Die Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)» will die Mittel der SRG für Radio und Fernsehen in der Schweiz halbieren

Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative als viel zu weitgehend ab. Sie sind überzeugt:

Eine Halbierung würde den heutigen, flächendeckenden und regional verankerten medialen Service public – den aktuellen gesetzlichen Programmauftrag – verunmöglichen und damit letztlich dem demokratischen Willensbildungsprozess und auch der sicheren Information in Krisenzeiten schaden.

Der Programmauftrag der SRG, wie er in Art. 24 des schweizerischen Radio- und Fernsehgesetzes festgelegt ist, umfasst folgende zentrale Aufgaben:

  • Die gesamte Bevölkerung der Schweiz soll mit gleichwertigen Radio- und Fernsehprogrammen in den drei Amtssprachen versorgt werden. Ziel ist es, Verständnis, Zusammenhalt und Austausch zwischen den Landesteilen, Sprachgemeinschaften, Kulturen und gesellschaftlichen Gruppen zu fördern sowie die Eigenheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone zu berücksichtigen.
  • Für die rätoromanische Schweiz muss die SRG mindestens ein Radioprogramm bereitstellen. Zusätzliche Bedürfnisse dieser Sprachregionen sowie der Menschen mit Sinnesbehinderungen (etwa durch Gebärdensprache) regelt der Bundesrat.
  • Die SRG trägt zur freien Meinungsbildung bei, indem sie umfassend, vielfältig und sachgerecht informiert – insbesondere über politische, wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge. Sie fördert zudem die kulturelle Entfaltung, die Stärkung kultureller Werte, die Bildung des Publikums sowie die Unterhaltung.

Diese gesetzlichen Vorgaben unterstreichen die Pflicht der SRG, die Medien- und Kulturvielfalt sowie den barrierefreien Zugang in allen Sprachregionen sicherzustellen und aktiv zu fördern.

Zum Radio- und Fernsehgesetz

Gegenvorschlag des Bundesrates

Der Bundesrat hat beschlossen, der Initiative einen Vorschlag in seinem eigenen Kompetenzbereich gegenüberzustellen, der die SRG zu markanten Einsparungen anhält, aber dem heutigen gesetzlichen Programmauftrag der SRG weit besser entspricht als die Halbierungsinitiative.

Er will die Haushaltsabgabe bis 2029 schrittweise auf 300 Franken senken. Diese Reduktion, der Rückgang der kommerziellen Einnahmen sowie die laufende Teuerung führen dazu, dass die SRG nach aktuellen Annahmen bis 2029 rund 17 Prozent oder 270 Millionen Franken ihres Budgets im Vergleich zu 2024 einsparen muss. Zudem hat der Bundesrat beschlossen, kleine Unternehmen von der Abgabe zu befreien – rund 80 Prozent aller Betriebe. Damit werden spürbare Entlastungen erreicht, ohne dass die Informations-, Kultur- und Sprachenvielfalt der Schweiz aufgegeben wird.

Die Initiative selbst würde weit darüber hinausgehen. Sie würde dazu führen, dass Programme gestrichen, Redaktionen geschlossen und ganze Sprachregionen geschwächt würden. Das publizistische Angebot und die regional verankerte Struktur der SRG gingen weitgehend verloren – und das Publikum bekäme nur noch ein stark eingeschränktes Informations- und Kulturangebot. Die Folgen beträfen die SRG stark – auch ihre finanzielle Stabilität wäre wohl gefährdet – aber vor allem die gesamte Gesellschaft, die Wirtschaft und die Demokratie unseres Landes.

Unabhängige und qualitativ hochstehende Medien als Fundament der Demokratie

Die Demokratie lebt davon, dass sich Bürgerinnen und Bürger informiert und eigenständig eine Meinung bilden können. Dazu braucht es unabhängige Medien als vierte Gewalt, die verlässlich, kritisch und möglichst für alle zugänglich berichten – in allen Sprachregionen und für alle Bevölkerungsgruppen. Ohne diese gemeinsame Informationsbasis zerfällt der öffentliche Diskurs in parallele Meinungsräume.

Das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich zeigt in seiner jüngsten Studie (Jahrbuch Qualität der Medien 2025):

46,4% der Bevölkerung gehören zu den News-Deprivierten, die kaum journalistische Medien nutzen. Diese Gruppe verfügt über weniger Wissen, geringeres Vertrauen und schwächere demokratische Bindung. Das fög warnt: News-Deprivation ist eine Gefahr für die Demokratie.

