SRG Deutschschweiz Ombudsstelle

Radio-Nachrichtensendung «Rendez-vous» über Terrorismusgesetz in Israel beanstandet

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Mit Ihrer Eingabe vom 25. August 2016 beanstandeten Sie die Sendung „Rendez-vous“ (Radio SRF) vom 4. August 2016, in der über eine israelische Gesetzesveränderung berichtet worden war, die auch 12-Jährige den Terrorgesetzen unterstellt. Die Eingabe erfüllt die formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann somit auf sie eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

„Vorbemerkung:

Das SRF lässt in seinen unzähligen israelkritischen Beiträgen (Radio und TV) ausschliesslich Stimmen aus dem linken vorwiegend regierungskritischen Lager zu Wort kommen.

Der nicht ausreichend informierten Hörerschaft (wo sollte man sich auch informieren, NZZ, Tagi etc. fahren alle den gleichen antiisraelischen Kurs) wird so ein völlig unausgewogenes Bild von Israel präsentiert.

Würden zur Lage des jeweiligen Landes bezüglich der Schweiz nur Exponenten der SVP oder bezüglich Deutschland nur AfD-Mitglieder wie Frauke Petry oder Björn Höcke für ‚kritische Stellungnahmen‘ interviewt, man würde im Ausland wohl ein reichlich verzerrtes Bild dieser Länder erhalten.

Da greift auch das Argument nicht, die Gesprächspartner seien doch schliesslich Israelis.

Udo Pastörs , der stellvertretende Bundesvorsitzende der NPD und Landtagsabgeordnete von Mecklenburg-Vorpommern, bezeichnet in seiner radikalen Kritik an der Bundesregierung diese als ‚Judenrepublik‘.

Dies ist als Aussage ebenso unhaltbar wie Avi Primors Vorwurf in der unten beanstandeten SRF-Sendung, die Regierung des UNO-Mitglieds Israel, eines pluralistischen demokratischen Rechtstaats, würde Gesetze erlassen, um ‚Rache‘ an palästinensischen Jugendlichen zu nehmen.

Der obigen verqueren Argumentation folgend, könnten weder Pastörs noch Primor a priori Unrecht haben, da sie ja Deutsche bzw. Israelis sind.

Dass auch ein Jude oder Israeli seiner Regierung, einem Gesetz, dem israelischen Militär oder anderen innenpolitischen Themen gegenüber radikale Ansichten hat, die jedoch eben so wenig zutreffen wie die von Petry, Höcke oder Pastörs, hält man beim SRF für ausgeschlossen.

Problematisch ist auch: Juden oder Israelis können die besonders giftigen und notorischen Kritiker aus ihren Reihen einordnen. Doch in der Schweiz werden die sogenannten ‚Kronzeugen‘ fast täglich als ‚authentische Stimme Israels‘ in den Medien interviewt. Dabei gilt, dass diese ‚Kritiker‘ das aussprechen, was ihre deutschen Interviewer wohl am liebsten sagen würden, aber es nicht wagen, weil angeblich «Israelkritik ein Tabu» ist, was natürlich ebenfalls nicht zutrifft.

In der Arena ist Jonas Projer bemüht, die Redezeit der jeweiligen Kontrahenten penibelst einzuhalten. Bei SRF-Beiträgen über/gegen Israel verliert dieses Prinzip nicht nur seine Gültigkeit, es kann gar nicht zur Anwendung kommen, da stets nur eine israelkritische Stimme vertreten ist.

Sollten Sie mit meiner Einschätzung der Wahl der SRF-Gesprächspartner bezüglich Sendungen über/gegen Israel nicht einverstanden sein, bitte ich Sie im Rahmen dieser Beanstandung, mir mindesten zehn Gesprächspartner/Experten/Fachleute zu nennen, die man als versierter Kenner der Situation im Nahen Osten unzweifelhaft als proisraelisch oder zumindest neutral betrachten kann.

Zur Sendung:

Text der Online-Programmankündigung von SRF:

‚Israel - 12-Jährige unterstehen Terrorismusgesetzen

12-jährige Kinder sollen künftig in Israel ins Gefängnis kommen, wenn sie ‚terroristische Taten‘ begehen; treffen wird dies vor allem palästinensische Kinder in Ostjerusalem. Avi Primor, ehemaliger Botschafter Israels in Deutschland, kritisiert das neue Gesetz als populistisch. Das Gespräch. (Ivana Pribakovic).‘

Diese Sendung verletzt Art. 4 des Radio- und Fernsehgesetzes, und zwar Punk1 (Verharmlosung von Gewalt) und Punkt 2 (Sachgerechtigkeit). Hier die Gründe:

Ausgangslage:

Seit Jahrzehnten werden selbst Kinder seitens der palästinensischen Autonomiebehörde (PA), u.a. vom aufgrund fehlender Neuwahlen seit sechs Jahren demokratisch nicht mehr legitimierten PA-Präsidenten Mahmoud Abbas, zu Gewalt gegen und Mord an Juden aufgehetzt.

Am 16. September 2015 wiegelte Abbas am palästinensischen Fernsehen Palästinenser auf, wahllos jüdische Zivilisten umzubringen. Morde, von denen er bis dato nicht einen einzigen verurteilte[1] (Berichterstattung durch SRF: Nein).

