SRG Deutschschweiz Ombudsstelle

«10 vor 10»-Beitrag «Schweinezucht angeprangert» beanstandet

5661
Mit Ihrer E-Mail vom 29. November 2018 beanstandeten Sie zusammen mit dem Präsidenten Ihres Verbandes die Sendung «10 vor 10» (Fernsehen SRF) vom 22. November 2018 und dort den Beitrag «Schweinezucht angeprangert».[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Gem. Art. 4 Abs. 2 RTVG <Missachtung des Sachgerechtigkeitsgebots: Redaktionelle Sendungen mit Informationsgehalt müssen Tatsachen und Ereignisse sachgerecht darstellen, so dass sich das Publikum eine eigene Meinung bilden kann.>

Wortlaut von Andrea Vetsch in der Anmoderation:
<Wir beginnen mit Schweinen oder eher Schweinereien muss man sagen. Denn mit der Haltung des in der Schweiz beliebten Nutztiers liegt einiges im Argen, wie eine heute veröffentlichte Analyse aller Straffälle im Bereich der Schweinezucht zeigt. Von mangelhafter Haltung ist die Rede, von schlechtem Futter, dreckigen Ställen und Misshandlungen. Und das alles spielt sich meist im Verborgenen ab, verbringen doch fast alle Säue ihr ganzes Leben im Stall, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Umso wichtiger, dass man hinschaut.>

Im anschliessenden Filmbeitrag von Christian Rentsch sagt der Kommentator <Bei den Schweinen vermuten sie (die Organisation Tier im Recht) eine hohe Dunkelziffer>. Frau Stefanie Walther, Juristin bei Tier im Recht, sagt dazu: <Bei den Schweinen wird sicherlich ein grosser Faktor sein, dass die Tiere nicht draussen sind. Im Vergleich zum Beispiel zu Rindern sieht man nirgends ein Schwein. Die wenigsten Schweine werden in Haltungen gehalten, wo sie Auslauf haben.>

Beanstandung:

1. Die Aussage von Frau S. Walther <Die wenigsten Schweine werden in Haltungen gehalten, wo sie Auslauf haben> wird von der Moderatorin ungeprüft in die Anmoderation übernommen: <...verbringen doch fast alle Säue ihr ganzes Leben im Stall, unter Ausschluss der Öffentlichkeit.> Bereits eine kurze Recherche im Agrarbericht des Bundesamtes für Landwirtschaft BLW hätte genügt, um zu klären, dass im Jahr 2017 66.2% aller Schweine unter den Vorgaben des Bundesprogrammes ‘Besonders Tierfreundliche Stallhaltung’ (BTS, ua. mit Stroh als Einstreu) und 50.7% aller Schweine unter dem Programm ‘Regelmässiger Auslauf ins Freie’ (RAUS) gehalten wurden.

2. Die Vermutung der gemeinnützigen Stiftung Tier im Recht wurde vom Kommentator übernommen <Bei den Fällen, die Schweine betreffen, vermuten sie eine hohe Dunkelziffer> und wird in der Anmoderation zur Aussage <....liegt einiges im Argen>. Weder Tier im Recht, noch die Journalisten des Beitrages liefern irgendwelche Fakten, aus denen auf eine ‘hohe Dunkelziffer’ geschlossen werden könnte.

In der Anmoderation wurde die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt und das Publikum wurde nachweislich falsch informiert. Es wurde der Eindruck erweckt, dass die Schweine in der Schweiz meist im Verborgenen, in schlechter Haltung, in dreckigen Ställen und mit schlechtem Futter gehalten und auch misshandelt werden. Die Aussagen einer gemeinnützigen und von Spenden abhängigen Organisation wurden ungeprüft übernommen, ebenso die Vermutung einer hohen Dunkelziffer.

Wir wehren uns mit aller Entschiedenheit gegen Falschinformationen, Unterstellungen und Vermutungen!»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für «10 vor 10» antworteten Herr Christian Dütschler, Redaktionsleiter, und Frau Corinne Stöckli, Redaktorin:

«Der Schweizerische Schweinezucht- und Schweineproduzentenverband Suisseporcs, vertreten durch dessen Präsidenten Meinrad Pfister und dessen Geschäftsführer X, beanstandet den Beitrag ‘Schweinezucht angeprangert’, den wir am 22. November 2018 ausgestrahlt haben.