Zugleich betont die Studie, dass journalistische Medien – insbesondere der mediale Service public – die wichtigste Informationsquelle bleiben, selbst im Zeitalter von Künstlicher Intelligenz:

Rund 70% der Inhalte, auf die Systeme wie ChatGPT oder Perplexity zugreifen, stammen aus journalistischen Medien – viele davon von SRF, RTS und RSI.

Damit wird deutlich: Qualitätsjournalismus ist nicht nur ein Produkt, sondern Teil der demokratischen Infrastruktur der Schweiz. Zudem würde die Initiative die bewährte Aufgabenteilung zwischen Bundesrat und Parlament aufheben – jene Ordnung, die es der Schweiz bisher ermöglicht hat, schnell, pragmatisch und ausgewogen auf Entwicklungen im dynamischen Medienmarkt zu reagieren.

Starke, unabhängige Medien sind Teil des Erfolgsmodells Schweiz, das es zu bewahren gilt – ein Land, das auf verlässliche Information, kulturelle Vielfalt und gegenseitiges Vertrauen baut.

Die Annahme der Halbierungsinitiative würde einen der zentralen Pfeiler der Medienlandschaft der Schweiz ins Wanken bringen.

Zum Jahrbuch Qualität der Medien 2025

Kultur: Verlust von Sichtbarkeit und Vielfalt

Die SRG ist eine wichtige Partnerin der unabhängigen Kulturbranche und trägt mit ihren Aufträgen und Koproduktionen wesentlich zu einem soliden und vielfältigen Schweizer Kulturschaffen bei.

Gemäss Suisseculture, Dachverband der Organisationen der professionellen Kulturschaffenden der Schweiz und der schweizerischen Urheberrechtsgesellschaften, würde eine Halbierung der Mittel diese Basis zerstören – Kunst, Film, Musik und Theater verlören ihre Bühne und die kulturelle Vielfalt der Schweiz ihre Sichtbarkeit.

Zur Stellungnahme von Suisseculture

Schwächung der Schweizer Musik

Die SRG fördert das Schweizer Musikschaffen, indem sie Kontakt zur Schweizer Musikszene pflegt und die Musikinhalte auf all ihren Kanälen der Bevölkerung zugänglich macht. Die Radioprogramme der SRG spielten 2022 im Durchschnitt 37% Schweizer Musik, bei einzelnen Sendern waren es sogar über 50%. Allgemein ist das Musikprogramm bei der SRG sehr breit und weist einen vergleichsweise hohen Anteil an Schweizer Musik auf.

Damit erfüllt, so SONART, Berufsverband Musikschaffende Schweiz, das SRG-Programm einen wichtigen Auftrag als Kompensation gerade zu den grossen und globalen Streamingdiensten, bei denen die Schweizer Musik vernachlässigt wird. Sie berichtet über Schweizer Musik mit hoher Kompetenz. Damit kompensiert sie die schrumpfenden Angebote in Feuilletons der Presse und bei Musikzeitschriften.

Zur Stellungnahme von SONART

Schwächung der Schweizer Filmindustrie

Die SRG investiert im Rahmen des Pacte de l’audiovisuel jährlich 34 Millionen Franken in die Produktion von Schweizer Filmen und Serien. 2024 unterstützte sie 220 Filmprojekte bei der Entwicklung (32 Projekte), Produktion (161 Projekte) oder Synchronisation (28 Projekte).

Cinésuisse, der Dachverband der Schweizerischen Film- und Audiovisionsbranche, sieht die SRG als eine wichtige Partnerin der unabhängigen Branche. Sie trage mit ihren Aufträgen und Ko-Produktionen wesentlich zu einem soliden und vielfältigen Schweizer Kulturschaffen in allen vier Sprachregionen bei, sichere heute eine kulturelle Vielfalt der Schweiz und leiste damit einen wesentlichen Beitrag zur Identifikation mit unserem Land.

Zur Stellungnahme von Cinésuisse

Wirtschaft: Arbeitsplatz- und Wertschöpfungsverlust

Mit der Umsetzung der «SRG-Initiative» wäre ein hoher Stellenabbau (in der Grössenordnung von rund 2400 Vollzeitstellen) unvermeidlich. Im Zusammenhang mit den Einsparungen kommt es auch zu einem starken Rückgang der Aufträge der SRG an andere Unternehmen, bspw. für Fremdproduktionen. Dies zeigt die Wirkungsanalyse «Die volkswirtschaftliche Bedeutung der SRG» im Auftrag des BAKOM 2024.

