SRF Sendung «Late Update» beanstandet

5731
Mit Ihrer E-Mail vom 21. Januar 2019 beanstandeten Sie die Sendung «Late Update» (Fernsehen SRF) vom 20. Januar 2019.[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann folglich darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Ich nehme Bezug auf die Sendung ‘Late Update’ und will gleich vorausschicken dass ich mit der von Frau Christa Markwalder auf Twitter geübten Kritik , jeder Stammtisch würde besseren Humor kennen, nicht einverstanden bin; es wurden unter Einfluss von Alkohol und der daraus resultierenden Verschiebung der Schamgrenze schon wesentlich schlechtere Witze gerissen als diejenigen, welche wir Konsumenten von Herr Elsner und seinem Team vorgesetzt bekamen. Allerdings muss auch gesagt sein dass ein Stammtisch weder einen Bildungsauftrag hat noch zu einer gewissen Objektivität verpflichtet ist.

Der Auftrag von SRF wird auf Ihrer Website folgendermassen umschrieben:

<Radio und Fernsehen tragen zur Bildung und kulturellen Entfaltung, zur freien Meinungsbildung und zur Unterhaltung bei. Sie berücksichtigen die Besonderheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone. Sie stellen die Ereignisse sachgerecht dar und bringen die Vielfalt der Ansichten angemessen zum Ausdruck. >

Ebenfalls auf Ihrer Website wird im Sendungsporträt folgendes versprochen:

<’Late Update’ hat alle Elemente, über die auch ein klassisches Nachrichtenmagazin verfügt: Einspielfilme, Korrespondentenschaltungen, Expertengespräche und einen Talk mit einer prominenten Persönlichkeit. Im Mittelpunkt der Sendung steht dazu ein Schwerpunkt-Thema, welches Michael Elsener von allen Seiten beleuchtet. >

Gerne würde ich humorloses Landei mir von Ihnen erklären lassen inwiefern das Format ‘Late Update’ die sowohl vom Staat, als auch die sich selber gegebenen Vorgaben erfüllt hat???

Es ist mir schon bewusst dass Michael Elsner’s Humor bei denjenigen Zuschauern welche politisch gesehen links des gesunden Menschenverstandes anzusiedeln sind gut ankommt und aus deren Sicht der Dinge die Themen ‘von allen Seiten’ beleuchtet wurden, jedoch wurde ‘die Vielfalt der Ansichten’ meiner Meinung nach keinesfalls ‘angemessen zum Ausdruck’ gebracht.

Ich werde den Verdacht nicht los dass die richtungsweisenden Personen in ihrem Unternehmen in (zu?) grosser Anzahl im politisch linken Lager anzusiedeln sind - was an sich kein Problem darstellen würde wenn in ihrer Arbeit die journalistische Objektivität vor individuelle politische Präferenz gestellt würde.

Anders kann ich mir nicht erklären weshalb immer und immer wieder gewisse SVP Figuren wie z.B. Erich Hess und Hans Fehr als Ausgangspunkt von beissendem Spott herhalten müssen. Es ist auch mir klar dass sich die beiden genannten Individuen hervorragend eignen um sie der Lächerlichkeit preiszugeben, jedoch möchte ich darauf hinweisen dass sich auch gewisse Exponenten auf der anderen Seite der politischen Skala durchaus für satirische Beiträge eignen würden.»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für «Late Update» äußerte sich Herr Daniel Kaufmann, Senior Producer Comedy:

«Gerne nehme ich zu der Beanstandung von Herrn X Stellung. Herr X vermutet eine Linkslastigkeit bei der Sendung ‘Late Update’. Er vermutet, dass ‘Late Update’ dem Auftrag des SRF nicht nachkommt und auch die eigenen Vorgaben nicht einhält. Dabei erwähnt er folgenden Satz des Sendungsporträts: <Im Mittelpunkt der Sendung steht dazu ein Schwerpunktthema, welches Michael Elsener von allen Seiten beleuchtet>.