Aktueller Anlass für unsere Berichterstattung war die Veröffentlichung einer Analyse aller Straffälle im Bereich der Schweinezucht durch die gemeinnützige Stiftung Tier im Recht am Tag der Sendung.

Der Beitrag zeigte zuerst anhand versteckter Aufnahmen einer Tierschutzorganisation auf, wie im Bereich der Schweinezucht gegen das Tierschutzgesetz verstossen wird. Dann wurde die tagesaktuelle Studie der gemeinnützigen Stiftung für das Tier im Recht erwähnt, welche für das Jahr 2017 über neunzig Fälle auflistet, bei denen es zu Strafverfahren in der Schweinehaltung gekommen ist. Die Juristin der Stiftung erklärte in zwei Zitaten, um was für Fälle es sich konkret handelt und weshalb sie von einer grossen Dunkelziffer ausgeht. Der zweite Teil des Beitrages spielte auf dem Hof von Meinrad Pfister, Landwirt und Präsident von Suisseporcs (zusätzlich Vertreter des beanstandenden Verbandes). Der Beitrag hielt ausdrücklich fest, dass dessen Tiere mehr Platz und bessere Bedingungen haben als es das Gesetz vorschreibt. In mehreren Zitaten hatte Meinrad Pfister Gelegenheit, sich von den festgestellten Verstössen zu distanzieren und deren Hintergründe zu erklären. Dann kam der Präsident der Zentralschweizer Tierärztinnen und Tierärzte zu Wort und schilderte, wie man schlecht gehaltene Tiere erkennt. Abschliessend hatte Meinrad Pfister als Präsident von Suisseporcs noch einmal Gelegenheit die Bemühungen des Verbandes, solche Verstösse zu verhindern, hervorzuheben.

Die Beanstander kritisieren den Beitrag in verschiedener Hinsicht. Gerne nehmen wir zu den einzelnen Vorwürfen Stellung.

1. Vorwurf: Aussage der Stiftung für das Tier im Recht zum fehlenden Auslauf werde ungeprüft übernommen.

Die Beanstander sind der Meinung, wir hätten eine Aussage der Stiftung für das Tier im Recht in unserer Anmoderation ungeprüft übernommen. Wörtlich lautete das Zitat der Juristin der erwähnten Stiftung:

Stefanie Walther, Juristin, Stiftung für das Tier im Recht:

<Bei den Schweinen wird sicherlich ein grosser Faktor sein, dass diese Tiere nicht draussen sind. Im Vergleich zum Beispiel zu Rindern, sieht man nirgends ein Schwein. Die wenigsten Schweine werden in Haltungen gehalten, wo sie Auslauf haben. Darum ist auch die Kontrolle von der Bevölkerung oder resp. die Meldetätigkeit von der Bevölkerung bei den Schweinen sehr gering, weil das gar nicht möglich ist.>

Unsere Anmoderation lautete wörtlich:

<Wir beginnen mit Schweinen. Oder, eher: Schweinereien, muss man sagen. Denn mit der Haltung des in der Schweiz beliebten Nutztiers liegt einiges im Argen, wie eine heute veröffentlichte Analyse aller Straffälle im Bereich der Schweinezucht zeigt. Von mangelhafter Haltung ist die Rede, von schlechtem Futter, dreckigen Ställen und Misshandlungen. Und das alles spielt sich meist im Verborgenen ab: verbringen doch fast alle Säue ihr ganzes Leben im Stall, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Umso wichtiger, dass man hinschaut.>

Die Beanstander halten dem entgegen, dass <im Jahr 2017 66.2% aller Schweine unter den Vorgaben des Bundesprogrammes ‘Besonders Tierfreundliche Stallhaltung’ (BTS, u.a. mit Stroh als Einstreu) und 50.7% aller Schweine unter dem Programm ‘Regelmässiger Auslauf ins Freie’ (RAUS) gehalten wurden>. Sie meinen offenbar, dass deshalb die Aussage <verbringen doch fast alle Säue ihr ganzes Leben im Stall, unter Ausschluss der Öffentlichkeit> dem Publikum einen falschen Eindruck vermittle. Das sehen wir anders.

