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Die Audio-Angebote im digitalen Raum stärken

Anfang Jahr hat SRF die Chefredaktion Audio und den Bereich News Digital zusammengeführt. Die Co-Leitung der neuen «Chefredaktion Audio / Digital» übernehmen Ursula Gabathuler und Beat Soltermann.

Wie haben Sie zuletzt das «Echo der Zeit» gehört, die politische Hintergrundsendung von Radio SRF? Seit 1945 informiert das «Echo» jeden Abend über die wichtigsten Nachrichten. Längst ist die Sendung nicht mehr nur am Radio zu hören, sondern auch im Web, über die App «Play SRF» und als Podcast: Die altehrwürdige Sendung ist sogar der meistgehörte Podcast der Schweiz. Das «Echo» ist ein Beispiel dafür, wie rasch Hörinhalte und Digitales zusammenwachsen können. In den Strukturen von SRF waren die Zuständigkeiten für Audio und Digitales aber bisher räumlich und organisatorisch getrennt: Lis Borner leitete als Chefredaktorin Audio die Radioredaktionen von Bern aus, in Zürich baute Ursula Gabathuler als Leiterin den Bereich News Digital auf.

Ende Oktober 2023 liess sich Lis Borner auf eigenen Wunsch frühpensionieren. Ihren Weggang nahm SRF-Direktorin Nathalie Wappler zum Anlass, die Chefredaktionen Audio und News Digital zusammenzuschliessen. In der neu geschaffenen Abteilung Chefredaktion Audio/Digital werden in Zukunft an den Standorten in Bern und in Zürich die Audioformate für Radio und Online sowie die digitalen Informationsangebote von SRF produziert. Die Co-Leitung der neuen Abteilung Audio/Digital übernehmen Ursula Gabathuler und Beat Soltermann. Wir treffen sie zum Interview.

Konkret gefragt: Was passiert mit dem «Echo der Zeit» nach der Fusion der beiden Abteilungen? Ist das «Echo» gefährdet?

Beat Soltermann: Das Gegenteil ist der Fall. Mit der neuen Organisation wollen wir den Audio-Angeboten mehr Schub im digitalen Raum verleihen. Schon heute ist das «Echo der Zeit» der populärste Podcast im SRF-Portfolio und die einzige Sendung mit einem eigenen E-Mail-Newsletter. Da liegt aber noch mehr drin. Wie lassen sich beispielsweise die Gespräche und Inhalte aus der Sendung einem noch grösseren Publikum zugänglich machen? Wie sieht hier das Zusammenspiel zwischen Audio und Digital aus? Auch andere Audio-Angebote werden vom Näherrücken der beiden bisher getrennten Abteilungen profitieren.

«Wir haben hier kein Nullsummenspiel, sondern ein Zusammenspiel zwischen der News-App und dem ‹Echo der Zeit›.»

Beat Soltermann

Ursula Gabathuler: SRF muss sorgfältig abwägen, welche Marken aus der linearen Welt auch im unendlich weiten digitalen Raum eine Chance haben. Das «Echo» ist eine der stärksten Marken von SRF. Eine Überlegung wird sein, wie wir die Marke «Echo» im digitalen Raum weiter stärken können.

Konkurrenziert die News-App das «Echo» oder umgekehrt das Radio die digitalen Angebote?

Gabathuler: Eben nicht. Das Medienverhalten verändert sich laufend. Die Menschen nutzen je nach Lebenssituation unterschiedliche Kanäle. Sie hören daheim lineares Radio, informieren sich unterwegs auf ihren Smartphones und hören beim Joggen einen Podcast. Sie dürfen überall qualitativ gute SRF-Inhalte erwarten.

Soltermann: Wir haben hier kein Nullsummenspiel, sondern ein Zusammenspiel zwischen der News-App und dem «Echo der Zeit». Die News-App profitiert von den attraktiven Inhalten der Sendung; die Sendung kann ihre Inhalte dank der News-App einem grösseren Publikum zugänglich machen und so die Reichweite steigern. Am Ende profitieren beide – vor allem aber gewinnt das Publikum.

Und wo arbeiten Sie selbst? Erhält Bern oder Zürich den Vorzug?