Zur Wirkungsanalyse des BAKOM 2024

Sport: Grosse Plattform – auch für kleinere Sportarten

Sportübertragungen sind ein zentraler Teil des Service-public-Auftrags. Sie schaffen gemeinsame Erlebnisse und fördern den Zusammenhalt über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg. Die SRG macht den Schweizer Sport in seiner ganzen Breite sichtbar und gibt auch kleineren Sportarten eine grosse Plattform.

Laurent Prince, Direktor Schweizer Paraplegikerstiftung, sagt: «Wenn der Service public reduziert wird, müssen wir ehrlich sein: Die hochkommerzialisierten Sportarten haben vielleicht noch einen Reiz, dass man die medial begleitet. Da entscheidet die ökonomische Sichtweise. Aber das kann definitiv nicht der Weg des Schweizer Sports sein.»

In den letzten Jahren berichtete die SRG über mehr als 100 Sportarten. Sportproduktionen sind teuer und technisch anspruchsvoll. Im kleinen Schweizer Markt lassen sich damit kaum Gewinne erzielen. Dank der Medienabgabe kann die SRG allen Menschen in der Schweiz ein frei zugängliches Sportangebot bereitstellen.

Gesellschaft & Zusammenhalt: Barrierefreiheit, Informationsqualität und Solidarität

Barrierefreiheit und Sprachenvielfalt bedroht

Ben Jud, Mediensprecher des Schweizerischen Gehörlosenbundes sagt dazu: «Weniger Mittel bedeuten weniger Untertitel, weniger Gebärdensprache und damit weniger Zugang zu Informationen. Das wäre ein klarer Rückschritt für die Barrierefreiheit.»

Zur Stellungnahme Schweizerischer Gehörlosenbund SGB-FSS

SRG sichert Informationsqualität

In seiner aktuellen Studie Jahrbuch Qualität der Medien 2025 zeigt das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich: Der Zusammenhang zwischen Medienqualität, Reichweite und Vertrauen der Bevölkerung in einzelne Medienmarken zeigt ein differenziertes Bild: Obwohl Reichweite aus einer Qualitätsperspektive nicht per se positiv ist, nützt die beste Qualität wenig, wenn sie nur wenige Menschen erreicht. Insofern kommen SRF und RTS eine Schlüsselrolle zu, da sie eine sehr hohe Reichweite mit einer sehr hohen Qualität verbinden.

Zum Jahrbuch Qualität der Medien 2025

Regionaler Finanzausgleich stärkt die Solidarität

Der Finanzausgleich innerhalb der SRG sorgt dafür, dass alle Sprachregionen ein gleichwertiges Medienangebot erhalten – unabhängig von ihrer Grösse. Dieser Finanzausgleich ist somit ein Ausdruck gelebter Solidarität, stärkt den Zusammenhalt und das gegenseitige Verständnis zwischen den Sprachregionen.

Regionalität: Eine Halbierung trifft vor allem das Angebot für alle Sprachregionen

Laut der Wirkungsanalyse «Die volkswirtschaftliche Bedeutung der SRG» im Auftrag des BAKOM 2024, wird die Umsetzung der Einsparungen mutmasslich mit einer Zentralisierung zahlreicher Tätigkeiten im Bereich Produktion und IT sowie Verwaltung verbunden sein. Auch innerhalb der Sprachregionen wird es zu einer Zentralisierung kommen. Diese führt zu einer disproportionalen Verteilung der volkswirtschaftlichen Auswirkungen in den unterschiedlichen Sprachregionen. Während die negativen Wertschöpfungs- und Arbeitsplatzeffekte im deutschen Sprachgebiet um etwas mehr als ein Drittel des Referenzwertes aus dem Jahr 2026 liegen, fallen im französischen Sprachgebiet und im und italienischen Sprachgebiet deutlich mehr als die Hälfte der in 2026 bestehenden Wertschöpfung und der Arbeitsplätze weg.