Vorab ist anzumerken, dass es in der Anmoderation konkret um die veröffentlichten Straffälle im Bereich der Schweinezucht ging. Exemplarisch zählte die Moderatorin die Art der Verstösse auf: <Von mangelhafter Haltung ist die Rede, von schlechtem Futter, dreckigen Ställen und Misshandlungen.> Dann erwähnt sie eine Besonderheit bei der Schweinezucht, welche zur Folge hat, dass solche Verstösse weniger auffallen: <Und das alles spielt sich im Verborgenen ab: verbringen doch fast alle Säue ihr ganzes Leben im Stall, unter Ausschluss der Öffentlichkeit.> Damit kritisiert sie nicht etwa die Art der Haltung an sich, sondern weist auf die Problematik der fehlenden Sozialkontrolle hin. Dieses Thema wird in der Folge im Beitrag aufgegriffen und durch die Vertreterin von der Stiftung für das Tier im Recht verdeutlicht: < (...) Im Vergleich zum Beispiel zu Rindern sieht man nirgends ein Schwein. Die wenigsten Schweine werden in Haltungen gehalten, wo sie Auslauf haben. Darum ist auch die Kontrolle von der Bevölkerung oder resp. die Meldetätigkeit von der Bevölkerung bei den Schweinen sehr gering, weil das gar nicht möglich ist.>

Die Beanstander meinen nun mit Verweis auf das RAUS-Programm, dass über die Hälfte der Schweine ‘regelmässigen Auslauf ins Freie’ hätten. Anders als das von den Beanstandern erwähnte RAUS-Programm vermuten lässt, schreibt dieses den Schweinehaltern aber nicht etwa eine Weidehaltung vor. Vielmehr gilt aus ‘Auslauf’ bei den Schweinen bereits der Aufenthalt in einem sogenannten Laufhof. Für ein Mastschwein über sechzig Kilogramm schreibt das RAUS-Programm eine Laufhoffläche von 0,65 m2 (bei abgesetzten Ferkeln 0,3 m2/Tier) vor, wovon die Hälfte ungedeckt sein muss. Wir sprechen also etwa von einer ungedeckten Laufhoffläche von rund einem Drittel eines Quadratmeters (0,325 m2) pro Mastschwein über 60kg (resp. 0,15 m2 pro abgesetztes Ferkel), welche das RAUS-Programm im Sinne eines Mindeststandards vorschreibt. Diese Auslauf-Ställe sind meist direkt an die voll gedeckten Ställe angebaut und werden von Laien als eigentliche Stallerweiterung wahrgenommen.

01/2014

02/2014

07/2014

Wir haben im offiziellen Publikationsorgan von Suisse-porcs* einige Bilder gefunden, welche gemäss Bildunterschrift verschiedene Arten von Auslaufbereichen zeigen. Darauf ist ersichtlich, dass es sich nicht etwa um Weiden oder Ähnliches handelt, sondern vielmehr um Erweiterungen des eigentlichen Stalles. *Auf der Webseite von Suisseporcs sind nur die Ausgaben bis 2016 frei verfügbar.

06/2015

08/2016

Oftmals sind die Schweineställe bewusst so angelegt sind, dass die Schweine vom Publikumsverkehr abgeschirmt sind. Das hat seinen Grund: Da Schweine sehr anfällig für Krankheitskeime sind, ist Publikumsverkehr in und um die Ställe aus hygienischen Gründen nicht erwünscht. So heisst es auf der Webseite ‘agrarheute’ [2]bei den Praxistipps zur Betriebshygiene von Schweinezuchtbetrieben beispielsweise: <Alle bauhygienischen Maßnahmen haben zum Ziel, den Erregereintrag von außen in den Betrieb zu verhindern (...). Unbefugte Besucher und Fahrzeuge, aber auch freilaufende Hunde und Spaziergänger sind auf dem Betriebsgelände passé.»>

Diese Vorsichtsmassnahmen haben zur Folge, dass wir als Wanderer oder Spaziergänger Schweine – im Unterschied zu anderen Nutztieren wie Rindern, Pferden, Ziegen oder Schafen – selten zu Gesicht bekommen. Einer Sozialkontrolle durch die Öffentlichkeit, wie sie bei Weidetieren unweigerlich stattfindet, sind die Schweine sowohl im voll gedeckten Stall im engeren Sinne als auch im Auslauf-Stall weitgehend entzogen. Der beanstandete Satz in der Anmoderation <verbringen doch fast alle Säue ihr ganzes Leben im Stall, unter Ausschluss der Öffentlichkeit> kritisiert nicht etwa die Art der Haltung, sondern ist ein Hinweis auf die Tatsache, dass die soziale Kontrolle bei dieser Haltungsform weitgehend wegfällt. Inhaltlich transportiert er für das Publikum die richtige Botschaft: Weil die Schweine gemeinhin in Ställen (und nicht auf Weiden) gehalten werden, findet keine Sozialkontrolle durch die Öffentlichkeit statt.