Abbas: ‚Die Al-Aksa Moschee gehört uns. Die Israelis haben kein Recht, unsere heiligen Stätten mit ihren schmutzigen Füssen zu entweihen. Jeder Tropfen Blut, der in Jerusalem verschüttet wurde, ist reines Blut, solange es für die Sache Allahs war. Alle Märtyrer werden in den Himmel kommen, und jeder Verletzte wird belohnt werden, so Allah es will. Wir werden alles tun, um Jerusalem zu verteidigen‘.

Statt kommende Generationen zum Frieden zu erziehen, wie es im Oslo-Abkommen postuliert ist, wird in palästinensischen Schulbüchern und Medien seit Jahren Hetze gegen Israel und Juden betrieben.

Nach einem Attentat im Oktober 2015, bei dem der Palästinenser Abdel Rahman al-Shaludi in Jerusalem ein drei Monate altes Baby und eine junge Frau ermordete, verbreitete die PA den Song ‚Überfahr den Siedler‘ von Muhammad Abu Al-Kayed und Anas Jaradat, der auf dem ‚Quds News Network‘ hunderttausende Klicks verzeichnete und zum Mord an Juden aufruft:

‚Überfahrt sie, vernichtet sie, löscht sie aus, sprengt sie in die Luft! Lasst die Siedler in rotem Blut ertrinken, terrorisiert sie, lasst keinen einzigen am Leben! Allah wird euch helfen!‘ (Berichterstattung durch SRF: Nein). Auch ein Video wurde von der PA verbreitet[2] (Berichterstattung durch SRF: Nein).

Jugendliche Palästinenser haben zahlreiche Morde an israelischen Zivilisten begangen, erst kürzlich erstach ein gut situierter 19-jähriger Palästinenser die 13-jährige Hallel Jaffe Ariel in ihrem Zimmer, während sie schlief. Selbst wenn die Jugendlichen ‚nur‘ mit Steinen und Steinbrocken attackieren, gefährden sie Leib und Leben – und verursachen Autounfälle mit Toten und Verletzten.

Doch das alles ficht Frau Pribakovic in ihrem Feldzug gegen Israel nicht an. Ihre Anteilnahme gilt ausschliesslich den von der Weltgemeinschaft mit Milliarden alimentierten palästinensischen Jugendlichen (mindestens 20 Millionen jährlich an Schweizer Steuergeldern via EDA/DEZA).

Die Sendung kritisiert ausschliesslich Israel, ohne einen Vertreter der das Gesetz bejahenden Mehrheit zu Wort kommen zu lassen. Von der Hetze, dem Terror und den Opfern ist in der Sendung nur ganz marginal die Rede, wobei Avi Primor alles rechtfertigt und relativiert (und auslässt, dass auch Zivilisten zu den Opfern zählen).

Die Opfer dieses Terrors – unschuldige Männer, Frauen, Kinder und Säuglinge sowie die traumatisierenden Umstände nötigen SRF1 keinerlei Empathie ab. Täter werden zu Opfern gemacht.

Die Sendung verharmlost damit die schreckliche, gegen Juden gerichtete Welle von mörderischer Gewalt und Terror, an der eben auch Kinder mitwirken. Die palästinensische Propaganda, die gemäss einem der führenden Politikwissenschaftler und Historiker, Matthias Küntzel, die antisemitische Propaganda der Nazis bei Weitem übertrifft, stösst bei SRF auf keinerlei Kritik.

Im Nachrichtenblock heisst es, dass ‚neu auch 12jährige Kinder, die wegen Terrors verurteilt werden, ins Gefängnis geworfen werden‘.

Das ist nicht nur äusserst tendenziös formuliert, es ist auch falsch. Israel hat kein Terrorismusgesetz für 12-jährige eingeführt, vielmehr wurde das Alter für Strafmündigkeit von 14 auf 12 Jahre heruntergesetzt. Zum ‚ins Gefängnis werfen‘: Das neue Gesetz sieht vor, dass ein jugendlicher Täter bis zum Alter von vierzehn nicht in einem Gefängnis, sondern in einer geschlossenen Jugendanstalt verwahrt wird.

Von Ivana Pribakovic stammen diese unhaltbaren Formulierungen. Vieles ‚spürt‘ sie auch heraus, kein journalistisch akzeptables Verhalten. Kein Gespür hat sie aber für die Terroropfer, dafür stellt sie die dankbare Suggestivfrage nach der Schuldfähigkeit 12-Jähriger, wie gesagt, ohne die Indoktrination der Jugendlichen (auch durch ihre Eltern, die den Tod ihrer Kinder in Kauf nehmen) zu thematisieren. Ihre Suche nach ‚mildernden Umständen‘ lenkt von der lebensbedrohenden Gefahrenlage für Israelis ab, wie auch vom Prinzip von Ursache und Wirkung. Immer wieder spricht sie fälschlicherweise von ‚Haftbedingungen in israelischen Gefängnissen‘ (nicht von Jugendanstalten).

Frau Pribakovic kommt nicht von den ‚Gefängnissen‘ los, Avi Primor übernimmt das irreführende Vokabular, und es folgen Gefängnisgeschichten, die mit dem neuen Gesetz nicht das Geringste zu tun haben.

Die Vertreterin von SRF demaskiert sich völlig bei der Frage, ob dieses ‚populistische‘ Gesetz nicht die Abwehrhaltung von Palästinensern gegen Israel zementiere, weil diese Kinder ja kaum gute Zukunftsaussichten hätten.

