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SRG-Finanzierung: Woher, wie viel, wofür?

Das Bundesamt für Kommunikation hat kürzlich einen Bericht eingereicht, in dem dargelegt wird, wie ein zukünftiges Programm der SRG mit reduzierten Budgetvarianten aussehen würde. Wie aber sieht die gegenwärtige Situation aus? Wie setzt sich das Budget der SRG zusammen und wie wird es eingesetzt?

Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N) befasste sich Anfang Juli einmal mehr mit der Zukunft des Service public. Neben der No-Billag-Initiative, durch welche die Radio- und Fernsehgebühren ganz abgeschafft werden sollen, hat die Kommission zusätzliche Informationen zur Finanzierung der SRG verlangt. In ihrem Auftrag entwarf die Bundesverwaltung zwei Szenarien darüber, wie der Umfang des von der SRG wahrgenommenen öffentlichen Auftrags bei reduziertem Budget aussehen würde – einmal mit einem Budget von CHF 1 Milliarde, einmal mit CHF 750 Millionen. Angesichts dieser nunmehr drei Hypothesen werfen wir einen Blick auf die Gegenwart: Wie setzt sich das Budget der SRG zusammen? Wie werden diese Gelder in den Sprachregionen verteilt? Und wie sieht es auf Programmebene aus? Wo fliessen die 451 Franken Empfangsgebühren genau hin, die jeder Schweizer Haushalt pro Jahr bezahlt?

Angesichts dieser nunmehr drei Hypothesen werfen wir einen Blick auf die Gegenwart: Wie setzt sich das Budget der SRG zusammen? Wie werden diese Gelder in den Sprachregionen eingesetzt? Und wie sieht es auf Programmebene aus? Wo fliessen die 451 Franken Empfangsgebühren genau hin, die jeder Schweizer Haushalt pro Jahr bezahlt?

Die SRG setzt pro Jahr etwa CHF 1,6 Milliarden um. Sie finanziert sich zu rund 75 Prozent aus Gebührengeldern (CHF 1,2 Milliarden), der restliche Betrag wird hauptsächlich durch kommerzielle Erträge wie zum Beispiel Werbeeinnahmen, Sponsoring, Programm- und weitere Erträge erwirtschaftet (Grafik 1).

Mit diesem Budget produziert die SRG als einziges Medienunternehmen des Landes audiovisuelle Angebote in allen vier Sprachräumen und in allen Landessprachen. Dies ist nur durch einen solidarischen Finanzausgleich möglich. Dadurch leistet die SRG einen wichtigen Beitrag zum nationalen Zusammenhalt, zum gegenseitigen Verständnis und zum Austausch zwischen den Sprachregionen.

So werden in der Deutschschweiz, wo rund 70 Prozent der Bevölkerung leben, CHF 885 Millionen (73 Prozent der Gebühren) eingenommen. Davon fliessen jedoch CHF 360 Millionen in die Romandie beziehungsweise die italienische und rätoromanische Schweiz. Demnach bleiben CHF 525 Millionen im deutschschweizerischen Sprachraum. SRF erhält also von jedem Gebührenfranken «nur» 43 Rappen. Zur Veranschaulichung: Wenn das Programm der italienischsprachigen Schweiz ausschliesslich lokal finanziert werden müsste, betrügen die Empfangsgebühren dort nicht CHF 451, sondern mehr als CHF 2300 pro Jahr (Grafik 2).

Die SRG bietet ein breites Programm, das grundsätzlich in fünf Sparten unterteilt werden kann: Im Jahr 2016 entfielen 39 Prozent der Ausgaben der SRG auf die Sparte Information, 23 Prozent auf Unterhaltung und Film, 18 Prozent auf Kultur, Gesellschaft und Bildung, 13 Prozent auf Sport sowie 7 Prozent auf Musik und Jugend. Gerade die Herstellung von qualitativ hochstehenden Informationssendungen ist sehr ressourcenintensiv und die Refinanzierung der Beiträge durch Werbung kaum möglich. Dies gilt in noch höherem Masse für die kleineren Sprachregionen – je kleiner der Markt, desto grösser der Bedarf an Gebührenfinanzierung. Informationssendungen auf dem Niveau von «Tagesschau» oder «Echo der Zeit» können in der Schweiz nicht selbsttragend sein (Grafik 3).

Kostspielig ist auch die Übertragung von nationalen und internationalen Sportveranstaltungen. Damit die Schweiz mit Sporttalenten wie Lara Gut, Xherdan Shaquiri sowie Roger Federer mitfiebern kann, zahlt die SRG alleine für die Übertragungsrechte von Sportereignissen jährlich CHF 51,2 Millionen. Da nicht in jedem Jahr gleich viele grosse Veranstaltungen stattfinden, schwanken diese Kosten sehr stark.