Wir sind deshalb der Meinung, dass die beanstandete Aussage dem Publikum durchaus erlaubte, sich eine eigene Meinung zu bilden.

2. Vorwurf: Aussage der Stiftung für das Tier im Recht zur Dunkelziffer werde ungeprüft übernommen

Die Beanstander sind ebenfalls der Meinung, dass wir die Aussage der Juristin der Stiftung für das Tier im Recht zur Dunkelziffer ungeprüft übernommen hätten. Daraus werde in der Anmoderation die Aussage ‘...liegt Einiges im Argen’. Damit sind wir nicht einverstanden.

Festzuhalten ist hier, dass Suisseporcs hier zwei voneinander völlig unabhängige Aussagen in einen für uns nicht nachvollziehbaren Zusammenhang stellt. Die Aussage ‘liegt Einiges im Argen’ steht in keinem Bezug zu der im Beitrag erwähnten Dunkelziffer. Weil die beiden Aussagen nichts miteinander zu tun haben, äussern wir uns auch separat zu ihnen.

a) ‘Hohe Dunkelziffer’

Die Beanstander sind der Meinung, dass weder Tier im Recht noch die Journalisten irgendwelche Fakten liefern würden, aus denen auf eine ‘hohe Dunkelziffer’ geschlossen werden könne.

Die beanstandete Textstelle im Beitrag lautet:

Rund 2,5 Millionen Schweine lebten im Jahr 2017 in der Schweiz. 91 Fälle von Misshandlungen und schlechter Haltung wurden strafrechtlich verfolgt. Die Stiftung fordert tierfreundlichere Gesetze und besseren Tierschutzvollzug. Bei den Fällen, die Schweine betreffen, vermutet sie eine hohe Dunkelziffer.

Stefanie Walther, Juristin, Stiftung für das Tier im Recht:
<Bei den Schweinen wird sicherlich ein grosser Faktor sein, dass diese Tiere nicht draussen sind. Im Vergleich zum Beispiel zu Rindern, sieht man nirgends ein Schwein. Die wenigsten Schweine werden in Haltungen gehalten, wo sie Auslauf haben. Darum ist auch die Kontrolle von der Bevölkerung oder resp. die Meldetätigkeit von der Bevölkerung bei den Schweinen sehr gering, weil das gar nicht möglich ist.>

Zuerst ist festzuhalten, dass die Vermutung einer hohen Dunkelziffer klar der Vertreterin der Stiftung für das Tier im Recht zuordenbar ist: <Bei den Fällen, die Schweine betreffen, vermutet sie eine hohe Dunkelziffer.> Die Aussage wird aber nicht so stehen gelassen. Vielmehr hat der Journalist nachgefragt und die Juristin liefert gleich im Anschluss eine Begründung für ihre Vermutung: Die Bevölkerung kann keine Hinweise zu Missbräuchen bei der Schweinezucht liefern, weil Schweine nicht denselben Auslauf haben wie z.B. Rinder und deshalb für die Bevölkerung nicht gleich sichtbar sind. Die Vermutung ist also nicht einfach aus der Luft gegriffen, sondern scheint plausibel. Eine Dunkelziffer ist naturgemäss nicht klar belegbar, so dass dabei letztlich immer Vermutungen eine Rolle spielen.

b) ‘Liegt Einiges im Argen’

Weiter kritisieren die Beanstander die Aussage ‘liegt Einiges im Argen’ in der Moderation. Wörtlich hiess es in der Anmoderation:

<Wir beginnen mit Schweinen. Oder, eher: Schweinereien, muss man sagen. Denn mit der Haltung des in der Schweiz beliebten Nutztiers liegt Einiges im Argen, wie eine heute veröffentlichte Analyse aller Straffälle im Bereich der Schweinezucht zeigt. Von mangelhafter Haltung ist die Rede, von schlechtem Futter, dreckigen Ställen und Misshandlungen.>