Einmal mehr Schuldumkehr. Die sogenannten ‚Palästinenser‘ (dieser Begriff wurde von Arafat, dem einzigen Massenmörder mit Nobelpreis, 1968 erfunden) bekämpfen die Juden seit Jahrzehnten, ihr Ziel ist nicht nur die Vernichtung Israels, sondern aller Juden (siehe die Chartas der PLO und Hamas). Abwehrhaltung gegen Israel? Eine unverantwortliche Verdrehung der Fakten.

Ist es nicht eher die Verhetzung der Kinder durch Fatah, Hamas und Elternhaus, die die Zukunftsaussichten der Jugend verschlechtern? Diese sehr gut dokumentierte Problematik scheint Frau Pribakovic nicht ‚herauszuspüren‘.

Und wie steht es um die Zukunftsaussichten der Schüler in den mit Millionen Schweizer Steuergeldern mitfinanzierten UNRWA-Schulen, wo sie systematisch zu Feinden Israels und Judenhassern erzogen werden?

Nach der Sendung dürfte der Zweck erreicht und den Zuhörern klar sein, wie sehr Israel, der ‚Jude unter den Staaten‘, von Unmenschlichkeit geprägt ist.

Zu Avi Primor und weiteren Punkten hier einige Aussagen von Ulrich Sahm (Audiatur)[3]:

‚Im Folgenden beruft sich das SFR allein auf ein Gespräch mit Avi Primor. Entsprechend seiner wohlbekannten regierungskritischen Ansichten bezeichnet er das Gesetz als ‚Rache‘, durchgesetzt von ‚extremistischen Gruppierungen im Parlament‘. Dabei übersieht er, dass die Vorlage von der Justizministerin stammt. Zu behaupten, dass die Regierung dagegen sei, klingt da eher kurios. Und wenn eine Mehrheit dafür gestimmt hat, entmündigt Primor die Abgeordneten, wenn er sie als ‚extremistische Gruppierungen‘ bezeichnet.

Primor ist kein unbeschriebenes Blatt. Er hatte 1999 als Botschafter in den Wahlkampf in Israel eingegriffen, indem der die damals zur Regierungskoalition gehörende Schass-Partei als ‚undemokratisch‘ bezeichnet hatte. Damit schadete er seinem Arbeitgeber, dem damaligen Ministerpräsidenten Ariel Scharon. Ein Botschafter darf sich grundsätzlich nicht politisch äussern. Scharon liess Primor zurückrufen und aus dem Amt entfernen. Seitdem betätigt sich Primor als offener Kritiker der israelischen Regierung und ihrer Politik.

Als ‚Privatperson‘ darf er das natürlich, zumal er als ehemaliger Botschafter damit gutes Geld verdient. Das sei ihm gegönnt. Aber seine Aussagen haben das gleiche Gewicht wie die Meinung des Schuhputzers auf der Strasse, der vielleicht eher zur Mehrheit jener Israelis zählt, die ihre Stimme der jetzigen Regierung gegeben haben.

Auffallend ist im SRF Bericht, dass mit Hilfe von Primors Aussagen die Linien zwischen Opfer und Täter gänzlich verwischt werden..... Und doch stellt das SRF die israelische Gesetzgebung als Missetäter in den Mittelpunkt – und dies noch unprofessionell inkorrekt. Als ob es nicht wichtig genug gewesen wäre, den genauen Charakter des Gesetzes vor der Publikation zu recherchieren.

Primors Behauptungen, dass das Gesetz reine ‚Rache‘ sei und keinerlei ‚Abschreckungswirkung‘ habe, sind nicht nur reine Polemik, die man in Europa gerne hört. Sie unterschlagen ausserdem die Position Israels, in der es kein Patentrezept gegen den Terror gibt, welchen die Autonomiebehörde schürt und verherrlicht, während die Israelis zum grossen Teil mit Erfolg nach Abschreckungsmassnahmen suchen. Es wird in den Medien nämlich nicht darüber berichtet, dass täglich Dutzende von Anschlagsversuchen von den Israelis erfolgreich vereitelt werden und wurden.‘

Primor kennt offenbar andere Mittel, wie man 12-jährige Gewalttäter behandeln soll, nur versäumt er, diese zu nennen. Er wird mangels ‚Gespür‘ von Frau Pribakovic (oder schlicht aus Desinteresse) auch nicht danach gefragt.

Was soll ausserdem der Vergleich mit Europa, als hätten wir in hier eine vergleichbare Situation mit terrorisierenden Jugendlichen? Auch Primor schlägt in die Kerbe der vermeintlichen ‚Gefängnisse‘ und bezeichnet die Bedingungen in normalen Gefängnissen für Palästinenser als ‚schlecht‘. Was heisst schlecht? Auch hier fehlt ein offizieller Kommentar von Israel. Und wenn man schon von Gefängnissen spricht: Wie ist die Situation in palästinensischen Gefängnissen?

Es ist wohl Ziel dieser Sendung, Primor unwidersprochen einen grob verallgemeinernden, von Hetze und Desinformation geprägten Rundschlag gegen Israel zu ermöglichen.

So sind denn auch die Ursachen der vermeintlichen ‚Besetzung‘ (rechtlich sind die Gebiete allenfalls umstritten, besetzt werden kann nur ein Gebiet, welches davor einem souveränen Staat gehörte) kein Thema, und sein Mitgefühl für die Palästinenser (die am höchsten alimentierte Bevölkerungsgruppe der Menschheit mit eigener Flüchtlingshilfe, UNRWA) befremdet.