Gabathuler: Unser Ziel ist, die Hälfte der Arbeitszeit in Bern und die andere Hälfte in Zürich zu verbringen. Wichtig ist dabei: Wir bilden eine gemeinsame Leitung der fusionierten Abteilung. Wir planen eine gemeinsame Chefredaktion, und wir haben einige Ideen, wie wir den Standort Bern stärken und beleben können.

«SRF muss sorgfältig abwägen, welche Marken aus der linearen Welt auch im unendlich weiten digitalen Raum eine Chance haben.»

Ursula Gabathuler

Soltermann: Schon heute arbeiten übrigens in Bern auch Kolleginnen und Kollegen von News Digital, und in Zürich sind die Radionachrichten und SRF 4 News angesiedelt. Mit der engeren Zusammenarbeit von Audio und Digital wird diese Durchmischung noch stärker werden. Wir wollen diese Entwicklung mit konkreten Massnahmen auch fördern. Am Ende geht es eben nicht um Bern oder Zürich, um Audio oder Digital, sondern darum, dass wir zusammen einen guten Job machen wollen, denn wir sind alle SRF.

In einem ersten Schritt wollen Sie mit den Mitarbeitenden reden. Was bezwecken Sie damit?

Gabathuler: Die neue Abteilung hat über 400 Mitarbeitende. Wir möchten die vielen unterschiedlichen Teams und Redaktionen und ihre Arbeitsweise kennenlernen. Beat und ich besuchen nun als Erstes gemeinsam alle Teams, auch die Regionaljournale, und möchten von ihnen wissen: Wo seht ihr Chancen bei der engeren Zusammenarbeit? Welche Ideen habt ihr und welche Fragen an uns?

Was ändert sich denn konkret für die Mitarbeitenden?

Soltermann: Nach unseren Teambesuchen wollen wir in einem nächsten Schritt und gemeinsam mit den Mitarbeitenden die engere Verzahnung der beiden Abteilungen anpacken. Da zeigt sich dann auch, was sich konkret im Alltag ändert. Es wird sicher zu einem stärkeren Austausch und einer stärkeren Absprache zwischen den Teams kommen. Und wir wollen das «Vier-Kräfte-Modell» von SRF noch konsequenter implementieren. Es geht darum, einen Primeur oder besonders gelungene journalistische Arbeiten besser auszuspielen und dafür mehr Verbreitungskanäle zu nutzen. So können wir der journalistischen Arbeit dahinter besser gerecht werden. Bei all den Veränderungen ist uns wichtig, dass die Qualität unserer journalistischen Arbeit nicht leidet.

«Mit der engeren Zusammenarbeit wird die Durchmischung noch stärker werden. Wir wollen diese Entwicklung auch fördern.»

Beat Soltermann

Warum braucht es eigentlich das Digitale und diese Zusammenführung?

Gabathuler: Audio und Digital sind beides Medien, die auf Breaking News schnell reagieren können. Wenn um 17 Uhr etwas Wichtiges passiert, muss das in der News-App und im «Echo» verfügbar sein. Das war im Alltag nicht immer einfach; künftig sind die internen Wege kürzer, und wir können uns so aufstellen, dass wir den Ansprüchen von Digital und Audio gleichermassen gerecht werden. Gleichzeitig können wir unsere Recherchen und Berichte noch besser kanaladäquat distribuieren – im Audio zum Beispiel als Podcast-Serie und im Digitalen als Scrollytelling-Artikel.

Was heisst das für Sie als Co-Leiterin, als Co-Leiter der Abteilung?

Gabathuler: Dass es einen Schritt vorwärtsgeht. Wir können schlicht bessere journalistische Angebote machen, wenn wir die Zusammenarbeit im Netzwerk stärken und die neue Abteilung gemeinsam bauen.

Soltermann: Dass wir einen zeitgemässen Service public anbieten können: Qualitätsjournalismus dort, wo wir die Leute erreichen und diese unsere Angebote nutzen.

Wovor haben Sie Respekt?

Gabathuler: Ich habe schon eine Radioredaktion geführt, stand aber selber noch nie am Mikrofon. Diese Erfahrung fehlt mir. Ich bin froh, habe ich Beat an meiner Seite, der das wettmacht. Ich freue mich sehr auf die Komplexität. Es ist wichtig, dass wir die Komplexität annehmen und nicht fürchten.