Bei der Formulierung <von allen Seiten beleuchtet> handelt es sich um den Hinweis, dass es sich bei dem Schwerpunktthema innerhalb der Sendung um einen Beitrag handelt, dem eine aufwändige Recherche zugrunde liegt, bei der mehrere Aspekte eines Themas behandelt werden. Und nicht, wie der Beschwerdeführer offenbar vermutet, dass wir die Stellungnahmen aller politischen Parteien zu diesem Thema veröffentlichen.

So vielfältig wie die Schwerpunktthemen sind auch die Reaktionen, die wir jeweils darauf bekommen. Beim Schwerpunktthema ‘Klima’ waren es eher Menschen aus dem rechten Parteienspektrum, die sich angegriffen fühlten. Beim Schwerpunktthema ‘Alternativmedizin’ kamen enttäuschte Reaktionen von der anderen Seite.

Bei allem müssen wir uns vor Augen führen, dass ‘Late Update’ eine klar deklarierte Satiresendung ist und kein Informationsgefäss. ‘Late Update’ hat einen anderen Auftrag als die ‘Tagesschau’. Satire übertreibt, ironisiert, karikiert Personen und Situationen und führt oft ins Absurde. Eine Satiresendung hinterfragt humorvoll das, was ist. Die Aktualität bestimmt die Themen. Wenn Partei A etwas behauptet, dann hinterfragt das die Satire. Genauso, wenn Partei B etwas behauptet. Es ist Aufgabe der Satire, den Mächtigen auf die Finger zu schauen. Und sie auf die Schippe zu nehmen. Das ist, was wir mit ‘Late Update’ erreichen möchten.

Als Satiresendung kann es uns nicht gelingen, innerhalb einer einzelnen Folge und bei einem einzelnen Thema alle Parteimeinungen zu berücksichtigen. Was dabei auch immer entstehen würde – lustig wäre das nicht.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Was Sie als Auftrag von SRF zitieren, ist Artikel 93 Absatz 2 der Bundesverfassung[2], und diese Verfassungsnorm gilt für alle Rundfunkmedien in der Schweiz, auch für die privaten, nicht nur für die SRG. Auf der Unternehmenswebsite von SRF ist wird denn auch korrekt darauf hingewiesen, dass diese Sätze aus der Bundesverfassung stammen.[3] Den rechtlichen Rahmen etwas genauer steckt das Radio- und Fernsehgesetz ab, das in Artikel 4 Absatz 2 von Radio und Fernsehen verlangt: <Redaktionelle Sendungen mit Informationsgehalt müssen Tatsachen und Ereignisse sachgerecht darstellen, so dass sich das Publikum eine eigene Meinung bilden kann. Ansichten und Kommentare müssen als solche erkennbar sein.>[4] Und in Absatz 4 steht: «Konzessionierte Programme müssen in der Gesamtheit ihrer redaktionellen Sendungen die Vielfalt der Ereignisse und Ansichten angemessen zum Ausdruck bringen.»[5]

Darin findet sich bereits die Antwort auf zwei Fragen, die für die Sendung «Late Update» wichtig sind. Nämlich erstens: Ist «Late Update» eine Sendung mit Informationsgehalt? Die Antwort lautet: Ja. Denn das, was in der Sendung vermittelt wird, ist zwar immer wieder Satire, aber nicht Fiction, sondern durchaus auch normale Information. Die Sendung nennt sich denn auch «ein Nachrichtensatireformat»[6]. Sie macht Satire über Nachrichten, muss dazu aber auch auf die Fakten zu sprechen kommen. Die zweite wichtige Frage ist, ob das Vielfaltsgebot auf diese Sendung anwendbar ist. Die Antwort lautet: Nein. Denn das Vielfaltsgebot gilt außer jeweils sechs Wochen vor Wahlen und Abstimmungen nicht für die einzelne Sendung, sondern für das gesamte Programm.

