Bild von SRF 4 News-, sowie SRF News- und «10vor10»-Beiträge zu Europawahlen beanstandet
SRG Deutschschweiz Ombudsstelle

SRF 4 News-, sowie SRF News- und «10vor10»-Beiträge zu Europawahlen beanstandet

6021
Mit Ihrer E-Mail vom 29. Mai 2019 beanstandeten Sie Berichte von SRF zum Ausgang der Europawahlen, und zwar ein Interview mit Professor Gilbert Casasus auf SRF News und Radio SRF 4 News vom 27. Mai 2019[1] sowie den Schwerpunkt zu den Europawahlen in der Sendung «10 vor 10» (Fernsehen SRF) vom 27. Mai 2019.[2] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann daher darauf eintreten. Leider erhalten Sie diesen Schlussbericht erst ein paar Tage nach Ablauf der 40tägigen Frist, die mir für die Bearbeitung von Beanstandungen zur Verfügung steht. Dafür möchte ich mich entschuldigen. Der Grund für die Verspätung ist eine starke Überlastung der Ombudsstelle. Ihre Rechte werden durch die Verspätung allerdings nicht geschmälert: Die Frist für eine allfällige Beschwerde vor der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) beginnt erst an dem Tag zu laufen, an dem der Schlussbericht in Ihrem Briefkasten liegt.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Ich beanstande Offiziell die Berichterstattung im Zusammenhang des Nachberichtes über die Europawahlen. Ich beanstande die Sendung 10vor10 vom 27.5. Und die Beiträge von Radio SRF4 und SRFNews. Und die wieder einmal eine Links-Grüne einseitige Propaganda-Darstellung in einem Interview mit einer geschätzten Person welche sich deutlich Links Positioniert und auch gemäss Berichten im Internet ein Freund der NEBS ist. (Das ist kein Vorwurf an Herr Casasus, ausschliesslich an die LinksGrüne-Propaganda-SRG welche NUR UND AUSSCHLIESSLICH Persönlichkeiten des Linken Spektrums als ‘Experten’ führen und befragen.

1. Ich beanstande, dass Herr Casasus die Grünen zu der Wahlsiegerin erklärt hat und vom RotGrünen Propaganda-SRF keinen Einwand gekommen ist. Bei den Wahlen in Deutschland kann man die Grünen zur Siegerin erklären. Bei den Zugewinnen lag die Partei knapp vor der AFD. Welche am zweitmeisten Zugewinne an Stimmen feiern konnte. Die Erfolge der Grünen gilt ABER NICHT bei den GESAMTEN EU-WAHLEN.

Die Fraktion wo alle Grünen Parteien UND andere Parteien enthalten sind kommt gemäss aktuellem Schlussresultat auf 9,2 %. Die von Herr Casasus und der Rot-Grünen SRG so sehr verachteten bösen Rechten haben MEHR zugelegt und MEHR Mandate. Wäre die SRG das was ihr Aufträg wäre, hätte der Journalist Herr Wyss dies kritisch anmerken, respektive Nachfragen, Nachhacken müssen.

2. Die Aussage des Herrn: <Inzwischen stellen die Nationalisten und Rechtskonservativen rund einen Viertel der Abgeordneten, das ist aus meiner Sicht viel zu viel. Aber es ist weniger als befürchtet.> Eine üble Stimmungsmache. Warum denn zu viel was daran. Was ist schlimm? Warum fragt der Rot-Grüne Propaganda-Journalist hier nicht nach? Warum werden keine Experten geladen, welche finde dass es viel zu viel Linke, Linkspopulisten im EU-Parlament hat?

3. Herr Casasus versucht dann die Gewinne der rechten Parteien mit den Verlusten der Bürgerlichen Volksparteien zu relativieren, erklären. Mit der gleichen Logik müsste man die wenigen Gewinne der Grünen mit den Verlusten der Sozialdemokraten oder ‘der Linken’ auch erklären, relativieren. Auch hier gibt es keine kritische Nachfrage des Journalisten warum er dies dort nicht macht..

4. < In der Schweiz finden im Herbst nationale Wahlen statt. Sehen Sie für die Schweiz eine Tendenz?> <Ich glaube, dass die Themen Umweltschutz und Klima im progressiven Denken in der Schweiz eine Rolle spielen. Wenn das der Fall ist, ist es ein Zeichen, dass die Schweiz ein europäisches Land ist.> Diese problematische Aussage (Man ist nur ein europäisches Land und hat nur ein fortschrittliches Denken und Einstellung, wenn man die Grüne Partei wählt, deren Überzeugung teilt.) Dies absurde Behauptung hätte der die RotGrünen vom Radio und SRFNews kritischer aufnehmen und entgegnen müssen.