Als hätten die palästinensischen Führer nicht u.a. 2000 und 2008 die grosszügigen Friedensofferten Israels abgelehnt. Auch hier fehlt der Hinweis von SRF, dass die Satzungen von PLO und Hamas keinen Frieden vorsehen, sondern die Vernichtung von Israel und allen Juden. Stattdessen überlässt man einem parteilichen Kommentator (wohl nur allzu gern) das Wort und hütet sich, seine realitätsfremden Aussagen zu relativieren oder zu korrigieren. Die feindliche Grundhaltung Primors gegenüber der von der Mehrheit der Israeli gewählten Regierung stellt auch seine Sicht der angeblichen Haltung der israelischen Bevölkerung in Frage.

Die Sendung enthält Falschinformationen und ist klar anwaltschaftlich gegen Israel ausgerichtet, sowohl seitens Frau Pribakovic und ihrer Suggestivfragen, als auch durch die einseitige Haltung des wohl nicht zufällig ausgewählten Oppositionellen Avi Primor.

Ein Vertreter Israels, der den Standpunkt der israelischen Regierung hätte darlegen sollen, fehlte. Etwas, das sich SRF bei einer innenpolitischen Sendung niemals leisten würde. Man stelle sich eine Arena vor, bei der nicht alle Parteien zu Wort kämen.

Von einer sachgerechten Darstellung kann deshalb nicht die Rede sein. Die Haltung der Zuhörerschaft, die grundsätzlich mit der Situation in Israel nur mangelhaft vertraut und von anderen Medien (NZZ, Tagi etc.) einseitig beeinflusst ist, wird zementiert.‘

B. Soweit Ihre Argumente. Für die zuständige Redaktion nahm Elisabeth Pestalozzi, stellvertretende Chefredaktorin von Radio SRF, wie folgt Stellung:

„X beanstandet eine Schlagzeile und ein Interview in der Sendung ‚Rendez-vous‘ vom 4. August 2016 als unausgewogen und nicht sachgerecht. Gesprächspartner war Avi Primor, früherer israelischer Botschafter in Deutschland. Anlass für die Berichterstattung war ein Gesetz, welches die Knesset in der Nacht zuvor verabschiedet hatte. Diesem zufolge wird die Strafmündigkeit für Jugendliche von 14 auf 12 Jahre gesenkt. Primor kritisierte das Gesetz in der Sendung als populistisch und die Haftbedingungen für die vom neuen Gesetz betroffenen Jugendlichen als äusserst schlecht.

X führt an:

  1. Die Sendung kritisiere ausschliesslich Israel und die Gesetzesverschärfung, ohne die (mehrheitliche) israelische Regierungssicht zu Wort kommen zu lassen, die das Gesetz befürwortet. Die Wahl von Ex-Botschafter Avi Primor als Gesprächspartner sei wegen seiner regierungskritischen Haltung unangebracht.
  2. Die Sendung verharmlose die palästinensische Gewalt und den Terror gegen die jüdische Bevölkerung.
  3. Die Sendung transportiere falsche Informationen: die vom neuen Gesetz betroffenen Jugendlichen kämen nicht ins „Gefängnis“, sondern in eine geschlossene Jugendstrafanstalt.

Unsere Berichterstattung:

Wir haben am 4. August 2016 in der Sendung ‚Rendez-vous‘ wie folgt über das beanstandete Thema berichtet:

Die Schlagzeile lautete:

‚Das israelische Parlament lässt neu auch 12-jährige Kinder, die wegen Terrors verurteilt werden, ins Gefängnis werfen‘

Darauf folgte im Hintergrundteil der Sendung ‚Rendez-vous‘ das Gespräch.[4]

Zu den einzelnen Kritikpunkten:

