat lag der Antrag vor, der Bundesrat solle eine Änderung von Artikel 47 des Bankengesetzes vorlegen, welche die Pressefreiheit nicht durch Abschreckung oder strafrechtliche Sanktionen beeinträchtigt. Aber eine Mehrheit aus SVP, Mitte, GLP und FDP lehnte im Dezember einen entsprechenden Antrag ab. Damit ist die Revision des Bankengesetzes vom Tisch, der medienfeindliche Passus bleibt im Gesetz.

«Vonseiten der Medien wird das Zeichen aus dem Ständerat aber als Einschüchterung gegenüber kritischem Journalismus gedeutet.»

Philipp Cueni

Für den Journalismus kam es im Ständerat aber noch schlechter. Die gleiche Mehrheit beauftragte den Bundesrat, zu prüfen, in welchen Fällen überhaupt illegal erlangte Informationen aller Art veröffentlicht werden dürfen respektive deren Veröffentlichung unter Strafe gestellt werden soll. Damit will der Ständerat das Prinzip aus dem Bankengesetz genereller ausweiten. Der Sprecher der Ratsmehrheit behauptet zwar, es gehe nicht um eine weitere Einschränkung der Medienfreiheit, sondern lediglich um eine grundsätzliche Abklärung, wo Grenzen zu setzen seien.

Vonseiten der Medien wird das Zeichen aus dem Ständerat aber als Einschüchterung gegenüber kritischem Journalismus gedeutet. Schon im Vorfeld der Abstimmung haben Redaktionen aufgezeigt, wie das die journalistische Arbeit beschränken würde, welche wichtigen Recherchen damit nicht mehr möglich wären. Prominente Medienrechtler warnten, mit einer solchen Regelung könnten Journalistinnen und Journalisten nur noch mit Daten recherchieren, welche die Datenbesitzer freigeben. Hinweise von Whistleblowern auf Missstände könnten kaum mehr verwendet werden. Das wäre das Ende des Investigativjournalismus. Über solche Bedenken hat sich der Ständerat hinweggesetzt. Nun muss sich der Bundesrat mit der Materie beschäftigen.

Zur Person:

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Porträt Philipp Cueni

Philipp Cueni ist Medienjournalist und Gründer des Medienmagazins EDITO. Als freier Journalist schreibt er im Magazin LINK jeweils zu einem aktuellen Thema aus der Medienpolitik.


Text: Philipp Cueni

Bild: SRF/zVg

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