«Rendez-vous», Website (Radio SRF) beanstandet

4481
Mit Ihrer E-Mail vom 1. Februar 2017 haben Sie die Illustration zur Sendung anlässlich der Jahres-medienkonferenz des Pharmakonzerns Roche über die Entwicklung neuer Medikamente und die Folgen ausgelaufener Patente im «Rendez-vous» vom gleichen Tag beanstandet. Ihre Eingabe erfüllt die formalen Voraussetzungen an eine Beanstandung. Somit kann ich auf sie eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:
Die Sendung behandelt die Pharmaindustrie, gezeigt wird eine nackte Brust (vgl. Anhang). Dies ist klar sexistisch: Es geht zwar u.a. um ein Mittel gegen Brust- und Magenkrebs, doch dies mit einer nackten weiblichen Brust zu illustrieren ist genau so unnötig, wie es die Illustration mit einem Magen wäre. Die nackte Brust bietet keinen Mehrwert an Information, ich muss also davon ausgehen, dass sie allein als Blickfang eingesetzt wurde. Vom öffentlich-rechtlichen Rundfunkt erwarte ich mehr Sensibilität und weniger Sexismus.

B. Ihre Beanstandung wurde der zuständigen Redaktion zur Stellungnahme vorgelegt. Frau Elisabeth Pestalozzi, stellvertretende Chefredaktorin Radio schrieb:

Besten Dank für die Möglichkeit, zur Beanstandung Nr. 4481 Stellung nehmen zu können.

Die Beanstandung

Frau X kritisiert ein Bild auf der Online-Seite der Sendung «Rendez-vous» vom 1. Februar 2017. Das Bild ein er nackten Brust zur Illustration eines Arzneimittels gegen Brustkrebs sei „klar sexistisch“. Die Beanstanderin geht davon aus, dass es als „Blickfang“ eingesetzt wurde, da es keinen „Mehrwert“ biete. Für sie ist die Illustration eines Brustkrebsmittels mit einer Brust „unnötig“.

Das publizierte Bild zum Radiobeitrag

Am 1.2.2017 brachte die Radiosendung «Rendez-vous» anlässlich der Jahresmedienkonferenz des Pharmakonzerns Roche ein Gespräch mit SRF-Wirtschaftsredaktor Massimo Agostinis über die Ent­wicklung neuer Medikamente und die Folgen ausgelaufener Patente.

http://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/roche-droht-konkurrenz-fuer-wichtige-umsatzbringer?id=711c9612-1b70-436c-9fc3-3a99b6e2a700

Konkret zeigte das Gespräch auf, dass bei Roche die Patente gleich zweier wichtiger Medikamente ausgelaufen sind, nämlich diejenigen des Brust- und Magenkrebsmittels Herceptin und MabThera, einem Lymphdrüsenkrebsmittel. Nun könne die Konkurrenz Nachahmerprodukte herstellen, erklärt der Wirtschaftsredaktor im Gespräch, was aber ein äusserst schwieriger Prozess sei. Er erläutert, dass nur wenige Pharmafirmen überhaupt in der Lage seien, Medikamente wie die erwähnten zu kopieren. Schliesslich wird ausgeführt, dass Roche mittelfristig mit diesen ausgelaufenen Krebsmedikamenten weniger einnehmen werde als bisher, dass der Pharmakonzern jedoch neue Medikamente in der Pipeline habe, auch im Bereich der Krebsmedikamente.

Die «Rendez-vous»-Redaktion illustrierte das Gespräch auf ihrer Internetseite mit folgendem Bild aus dem Netz.

Dieses Bild war laut Angaben der Redaktion maximal 30 Minuten in dieser Form sichtbar. Es wurde nach kurzer Zeit neu zugeschnitten und erscheint seither so:

Roche droht Konkurrenz für wichtige Umsatzbringer

Investitionen in neue Arzneien kosten enorm. Damit sich die Forschung auszahlen kann, sind die Medi­­kamente durch Patente geschützt. Beim Schweizer Pharmakonzern Roche laufen derzeit mehrere Patente aus. Günstigere Nachahmerprodukte dürften auf den Markt kommen. Das bedeutet weniger Umsatz und Gewinn. Welche Roche-Medikamente dürfen kopiert werden und wie reagiert der Pharma-Riese?

MASSIMO AGOSTINIS

Unsere Stellungnahme

Wir können nachvollziehen, dass eine dargestellte nackte Brust irritieren kann. Und für das Verständ­nis des Online-Textes oder des Radiobeitrags war das Bild tatsächlich nicht notwendig, wie die Bean­standerin richtig bemerkt.

Es war denn auch in keiner Weise die Absicht der Redaktion, effekthascherisch oder gar sexistisch zu sein. Vielmehr suchte sie ein Symbolbild, um das Thema leicht verständlich zu veranschaulichen. Wenn wir die Gefühle der Beanstanderin damit verletzt haben, tut uns das leid.