Der Ausdruck ‘liegt Einiges im Argen’ bezieht sich anders als die Beanstander meinen, nicht etwa auf die Dunkelziffer, sondern auf die im Bericht veröffentlichten Fälle. So heisst es unmittelbar anschliessend: <wie eine heute veröffentlichte Analyse aller Straffälle im Bereich der Schweinezucht zeigt.> In aufzählender Weise folgt auch gleich, was denn genau im Argen liegt: <Von mangelhafter Haltung ist die Rede, von schlechtem Futter, dreckigen Ställen und Misshandlungen.> Bei den im Bericht erwähnten Fälle handelt es sich um teilweise schwere Verstösse gegen das Tierschutzgesetz. So wird im Beitrag ein Fall erwähnt, wo sich ein Schwein nur noch mit Hilfe der Schnauze fortbewegen konnte. Der Ausdruck ‘liegt Einiges im Argen’ ist also zutreffend. Die Anzahl der Fälle wird im Bericht selbst in Relation zu der Anzahl Schweine gesetzt, so dass sich die Zuschauer und Zuschauerinnen eine eigene Meinung bilden konnten: <Rund 2.5 Millionen Schweine lebten im Jahr 2017 in der Schweiz. 91 Fälle von Misshandlungen und schlechter Haltung wurden strafrechtlich verfolgt.>

Sowohl die Aussage zur Dunkelziffer (<Bei den Fällen, die Schweine betreffen, vermutet sie [Vertreterin der Stiftung für das Tier im Recht] eine hohe Dunkelziffer>) als auch die Aussage der Moderation, dass ‘Einiges im Argen’ liege, sind sachgerecht. Ein Zusammenhang, wie ihn die Beanstander zwischen den beiden Aussagen herstellen, besteht nicht. Die Herstellung eines solchen ist für uns nicht nachvollziehbar.

3. Vorwurf: Es wurde der Eindruck erweckt, dass die Schweine in der Schweiz meist im Verborgenen, in schlechter Haltung, in dreckigen Ställen und mit schlechtem Futter gehalten und misshandelt werden.

Die Beanstander sind der Meinung, dass der Eindruck erweckt werde, <dass die Schweine in der Schweiz meist im Verborgenen, in schlechter Haltung, in dreckigen Ställen und mit schlechtem Futter gehalten und misshandelt werden.> Damit sind wir in keiner Weise einverstanden.

Wir haben in unserem Beitrag den Bericht mit den 91 Straffällen im Bereich der Schweinezucht aufgegriffen. Das war die Tagesaktualität, das war unser Ausgangspunkt. Auf dieser Basis haben wir einen Bericht gemacht, bei dem sowohl die Vertreter der Stiftung für das Tier im Recht als auch die Vertreter der Schweinezüchter angemessen zu Wort gekommen sind. In einem ersten Zitat konnte die Vertreterin der Stiftung Tier im Recht sich zu der Schwere der 91 Fälle im 2017 äussern. Darauf haben wir die Fälle zahlenmässig in Relation zu den 2.5 Millionen Schweine gesetzt, die in der Schweiz leben. In einem zweiten Zitat äusserte sich die Stiftungs-Vertreterin zur Dunkelziffer und begründet, warum sie von einer hohen Dunkelziffer ausgeht. Im zweiten Teil des Beitrages kann sich der Präsident von Suisseporcs, der gleichzeitig zu den Beanstandern gehört, in mehreren Zitaten ausführlich zu den Vorwürfen äussern. In einem ersten Zitat distanziert er sich klar von den Verstössen:

Meinrad Pfister, Zentralpräsident Suisseporcs:
<Wir distanzieren uns ganz klar von Verstössen. Den Vollzug unterstützen wir. Wenn solche Fälle aufgedeckt werden, dann schützen wir niemanden. Es werden keine schwarzen Schafe geschützt. Und wir wollen aber auch proaktiv, dass man diesen Betrieben hilft. Es nützt nichts, wenn man sie nur an den Pranger stellt. Aber wenn es natürlich massive Verstösse sind, dann gibt es Anzeige und dann geht es den normalen Rechtsweg.>

Gleichzeitig wird den Zuschauern bildlich aufgezeigt, wie er seine Schweine hält. Im Beitragstext heisst es: <Die Tiere von Meinrad Pfister haben mehr Platz und bessere Bedingungen, als es das Gesetz vorschreibt.> Dann heisst es weiter: <Die Schweinezüchter und –mäster sind unter Druck. Schwarze Schafe in den eigenen Reihen verderben das Image.> Hier wird also der Gedanke von Pfister, dass es sich um ‘schwarze Schafe’, also um einige wenige handelt, auch im Beitragstext aufgegriffen.