  1. In den Informationsendungen von Radio SRF achten wir stets darauf, sachgerecht zu berichten und die unterschiedlichen Positionen zu einer bestimmten Fragestellung abzubilden. Das gilt allerdings für unsere Gesamtberichterstattung, jedoch nicht zwingend für jedes einzelne Gespräch. Das Gebot der Sachgerechtigkeit verlangt denn auch nicht, dass alle Standpunkte qualitativ und quantitativ genau gleichwertig dargestellt werden. Entscheidend ist vielmehr, dass das Publikum erkennen kann, dass und inwiefern eine Aussage umstritten ist, dass es erkennt, welche Position der Interviewte vertritt und dass es so in die Lage versetzt wird, sich eine eigene Meinung zum Thema zu bilden. In Bezug auf unsere Nahostberichterstattung bedeutet das:
    Wir sind bestrebt, in unseren Sendungen auch immer wieder israelische Stimmen zu haben, welche die Regierungspolitik erklären und verteidigen. Häufig gelingt das. Allerdings stellen wir seit einiger Zeit fest, dass die Bereitschaft von offiziellen Repräsentanten des Staates Israel, ausländische Medien Interviews zu gewähren, in den letzten Jahren eher abgenommen hat. Auch unser Nahost-Korrespondent stellt das bei Recherchereisen in Israel mitunter fest. Chefredaktorin Lis Borner und Fredy Gsteiger (diplomatischer Korrespondent und Chefredaktionskollege) haben das thematisiert, als vor einigen Monaten der israelische Botschafter in Bern, Yigal Caspi (er wurde inzwischen von Jacob Keidar abgelöst), zu Besuch im Radiostudio Bern war. Herr Caspi sicherte uns grundsätzlich die Unterstützung der Botschaft zu. Vor nicht allzu langer Zeit hätten wir zum Beispiel gern den Syrienkonflikt aus offizieller israelischer Sicht beleuchtet – und haben uns deshalb anlässlich seines Besuches in Bern um ein Interview mit dem damaligen Verteidigungsminister Moshe Yaalon bemüht. Zu unserem Bedauern erhielten wir aber eine Absage.
    Zu Avi Primor, dessen Wahl als Gesprächspartner der Beanstander ebenfalls kritisiert:
    Zwar sagt der Beanstander (bzw. der von ihm zitierte Ulrich Sahm) richtigerweise: „Primor ist kein unbeschriebenes Blatt“. Aber er bezweckt damit dessen Abqualifizierung, indem er ergänzt: „Seine Aussagen haben dasselbe Gewicht wie die Meinung des Schuhputzers auf der Strasse.“ Wie immer jemand zu den konkreten Aussagen Primors in unserem Interview steht: Eine solche grundsätzliche Herabwürdigung unseres Gesprächspartners lehnen wir ab. Avi Primor ist in der Tat kein unbeschriebenes Blatt und sicher ein kritischer Zeitbeobachter. Er hat aber grosse Meriten im Dienste Israels erworben. Er versah jahrzehntelang Schlüsselpositionen im israelischen Aussenministerium – und das unter verschiedenen Regierungen. Unter anderem als Botschafter mit so wichtigen Akkreditierungen wie jener bei der EU oder später, sechs Jahre lang, in Deutschland. Ebenso als stellvertretender Staatssekretär, als Leiter der Presseabteilung, als Leiter der israelischen Delegation bei Friedensgesprächen. Keine Aufgaben, mit denen man jemanden betraut, der nicht das volle Vertrauen der Regierung in Jerusalem geniesst. Später und zum Teil bis heute übte und übt Primor wichtige Funktionen bei der Hebrew University aus und bei der Universität Tel Aviv – beides international renommierte Institutionen. Für seine Verdienste für die israelisch-deutsche Freundschaft erhielt Primor das Bundesverdienstkreuz. Ausserdem zahlreiche weitere Preise. Es erstaunt daher nicht, dass auch renommierte deutsche Zeitungen wie ‚Die Zeit‘ oder die ‚Süddeutsche Zeitung‘ oder der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland ihm gerne ihre Spalten und ihre Sendeplätze für Meinungsartikel oder Interviews öffnen. Auch für uns ist er ein geschätzter Interviewpartner als wichtige israelische Stimme, wenn auch heute nicht länger als Sprachrohr der jetzigen Regierung.
    Natürlich gibt es in Expertengesprächen die Möglichkeit, dass der/die InterviewerIn die Argumente der nicht anwesenden Gegenposition offensiv vertritt. Tatsächlich hätte diese Technik im vorliegenden Fall expliziter eingesetzt werden sollen. Konkret hätte die Argumentation von Parlament und Regierung bezüglich der Strafmündigkeit von Jugendlichen noch präziser herausgearbeitet werden können. Es ist aber während des ganzen Gesprächs klar, dass der Interviewte die israelische Regierung kritisiert und diese den Sachverhalt selbstredend anders sieht. Der Interviewpartner verortet sich und seine Position zudem gegen Ende des Gesprächs selbst sehr genau, wenn er sagt, etwa ein Drittel der Israelis denke so wie er. Es geht also aus dem Gespräch deutlich hervor, dass es eine politische Mehrheit gibt, die die Gesetzesverschärfungen befürwortet.
  2. Hier möchten wir vorausschicken, dass wir uns bei Radio SRF sehr bewusst sind, wie historisch beladen der israelisch-palästinensische Konflikt ist. Wie tiefe Gräben in dieser Frage auch in der Schweizer Gesellschaft, also bei unserem Publikum, bestehen. Wir sind uns bewusst, dass wir deshalb in unserer Berichterstattung den Anforderungen an Fairness und Sorgfalt besondere Beachtung schenken müssen. Das tun wir, angefangen bei der kurzen Meldung in den Nachrichten bis zum ausführlichen Bericht unseres Nahostkorrespondenten Philipp Scholkmann, der das Gros der Beiträge zu diesem Thema verfasst. Auch unsere Grundhaltung ist klar: Wir betrachten zwar die israelische Besetzung als völkerrechtswidrig. Wir betrachten aber zugleich jegliche Gewalt gegen Unbeteiligte, gegen Zivilisten als kriminell. Für uns sind beispielsweise die von der Hamas gesteuerten Raketenangriffe auf israelische Städte eine Form von Staatsterrorismus. Der Hintergrund der Berichterstattung in der beanstandeten Sendung war eine Gewaltwelle, die Israel und die Palästinensergebiete in den letzten Monaten erfasst hatte. Unsere Berichterstattung zielte in keiner Art und Weise darauf ab, die Gewalttaten zu verharmlosen, die unter anderem auch durch minderjährige Palästinenser verübt wurden. Wir hinterfragten lediglich die gewählten Mittel dagegen, in diesem Falle die Gesetzesverschärfung für jugendliche Täter. Nicht im Sinne einer Verharmlosung, sondern im Sinne einer Reflexion, so wie wir das bei Gesetzesverschärfungen hierzulande auch tun würden. Und noch einige grundsätzliche Überlegungen: Was zutrifft: Unsere Berichterstattung ist immer wieder israel-kritisch. Israel will ja - zu Recht - nach Massstäben eines demokratischen Rechtsstaates gemessen werden. Unsere Berichterstattung ist aber ebenso frankreich-kritisch, USA-kritisch,... und natürlich auch Schweiz-kritisch. Das ist unsere journalistische Aufgabe. Der Beanstander behauptet jedoch zu Unrecht, wir hätten in unserer Berichterstattung beispielsweise die von ihm angeführte Hetztirade des palästinensischen Präsidenten Abbas ignoriert. Fredy Gsteiger hat diese sogar ausdrücklich thematisiert – in einem Beitrag über die diplomatische Aufwertung Palästinas in der Uno. Er hat Abbas Worte auch mit einem O-Ton dokumentiert. Wir haben ebenso wiederholt über die unter den Hamas-Angriffen leidenden Städte berichtet; unser Nahost-Korrespondent war vor Ort. Zudem hat Fredy Gsteiger die Rolle der UNWRA in seiner UNO-Berichterstattung mehrfach sehr kritisch behandelt.
  3. Radio SRF stützt sich in seiner Berichterstattung unter anderem auf Meldungen internationaler Medienhäuser und Agenturen. So auch in diesem Fall. Sowohl ‚The Independent‘ wie auch afp Jerusalem und die ‚Palestine News Agency‘ sprechen an diesem Tag von Gefängnissen respektive ‚Jail‘ oder ‚Imprisonement‘. Auch in den Monaten vor dem definitiven Entscheid durch die Knesset diskutierten Medien wie ‚The Times of Israel‘ über die Frage ‚Should Israel jail Palestinian kid stabbers younger than 14?‘ Von ‚Jugendstrafanstalten‘ ist also auch hier nicht die Rede.