Doch war – wie oben ausgeführt – das Bild in dieser Form höchstens eine halbe Stunde lang im Inter­net sichtbar. Danach wurde es ausgetauscht. Das bedeutet, dass die Rendez-vous-RedaktorInnen die mögliche Wirkung des nackten Körperteils innert Kürze realisiert und das Bild schnell korrigiert haben. Hausintern ist die notwendige Sensibilität also vorhanden und die Qualitätssicherungsmassnahmen funktionieren gut. Das haben auch die Gespräche mit den RedaktorInnen nach dem Vorfall gezeigt.

Zum konkreten Sexismus-Vorwurf der Beanstanderin:

Sexistisch im eigentlichen Sinn ist das Bild nicht. In der wissenschaftlichen Literatur wird Sexismus definiert als Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, das heisst: eine Ungleichbehandlung ohne sachliche Rechtfertigung.

Oder wie es der DUDEN (1990) beschreibt: Haltung, Grundeinstellung, die darin besteht, einen Menschen allein auf Grund seines Geschlechts zu benachteiligen; insbesondere diskriminierendes Verhalten gegenüber Frauen.

Das liegt hier nicht vor. In der Darstellung findet sich keine Form von Wertung oder Diskriminierung.

Es liegt mit dem Bild auf der Rendez-vous-Seite auch kein Fall sexistischer Werbung vor. Die schwei­zerische Lauterkeitskommission definiert in ihrem Grundsatz Nr. 3.1 sexistische, also geschlechter­diskriminierende Werbung wie folgt:

1. Werbung, die ein Geschlecht diskriminiert, indem sie die Würde von Frau oder Mann verletzt, ist unlauter.
2. Geschlechterdiskriminierende Werbung liegt insbesondere vor, wenn

  • Männern oder Frauen stereotype Eigenschaften zugeschrieben werden und damit die Gleich­wertigkeit der Geschlechter in Frage gestellt wird;
  • Unterwerfung oder Ausbeutung dargestellt oder zu verstehen gegeben wird, dass Gewalt oder Dominanzgebaren tolerierbar seien;
  • das Kindes- und Jugendalter nicht mit erhöhter Zurückhaltung respektiert wird;
  • zwischen der das Geschlecht verkörpernden Person und dem beworbenen Produkt kein natürlicher Zusammenhang besteht;
  • die Person in rein dekorativer Funktion als Blickfang dargestellt wird;
  • eine unangemessene Darstellung von Sexualität vorliegt.

Alle diese Punkte sind beim während kurzer Zeit aufgeschalteten Bild der Medikamentenschachtel mit Brust nicht erfüllt. Denn zwischen der Brust und dem Brustkrebs-Medikament besteht ein eindeutiger sachlicher Zusammenhang. Die Brust symbolisiert den potentiellen Gegenstand der Behandlung durch das Medikament. Sie hat deshalb auch nicht eine ausschliesslich dekorative Funktion im Sinne eines der Sache inadäquaten Blickfangs.

Fazit: Das Bild auf der Rendez-vous-Seite ist nicht sexistisch. Dieser Vorwurf ist nicht berechtigt. Allerdings bietet es auch keinen wesentlichen Mehrwert. Zum Verständnis des Themas ist es nicht zwingend notwendig.

Dies und die potentiell problematische Wirkung des dargestellten Körperteils hat die Rendez-vous-Redaktion erkannt, sobald das Bild auf dem Netz war.

Sie hat innert Kürze reagiert und das Bild durch die neutrale Schachtel ersetzt. Die RedaktorInnen haben damit ihre Sensibilität für dieses Thema und ihre schnelle Reaktionsfähigkeit bewiesen. Der Vorgang wurde zudem intern nachbearbeitet.

Aus all diesen Gründen bitten wir Sie, die Beschwerde abzulehnen.

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Beurteilung. Wie die stellvertretende Chefredaktorin Radio, Frau Elisabeth Pestalozzi darlegt, haben die Redaktorinnen und Redaktoren das beanstandete Bild innerhalb kürzester Zeit zugeschnitten. Es ist daher klar, dass sie die mögliche Wirkung des nackten Körperteils realisiert haben. Den Vorwurf, das Bild sei sexistisch kann ich nicht gelten lassen. Frau Pestalozzi hat diesen bereits umfassend entkräftet, dem gibt es nichts beizufügen. Die Redaktion hat insgesamt die notwendige Sensibilität aufgezeigt.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass ich Ihre Beanstandung nicht unterstützen kann.

In möchte es in diesem Zusammenhang nicht unterlassen, der Redaktion für das rasche Vorgehen ein Kränzchen zu winden. Die Qualitätssicherung hat innerhalb kürzester Zeit gegriffen und die Angele­genheit wurde intern mit den Redaktorinnen und Redaktoren besprochen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernseh­gesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

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