Gemäss den Vorgaben des Bundes ist die SRG dazu verpflichtet, ihr Angebot überall in der Schweiz empfangbar zu machen. Weiter ist festgelegt, mit welchen technischen Mitteln diese Übertragung zu geschehen hat. Allein die Kosten für die Verbreitung der Programme von Genf bis St. Gallen und von Locarno bis Basel belaufen sich auf CHF 104,1 Millionen. Darin enthalten sind auch die Kosten für Betrieb und Unterhalt der Sendernetze sowie der Distributionsanlagen für die Erstverbreitung der Programme.

Gemäss den Vorgaben des Bundes ist die SRG dazu verpflichtet, ihr Angebot überall in der Schweiz empfangbar zu machen.

Neben der Verbreitung des Programms in der ganzen Schweiz ist auch die Förderung von Schweizer Produktionen Teil des öffentlichen Auftrags. Die SRG ist durch ihre Filmförderung eine tragende Säule der Schweizer Filmindustrie: Zwischen 2016 und 2019 unterstützt die SRG SSR Schweizer Filmproduktionen jährlich mit CHF 27,5 Millionen.

Nach wie vor setzt die SRG auch in ihren eigenen Programmen stark auf Eigen- und Schweizer Produktionen: Insgesamt werden 85 Prozent der Ausgaben für Sendungen aufgewendet, die von den SRG-Unternehmenseinheiten selbst hergestellt werden. Zusammen mit den ergänzenden, eingekauften Sendeformaten und Übertragungen sorgt die SRG für ein ganzjähriges Programm rund um die Uhr in Radio, TV und Online. Für die CHF 451 Gebührengelder erhielten die Zahlenden im letzten Jahr 124 867 Stunden Radio- sowie 68 822 Stunden Fernsehprogramm, inklusive Wiederholungen und Werbung (Grafik 4).


Alle Zahlen im Überblick


Budgetvarianten gemäss BAKOM

Szenario 1 Milliarde

Der Bundesrat stellt vor allem im publizistischen Bereich hohe Erwartungen an die SRG. Insbesondere werden mehr Eigenproduktionen, mehr Swissness sowie eine stärkere Ausrichtung des Programmes auf ein jüngeres Publikum verlangt. Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen kommt das BAKOM in seinem Bericht zu folgendem Schluss: «Die (...) Erwartungen des Bundesrates an das künftige Angebot der SRG könnten somit nicht mehr erfüllt werden.» Ein generalistisches Programm aus Information, Kultur und Bildung sowie Sport und Unterhaltung im Sinne des Leistungsauftrags wäre zwar immer noch möglich, jedoch wäre mit Einbussen in der Breite, Tiefe und technologischen Qualität des Angebots und eine Reduktion der Kulturförderbeiträge in Kauf genommen werden. Wegen Programmanpassungen würde nach Berechnungen der SRG die Reichweite leiden und als Folge davon nebst den Mindereinnahmen aus der Gebührenreduktion (minus 200 Millionen Franken) auch das Potential der kommerziellen Erträge (minus 50 Millionen Franken) und der übrigen Erträge (minus 36 Millionen Franken) zurückgehen
Auch strukturell hätte diese Budgetreduktion Konsequenzen: Die SRG müsste sich innerhalb der Sprachregionen auf weniger Standorte konzentrieren und sich aus den Regionalstandorten zurückziehen. Zudem müsste sie sich in der Westschweiz auf einen Standort konzentrieren, in Chur würde auf ein Regionalbüro umgestellt. So könnten rund 125 Mio. Franken gespart werden. Weiter ist davon auszugehen, dass gegen 800 Vollzeitstellen eliminiert werden müssten. Die SRG rechnet in diesem Szenario mit einmaligen Restrukturierungskosten von 350 bis 400 Millionen Franken.

Szenario 750 Millionen
Bei einem Gebührenanteil von 750 Millionen Franken und noch gut 3‘800 Vollzeitstellen ist davon auszugehen, dass auch die kommerziellen sowie die übrigen Erträge massiv zurückgehen würden. Mit einem Budget von 750 Millionen Franken wäre die SRG in ihrer heutigen Struktur kaum mehr finanzierbar und müsste komplett reorganisiert werden. Betriebswirtschaftlich logisch wäre die Einrichtung eines einzigen nationalen Zentralstandorts für Programm und Betrieb. Alleine dadurch liesse sich der Budgetausfall von 39% allerdings nicht abdämpfen. Zusätzlich müsste die SRG rund 1800 der 3800 Vollzeitstellen abbauen, die durch die Medienbranche wohl kaum absorbiert werden könnten. Das Leistungsangebot würde zudem einschneidend gekürzt. Es gäbe viel weniger Sendungen schweizerischen Inhalts, erhebliche Probleme bei der Bereitstellung von gleichwertigen Qualitätsprogrammen für die drei grösseren Landesteile sowie eine Streichung der Kulturförderbeiträge.

Hier findet sich der vollständigen Budgetvarianten-Bericht des BAKOM .


Text: Lorenz Häberli

Bild: Header: SRF/Oscar Alessio, Grafiken: SRG/Medianovis

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