Fazit:

Unsere Berichterstattung war weder falsch noch verharmlosend. Sie beleuchtete die Anpassungen des Terrorismusgesetzes durch die Knesset kritisch. Das gehört zu den Aufgaben des Journalismus. In diesem Fall liessen wir einen prominenten Kritiker zu Wort kommen. Im Gespräch mit Avi Primor kam jedoch die Haltung von Parlament und Regierung klar zum Ausdruck. Die HörerInnen erhielten auf diese Weise die Möglichkeit, sich ein Bild der Situation und der möglichen Konsequenzen des abgeänderten Gesetzes zu machen. Dem Publikum bzw. dem/r einzelnen Hörer/in war es aufgrund der vermittelten Informationen somit möglich, sich eine eigene Meinung zum Sendungsthema bilden zu können. Dass die Interviewerin die Regierungsposition etwas expliziter hätte einbringen sollen, ist mit den Zuständigen besprochen. Den Vorwurf der unsachgerechten oder einseitigen Berichterstattung weisen wir allerdings zurück.“

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Beurteilung der Sendung. Halten wir zunächst die Fakten fest: Das israelische Parlament senkte definitiv das Strafbarkeitsalter für terroristische Aktivitäten von 14 auf 12 Jahre und erregte damit international Aufsehen. Schweizer Radio SRF berichtete darüber und befragte dazu den regierungskritischen israelischen Diplomaten und Publizisten Avi Primor.

Es ist richtig, dass die Schweizer Medien in den ersten zwei Jahrzehnten der Existenz des Staates Israel dessen Politik positiver beurteilten als in den vier, bald fünf Jahrzehnten danach. Am Anfang galt die Bewunderung dem Kleinstaat, der sich erfolgreich gegen aggressive Nachbarn wehrte. Man verglich Israel militärisch mit der Schweiz und sah viele Parallelen. Die Bewunderung galt auch dem erfolgreichen gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Aufbau. Viele junge Schweizerinnen und Schweizer fuhren damals nach Israel, um in einem Kibbuz zu arbeiten. Die politische Rechte lobte die militärische Wehrbereitschaft, die politische Linke den gelebten Sozialismus. Die Medien spiegelten diese Konstellation. Das kippte nach dem Sechstagekrieg von 1967 und nach dem Wüstenkrieg oder Yom-Kippur-Krieg von 1973: Israel war zur nahöstlichen Großmacht geworden, die Territorien besetzt hielt und die Resolutionen der Uno bewusst missachtete. Dazu kam, dass der palästinensische Terror auf das Schicksal einer Bevölkerung aufmerksam machte, die sich wie die israelische ebenfalls ungerecht behandelt fühlte. Die Schweizer Medien, die in der Zwischenzeit auch durchwegs parteiunabhängig geworden waren, begannen anders zu gewichten. Sie berichteten differenzierter und kritisierten auch Israel.

Gleichwohl ist es nicht richtig, dass Radio und Fernsehen SRF nur dann einseitig berichten, wenn Israel auf der Anklagebank sitzt. Frau Pestalozzi hat dies in ihrer Stellungnahme eindrücklich nachgewiesen: Es wird auch dann berichtet, wenn Palästinenser die Täter und Israelis die Opfer sind. Man muss eben die Berichterstattung über die Dauer verfolgen. Es gilt aber auch: Radio SRF könnte noch mehr tun.

Sie werfen dem Bericht über die Herabsetzung des Mindeststrafalters in Israel hauptsächlich viererlei vor:

  • Radio SRF stützte sich in seiner Berichterstattung ausschließlich auf Stimmen aus dem linken regierungskritischen Lager, die Juden und Israelis durchaus einordnen könnten, das Schweizer Publikum aber nicht. Vertreter der offiziellen israelischen Sicht fehlten.
  • Avi Primor sei als Kritiker eine Randfigur und sein Wort wiege nicht mehr als das eines Schuhputzers.
  • Durch die Art der Darstellung der Gesetzesänderung werden Täter zu Opfern gemacht, und es werde völlig ausgeblendet, dass palästinensische Kinder von ihren Autoritäten förmlich zu Mordtaten gegen Israelis aufgehetzt werden.
  • Fakten aus der Geschichte und aus den Grundlagendokumenten von PLO und Hamas fehlten im Beitrag völlig.

