SRG Deutschschweiz Ombudsstelle

Beiträge «Dutzende Tote» und «Symbolischer Akt» der «Tagesschau» beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 20. Mai 2018 beanstandeten Sie die «Tagesschau» vom 14. Mai 2018 und dort die Beiträge «Dutzende Tote» und «Symbolischer Akt» über die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem und die palästinensischen Proteste dagegen.[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Das was am 14. Mai 2018 in der Tagesschau von Fernsehen DRS gezeigt wurde, entsprach nicht den Vorgaben des Sachgerechtigkeitsgebots: Redaktionelle Sendungen mit Informationsgehalt müssen Tatsachen und Ereignisse sachgerecht darstellen, so dass sich das Publikum eine eigene Meinung bilden kann. Das Publikum konnte sich eine Meinung bilden, nur fusste die danach auf falschen, bzw. nicht gemachten Informationen. Zwei der wichtigsten Informationen zum Palästina-Konflikt lauteten: ‹Vertreibung› und ‹Im Zuge der israelischen Staatsgründung›. Aus Sicht der Zuschauerinnen und Zuschauern kann das nur heissten: ‹Wegen den Israelis wurden die Palästinenser vertrieben.›

Es kamen dann noch weitere Informationen, welche ein anderes Bild hätten zeichnen können, aber wieder wurde Desinformation betrieben. Es hiess einzig, die Mehrheit (wie viel grösser war die Mehrheit überhaupt) hätten von der UN-Vollversammlung nur ein Gebiet von 43 % bekommen. Die wichtigsten Informationen zum Konflikt wurden nicht ein einziges Mal genannt. Vertrieben wurden, das habe ich aus pro-palästinensischen Quellen ‹nur› 1/3 durch die israelische Armee. 1/3 flüchtete, weil sie den arabischen Führern glaubte, dass nachdem Israel besiegt wäre, könnten sie zurückkehren und zum Teil Gebiete der vertriebenen Israelis übernehmen. 1/3 der Palästinenser flüchteten vor den Kampfhandlungen. Wer war dafür verantwortlich? Die arabischen Armeen, welche Israel nach seiner Gründung angriffen. Davon ist im Beitrag an keiner einzigen Stelle die Rede. Ebenfalls verschwiegen wurde, dass die Juden den Teilungsplanung der UN-Vollversammlung annahmen. Die arabischen Palästinenser jedoch nicht.

Ebenfalls nicht erwähnt wurde, dass 2000 Jahre zuvor das ganze Gebiet den Juden gehört hatte. Es wird auch mit keinem Wort erwähnt, weshalb Jerusalem für Juden und Palästinenser wichtig ist. Jerusalem wird in der jüdischen Bibel 699 mal genannt. Jerusalem im Koran nicht ein einziges Mal. Die Stadt wurde 638 n. Ch. von den Muslimen erobert. Sie war danach nie die Hauptstadt eines palästinensischen oder arabischen Staates. Die goldene Kuppel des Gebäudes, das über dem ehemaligen jüdischen Tempel errichtet wurde, ist nicht einmal eine Moschee. Jerusalem wurde erst dann zum Streitpunkt, als die Palästinenser die symbolische Bedeutung der Stadt für die sich und für die muslimische Welt erkannten. Hätten die Zuschauerinnen und Zuschauer alle Fakten gehabt, dann hätten sie folgende Meinung haben müssen:

  • Der Konflikt ist entstanden, weil die Palästinenser den Plan der UN-Vollversammlung ablehnten und weil kurz nach der Staatsgründung Israels die arabischen Staaten das Land angriffen. Zuvor hatten palästinensische Juden und palästinensische Araber mehr oder weniger friedlich nebeneinander gewohnt.
  • Die meisten Palästinenser wurden nicht von den Israelis vertrieben.
  • Jerusalem hatte für die Muslime bis vor ein paar Jahrzehnten keine besondere Bedeutung.
  • Jerusalem war früher die Hauptstadt eines jüdischen Staates und zentral für ihre Religion.»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für die «Tagesschau» antwortete Herr Franz Lustenberger:

«Mit Mail vom 20. Mai hat Herr X eine Beanstandung gegen die Berichterstattung in der Tagesschau zur Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem und den Auseinandersetzungen im Gazastreifen eingereicht.