Hat die Sendung die Aktualität wirklich durchweg auf die Schippe genommen? Nicht konsequent. Gerade zum Thema Klima hielt Michael Elsener eine längere Rede, die nicht eigentlich eine Satire war. Dass bestimmte Parteien mehr ins Kreuzfeuer geraten als andere, hat zunächst einmal mit den Machtverhältnissen zu tun: Die bürgerlichen Parteien verfügen im eidgenössischen Parlament und im Bundesrat über die Mehrheit, sie bestimmen weitgehend den Kurs der Politik, also müssen sie sich von den Satirikern auch den Spiegel vorhalten lassen. Die FDP und die SVP werden daher wohl immer etwas mehr «drankommen» als die Linken (auch wenn gegenwärtig das Theater der SP rund um das Rahmenabkommen mit der EU genügend Stoff für Satire böte).

Jedenfalls hatte ich nicht den Eindruck, dass die Prominenten der SVP durchgängig zum Gespött gemacht werden. Nationalrat Erich Hess gibt ja immer wieder selber den Clown, und in «Patti Backstage» fragte Patti Basler im Albisgüetli ihre Gesprächspartner so, dass sie die Chance hatten, witzig zu antworten. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi kam zudem im Gespräch mit Michael Elsener positiv herüber, er hatte keinerlei Anlass, sich «vorgeführt» zu fühlen.

Am meisten wurde die Figur des Experten als Politiksachverständiger «Markus Schafroth» lächerlich gemacht, und am Schluss war er gleichermassen ein Scherbenhaufen wie die Lösung für das von ihm analysierte Problem der Gesundheitskosten. Hübsch war, dass die Figur des Korrespondenten «Renato Kaiser» beim Thema Schülerstreik ein Stilmittel wieder aufnahm, das in der Radiosendung «Der Barbier von Seldwyla» mit Walter Roderer seinerzeit das Grundprinzip war: Roderer ereiferte sich gegen eine Sache, hielt inne, kritisierte sich selber, indem er das bisher Gesagte als «saudumm» qualifizierte, und plädierte dann für das Gegenteil. Das lässt sich vielleicht ausbauen.

Alles in allem verstehe ich Ihr Unbehagen ein Stück weit, kann aber Ihren Vorwurf der Einseitigkeit nicht ganz nachvollziehen, zumal der beharrende Genfer Staatsrat Maudet und die Versenkung des CO2-Gesetzes mit Hilfe der FDP ernsthafte aktuelle Themen für satirische Kritik waren. Und dass im Gespräch mit SVP-Fraktionschef Aeschi die Englischkenntnisse des neuen Wirtschaftsministers Guy Parmelin angesprochen wurden, lag auf der Hand. Die SVP-Prominenten kamen insgesamt nicht schlecht weg. Ich kann daher Ihre Beanstandung nicht unterstützen. Kommt dazu, dass Sie die allererste Sendung von «Late Update» beanstandet haben. Da war vieles noch unfertig, noch nicht alles hohe Schule. Man müsste sich nach etwa 20 Sendungen wieder unterhalten, ob der Biss einseitig verteilt ist.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen
Roger Blum, Ombudsmann

[1] https://www.srf.ch/play/tv/late-update/video/late-update-startet-in-die-1--staffel?id=215b632c-2976-4ff8-957d-8251db14321d

[2] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19995395/index.html

[3] https://www.srf.ch/unternehmen/unternehmen/portraet/gesetzliche-vorgaben-auftrag-und-strategie

[4] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20001794/index.html

[5] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20001794/index.html

[6] https://www.srf.ch/sendungen/lateupdate/sendungsportraet

Tags

Alle Schlussberichte der Ombudsstelle jetzt ansehen

Kommentar

Leider konnte dein Kommentar nicht verarbeitet werden. Bitte versuche es später nochmals.

Ihr Kommentar wurde erfolgreich gespeichert und wird nach der Freigabe durch SRG Deutschschweiz hier veröffentlicht

Weitere Neuigkeiten