Dann äussert sich der Zentralpräsident von Suisseporcs ausführlich zu den Gründen für die Verstösse:

Meinrad Pfister, Zentralpräsident Suisseporcs
<Wenn man einfach nur hört, was man falsch macht. Wenn man sieht, dass es Leute gibt, die überfordert sind, die schlussendlich ihre Tiere vernachlässigen, das ist absolut deprimierend>

Reporterfrage:
<Und das hängt auch mit dem Preis zusammen?>

Meinrad Pfister, Zentralpräsident Suisseporcs
<Das hängt ganz klar mit der wirtschaftlichen Situation zusammen. Also, wenn du eine Familie nicht mehr ernähren kannst und Dir die Frau davonläuft, dann endest du man am Schluss so. Dann vereinsamst du mit deinen Tieren alleine auf dem Hof. Das ist ein Problem.>

Reporter:
<Und das sind dann solche Fälle zum Beispiel?>

Meinrad Pfister, Zentralpräsident Suisseporcs
<Ja, wir erleben es häufig, dass es solche sind. Natürlich nicht ausschliesslich, aber dort hat es häufig solche Fälle darunter.>

Nachdem ein Tierarzt erklärt, woran man problematische Fälle erkennt, kann sich Pfister im O-Ton zu den versteckten Aufnahmen äussern:

(O-Ton Pfister): <Das ist ein verletztes Tier, die gehören behandelt, die gehören in eine Krankenbucht hinein, das ist gesetzliche Vorgabe, das ist ganz klar.>

Abschliessend hat Pfister noch Gelegenheit, auf die Bemühungen seines Verbandes, also von Suisseporcs, aufmerksam zu machen:

Meinrad Pfister, Zentralpräsident Suisseporcs
<Warum werden die Tiere nicht... liegt es an der Zeit, liegt es an der Sensibilität... wir als Verband bemühen uns wirklich. An jeder Veranstaltung sage ich meinen Leuten, hey, schaut hin, Tierhaltung ist anspruchsvoll, sie wird immer anspruchsvoller und wir müssen und dem stellen.>

Wir sind der Meinung, dass wir keineswegs den Eindruck erweckt haben, dass eine schlechte Tierhaltung im Bereich der Schweinezucht die Regel sei. Wir haben nicht nur die konkreten Zahlen geliefert (91 Straffälle bei 2.5 Millionen Schweinen), sondern auch ausführlich ein Beispiel einer einwandfreien Haltung aufgezeigt. Dazu konnte sich der Präsident von Suisseporcs ausführlich und in mehreren Zitaten von den Verstössen distanzieren, sich zu den Hintergründen der Verstösse äussern und die Anstrengungen des Verbandes darlegen.

4. Fazit

Zusammenfassend sind wir der Meinung, dass wir keine Aussagen ungeprüft übernommen haben. Unser Beitrag hat anlässlich der Veröffentlichung der Statistik über die Straffälle in der Schweinezucht im Jahr 2017 sowohl die konkreten Verstösse thematisiert, als auch ausführlich aufgezeigt, wie eine einwandfreie Haltung aussieht und wofür sich Suisseporcs einsetzt. Die Zuschauer konnten sich eine eigene Meinung bilden.

Aus diesen Gründen bitten wir Sie, die Beanstandung zurückzuweisen.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Wenn in einer Sendung Kritik an Zuständen oder Vorgängen geäußert wird, dann gilt dies in der Regel als ausgeglichen, wenn jemand von der kritisierten Seite sich in der Sendung selber dazu äußern kann. Im beanstandeten Beitrag kann sich Meinrad Pfister, Präsident von Suisseporcs, zu den Vorwürfen äußern. Er gehört zwar nicht selber zu den Sündern, im Gegenteil: Er hält seine Schweine in idealen Bewegungs- und Auslaufbedingungen. Aber als Präsident des für die Schweinezucht zuständigen Verbandes ist er die Stimme der Branche und kann Stellung nehmen zur Kritik, was er auch tut. Damit ist dem Prinzip «Audiatur et altera pars» Genüge getan: Die Kritik bleibt nicht unkommentiert.

