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Nachrichtenbeitrag auf Radio SRF über Massaker an Universität in Kenia beanstandet

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Mit E-Mail vom 4. April 2015 kritisieren Sie die Morgen-Nachrichten auf Radio SRF 1. Den Erhalt Ihrer Eingabe habe ich mit meinem Brief vom 6. April bereits bestätigt.

Wie üblich, habe ich die Verantwortlichen von Radio SRF gebeten, zu Ihren Kritiken Stellung zu beziehen. Dies ist erfolgt und in der Zwischenzeit habe ich die von Ihnen kritisierte Sendung sehr genau analysieren können. Ich bin somit in der Lage, Ihnen heute meinen Schlussbericht zu senden.

1. Sie begründen Ihre Eingabe wie folgt:

„Als täglicher Morgen-Nachrichtenhörer im SRF1 bin ich enttäuscht, wie immer mal wieder Nachrichten verfälscht werden durch Halbwahrheiten. "Eine Halbwahrheit ist eine ganze Lüge" sagt man und so ist es auch.

Neuestes Beispiel ist: Jetzt in der Karwoche wird von dem Massaker in einer Universität in Kenia berichtet. Dabei wird z.Z. täglich im SRF1 gebracht, dass in Kenia in einem Studentenheim ca. 150 Studenten umgebracht wurden. Dass es sich dabei hauptsächlich um Christen handelte wird bewusst weg gelassen. Diese nun nennt man Halbwahrheiten. Da lob ich mir in diesem Fall das Schweizerfernsehen, aus dem ich die ganze Wahrheit erfuhr.

Als gläubiger Christ ist mir wichtig, dass auch in diesem Fall nicht vor Moslems gekuscht wird oder haben diese auch schon solche Macht im SRF1? Wahrheit muss Wahrheit bleiben und nicht durch linke Gutmenschen schön gefärbt werden. Ich bitte Sie, Herr Casanova, wenn möglich, sich dieser Halbwahrheiten anzunehmen und das SRF1 wieder auch neutralen Kurs zu bringen“.

2. Wie bereits erwähnt, haben die Verantwortlichen von Radio SRF zu Ihren Kritiken Stellung bezogen. Herr Roman Mezzasalva, Redaktionsleiter Nachrichten, schreibt dabei Folgendes:

“Besten Dank für die Gelegenheit, zur Beanstandung von Herrn X vom 4. April 2015 Stellung zu nehmen.

Herr X kritisiert, die Nachrichten hätten bei ihrer Berichterstattung über das Massaker an einer Universität in Kenia bewusst weggelassen, dass es sich bei den Opfern hauptsächlich um Christen handelte.

Da sich Herr X auf keine bestimmte Sendung bezieht, möchte ich hier zusammenfassend zu unserer Berichterstattung zu diesem Ereignis Stellung nehmen (eine detaillierte Auflistung unserer Nachrichtenmeldungen auf Radio SRF 1 findet sich im Anhang).

Wir haben ab dem 2. April 2015 um 8.00 Uhr über die Geiselnahme an der Universität in der kenianischen Stadt Garissa berichtet. Während der ersten viereinhalb Stunden war einzig gesichert, dass die Angreifer am frühen Morgen die Moschee der Universität attackiert und wahllos auf die Anwesenden geschossen hatten. Dass Christinnen und Christen zu den bevorzugten Opfern der Attentäter gehören würden, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu erkennen. Unsere Meldung am 2. April 2015 um 8 Uhr im Wortlaut:

„In Kenia haben Bewaffnete eine Universität angegriffen. Nach Angaben des Roten Kreuzes sollen mindestens vier Menschen verletzt worden sein. Aus der Universität in der Stadt Garissa seien Schusswechsel zu hören. Die Angreifer hätten Geiseln genommen. Das kenianische Fernsehen berichtete, die Angreifer hätten am frühen Morgen die Moschee der Universität attackiert und wahllos auf die Anwesenden geschossen. Ob die islamistische Terrormiliz Al-Schabaab aus dem Nachbarland Somalia hinter dem Anschlag steht ist noch unklar.“

Bis zum Mittag veränderte sich die Newslage insofern als nicht mehr nur von vier Verletzten, sondern von zwei Getöteten und Dutzenden Verletzten die Rede war.