Zusammenfassend auch dieses Interview war eine Stimmungsmache gegen Rechts und eine Glorifizierung und Propaganda der Grünen Partei. Auch hier wurde es unterlassen auch nur ein kritisches Wort auch nur eine kritische Frage zu den Grünen Parteien zu äussern, stellen.

Ich beanstande zu diesem Thema auch die Sendung 10vor10 vom 27.5.

Anstelle von Anerkennung Erfolgen der Rechten Parteien , diffamiert die RotGrüne SRG diese Kräfte als ‘Rechtsextrem’. Welche Parteien sollen Rechtsextrem sein? Warum wird nicht auch über Linksextreme Parteien berichtet? Darüberhinaus wurde einmal mehr pure Propaganda für die Grüne Partei gesendet. Unter vielem anderen wurde die Bilder von Deutschland gezeigt.

Auch 10vor10 suggerierte die Grünen als Wahlsieger. Mit Propaganda-Methoden und Halbwahrheiten. Gut anzuzeigen Anhand von der erwähnten Stärkung der Grünen in Frankreich. Ja, die Grünen haben in Frankreich zugelegt. Was die Rot-Grüne Propaganda von SRF aber BEWUSST verheimlichte: 2014 hatte die Grüne Partei in Frankreich über 7% eingebüsst. Und somit nicht einmal alle die damals verlorenen Stimmen wieder dazugewonnen. WARUM WURDE DIES NICHT ERWÄHNT?

Diese Propaganda-Halbwahrheiten lassen sich auch zum Beispiel in Finnland etc. finden. Welche von SRF ebenfalls für den Grünen Erfolg gefeiert wurde. Es ist offensichtlich, dass SRF alle Fakten, alle Punkte welche ihre so bevorteilte Grünen Partei schaden könnte oder negative Gedanken auslösen könnte WIRD VON SRF VERTUSCHT. Sowohl im Interview weiter oben als auch in der Sendung 10vor10 wurde natürlich ebenfalls NICHT behandelt welche konkreten Massnahmen die Grünen fordern. Auch hier wieder zum Schutz ihrer Grünen Partei, weil die Menschen dann erkennen wie die Grünen mit ihrer Politik und div. Steuerforderungen die Bürger und die Staaten in den Ruin treiben.

Ich beanstande die Glorifizierung der Grünen Partei auch betreffend den Europawahlen. Obschon über 90% NICHT die Grünen wählten. Obschon man die Erfolge der Grünen in Relation zu den Verlusten der Sozialistischen UND linksextremen Parteien nehmen muss.

Ich verweise darauf, 10vor10 wie auch im Interview wurde über die Zugewinne der Grünen geredet, über Greta Thunberg welche von SRF wie eine Göttin behandelt wird. (Selbstverständlich wird auch hier alles was negativ ausgelegt werden könnte VERTUSCHT. Wie die Aussage von Ihr pro AKW's). Die Verluste der Grünen ausgerechnet in Schweden wurden ebenfalls VERTUSCHT. Im Heimatland von Thunberg. Was - Angesichts der vielen glorifizierten Beiträge über Greta Thunberg- durchaus von öffentlichem Interesse wäre. Und auch hier lässt sich der Grund für die Vertuschung einfach finden: Nichts zu berichten was Negativ auf die Grüne Partei zurückfallen könnte.

Ich fordere SRF auf ENDLICH AUCH EINMAL KRITISCHE BETRÄGE ÜBER IHRE GELIEBTE GRÜNE PARTEI zu zeigen. Und endlich kritische Fragen an Vertreter oder Sympathisanten der Grünen zu stellen. So wie Sie es laufend gegen Rechte Parteien tun. Ich frage hier SRF. Wird es bis zu den Wahlen im Herbst wenigstens mal EINE EINZIGE kritische Frage, nachhacken gegen die Grüne Partei und ihre hörige Gefolgschaft geben. JA ODER NEIN?»

