Philipp Cueni: Politische Massnahmen gegen Big Tech – für die Demokratie

Die medienpolitische Landschaft in der Schweiz wird zurzeit von vielen Herausforderungen geprägt. Medienjournalist Philipp Cueni liefert darum in dieser Kolumne Fakten und Hintergründe, er ordnet ein und kommentiert. Die Kolumne ist von der Handschrift des Autors geprägt und widerspiegelt somit ab und zu seine persönliche Meinung.

Unsere Demokratie ist krank, gefährdet! Das mag dramatisch tönen, die Symptome sind aber ernst: Jene Personen, die kaum mehr Nachrichten über gesellschaftliches oder politisches Geschehen konsumieren, beteiligen sich seltener am politischen Prozess, fühlen sich der demokratischen Gesellschaft weniger verbunden, vertrauen Politik und Medien weniger. Und das ist in der Schweiz laut dem Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Uni Zürich fast die Hälfte der Bevölkerung. Warnlichter beim Gesundheitscheck! Natürlich müssen die Medien auf diese Ignoranz gegenüber ihrer Arbeit reagieren. Aber, stellt das fög fest, die journalistischen Medien haben selbst ein Problem: Sie leiden unter einem massiven Ressourcenverlust. Und mit schwindenden Mitteln können sie weniger Qualität bieten. Die Folgen sind weniger Hintergrund, weniger Einordnung, weniger Recherche, weniger Überprüfung und weniger Vielfalt im journalistischen Angebot.

«Die demokratische Partizipation schwächelt»

Die demokratische Partizipation schwächelt, die Medien zeigen Krisensymptome. Müsste sich da nicht die Politik Gedanken machen – zum Beispiel über medienpolitische Massnahmen? Die Ideen dazu sind nicht neu, Stichworte sind indirekte Journalismus­förderung, Massnahmen zugunsten der Medienkompetenz, Stärkung des medialen Service public. Wesentliches dazu wurde aber von der Politik nicht umgesetzt. Oder dann in die falsche Richtung mit einem politisch verordneten Abbau bei der SRG. Oder wurde verpasst, wie bei der aktuellen Vorlage des Bundesrats zur Regulierung der grossen digitalen Plattformen wie TikTok, Instagram oder Facebook: Denn der Bundesrat verzichtet auf Massnahmen zum Schutz vor der Verbreitung von Falschnachrichten. Vorschläge dazu gibt es, etwa aus der Basis der Demokratie: Der Unternehmer und Multimillionär Guido Fluri lanciert eine Volksinitiative, mit der die Techfirmen verpflichtet würden, für ihre verbreiteten Inhalte Verantwortung zu übernehmen – wie traditionelle Medien auch. Denn mit Fake News werde die Demokratie gezielt angegriffen, begründet er.

Die Demokratie braucht gesellschaftliches Wissen. 70 Prozent solcher Informationen, die auf Social-Media-Plattformen oder via künstliche Intelligenz angeboten werden, haben ihren Ursprung im traditionellen Journalismus, erarbeitet in klassischen Medienhäusern. Auch dies belegt das fög. Aber: Diese Informationen werden von den internationalen Plattformen ohne Rückfrage oder Entgelt einfach übernommen und vermarktet. Die eigentlichen Urheber dieses Wissens hingegen verlieren zunehmend an Einnahmen.

«Medienpolitische Massnahmen: die besten Medikamente für die Demokratie»

Auch dazu sind politische Vorschläge vorhanden: eine faire Vergütung des Journalismus, respektive ein besserer Schutz des geistigen Eigentums über gesetzliche Massnahmen. Das schlägt das fög vor. Das verlangt ebenso eine Motion der FDP-Ständerätin Petra Gössi. Der Vorstoss wird auch vom Verlegerverband unterstützt. Gössi begründet: Schweizer Medien würden durch die internationalen KI-Dienste als Anbieter ihrer eigenen Informationen verdrängt. Aus demokratiepolitischer Sicht sei das fatal. Medienpolitische Massnahmen: die besten Medikamente für die Demokratie.

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Text: Philipp Cueni

Bild: REUTERS/Denis Balibouse / zVg

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