Dies enthebt allerdings die Redaktion nicht von der Verpflichtung, in ihrer Kritik genau zu sein. Als Beanstander tragen Sie gegenüber der Sendung zwei Kritikpunkte vor: Erstens werde der Vorwurf, dass die wenigsten Schweine in Haltungen gehalten werden, wo sie Auslauf haben, ohne zusätzliche Recherche übernommen. Zweitens werde die Vermutung weitergetragen, in Bezug auf strafbare Fälle gebe es eine hohe Dunkelziffer. Im ersten Punkt muss ich Ihnen Recht geben: Der Agrarbericht für 2017 zeigt, dass 50,7 Prozent der Schweine unter dem Programm des Bundes «Regelmässiger Auslauf ins Freie» gehalten werden. Dieser Auslauf ist zwar äußerst bescheiden, aber mehr als nichts. Und 50,7 Prozent ist die Mehrheit der Schweine, es sind nicht «die wenigsten Schweine». Nicht Recht geben kann ich Ihnen indessen im zweiten Punkt, denn die Aussage der Juristin von «Tier im Recht», dass sie eine hohe Dunkelziffer vermute, macht sich die Redaktion nicht zu eigen. Sie lässt die Aussage einfach so stehen.

Ich komme daher zum Schluss, dass die Sendung nicht einseitig war, weil der Verbandspräsident zu Wort kam, dass der Autor des Beitrags aber in einem Ihrer zwei Kritikpunkte ungenau war und die Behauptung nicht nachprüfte. Ich kann daher Ihre Beanstandung in Bezug auf diesen Punkt, also teilweise, unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.


[1] https://www.srf.ch/play/tv/10vor10/video/schweinezucht-angeprangert?id=020ce7df-30f8-4c14-a986-3c96f974692d&station=69e8ac16-4327-4af4-b873-fd5cd6e895a7

[2] https://www.agrarheute.com/tier/schwein/ratgeber-hygienetipps-fuer-schweinestall-449840

Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren:

Bild von Wie soll man Parteien wie AfD oder FPÖ bezeichnen?

Wie soll man Parteien wie AfD oder FPÖ bezeichnen?

Ombudsmann Roger Blum behandelte eine Beanstandung des Nachrichtenmagazins «10vor10» vom 16. Oktober 2017. Dabei hatte Blum zu beurteilen, ob der Begriff «rechtsextrem» für eine Partei, die am äusseren rechten Rand politisiert, angemessen ist.

Weiterlesen

Bild von «10vor10» berichtete sachgerecht über Evangelikale in Brasilien

«10vor10» berichtete sachgerecht über Evangelikale in Brasilien

Der «10vor10»-Beitrag «Die Macht der Evangelikalen» beleuchtete die Rolle der Evangelikalen im brasilianischen Präsidentschafts-Wahlkampf. Ein Beanstander findet, der Beitrag habe die Freikirchen in ein schlechtes und unwahres Licht gerückt. Ombudsmann Roger Blum kann die Vorwürfe nicht bestätigen.

Weiterlesen

Bild von «10vor10»-Bericht über «Rammstein»-Video war gerechtfertigt

«10vor10»-Bericht über «Rammstein»-Video war gerechtfertigt

In einem Video provozierte die deutsche Band «Rammstein» mit einer KZ-Szene. «10vor10» vom 5. Juni 2019 berichtete darüber. Eine Zuschauerin beanstandete diesen Beitrag. Sie kritisiert die zynische Verwendung des Holocausts zu Werbezwecken durch die Band. SRF habe mitgeholfen, das unermessliche Leid des Holocausts zu verharmlosen, findet sie.

Weiterlesen

Alle Schlussberichte der Ombudsstelle jetzt ansehen

Teilen Sie uns Ihre Meinung mit (bitte beachten Sie die Netiquette und Rechtliches)

Lade Kommentare...
Noch keine Kommentare vorhanden

Leider konnte dein Kommentar nicht verarbeitet werden. Bitte versuche es später nochmals.

Ihr Kommentar wurde erfolgreich gespeichert und wird nach der Freigabe durch SRG Deutschschweiz hier veröffentlicht