Zur Wirkungsanalyse des BAKOM 2024

Zentrale Aspekte im Überblick

  • Verlässliche Information sind ein Sicherheitsfaktor – in Krisen sowie bei Wahlen und Abstimmungen entscheidend.
  • Ein Medienhaus für die ganze Schweiz – Berichterstattung in allen Sprach- und Landesregionen.
  • Pfeiler gegen Desinformation – Recherche und Faktenprüfung sind kostspielig und unverzichtbar.
  • Unabhängigkeit dank Gebührenfinanzierung – keine Abhängigkeit von Einschaltquoten oder Eigentümerinteressen.
  • Halbierung = massiver Abbau – Programme, Serien, Kultur- und Sportübertragungen würden wegfallen.
  • Unternehmen werden künftig entlastet – nur grosse Betriebe zahlen die Medienabgabe und unterstützen damit die demokratische Infrastruktur
  • Digitale Verantwortung – die SRG baut digitale Formate und Medienkompetenz aus; eine Halbierung würde Innovation bremsen.
  • Kein Staatsfernsehen – die SRG ist ein privatrechtlicher Verein, unabhängig vom Bund.
  • Solidarität zwischen den Regionen – Abgabe sichert gleichwertige Programme in allen Sprachräumen.
  • Zugang für alle – 80% der Sendungen untertitelt, 700 Hörfilme pro Jahr, 400 Stunden Gebärdensprache.
  • Wert für weniger als 1 Franken pro Tag – 17 Radiosender, 7 TV-Sender, digitale Angebote in vier Sprachen.

Gesamteinschätzung

Die Initiative gefährdet nicht nur Programme und Arbeitsplätze – sie sägt an grundlegenden Pfeilern unseres Schweizer Modells, das auf Verlässlichkeit und Vielfalt beruht.

Art. 24 RTVG: Programmauftrag

1 Die SRG erfüllt den verfassungsrechtlichen Auftrag im Bereich von Radio und Fernsehen (Programmauftrag). Insbesondere:

a. versorgt sie die gesamte Bevölkerung inhaltlich umfassend mit gleichwertigen Radio- und Fernsehprogrammen in den drei Amtssprachen;

b. fördert sie das Verständnis, den Zusammenhalt und den Austausch unter den Landesteilen, Sprachgemeinschaften, Kulturen und gesellschaftlichen Gruppierungen und berücksichtigt sie die Eigenheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone;

c. fördert sie die engere Verbindung zwischen den Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern und der Heimat sowie die Präsenz der Schweiz und das Verständnis für deren Anliegen im Ausland.

2 Für die rätoromanische Schweiz veranstaltet die SRG mindestens ein Radioprogramm. Im Übrigen legt der Bundesrat die Grundsätze fest, nach denen die Radio- und Fernsehbedürfnisse dieser Sprachregion zusätzlich berücksichtigt werden müssen.

3 Der Bundesrat legt die Grundsätze fest, nach denen die Bedürfnisse der Menschen mit Sinnesbehinderungen berücksichtigt werden müssen. Er bestimmt insbesondere, in welchem Ausmass Spezialsendungen in Gebärdensprache für gehörlose Menschen angeboten werden müssen.

4 Die SRG trägt bei zur:

a. freien Meinungsbildung des Publikums durch umfassende, vielfältige und sachgerechte Information insbesondere über politische, wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge;

b. kulturellen Entfaltung und zur Stärkung der kulturellen Werte des Landes sowie zur Förderung der schweizerischen Kultur unter besonderer Berücksichtigung der Schweizer Literatur sowie des Schweizer Musik- und Filmschaffens, namentlich durch die Ausstrahlung von Schweizer Produktionen und eigenproduzierten Sendungen;

c. Bildung des Publikums, namentlich durch die regelmässige Ausstrahlung von Sendungen mit bildenden Inhalten;

d. Unterhaltung.

5 In wichtigen, über die Sprach- und Landesgrenze hinaus interessierenden Informationssendungen ist in der Regel die Standardsprache zu verwenden.

Weiterführende Informationen

Testimonials

  • «Die SRG ist regional verankert und macht die vielfältigen Traditionen der Schweiz sicht- und hörbar.»

    Karin Niederberger-Schwitter - Präsidentin Eidgenössischer Jodlerverband EJV

  • «Die SRG und ihre Sender fördern die Literatur und die Sprachenvielfalt.»

    Pedro Lenz - Schriftsteller

  • «Die SRG ermöglicht Schweizer Filmproduktionen – und unterstützt sie in allen Landesteilen.»

    Andreas Spillmann - Präsident Solothurner Filmtage

  • «Für eine starke Zivilgesellschaft sind profitunabhängige Medien von grosser Bedeutung.»

    Walter Schmid - Präsident HEKS Schweiz

  • «Qualitativ hochwertige Informationen sind ein Grundpfeiler der Demokratie.»

    Vania Alleva - Präsidentin Gewerkschaft Unia