B. Die zuständigen Redaktionen erhielten Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für Radio SRF 4 News , SRF News und «10 vor 10» äusserten sich Herr Michael Bolliger, stellvertretender Chefredaktor von Radio SRF, Herr Christian Dütschler, Redaktionsleiter von «10 vor 10» sowie Frau Corinne Stöckli, Fachspezialistin SRF:

«Herr X beanstandet unsere Berichterstattung zu den Europawahlen in der Sendung 10vor10 vom 27. Mai 2019 und auf SRF News.


SRFNews / Radio SRFNews

Gerne nehmen wir Stellung zur Beanstandung gegen das Gespräch mit Gilbert Casasus, Professor für Europastudien an der Universität Fribourg. Das Gespräch wurde am Morgen nach der EU-Parlamentswahl auf SRF4News geführt und danach teilweise für SRFNews transkribiert. Der Beanstander kritisiert die Einschätzungen des Interviewpartners Gilbert Casasus in mehreren Punkten und wähnt hinter den Aussagen des Experten und den Fragen des Journalisten ‚rot-grüne Propaganda‘.

Diese Behauptung entbehrt jeder Grundlage. Wir kommen im Einzelnen darauf zurück. Entscheidend sind bei der Beurteilung zwei grundsätzliche Punkte. Die Aussagen von Casasus waren einerseits klar als persönliche Meinungen erkennbar. Zweitens bildeten sie nur einen einzelnen Teil unter diversen Berichten und Analysen an diesem Tag.

Der Beanstander fokussiert auf ein einzelnes Gespräch, das online in einer gekürzten Version publiziert wurde. Auch diese kürzere Version ist aus zwei Gründen sachgerecht.

  1. Die Grundaussagen des Gesprächs decken sich mit allen gängigen Einschätzungen, die am Tag nach der Wahl in den Medien gemacht wurden: Die Volksparteien haben eine schwere Niederlage eingesteckt, die Grünen über den Erwartungen zugelegt, die Rechten (europakritischen) Parteien weniger stark zugelegt als im Vorfeld erwartet.
  2. Dort, wo Casasus Wertungen vornimmt, sind diese entweder als persönliche Meinung deklariert, oder einer bestimmten Perspektive zugeordnet. So etwa, wenn er sagt, <die Grünen sind aus meiner Sicht die grossen Gewinner>, oder wenn er zum Schluss kommt, dass das Ergebnis <aus Sicht der Pro-Europäer zwei positive Aspekte> zeige. Auch die Bewertung des Wahlergebnisses der konservativen und rechten Parteien bewertet er klar <aus meiner Sicht>.

Nachdem im Frühling bei Wahlen im Kanton Zürich ebenfalls die Volksparteien teilweise deutlich verloren und die Grünen zugelegt hatten und dieser Trend jetzt bei den Europawahlen eine Bestätigung erhielt, ist die Schlussfrage, ob aus den Europawahlen ein Trend für die eidgenössischen Wahlen im Herbst abzuleiten sei, nachvollziehbar. Es braucht auch nicht viel um als Hörer die Antwort auf die Frage einzuordnen. Casasus sieht an diesem 27. Mai einen Trend in vielen Teilen des Kontinents und schliesst daraus, dass die Schweiz ein europäisches Land sei, sollte sich der Trend auch hier national bestätigen. Wohl ist die These pauschal formuliert, aber mit Propaganda hat auch das nichts zu tun.

Man muss mit der Analyse von Gilbert Casasus nicht einverstanden sein, aber sie bildete an diesem Tag wie eingangs erwähnt auch nur ein Element in der Berichterstattung von Radio SRF. In allen drei Primetimes ‚HeuteMorgen‘ [3], ‚Rendezvous‘ [4] und ‚Echo der Zeit‘ [5] auf SRF1 und SRF 4 News, sowie in ‚Info3‘ auf SRF3, erhielten die Analysen unserer europäischen Korrespondent/innen viel Platz, so etwa jene zu den Ergebnissen in Italien, Frankreich, Grossbritannien, Polen und Ungarn, wo die europakritischen Bewegungen Erfolge feierten. Im ‚Tagesgespräch‘ [6] vertiefte zudem unser Brüssel-Korrespondent das Wahlergebnis detailliert mit allen Aspekten.