Aufbau der Sendung

Die Sendung widmet sich schwergewichtig den aktuellen Ereignissen im Nahen Osten. Zum einen den Auseinandersetzungen an der Grenze Israels zum Gaza-Streifen, zum anderen den Feierlichkeiten zur Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem am 70. Jahrestag der Gründung des Staates Israel, den die meisten Palästinenser als ‹Tag der Katastrophe› bezeichnen. Verbunden werden die Beiträge mit Einschätzungen von Nahost-Korrespondent Pascal Weber.

In den Beiträgen kommen alle Seiten direkt oder indirekt zu Wort: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Hamas-Führer Ismail Radwan, US-Botschafter David Friedman, Präsident Donald Trump (per Video-Botschaft) und Premierminister Benjamin Netanjahu. Mit den Bildern von den verschiedenen Brennpunkten und den Aussagen der involvierten Politiker ist eine ausgewogene Berichterstattung des Tagesgeschehens sichergestellt.

Der Text in den Beiträgen ist zurückhaltend und sachlich formuliert; er vermittelt ohne Emotionen das Geschehen. Er nimmt keine Stellung für die eine oder andere Position.

Pascal Weber beantwortet im ersten Teil des Gesprächs die Frage, ob angesichts der Gewalteskalation ein Flächenbrand drohe: Er verweist auf die Blockadepolitik gegenüber Gaza und auf die Unfähigkeit der palästinensischen Führung, die Probleme der Menschen zu lösen. Die Hamas nutze den Frust der Bevölkerung aus. Trotzdem sieht er keinen Grund für eine Eskalation der Gewalt.

Pascal Weber schätzt im zweiten Teil des Gesprächs die Aussichten auf eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts ein. Er beleuchtet den Standpunkt beider Konfliktparteien in Bezug auf Jerusalem als ‹ewige und ungeteilte Hauptstadt Israels› (Premier Netanjahu) und den Anspruch der Palästinenser zumindest auf den Ostteil der Stadt. Er begründet damit seinen Pessimismus im Hinblick auf einen baldigen Frieden.

Nakba

Mit dem Begriff Nakba (deutsch für Katastrophe oder Unglück) bezeichnen die Palästinenser und die arabischen Staaten die Flucht und Vertreibung von etwa 700'000 Menschen aus dem britischen Mandatsgebiet Palästina. Diese fand in den Jahren 1947 bis 1949 während der Kampfhandlungen im Zuge der Staatsgründung Israels statt.

Die Beurteilung der Geschehnisse hängt sehr vom Standpunkt ab. Auch die Beurteilung durch die Historiker ist alles andere als einhellig. So hat etwa der israelische Historiker Benny Morris eine Zusammenstellung über die Phasen und das Ausmass des palästinensischen Exodus veröffentlicht.

Wave

Period

Refugees

Main causes

First wave

December 1947 – March 1948

about 100,000

sense of vulnerability, attacks and fear of impending attack

Second wave

April–June 1948

250,000–300,000

attacks and fear of impending attack

Third wave

July–October 1948

about 100,000

attacks and expulsion

Fourth wave

October–November 1948

200,000–230,000

attacks and expulsions

Border clearings

November 1948 – 1950

30,000-40,000

Die Gründe für den palästinensischen Exodus sind vielfältig. Es sind die Angst, Opfer kriegerischer Ereignisse zu werden, es sind eigentliche Angriffe während des Krieges, es sind gezielte Vertreibungen, es sind auch Fluchten aus freien Stücken vor dem Beginn der eigentlichen Kriegshandlungen. Es ist aber auch eine Tatsache, dass Flucht und Vertreibung direkt mit den kriegerischen Ereignissen rund um die Gründung Israels als jüdischer Staat im Zusammenhang stehen. In diesem Zusammenhang sei an den Plan Dalet des Generalstabs der Haganah erinnert, der den militärischen Kommandanten weitgehende Freiheiten zur Sicherung des neuen Staates Israel auch im Umgang mit der arabischen Zivilbevölkerung gewährte.