Dass die Angreifer in den Schlafsälen der Universität offenbar gezielt Christen als Geiseln genommen haben während sie Muslime offenbar frei liessen, wurde uns aufgrund einer Eilmeldung der SDA von 12.28 Uhr bekannt, die sich ihrerseits auf die Agenturen dpa und afp bezog. Ausserdem erreichte uns um 12.32 Uhr eine Agenturmeldung der Agentur AP desselben Inhalts. Fünf Minuten später, um 12.37 Uhr haben wir im Nachrichtenüberblick innerhalb der Sendung «Rendez-vous» diesen neuen Aspekt bereits vermeldet:

„In Kenia haben Bewaffnete eine Universität angegriffen. Dabei sind nach Polizeiangaben mindestens 14 Personen getötet worden. Dutzende weitere seien verletzt worden. Gemäss Medienberichten attackierten die Angreifer zuerst Betende in der Moschee der Universität, später drangen sie auch in Schlafsäle vor. Dort haben die Angreifer offenbar Christen als Geiseln genommen - Muslime wurden freigelassen. Die islamistische Terrormiliz Al-Schabaab aus dem Nachbarland Somalia hat sich zum Anschlag bekannt.“

Die Information, dass die Angriffe der Terroristen in den Schlafsälen speziell den Christen galten, haben wir auf Radio SRF 1 im Verlauf der Berichterstattung in insgesamt zehn verschiedenen Nachrichtensendungen erwähnt, am 2. April 2015 um 12.30, 14.00, 19.00, 20.00, 21.00, 22.00, 23.00 Uhr sowie am 3. April 2015 um 0.00, 1.00 und 8.00 Uhr.

Nun hat der Beschwerdeführer möglicherweise erst zwei Tage nach den Ereignissen, am 4. April 2015, unsere Nachrichtensendungen verfolgt. Zu diesem Zeitpunkt standen nicht mehr die Opfer der An-griffe im Mittelpunkt, sondern die politischen Auswirkungen. In diesem Stadium der Berichterstattung haben wir nicht mehr erwähnt, dass viele Opfer Christen waren, nebst jenen, die beim anfänglichen Angriff auf die Moschee der Universität zu Schaden gekommen waren.

So vermeldeten wir beispielsweise um 10 Uhr:

„Die Extremisten der somalischen Al-Shabaab-Miliz haben mit weiteren Anschlägen gedroht - nach dem Angriff auf eine Universität in Kenia mit fast 150 Toten. Al-Shabaab schrieb in einer Mitteilung, keine Sicherheitsmassnahme sei gut genug, um weitere Anschläge in Kenia zu verhindern. Die Gruppe drohte mit einem lange dauernden Krieg - eine Blutspur werde sich durch Kenia ziehen, hiess es in der Mitteilung. Die Anschläge würden erst aufhören, wenn sich das kenianische Militär aus Somalia zurückgezogen habe. Der kenianische Innenminister teilte unterdessen mit, die Behörden hätten fünf Personen in Gewahrsam. Diese stünden im Verdacht, etwas mit dem Anschlag auf die Universität zu tun zu haben.“

Zusammenfassend möchten wir den Vorwurf des Beschwerdeführers, wir hätten Halbwahrheiten verbreitet und dabei bewusst weggelassen, dass es sich bei den Opfern hauptsächlich um Christen handelte, zurückweisen. Die obige Rekonstruktion unserer Berichterstattung, die die religiöse Zugehörigkeit eines grossen Teils der Opfer in insgesamt zehn Nachrichtensendungen auf Radio SRF1 erwähnt hat, sobald sie als gesicherter Fakt bekannt war, spricht unseres Erachtens für sich.

3. Soweit die Stellungnahme des Redaktionsleiters Nachrichten von Radio SRF. Nach-dem ich den Radiobeitrag angehört habe und die ganze Angelegenheit analysieren konnte, scheinen mir die Argumente von Herrn Roman Mezzasalva sehr plausibel zu sein. Ich kann mich somit kurz halten.

Ich stelle lediglich fest, dass Radio SRF rasch und umfassend über die Angriffe der Terroristen in Kenia informiert hat. Sobald die internationalen Nachrichtenagenturen dies präzisiert hatten, wurde deutlich unterstrichen, dass diese Terrorangriffe speziell den Christen galten. Sie hat somit ihr Informationsauftrag korrekt wahrgenommen. Von Habwahrheiten kann deshalb nicht die Rede sein.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass ich Ihre Beanstandung, soweit ich darauf eintreten konnte, als unberechtigt erachte.

4. Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG entgegenzunehmen. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI (Monbijoustrasse 51A, Postfach 8547, 3001 Bern) orientiert Sie der beiliegende Auszug aus dem Bundesgesetz über Radio und Fernsehen.

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