Fazit:

Das Gespräch mit Gilbert Casasus mag Aussagen beinhalten, mit denen nicht alle einverstanden sind. Aber sie sind einerseits in beiden Versionen, schriftlich und am Radio, für das Publikum klar erkennbar als persönliche Meinung, und sie sind zweitens an diesem Tag umgeben von verschiedenen Analysen zur Wahl ins europäische Parlament. Über den Tag haben wir zu diesem Thema sachgerecht und (meinungs-)vielfältig berichtet, das Publikum konnte sich eine eigene Meinung zum Wahlausgang bilden.


10vor10

10vor10 hat nach den Europawahlen in der Sendung vom 27. Mai 2019 zwei redaktionelle Schwerpunkte gesetzt: Im Zusammenhang mit den Sitzgewinnen der europakritischen Parteien sind wir im ersten Beitrag der Frage nachgegangen, wie einig sich die rechtsnationalen Parteien im EU-Parlament sind. Im zweiten Teil unserer Berichterstattung zu den Europawahlen haben wir über die Erfolge der Grünen berichtet.

Der Beanstander kritisiert verschiedene Punkte, zu denen wir gerne Stellung nehmen.

1. Vorwurf: Bezeichnung ‘rechtsextrem’

Der Beanstander kritisiert die im Beitrag verwendete Bezeichnung ‘rechtsextrem’ für gewisse Parteien im EU-Parlament. Wörtlich schreibt er: «Anstelle von Anerkennung der Erfolge der rechten Parteien, diffamiert die Rotgrüne SRG diese Kräfte als ‘rechtsextrem’».

Die betreffende Stelle im Beitrag lautet wörtlich:

Europa den Europäern, engmaschige Aussengrenzen: Das wollen alle populistischen, nationalistischen und rechtsextremen Kräfte.

Anders als der Beanstander offenbar meint, werden nicht pauschal alle rechten Parteien im EU-Parlament als ‘rechtsextrem’ bezeichnet. Hingegen machen wir im Beitrag klar, dass im EU-Parlament tatsächlich auch Kräfte vertreten sind, welche richtigerweise als ‘rechtsextrem’ zu bezeichnen sind. In diesem Fall benennen wir die Parteien nicht einmal, auch wenn das durchaus vertretbar gewesen wäre. Zu diesen Parteien gehören z.B. die ungarische Partei Jobbik, welche regelmässig auf faschistische Symbolik und Rhetorik zurückgreift. Auch die Partei Vlaams Belang aus Belgien kann als rechtsextrem bezeichnet werden. Als ‘rechtsextrem’ oder gar ‘neonazistisch’ ist die Partei Goldene Morgenröte aus Griechenland zu bezeichnen. Alle drei genannten Parteien sind im EU-Parlament vertreten, die Aufzählung ist nicht abschliessend. Anzumerken ist, dass insbesondere auch Leitmedien mit liberal-bürgerlicher Haltung sich nicht scheuen, den Begriff ‘rechtsextrem’ im genannten Zusammenhang zu verwenden. Als Beispiele seien genannt:

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.Juni 2019:
<73 Abgeordnete rechtsextremer und -populistischer Parteien aus neun Ländern haben sich im EU-Parlament in einer Fraktion unter der Bezeichnung ‘Identität und Demokratie’ zusammengeschlossen.>

Neue Zürcher Zeitung, 14. Juni 2019:
<Weiter mit von der Partie sind aus Österreich die FPÖ, die belgische Vlaams Belang, aus Finnland die Finnenpartei, die rechtsextreme SPD aus Tschechien und die Dänische Volkspartei.>

Neue Zürcher Zeitung, 29. Mai 2019:
<Sein Hauptgegner, die rechtsextreme Jobbik, stürzte ab, während...>

WELT plus, 3. Juni 2019:
<Gleich dahinter auf Platz zwei liegt mit 11,4 Prozent die rechtsextreme separatistische Partei Vlaams Belang.>

Tatsache ist, dass es im EU-Parlament Parteien gibt, die dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet werden müssen. Diese Einordnung zu unterschlagen wäre schlechter Journalismus. Wir haben also den Begriff ‘rechtsextrem’ berechtigterweise verwendet. Anzumerken ist hier, dass wir linksextreme Kräfte durchaus auch als solche bezeichnen. Sie waren aber dieses Mal nicht Gegenstand der Berichterstattung.