Gewisse Historiker verwenden im Zusammenhang mit der Nakba gar den Begriff der ‹ethnischen Säuberung›. Die Tagesschau ist in ihren Texten der Zurückhaltung verpflichtet; daher umschreibt sie die Nakba mit den Begriffen Flucht und Vertreibung.

Wichtig sind in diesem Zusammenhang die Daten und Eckpunkte der Geschichte, die zur Gründung des Staates Israel als ‹jüdischen Staat› führten. Nach dem Ersten Weltkrieg und der Niederlage des Osmanischen Reiches übernahm Grossbritannien die Verantwortung für das Mandatsgebiet Palästina. Die Einwanderung von Jüdinnen und Juden, welche am Ende des 19. Jahrhundert langsam einsetzte, erfuhr in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts eine starke Zunahme; der Grund lag in der rassistischen Politik des nationalsozialistischen Deutschlands, die letztlich im Holocaust ihre menschenfeindlichste Ausprägung fand.

Im November 1947, also noch vor Ende der britischen Mandatszeit, beschloss die UNO-Generalversammlung die Teilung Palästinas in einen arabischen und einen jüdischen Staat. Dieser Beschluss wurde von den meisten Juden akzeptiert, sahen sie sich doch dem Ziel eines eigenen jüdischen Staates einen wesentlichen Schritt näher. Von den meisten Arabern wurde er abgelehnt, da sie die Teilung nicht akzeptierten und einen jüdischen Staat ablehnten.

Am 14. Mai 1948 zogen sich die letzten britischen Streitkräfte aus dem Mandatsgebiet zurück; am gleichen Tag verlas David Ben Gurion die Unabhängigkeitserklärung. Noch am gleichen Abend erklärten sechs arabische Staaten dem neuen Staat Israel den Krieg. Im Laufe dieses Unabhängigkeitskrieges weitete Israel sein Staatsgebiet gegenüber dem Ursprünglichen Teilungsplan der UNO um rund 50 Prozent aus. Er endete 15 Monate später mit einer Waffenstillstandsvereinbarung auf der Basis des damaligen Frontverlaufs.

Ein Tagesschau-Beitrag ist kein Geschichtsunterricht. Er nimmt aber Rücksicht auf die Geschichte und er nimmt aktuelle und relevante geschichtsbezogene Aussagen auf. So kommt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu Wort: <Präsident Trump, indem Sie Geschichte anerkennen, schreiben Sie Geschichte.> Und er meint die Geschichte des Staates Israel seit seiner Gründung im Jahre 1948.

Geschichte und Jerusalem

Aus der Geschichte und aus religiösen Schriften lässt sich Vieles begründen und herleiten. Allerdings ist Geschichte auch immer interpretationsbedürftig; die Sicht auf die Geschichte verändert sich. Je nach Standpunkt sind die Folgerungen aus der Geschichte auch sehr unterschiedlich. Aus der Geschichte allein aber territoriale Ansprüche abzuleiten, ohne die gegenwärtige Situation mit zu berücksichtigen, führt selten zu konstruktiven Lösungen für die Zukunft. In diesem Sinne sind weder der Verweis auf das jüdische Königreich vor der Eroberung durch die Römer (Zerstörung des Tempels im Jahre 70 nach Christus) noch wären es solche auf die jahrhundertelange Herrschaft des Osmanischen Reiches bis 1918 hilfreich. Ebenso nicht von Belang ist die Anzahl Erwähnungen in religiösen Schriften.

Jerusalem ist für drei Religionen eine wichtige Stadt; das wird in den Beiträgen des Tages auch nirgends bestritten. Dass Jerusalem für Jüdinnen und Juden auf der ganzen Welt von hohem Wert ist, kommt im Beitrag zur Botschaftseröffnung klar zum Ausdruck. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu kommt zu Wort: <Präsident Trump, indem sie Geschichte anerkennen, schreiben Sie Geschichte.> Und in der Video-Botschaft sagt US-Präsident Donald Trump: <Israel ist eine souveräne Nation und hat das Recht, wie jedes andere Land, seine Hauptstadt zu bestimmen.>

Dass die Tagesschau in diesem Zusammenhang auf den völkerrechtlich umstrittenen Status von Jerusalem hinweist, ist aufgrund des Gebotes zur Ausgewogenheit zwingend. Die aktuelle Auseinandersetzung um den Status von Jerusalem lässt sich nicht mit der Anzahl Nennungen in der ‹jüdischen Bibel› aus der Welt schaffen.