Frau Pestalozzi hat dem entgegnet, dass

  • es immer schwieriger werde, von israelischen Behörden Interviews und Stellungnahmen zu bekommen – trotz Zusicherung der Botschaft;
  • Avi Primor durch seine frühere Tätigkeit im Dienst des Staates Israel sehr renommiert und für seine Verdienste mehrfach ausgezeichnet worden sei; im Übrigen habe er im Interview selber deutlich gemacht, dass er die Position einer Minderheit vertrete;
  • Radio SRF eine differenzierte Haltung einnehme und beispielsweise die Angriffe der Hamas auf israelische Dörfer, Siedlungen, Städte und Menschen als Staatsterrorismus betrachte;
  • sachgerecht zu berichten bedeute, auf die Dauer die kontroversen Positionen zu spiegeln.

Bevor ich genauer auf das Interview mit Avi Primor eingehe, möchte ich zweierlei festhalten: Für Ihre Behauptung, Radio SRF verharmlose mit dem Beitrag die Gewalt und verletzte somit Artikel 4 Absatz 1 des Radio- und Fernsehgesetzes[5], sehe ich keinerlei Anhaltspunkt. Der Beitrag berichtet nicht über Gewaltakte, sondern über einen parlamentarischen Entscheid. Zwar greift die Gesetzesänderung dann, wenn Jugendliche unter 14 Gewalt ausüben. Aber eine Verherrlichung oder Verharmlosung von Gewalt wären nur gegeben, wenn der Beitrag über Gewalt berichtete, die trotz ihres Schreckens als harmlos oder sogar als herrlich dargestellt würde. Das ist in dem Beitrag eindeutig nicht der Fall.

Zurückweisen muss ich ebenso Ihre Forderung, dass der Beitrag auch auf Fakten der Geschichte und der Grundeinstellung von PLO und Hamas hätte hinweisen müssen. Ein journalistischer Beitrag ist keine historische, völkerrechtliche oder politikwissenschaftliche Vorlesung. Journalismus ist immer eine Ausschnittvergrößerung der Wirklichkeit; er kann also stets nur einen Ausschnitt zeigen. Ich kann mir bloß eine Bemerkung nicht verkneifen: Wenn Sie sagen, dass Yassir Arafat der einzige Massenmörder gewesen sei, der den Friedensnobelpreis erhalten habe, so muss ich Sie darauf aufmerksam machen, dass die Friedensnobelpreise an Henry Kissinger, Le Duc Tho und Menachem Begin in Bezug auf ihre Beteiligung an Verbrechen ebenfalls nicht unproblematisch waren.

Und jetzt komme ich zur Frage, ob der Beitrag über die Herabsetzung des Mindeststrafalters für terroristische Aktivitäten sachgerecht war. Im Zentrum stand das Interview mit Avi Primor. Es ist keineswegs unzulässig – und damit auch nicht zum Vorneherein ein Verstoß gegen die Sachgerechtigkeit -, wenn die befragte Person zum Thema eine kritische Position einnimmt. Voraussetzung ist, dass erstens diese einseitige Position offengelegt wird, dass zweitens die Journalistin oder der Journalist die Person kritisch befragt, ja bedrängt und dass drittens dadurch die wahren Fakten auf den Tisch kommen.

Im Beitrag wurde offengelegt, dass Avi Primor gegenüber der aktuellen israelischen Regierung eine kritische Position einnimmt. Damit war die erste Forderung erfüllt. Wie steht es aber um die zweite und dritte Forderung?

Betrachten wir zunächst die Fakten dieser Gesetzesänderung. Man muss daran erinnern, dass Israel ein kompliziertes Vielparteiensystem kennt. Da für die Wahl der Knesset, des israelischen Parlaments, das ganze Land einen einzigen Wahlkreis darstellt und da die Hürde für den Einzug in das Parlament bloss 3,25 Prozent beträgt, bildet sich die Parteienvielfalt regelmäßig in der Knesset ab. Für die Wahlen von 2015 kandidierten 25 Listen; 15 gingen leer aus, 10 holten sich Sitze. Da sich viele Parteien jeweils zu Wahllisten zusammenschliessen, ist die Zahl der Parteien weit höher als 25. Wie fast immer seit der ersten Knesset-Wahl 1949 eroberte keine Partei die absolute Mehrheit der 120 Sitze. Stets sind Koalitionen nötig. 2015 bildete die mandatsstärkste Likud (30 Sitze) von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Koalition mit der sozialkonservativen Kulanu (10 Sitze), der nationalreligiösen Ha Bajit haJehudi (8 Sitze), der ultraorthodoxen Schas (7 Sitze) und dem ultraorthodoxen Vereinigten Thora-Judentum (6 Sitze). Somit kommt die Regierungskoalition gerade auf die absolute Mehrheit von 61 Sitzen. Immer in der Opposition sind einerseits die Parteiengruppe, die mit der Liste HaReschina haMeschutefet an der Wahl teilgenommen hatte und zu der linkssozialistische, islamische und arabisch-nationalistische Parteien gehören (13 Sitze), anderseits die linkszionistische Meretz (5 Sitze). Von Fall zu Fall in der Opposition befinden sich die linken Parteien Awoda und Ha-Tun’a (24 Sitze), die liberale Jesch Atid (11 Sitze) und die konservative Jusra’el Beitenu (6 Sitze).