2. Vorwurf: 10vor10 habe die Grünen als Wahlsieger suggeriert

Der Beanstander schreibt: <Auch 10vor10 suggeriert die Grünen als Wahlsieger. Mit Propaganda-Methoden und Halbwahrheiten.>

Tatsache ist, dass die Grünen zu den Wahlsiegern gehören: Sie haben neu 74 Sitze im Europäischen Parlament (Grüne/EFA), während sie bei der letzten Wahl im Jahr 2014 rund 50 Sitze erreicht hatten.[7] Dass die Grünen zu den Wahlsiegern gehören, halten wir korrekt und sachlich fest – und ohne dabei ‘Propaganda-Methoden oder Halbwahrheiten’ zu verwenden.

So sagen wir zum Beispiel im Beitrag wörtlich:

Riesenjubel bei den deutschen Grünen. Mit mehr als 20 Prozent verdoppeln sie den Wähleranteil und werden zweitstärkste Partei.

Diese Aussage ist gemäss der Website des Deutschen Bundeswahlleiters korrekt.[8]

An anderer Stelle heisst es wörtlich:

In Frankreich landen die Grünen völlig überraschend auf dem dritten Platz. Sie können die Sitzzahl mehr als verdoppeln.

Diese Aussage ist gemäss der Website des Europäischen Parlaments korrekt.[9] Anders als der Beanstander meint, ging es im Bericht nicht darum, die Erfolge der Grünen in Frankreich über einen längeren Zeitraum hinweg zu untersuchen. Vielmehr zielte der Beitrag darauf ab, dem Publikum einen Überblick über die Wahlergebnisse der Grünen bei den Europawahlen 2019 zu geben. Die Resultate der Grünen in Frankreich im Jahr 2014 waren in diesem Zusammenhang nicht relevant. Festzuhalten ist schliesslich auch, dass wir selbstverständlich die Grünen – wie alle anderen Parteien auch – mit kritischen Fragen nicht verschonen.

Zusammenfassend sind wir der Meinung, dass sowohl SRFNews/SRF4News als auch 10vor10 korrekt berichtet haben. Wir bitten Sie deshalb, die Beanstandung zurückzuweisen.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Durch Ihre Beanstandung hindurch ziehen sich drei Vorwürfe:

  1. Dass die Grünen zu Unrecht als Sieger der Europawahlen dargestellt worden seien.
  2. Dass die Nationalisten und Rechtspopulisten unzutreffend als Rechtsextreme bezeichnet worden seien.
  3. Dass SRF eine «links-grüne einseitige Propaganda-Darstellung» betreibe.

Es lag auf der Hand, nach den Europawahlen einen in der Schweiz wirkenden Professor für Europastudien im Radio zu interviewen. Gilbert Casasus wirkt in dieser Funktion an der Universität Freiburg i. Ü.[10] Seine Ausführungen auf Radio SRF 4 News sind sehr hörenswert; der Journalist führte mit ihm ein exploratives Interview, in dem es um Erkenntnisinteresse ging, also eher darum, nachzubohren statt zu widersprechen. Während das Radio-Interview sehr interessant war, wirkte die Kurzfassung auf SRF News etwas beliebig, zusammengestückelt. Ich kann mich aber in Bezug auf das Interview der Redaktionsstellungnahme voll anschließen: Es war immer klar, dass Casasus seine persönliche Einschätzung und Meinung abgibt.

Es war auch logisch, dass «10 vor 10» in seiner Nachwahlsendung einen Schwerpunkt bildete und sich vor allem mit den Siegern auseinandersetzte. Dabei passierte Susanne Wille in der Anmoderation ein klitzekleiner Fehler, als sie von «Italiens Lega-Premier Salvini» sprach (er ist Vizepremier). Und nun komme ich zu Ihren drei Punkten:

1. Die Grünen wurden nicht zu Unrecht als Sieger der Europawahlen dargestellt, aber der Eindruck, dass sie quasi die einzigen Sieger oder die größten Sieger seien, war falsch. Am meisten dazugewonnen haben die Liberalen, am zweitmeisten die Rechtspopuliste
Siegerparteien der Europawahlen[11]​​

Parteien

Sitze

Zugewinn

Liberale

108

+ 40

Grüne

74

+ 22

Rechtspopulisten

73

+ 36

Während die Rechtspopulisten in einem eigenen Beitrag analysiert wurden, wurden die Liberalen vernachlässigt. Hier ließ sich SRF möglicherweise stark von den Ergebnissen in Deutschland beeinflussen. Nicht nur, dass die Grünen ausgerechnet in Schweden Stimmen verloren haben, sie haben auch in einigen anderen Ländern schwach abgeschnitten. Es war darum nicht sachgerecht, die Grünen quasi als Haupt-Sieger abzuhandeln.

