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«Rundschau»-Beitrag «Strafe fürs Tanzen» beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 7. Oktober 2019 beanstandeten Sie die Sendung «Rundschau» (Fernsehen SRF) vom 2. Oktober 2019 und dort die Szene in der Themenübersicht und zwei Szenen innerhalb des Beitrags über afghanische Frauen (Frau wird mit Hieben traktiert, weil sie getanzt hat).[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann daher darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

« Bei der Ausstrahlung am 2.10.2019 um ca. 20:05 wurde beim Neitrag zu straffen fürs Tanzen ausgestrahlt in dem ein Man auf eine Person schlägt.» Auf Nachfrage, was Sie damit meinen, schrieben Sie, unter Hinweis auf eine Sendung über Frank Urbaniok: „Hören sie auf diesen Herr im Fall auf das Zugrr Parlament, die letzte setzte sind entscheidend.“ Auf die neuerliche Nachfrage, was Sie denn effektiv kritisieren, schrieben Sie: « Das ein Mensch beim der Vorschau ein anderer Mensch schlägt.»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für die «Rundschau» äusserte sich Herr Mario Poletti, Redaktionsleiter der Sendung:

„Gerne nehmen wir Stellung zur Beanstandung von Herrn X. Er beanstandet die Videosequenz der von einem Taliban geschlagenen Frau. Der Zuschauer ist offenbar der Meinung, dass dieses Bild nicht der Öffentlichkeit zugemutet werden kann. Wir sehen das entschieden anders.

Nach dem Ende der Talibanherrschaft über grosse Gebiete Afghanistans hat sich ab 2001 die Situation der Frauen im Land verbessert. Afghanistan ist heute aber bei weitem kein Staat, der Rechte und Sicherheit von Frauen garantiert. Nach einem Bericht der Vereinten Nationen wird Gewalt gegen Frauen in Afghanistan meist nicht strafrechtlich verfolgt. In den meisten Fällen werden betroffene Frauen dazu gedrängt, sich mit ihren Ehemännern wieder zu versöhnen. Die Gewalttäter bleiben oft straffrei. Häusliche Gewalt gegen Frauen ist in Afghanistan weit verbreitet, obwohl es seit zehn Jahren ein Gesetz gibt, das dies unter Strafe stellt.

In den Gebieten Afghanistans, die unter Kontrolle der Taliban stehen, haben Frauen nach wie vor keine Rechte. Die Taliban lehnen Freiheitsrechte nach westlichem Vorbild ab. Mädchen dürfen in Taliban-Gebieten nicht zur Schule. Für Frauen gilt Arbeits-, Ausgeh- und Ausbildungsverbot, sowie Kleiderzwang. Beobachter gehen auch weiterhin von Misshandlungen und willkürlichen Tötungen aus. Wenn sich Frauen nicht an die Regeln der Taliban halten, werden sie öffentlich bestraft.

Eine solche Bestrafung haben wir in den Schlagzeilen und im Beitrag gezeigt. Wir sind uns bewusst, dass es eine intensive und unschöne Bildsequenz ist. Im Gegensatz zu anderen, weit brutaleren Bestrafungssequenzen, die wir aus der Al-Jazeera-Reportage entfernt haben, erachten wir die gezeigte Bestrafungssequenz aber als zumutbar für das Fernsehpublikum. In einem TV-Magazin wie der «Rundschau» sollen auch Bilder gezeigt werden, die aufrütteln und dem Zuschauer in wenigen Sekunden zeigen, was es für Frauen bedeutet, wenn bis heute Fundamentalisten und Frauenhasser, ihre menschenverachtenden und mörderischen Phantasien und Regeln durchsetzen.

Aus diesem Grund bitten wir Sie, sehr geehrter Herr Blum, die Beanstandung abzulehnen.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Die Bilder sind hart, das finde auch ich. Es tut weh, sie sich ansehen zu müssen. Aber da man die bestraften Frauen nicht individuell erkennt, sind die Bilder nicht entwürdigend. Sie stehen quasi als Symbol für die Frau an sich. Und es ist eben wichtig zu wissen, dass die Taliban weiterhin derart brutal mit den Frauen umgehen, gerade weil sie die Amerikaner in den Verhandlungen anlogen und behaupteten, dass es das nicht mehr gebe. Wegen der historischen Wahrheit sind diese Bilder wichtig und zumutbar. Und wegen dieser historischen Wahrheit kann ich Ihre Beanstandung nicht unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen,
Roger Blum, Ombudsmann

[1] https://www.srf.ch/play/tv/rundschau/video/postauto-affaere-die-nachwirkung-des-skandals?id=368e5405-5e43-47ce-8ae4-f14f4ef9e0d9

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