Den Antrag für die Senkung des Strafalters bei Jugendlichen, die terroristische Akte begehen, stellte nicht, wie Avi Primor behauptet, eine extremistisch-religiöse Partei, auch nicht die Justizministerin, wie der von Ihnen zitierte Ulrich Sahm schreibt, sondern ein Abgeordneter der Likud, also der größten Regierungspartei. Justizministerin Ayelet Shaked von der nationalreligiösen HaBajit haJehudi unterstützte den Vorschlag lebhaft. Auch die linken, liberalen und übrigen konservativen Parteien trugen die Gesetzesänderung mit. Lediglich die linkszionistischen, linkssozialistischen und arabischen Parteien hielten dagegen. In der ersten Lesung in der Knesset am 25. November 2015 hieß das Parlament die Vorlage mit 64 gegen 22 Stimmen gut.[6] Am 3. August 2016 fand die zweite und dritte Lesung statt. In der Schlussabstimmung passierte die Gesetzesänderung mit 32 gegen 16 Stimmen, ein Abgeordneter enthielt sich, 71 Parlamentsmitglieder waren abwesend (!). Die offizielle Mitteilung lautete:

“Knesset gives final approval to bill allowing imprisonment of terrorists under the age of 14 (Publicized: August 3, 2016)[7]
The ‘Youth Bill’, which will allow the authorities to imprison a minor convicted of serious crimes such as murder, attempted murder or manslaughter even if he or she is under the age of 14, passed its second and third readings in the Knesset plenum Tuesday night.
Thirty-two MKs voted in favor of the bill in the third and final vote, while 16 MKs opposed the legislation, and one lawmaker abstained from voting.
Under the legislation, which was proposed by MK Anat Berko (Likud), the courts will be permitted to set discussions regarding the imprisoned juvenile while he or she is being held at a close facility. During the discussions, the courts will be allowed to postpone the convicted minor’s transfer date from the closed facility to a prison, shorten the convicted minor’s prison sentence or cancel the prison sentence.
”The seriousness that we attach to terror and acts of terror that cause bodily injury and property damage, and the fact that these acts of terror are being carried out by minors, demands a more aggressive approach including toward minors who are convicted of offenses, particularly serious offenses,” the explanatory introduction to the bill reads.
MK Berko said, ‘This law was born of necessity. We have been experiencing a wave of terror for quite some time. A society is allowed to protect itself. To those who are murdered with a knife in the heart it does not matter if the child is 12 or 15. We`ve witnessed numerous cases where 11-year-old children were suicide bombers. Perhaps this law will also do something to protect these children from being used to slaughter people.’ ”

Aus den Akten geht hervor, dass als Untergrenze für eine Verurteilung nach dem Terrorismusgesetz das Alter von 12 Jahren festgelegt wurde, dass unter 14Jährige in eine geschlossene Anstalt (Kinderheim, Jugendanstalt) kommen, während über 14jährige ins Gefängnis gesteckt werden, dass aber die Gerichte Spielraum haben, die Verlegung zu verzögern oder die Strafe zu verkürzen oder aufzuheben.

Wenn wir die aus den Akten hervorgehenden Fakten mit dem Interview vergleichen, so muss ich feststellen: Avi Primor war nicht im Bild. Er nahm an, die Novelle sei von den Extrem-Religiösen ausgegangen und die Koalition habe nur zugestimmt, um nicht auseinanderzubrechen. Und er nahm an, alle straffälligen Jugendlichen ab 12 landeten im Gefängnis. Und die Journalistin fragte nicht hart nach, zumal sie die Akten selber ungenügend kannte. Somit komme ich zum Schluss, dass dem Publikum die Fakten nicht korrekt vorgelegt wurden und infolgedessen der Beitrag nicht sachgerecht war. In diesem Punkt kann ich Ihre Beanstandung unterstützen.

Gleichzeitig möchte ich Radio SRF dafür ein Kränzchen winden, dass es grundsätzlich nach allen Seiten kritisch ist und sich nicht scheut, die Schweiz, die USA, Russland, Israel, Palästina, Iran usw. zu kritisieren, wenn Anlass dafür besteht. Wünschenswert wäre allerdings, wenn Radio SRF einigen Themen noch vermehrt nachginge, etwa dem arabischen Antisemitismus, der palästinensischen Propaganda oder der Frage, inwiefern der arabische Sozialismus (in Ägypten, Syrien, Palästina) längst in Faschismus gekippt ist.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.


[1] https://www.youtube.com/watch?v=n4Mq63fUwEo

[2] http://www.jpost.com/Arab-Israeli-Conflict/GRAPHIC-VIDEO-Palestinian-clip-depicts-shootings-stabbings-of-Israelis-444924

[3] http://www.audiatur-online.ch/2016/08/08/srf-und-das-terrorismusgesetz-fuer-zwoelfjaehrige/

[4] http://www.srf.ch/news/international/israel-fuehrt-terrorismusgesetz-fuer-zwoelfjaehrige-ein

[5] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20001794/index.html

[6] https://www.knesset.gov.il/spokesman/eng/PR_eng.asp?PRID=11782

[7] https://www.knesset.gov.il/spokesman/eng/PR_eng.asp?PRID=12206; MK bedeutet Member of Knesset.

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