2. In Bezug auf die Rechtsextremen kann ich mich den Ausführungen der Redaktionen voll anschliessen.

3. Dafür, dass die Radio-, Fernseh- und Online-Beiträge von SRF einseitige linksgrüne Propaganda seien, finde ich keinerlei Anhaltspunkte. Die Journalistinnen und Journalisten nehmen sachliche Analysen als Beobachtende vor. Die Korrespondentinnen und Korrespondenten in Berlin, Paris und Brüssel geben nüchterne Einschätzungen der Lage und der wahrscheinlichen Folgen ab; die Journalistinnen und Journalisten in Zürich und Bern nehmen faktenorientierte Bestandesaufnahmen vor. Ihr Vorwurf in diesem Punkt ist völlig unbegründet.

Alles in allem komme ich zum Schluss, dass ich Ihre Beanstandung teilweise (wegen Punkt 1 der 3 Punkte) unterstütze, in den anderen Punkten aber nicht.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen,
Roger Blum, Ombudsmann


[1] https://www.srf.ch/news/international/europas-politik-nach-der-wahl-es-gibt-zwei-positive-ergebnisse-aus-sicht-der-pro-europaeer

[2] https://www.srf.ch/play/tv/10vor10/video/10vor10-vom-27-05-2019?id=46a2c92f-471f-4a5b-b987-f93b96dfb8fc

[3] https://www.srf.ch/sendungen/heutemorgen/europawahl-2019-volksparteien-verlieren-mehrheit-im-eu-parlament

[4] https://www.srf.ch/sendungen/rendez-vous/europawahl-die-menschen-wollen-mitgestalten

[5] https://www.srf.ch/sendungen/echo-der-zeit/schritt-zu-einem-moderneren-eu-parlament

[6] https://www.srf.ch/sendungen/tagesgespraech/oliver-washington-wie-weiter-nach-der-europawahl-3

[7] https://europawahlergebnis.eu/tools/vergleichs-tool/

[8] https://www.bundeswahlleiter.de/europawahlen/2019/ergebnisse/bund-99.html

[9] https://europawahlergebnis.eu/nationale-ergebnisse/frankreich/2019-2024/

[10] https://www.unifr.ch/etudeurope/de/lehrstuhl.html

[11] https://www.sueddeutsche.de/politik/europawahl-eu-ergebnis-ueberblick-daten-1.445608

Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren:

Bild von Interview mit LGBTQ-Expertin kritisiert

Interview mit LGBTQ-Expertin kritisiert

Zwei Beanstander kritisieren ein Interview von SRF News mit einer Historikerin und LGBTQ-Expertin als einseitig. Sie stossen sie sich am Vergleich der neuen Anti-LGBTQ-Gesetze in den USA mit dem Faschismus. Zu Recht, wie die Ombudsleute festhalten.

Weiterlesen

Bild von Ombudsfall: Mehr «Reformer» als «Bewahrer»

Ombudsfall: Mehr «Reformer» als «Bewahrer»

Gegen «SRF 4 News aktuell» vom 12. und 13. Februar 2020 sowie «Rendez-vous» vom 13. Februar 2020 ging eine Beanstandung ein. In den Sendungen ging es um die Stellungnahme des Papstes zur Frage der Lockerung des Zölibats im Amazonasgebiet.

Weiterlesen

Bild von SRF berichtete ausgewogen über Freikirchen

SRF berichtete ausgewogen über Freikirchen

Gegen den SRF-News-Artikel «Vom Glauben abfallen: Es war für mich tragisch zu gehen» vom 11. Februar 2018 gingen zwei Beanstandungen ein, die SRF tendenziöse Berichterstattung gegenüber Freikirchen vorwarfen. Ombudsmann Roger Blum sieht dafür keine Belege.

Weiterlesen

Alle Schlussberichte der Ombudsstelle jetzt ansehen

Teilen Sie uns Ihre Meinung mit (bitte beachten Sie die Netiquette und Rechtliches)

Lade Kommentare...
Noch keine Kommentare vorhanden

Leider konnte dein Kommentar nicht verarbeitet werden. Bitte versuche es später nochmals.

Ihr Kommentar wurde erfolgreich gespeichert und wird nach der Freigabe durch SRG Deutschschweiz hier veröffentlicht