Fazit

Die Tagesschau hat ausführlich über die Ereignisse im Nahen Osten am 14. Mai berichtet. Sie hat alle Seiten zu Wort kommen lassen, sie hat zurückhaltend getextet, ohne eigene Position zu beziehen. Die Einschätzungen von Nahost-Korrespondent Pascal Weber beleuchten die Aussichten für den Friedensprozess.

Ich bitte Sie, die Beanstandung in diesem Sinne zu beantworten.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Wir müssen zuerst vom Journalismus reden. Die Redaktion sah sich drei Fakten gegenüber: Erstens konnte der Staat Israel sein 70jähriges Bestehen feiern. Zweitens wählten die USA diesen Anlass, um ihre Botschaft von Tel-Aviv nach Jerusalem zu verlegen und sie dort feierlich zu eröffnen. Drittens protestierten die Palästinenser gegen die faktische Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch die USA mit gewalttätigen Protesten im Gaza-Streifen und mit einem Demonstrationszug im Westjordanland, und die israelische Armee schoss gegen die Gaza-Attacken scharf zurück. Eine Sendung wie die «Tagesschau» geht immer von der Aktualität aus. Sie muss sie knapp und gerafft einfangen. Sie kann nicht beim Tempel Davids beginnen und die gesamte Geschichte des Volkes Israel ausbreiten. Herr Lustenberger hat schon darauf hingewiesen: Diese tagesaktuelle Sendung kann keine historische Vorlesung bieten.

Wie hat die Redaktion das Problem gelöst? Sie ist in sechs Schritten vorgegangen: Im Schritt 1 hat sie über die gewalttätigen Proteste und die kompromisslose Reaktion der israelischen Armee berichtet. Im Schritt 2 hat Nahost-Korrespondent Pascal Weber die Proteste sehr differenziert eingeordnet und die Verzweiflung der Leute auch auf die Unfähigkeit der Hamas-Regierung zurückgeführt. Im Schritt 3 hat sie den Aufruf zum Gewaltverzicht des Schweizer Außenministers Ignazio Cassis, der gerade in Amman weilte, übermittelt. Im Schritt 4 hat sie über die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem berichtet. Im Schritt 5 hat Pascal Weber auch diesen Vorgang in den größeren Zusammenhang gestellt und im Schritt 6 folgte ein knapper historischer Rückblick über die Gründung des Staates Israel. Meiner Meinung nach hat sie das Problem gut, differenziert und sachgerecht gelöst.

Sie hingegen empfanden die Sendung als «Desinformation». Nach Ihrer Meinung liegen die Fakten anders. Herr Lustenberger, der ein ausgewiesener Kenner der Nahost-Region ist, hat Ihnen auf die Punkte, die Sie anders sehen, schon geantwortet. Ich möchte nur Weniges ergänzen. Es stimmt, dass die jüdische Seite den Uno-Teilungsplan von 1947 akzeptierte, die arabische hingegen nicht. Und es stimmt, dass die arabischen Staaten Israel nach der Staatsgründung 1948 angriffen. Aber den Keim zum Konflikt hatte eben schon die Balfour-Deklaration von 1917 gelegt, die den Juden die Rückkehr nach Palästina versprach, den Arabern aber ihren «Besitzstand» garantierte. Und so kam es zur Nakba, über die übrigens die Journalistin Marlène Schnieper ein sehr lesenswertes Buch geschrieben hat.[2] Es gibt nicht nur eine Wahrheit, aber Ihre drei Schlussfolgerungen, die Sie gezogen haben, sind nicht haltbar:

  • <Die meisten Palästinenser wurden nicht von den Israelis vertrieben.>
  • <Jerusalem hatte für die Muslime bis vor ein paar Jahrzehnten keine besondere Bedeutung.>
  • <Jerusalem war früher die Hauptstadt eines jüdischen Staates und zentral für ihre Religion.>