«Es ist wichtig, dass wirdie Komplexität annehmen und nicht fürchten.»

Ursula Gabathuler

Soltermann: Ich habe Respekt vor den teilweise hohen Erwartungen, die an uns gestellt werden. Können wir sie alle erfüllen? Es ist – wie Ursula sagt – eine komplexe Aufgabe, aber wir sind zum Glück ja nicht allein, wir haben auch unglaublich engagierte und kompetente Kolleginnen und Kollegen. Wenn wir alle am gleichen Strick ziehen, kommt es gut.»

Und was ist 2024 der Lackmustest für die neue Abteilung?

Gabathuler: Die grosse Herausforderung werden die US-Wahlen im Herbst. Wir haben die Wahlen in der Schweiz 2023 organisatorisch das erste Mal trimedial geplant. Radio und TV haben dabei unabhängig voneinander berichtet. Bei den US-Wahlen wollen wir wieder besten trimedialen Service bieten und die Wahlen im Radio, im Fern sehen und online umfassend abdecken.

Zu den Personen

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Ursula Gabathuler hat Erfahrung mit dem Zusammenführen von Redaktionen. Die 54-jährige Journalistin hat bei SRF als Redaktorin und Produzentin beim «Kassensturz» und bei der «Rundschau» gearbeitet. 2016 übernahm sie die Redaktionsleitung der trimedialen Konsumredaktion bei SRF. «Trimedial» heisst, dass die Redaktion journalistische Angebote auf drei verschiedenen Medienkanälen verantwortet: den «Kassensturz» im Fernsehen, die Radiosendung «Espresso» sowie das Online-Angebot im Bereich Konsum. «Damals fragten wir uns, ob das Publikum einen Beitrag noch im ‹Kassensturz› schaut, wenn dasselbe Thema schon am Morgen im Radio oder tagsüber online veröffentlicht worden ist; heute wissen wir, es ist von Vorteil, wenn wir unsere Inhalte auf mehreren Kanälen anbieten.» Die trimediale Konsumredaktion wurde für die Informationssendungen von SRF zum Vorläufer der Zusammenarbeit. Vor drei Jahren hat SRF Gabathuler deshalb die Leitung der neuen Abteilung News Digital übertragen. «Es ging da rum, Prozesse zu etablieren, wie wir online schneller werden», sagt sie. Gabathuler hat das trimediale Investigativ-Desk, das Format «Impact» und das Storytelling-Desk aufgebaut. «Es ist immer darum gegangen, die digitale Transformation zu leben und die internen Gräben zwischen den einzelnen Kanälen zuzuschütten», sagt sie heute. Im Zentrum stand dabei die Neuorganisation des Newsrooms in Zürich.

Beat Soltermann hat seine Sporen im Radio abverdient: Nach seinem Einstieg beim damaligen Radio DRS 3 wechselte er in die Wirtschaftsredaktion und moderierte auch Sendungen wie «Trend», das «Tagesgespräch» und die «Samstagsrundschau». Später war er USA-Korrespondent in Washington und leitete von 2017 bis 2022 die Redaktion des «Echos der Zeit». Ab Frühling 2022 war er als Leiter Digitales Audio und Radio Online für die digitale Begleitung der Audioprodukte zuständig. Er ist überzeugt: «Mit der neuen, fusionierten Abteilung können wir die Stärken von Audio und Online zusammenbringen.» Das habe viele Vorteile: «Wir sind sehr stark im Radio-Journalismus. Wir haben viele langjährige Journalistinnen und Journalisten mit einem grossen Know-how und vielen Kontakten. Wir haben entsprechend gute Radiosendungen wie ‹Echo› und ‹Rendez-vous›.» Die digitale Welt habe aber andere Spiel regeln: «Da müssen wir die Nutzerinnen und Nutzer stärker abholen und auf unsere Angebote aufmerksam machen.» Er sei deshalb überzeugt, «dass wir zusammen mit den digitalen Kräften unsere starken journalistischen Inhalte noch besser ans Publikum heranbringen können». Fragt sich, was das konkret heisst für die Mitarbeitenden in Bern und Zürich und vor allem für die Hörerinnen und Hörer von Radio SRF und die Nutzerinnen und Nutzer der SRF-Digitalangebote.


Text: Matthias Zehnder

Bild: SRF

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