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SRG Deutschschweiz Ombudsstelle

Ausstrahlung von Michael Jackson Songs auf Radio SRF 1 beanstandet

6001
Mit Ihrer E-Mail vom 24. Mai 2019 beanstandeten Sie, dass Radio SRF Musik von Michael Jackson ausstrahlt.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Ich beanstande, dass Radio SRF 1 Lieder von dem verstorbenen Sänger Michael Jackson abspielt.

Da es sich bei diesem Sänger um einen besonderen üblen Verbrecher handelt, akzeptiere ich es nicht, dass mit TV- und Radiogebühren solche Verbrecher unterstützt werden. SRG würde ja auch nicht Thomas N. vierfach Mörder von Rupperswil wegen geisteskranken pädophilen Neigungen, als Radio-Moderator anstellen. Deshalb verlange ich ein Verfahren gegen Radio SRF 1, damit die Lieder von Michael Jackson komplett aus dem Musikprogramm gestrichen werden.»

B. Da Sie keine journalistischen Inhalte und keine konkrete Sendung beanstandeten, nahm ich Ihre Eingabe nicht als Ombudsfall entgegen, sondern wies sie an die zuständige Redaktion zur direkten Beantwortung. Sie erhielten darauf eine fundierte Stellungnahme der Musikredaktion. Sie aber erklärten sich damit nicht zufrieden, sondern beharrten auf einem Votum der Ombudsstelle, indem Sie schrieben:

«Da meine Beanstandung in Zusammenhang mit Gewalt an Kinder steht, akzeptiere ich diese Antwort nicht. In den Medien war zu entnehmen, dass eine heftige Reaktion in der Bevölkerung gegen den verstorbenen Sänger (z.B. Populationsbeschwerde) gegeben hat. Deshalb beantrage ich erneut, gegen solche Musik ein Verfahren zu eröffnen, damit ich eventuell eine Beschwerde bei der UBI einreichen kann.»

C. Ich entschloss mich darauf, ein eigenes Votum abzugeben. Ich möchte das in drei Punkten tun:

  1. Wenn Sie glauben, dass es in der Schweizer Bevölkerung eine heftige Reaktion gegen Michael Jackson gegeben habe, dann irren Sie sich. Es gab eine heftige Reaktion für Michael Jackson. Bei der Ombudsstelle gingen über 50 Beanstandungen gegen die Ausstrahlung des Jackson-kritischen Films «Leaving Neverland» durch Fernsehen SRF ein, teilweise auch gegen die Einbettungs-Sendungen «Club» (Fernsehen SRF) und «Kontext» (Radio SRF 2 Kultur). Die Fans von Michael Jackson wehrten sich für ihr Idol.
  2. Die zuständige Redaktion hat entschieden, zwischen dem großartigen Künstler Michael Jackson, dem «King of Pop», auf der einen Seite, und dem Privatmenschen und seiner sexuellen Neigung auf der anderen Seite zu unterscheiden und seine Musik weiterhin zu senden. Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Wir müssten viele berühmte Menschen vom Podest nehmen, wenn wir sie alle nach einer strengen Moral beurteilten. Martin Luther bleibt trotz seiner antisemitischen Attitüden ein bahnbrechender Kirchenmann. Corbusier bleibt trotz seiner faschistischen Neigungen ein wegweisender Architekt. Martin Heidegger bleibt trotz seiner Verbindungen zum Nationalsozialismus ein wichtiger Philosoph. Julius Caesar oder Napoleon waren eindrückliche Innovatoren und gleichzeitig brutale Schlächter. John F. Kennedy war ein bemerkenswerter Präsident des Aufbruchs, aber privat ein primitiver Schürzenjäger. Die Liste liesse sich verlängern. Michael Jackson zu unterdrücken, käme einer Zensur gleich, die nicht zu einer liberalen und offenen Gesellschaft passt. Gleichzeitig muss es aber stets eine Debatte darüber geben, wie er gesamthaft zu beurteilen ist.
  3. Sie verlangen «ein Verfahren gegen Radio SRF 1». Damit sind Sie bei der Ombudsstelle an der falschen Adresse. Die Ombudsstelle vermittelt, äußert ihre Meinung und gibt Empfehlungen ab, aber sie leitet keine Verfahren ein und sie entscheidet nichts. Ich kann daher auf Ihren Antrag und damit auf Ihre Beanstandung nicht eintreten.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen
Roger Blum, Ombudsmann

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