Schauen wir doch mal, wie es sich genau verhält. Jerusalem hat eine wechselvolle Geschichte, und alle drei großen Religionen, die im Raum zwischen Mittelmeer und persischem Golf entstanden sind, sind mit der Stadt verbunden. Sehen wir uns die Etappen an:

  • Jerusalem ist rund 1000 Jahre lang eine jüdische Stadt, nachdem die Israeliten unter König David etwa um 1000 vor Christi die Kontrolle über die zuvor von den Jebusiter beherrschte Siedlung übernommen haben. Der dann errichtete Tempel wird zweimal zerstört, zuerst 586 vor Christi durch die Babylonier unter Nebukadnezar II., dann 70 nach Christi durch die Römer unter Titus. Danach emigriert die überwiegende Mehrzahl der Juden aus dem Stammgebiet.
  • Jerusalem ist dann rund 600 Jahre lang eine christliche Stadt. Sie ist Teil zuerst des (West-) Römischen, dann des Byzantinischen Reiches, und die Bewohnerinnen und Bewohner gehören den orientalischen christlichen Kirchen an. Für die Christen ist Jerusalem die Stadt, in der Jesus Christus gewirkt hat, hingerichtet wurde und auferstanden ist. 637 erobern die Araber die Stadt.
  • Jerusalem ist darauf über 1200 Jahre eine muslimische Stadt. Die neuen Herrscher dulden zwar die Christen und die Juden, aber diskriminieren sie. Die Araber bauen die al-Aqsa-Moschee. Im 11. und 12. Jahrhundert und nochmals ganz kurz im 13. Jahrhundert herrschen die Kreuzfahrer, für 100 Jahre kehrt so die christliche Herrschaft zurück. Davor und danach aber ist Jerusalem unter der Herrschaft der islamischen Omayyaden, Abassiden, Fatimiden, Seldschuken, Mamluken, Ägypter und Osmanen und steht schliesslich unter dem Völkerbunds-Mandat der Briten. Als Folge der zionistischen Bewegung sowie der Verfolgung durch die Nationalsozialisten kehren Juden seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in immer größerer Zahl nach Palästina (und damit auch nach Jerusalem) zurück.

Die Uno hat 1947 aus dieser Geschichte die Konsequenz gezogen, indem sie Jerusalem zur entmilitarisierten Stadt unter internationaler Kontrolle erklärte. Zehn Jahre später hätte die Bevölkerung der Stadt über den zukünftigen Status abstimmen sollen. Dazu kam es aber wegen der anhaltenden Kämpfe und Konflikte nicht. Denn 1948, im ersten israelisch-arabischen Krieg, eroberte der neue Staat Israel den West-Teil der Stadt, so dass danach faktisch ein israelisches West-Jerusalem und ein jordanisches Ost-Jerusalem bestanden. 1950 erklärte Israel Jerusalem zur Hauptstadt. 1967, im Sechstagekrieg, eroberte Israel auch den Ost-Teil der Stadt und kontrolliert ihn seither. Die Uno hat allerdings diese Annexion nie anerkannt. 1980 erklärte Israel Jerusalem zur untrennbaren Hauptstadt. Und 1988 rief die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) den Staat Palästina aus und erklärte Jerusalem zu dessen Hauptstadt.[3] Sie sehen, die Sache ist komplizierter und weniger eindeutig als Sie es darstellen.

Zurück zur «Tagesschau»: Die Fakten stimmten, und das Publikum konnte sich frei eine eigene Meinung bilden. Ich kann keinen Verstoß gegen das Radio- und Fernsehgesetz erkennen und unterstütze deshalb Ihre Beanstandung nicht.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.


[1] https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/tagesschau-vom-14-05-2018-1930?id=5db9c968-946d-4510-8d59-14001f464115

[2] Marlène Schnieper (2012): Nakba – Die offene Wunde. Die Vertreibung der Palästinenser 1948 und die Folgen. Zürich: Rotpunkt-Verlag.

[3] http://www.dw.com/de/wem-gehört-die-heilige-stadt-sechs-fragen-zum-status-jerusalems/a-41673866

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